«- Sctrnkn 1ML Br. 800. Der Wßihnaclitsabenil des altenHaudegen Wenzel. Von Ignät Herrmann. Berechtigte Uebersetzung aus dem Tschechischen von J, Reismann. Dem alten»Haudegen* Wenzel habe ich schon ein« Füll« von Reminiszenzen gewidmet denn ich erinnere mich seiner als eines guten und anständi­gen Kerls» der einstmals kühn und verwegen zum Kampf« in die Welt ausgezogen war» bis dort hinunter nach Italien   zur päpstlichen Armee. Doch dieser Ruhm sollt« nicht allzulang« währen. Bald kehrte Wenzel wieder in seine Heimat zurück, um bann sein ganzes weiteres Leben hinter einem zweirädrigen Karren oder unter einem schweren Ranzen aus grober, grüner Sackleinwand zu ver­bringen. Wenzel wurde nämlich Diener in einer Druckerei und ganz« Jahrzehnte hindurch fuhr er und trug er di« neuesten Früchte der Literatur nach allen Prager   Buchhandlungen. Ach ja, während seiner jungen Jahre und auch während seiner ManneSzeit waren die Druckereien noch wirkliche Heiligtümer der schwarzen Kunst und keine lärmenden Fabriken wie heutzutage, di« höllen­schlundmäßig jetzt daS bedruckte Papier   auSzusPeien pflegen. Heiligtümer waren rS, wo man jede- Blatt zehnmal rund herum dreht«, prüft«, einer zehnmali­gen Korrektur und Revision unterwarf, wo man mit Ueberlegung und ohne jede Hast druckte, jedes Blatt dann in denGlanzdeckrl" rinlegt« und es in einer schwarzen Press« zusammenpreßt«, damit es wieder di« ursprüngliche Glätte und den früheren Glanz erhalt«. Denn dazumal wurde alles auf Büt­tenpapier gedruckt, das durch das Wasser dann rauh würde. Dazumal hatte man in jeder Druckerei wohl auch nur einen einzigen Diener. Wenzel war lange hindurch solch«in einziger Stiefelknecht", wie er sich selber nannte. Und er genügt« auch lang« Zeit hin­durch. Gab es weder«ine Wagenlast, noch«inen Ranzen, bann pflegt« Wenzel den Autoren di« Korrekturen und RevisionSbogen zuzustellen, später di« Bürstenabzüge, und endlich da» erste fertige Druck- «xemplar. Die alten Literaten, Gelehrten, Archi­vare, Bibliothekar« erinnern sich sicherlich noch seiner schmalen Figur. Aber auch sie sind im Aus­sterben. Rüht doch der alte Haudegen" Wenzel selbst mehr al» eineinhalb Jahrzehnte auf dem Wolschaner Friedhof«, und er war hochbetagt, al» er von hinnen ging, als ob er mit seinen leisen, schlürfende» Schritte« bloß einen Spaziergang hinüber" gemacht hätte. So leise ging«r von dan­nen, daß es so mancher unter uns überhaupt inicht wahrnahm. So leis«, als ob irgendein leichter Zug­wind aus der Fern« die Türe hinter ihm ganz und gar zugemacht hätte. Und jetzt taucht er plötzlich wieder vor meiner Erinnerung auf, vielleicht deshalb, weil bi« Weih­nachten da sind. Wenzel liebte di« Weihnachtin, denn während dieser Zeit pflegte er den Kundschaften de» Geschäft«» und den geschätzteren Autoren Kalender mit einem Neujahrsglückwünsche zu übermitteln und wessen Hand wäre da nicht in die Tasche gerutscht, um den alten Haudegen" mit einem Sechser ober gar Zwanziger zu belohnen? Dieser Zustellen vonGratiskalendern* war sein« Akzidenz, sein Srparateinkommen, und an diesen Tagen konnte man in Wenzels Taschen wirk­liche Silbermünzen klimpern hören. Zwar ein ver­fälschtes, rötliche» Silber, al» ob e§ sich schämen würde, daß«» so stark mit Kupfer amalgiert war, aber trotzdem Silber, für das man all da» be- kommen konnte, was Wenzels harte Lebenstag« zu versüßen in der Lage war: Würste und Bier. Man breche nicht sofort den Stab über ihn, denn er ver­trug nicht allzuviel von diesem Biere. ES gab Augenblicke, da ihn«in einziger Halbliter berauscht«. Sein schwächlicher Magen vertrug nicht viel. Und so rückten also wieder einmal di« Feier­tage heran, es war dazumal ungefähr in der Hälft« der siebziger Jahr« des verflossenen Jahrhunderts und es war gerade d«r Wrihnachtstag, als noch«in ganzer Haufen Kalender übrig war, di« bis zum energisch. Aehnlich tritt er uns auf einer Sta­tuette in der barberinischen Bibliothek zu Rom  und auf einem späteren, etwa aus dem sechsten Jahrhundert stammenden Gemälde entgegen, das sich in der Kikche von San Vitale   zu Ravenna  befindet. Beide Darstellungen geigen ihn auf einem Thron sitzend, das Weltrichteramt aus­übend. Wirklich aufklärend über Gesicht und Statur des geschichtlichen JesuS vermag indessen keines der genannten und auch keines der sonst noch vorhandenen, auS dem dritten, vierten, fünften oder gar einem späteren Jahrhundert stammen­den Christusbilder zu wirken. Wie das ganz« neue Testament, einschließlich deS Ecksteins der kritischen theologischen Forschung, der PauluS- briefe   nämlich, von denen mindestens der an die Römer, Korinther und Galater heute allgemein als echt anerkannt wird,... wie dieses ganze Neue Testament auch nicht einen einzigen Jesu zugeschriebenen Satz oder Ausspruch enthält, der unbedingt gerade so und nicht etwa nur ähnlich von ihm gesagt worden wäre, so besitzen wir auch keine verbürgte und dokumentarisch belegte bildliche oder beschreibende Darstellung seine» Aeußeren. Vielleicht braucht eine kommende Zeit über da» geschichtliche Gesicht Christi nicht so gänzlich im Dunkeln zu tappen, wie wir das noch tun müssen. Der Evangelist LukaS   soll welche verfertigt haben, von Petru» und Paulus wird berichtet, daß sie hei ihren Predigten welch« benutzten und EuseviuS schreibt, daß er viele ge­sehen Habs, leider aber beschreibt er sie nicht. ES ist nicht gänzlich ausgeschlossen, daß irgendwann einmal solch ein ältestes ChristuSbild entdeckt wird, wenn die Wahrscheinlichkeit dafür auch nicht allzu hoch wird veranschlagt werden dürftn. Abend« den Kunden zugestellt werden sollten. Die alt« Traditton gebot, daß dies am Weihnachtstage geschehe, damit di«Parteien" die Kalender zu den Feiertagen in Händen haben sollten. Christtag StefanStag Muß« in Hülle und Fülle, und so wird sich ihm mancher mit Andacht durchlesen. Gab es doch dazumal unter den Abnehmern der Druckerei Kunden, di« auS der Literatur unseres Volkes nicht m«hr kannten, al» was im Kalender abgedruckt war. Bei allen Henkern noch«inmal*, fluchte viel­leicht schon zum zehnten Mal« der Herr Faktor Pietschmann,wohin hat der Satan wieder einmal unser Hermelin entführt? Da hat er doch di« Kalender zuck Austragen." Von Wenzel war nirgends«ine Spur zu erblicken. Keiner hatte«ine Ahnung, wohin man ihn geschickt hatte und in welcher Kommission, und man konnte auch durchaus nicht erraten, wann er wieder aus der Bildfläche anstauchen werde. Und di« Stunden gingen wie im Flug« vorüber. Endlich,«üblich kam er herangefackelt. Wo hat man sich denn wieder mal herum­getrieben, gottverfluchter Satanssohn da warten die Kalender auf Si« und Sie haben sich mal wieder irgendwo gedünstet, was?" Das war sicherlich«in Unrecht, denn«in gro­ßes Künsten" stand mit derTragfähigkeit* unseres Wenzels keineswegs im Einklänge. Nun, man kennt das ja, wenn man aufgeregt ist, fällt so manche» Wort, da» man gar nicht so ernsthaft meint. E» war auch möglich, daß der Faktor irgendeinen An­stand mit dem Alten gehabt hatte, mit dem Prin­zipal, man kennt das ja, wie das zuzugehen pflegt. Der Stufenleiter nach bekommen dann all« der Reihe nach ihr« Prise zum Schnupfen, bi» zum letz­ten Mann herunter. Also inzwischen ließ der Faktor an unserem alten Haudegen" seinen Zorn aus. Denzel hatte zwar irgendein« Ausrede zur Hand, aber sie war irgendwie ungeschickt, unpassend, unbeholfen. Es wurde offenbar, daß wenigsten» die Hälft« der Zeit auf da» Konto irgendeines Aufent­haltes, einer Plausche», vielleicht sogar auch eines SchlückleinS Rosoglio, das ihm jemand spendiert haben mochte, zu buchen war. Ein Dort gab das ander«, der liebe Faktor geriet immer mehr in Wut und redete sich in«inen solchen Zorn hinein, obgleich er«in guter und kameradschaftlicher Mensch wär, bis ihm endlich, in der höchsten Rag«, mit Fistelstimm« der Satz eut- fuhr: Und es ist schon mit Ihnen nicht mehr zum Aushalten! Also jetzt werden wir Schluß machen! Zu Neujahr gehen Sie!* - Das glaübte natürlich kein Einziger. Und wir waren überzeugt, daß auch.Wenzel der Sache keinen Glauben schenkte. Weil-er«s ja nicht zum ersten Male hörte. Auch der alte Faktor hatte ihm mehr als einmal denLauspatz* gegeben, selbst vom Alten* hatte er schon einmal di« Kündigung be- kommen natürlich nur für den Augenblick, da er es ausgesprochen hatte. Und wir wußten all«, daß es dann wieder beim alten bleiben werde, konnten wir denn überhaupt ohne Wenzel existieren? Er ge­hörte zu unserer Druckerei, wie'«in Bodenfenster zu einem Dache gehört, wie ein Rad zu einer Schnellpresse, wie«in Punkt auf«ini". Stets war es nur«in« Drohung ohne jede ernstlich« Bedeutung, und selbst Wenzel pflegte si« stet» mit philosophischer Ruh« hinzunehmen. Er brummte dann gewöhnlich irgend etwa» Unverständliches in seinen gelblichen, bemah« grünlichen Schnurrbart, etwas, was. er natürlich kaum mit fettem Druck« dem Alten oder dem Faktor ins Gesicht laut wiederholt hätte. Und wenn dann der nächste Samstag heranrückte, da wußte bereits niemand mehr etwas davon. Man hatte längst an diese Kündigung* vergessen. Und wir hätte» uns all« nicht wenig gewundert, wenn Wenzel sein« sieben Zwetschken gepackt, sich verab­schiedet und vittleicht gar sein Zeugnis verlangt hätte. Aber diesmal war«s doch anders. Wenzel war ungemein weich gestimmt. Vielleicht deshalb, weil es bereits WeihnachtStag war. Vielleicht auch des­halb, weil am WeihnachtStag« noch niemand di« Kündigung erhalten hatte. Niemand ahnte indes, was in seinem Herzen vorging, und do jeder mit sich selber genug zu tun hatte, schenkte man Wenzel keinerlei Beachtung. Di« Hast vor dem Weihnachts­abende war im ganzen Haus« lärmend zu spüren. Nur zur Mittagsstunde rannt« jeder auf einen Sprung fort, um irgendwo in der Nähe einen Teller Suppe herunteizuspülen, man wechselt« einander ab, erledigt« die Arbeiten schon voll Auf­regung, allmählich brach di« Dunkelheit herein. Jemand kramt« noch irgendeine vergessen« Adresse aus und flebte sie auf«In Kalenderpaket. Sakra, an das da hätte» wir ja beinah ver­gesse»! Wo steckt denn der Wenzel?" Ja, der Wenzel! Niemand vermocht« sich zu erinnern, wer ihn zuletzt gesehen hatte, niemand wußte, wohin er gegangen war. Der Faktor, besah sich di« Adresse. Nun, der Teufel wird den Herrn Blaustein l auch nicht holen, wenn er seinen Karpfen ohne | Kalender verspeisen wird. Morgen ist ja auch ein Tag. klebrigen» liegt es unS ja gerade am Wege, jemand von unS kann bei ihm«inkehren, bis er heimgeht.* Heft»! Stets kehrten wir dieser Packerei gern« den Rücken, wie denn nicht gar am Deihnachtstage! Wenn wir nur schon di« Druckerei hinter unS sahen! Im Geist« rochen wir schon den Karpfen, knusperten wir schon mit den Nüssen, und zu guter Letzt re Ute uns bereit» der Geruch eines scharfen, heißrn Punsches die Nasenflügel. Wir liebte« de» Weihnachtsabend deshalb so sehr, weil sich an ihn der erst« Weihnachtsfeiertag anschloß und di« Packerei an diesem Tage ganz stillrstand. Wo ist all di« Freude von dazumal dahin? Rasch noch ein« flüchtig« Inspektion, ob alles geschlossen war, damit kein Funken in der Herdglut bleibe und nirgends«in GaShahn offen bliebe. Durch einen schmalen Gang tappten wir in den rückwär- tigen Raum, der mit Büchern, Papier   und alten Stricken vollgestopft war. Ter Gashahn war dort nur auf Dreiviertrl abgedreht, so daß ein bläu- liches Flämmchen daS geteilte Zäpfchen des Bren- n«rs gleichsam ableckte. Welcher böse Geist hat denn da nicht abge- dreht?", brumme ich vor mich hin, und streckt« die Hand aus, um den GaShahn zu schließen. Da plötzlich«in Geräusch nein, bloß die Ahnung von einem Geräusch, al» ob ich nicht allein wär«. Sofort drehe ich den GaShahn wieder zur Gänze auf, di« Gasflamme zischt mit einem mächti­gen Gesurr in die Höhe, im Raume wurde es hell. Und da bietet sich mir«in überraschendes Bild dar: Ich gewahre den alten Haudegen" Wenzel, der auf dem Fußboden unterhalb deS Fensters kniet, an der Klinke des oberen Fenster» ist«in alter Strick be­festigt, Wenzel hat seinen Hals in einer Schlinge weiter unten stecke», fein« Hände hält er krampsthaft gefaltet, sein« aschfahlen Lippen bewegen sich, und er murmelt tonlos irgendein Gebet herunter. Mit starren Augen glotzt er ins Leer  «, als ob er nichts ahnte, daß jemand hrreingekommen war, al» ob er die plötzliche Beleuchtung gar nicht wahrnehm«, al» ob er bereits in irgendein« ander« Welt schauen würde. Wenzel, was treiben Sie denn da?* Wenzel gibt kein« Antwort, nur sein« Lippen rühren sich und fein« gefalteten Hände beben. Wenzel!", ruf« ich mit lauter Stimme. Aber im nächsten Augenblicke reihe ich schon mein Messer aus der Tasche, springe zum Fenster, schneide de» Strick durch, gerade an der Klinke, dann löse ich dtm, alten Haudegen" die Schling« vom Hals«, packe ihn bei der Achsel und rüttle ihn. Sind Ei« d«nn närrisch geworden, Wenzel?" Wenzel starrt mich wie«in Sterbender an, betet sein Sprüchlein zu Ende, und dann stammelt er fast heulend: M Lassen Sie mich, mja, ich habe schon genug von dem alle» mja, wohin soll ich denn gehen, wenn ich di« Kündigung bekommen hab mja, ich war ja eh schon halb im Himmel." ,-Daß Sie sich nicht schäme», Wenzel, Ei« ein alter päpstlicher Soldat und daheim wartet Ihr« Frau mit dem Fisch auf Sie da hätten Si« sich ja«in schön«» Stücklein geleistet! Vorwärts, gehen wir heim, wir wollen schließen!" Ich half Wenzel auf di« Bein«, dann packle ich ihn bei der Schulter, dreht« das Gas ab und stieß den alten Haudegen* durch den dunklen Gang vor mir her. Auf halbem Wege dreht« er sich um, packte mich bei meinen Händen und zischelt« vor sich hin: M Jessesmariantjosef, sagen Sie es nie­mandem ich könnt« am Ende noch einmal di« Kündigung bekommen." Niemandem werd« ich etwas davon sagen- aber sputen Sie sich, damit wir nach House kom­men." Der Faktor war schon längst fortgegangen, nur ein Kolleg« in der Kanzlei zog sich noch an. Er kragt« nicht«ftimal, woher Wenzel denn komme, wo er gewesen war, und so löschten wir die Lichter aus, sperrten die Kanzlei ab und brachen auf. Erst jetzt packt« mich der Schüttelfrost ob der vorangrgangenen Szene. Ich ärgert« mich sogar über den«fitenHaudegen". Di«» am Weihnachts­abende!.^ . Auf den Stiegen de» Treppenhaus«» erwischte mich Denzel wieder beim Rockzipfel: M warum haben Sie mich nicht hängen lassen? Ich konnte so«inen warmen Tod haben. Jetzt muß ich mich von der Brück« in di« Moldau stür­zen- da» ist schlimmer* Verflixter Wenzel! Er wohnt« ja dort droben in der sogenanntenNeuwelt", wahrlich, er mußt« ja seinen Weg über di« Karlsbrücke   nehmen daß er am Ende wirklich gar...... Wenzel, wenn Si« noch ein Wort sagen, ruf« ich die Polizei auf Sie! Und jetzt kommen Sie, ich muß nämlich auch denselben Weg über bi« Klein­seite." CS blieb kein anderer Ausweg, ich entschloß mich also, daß ich ihn heimbringen werde. Der Spa- ziergang war zwar ein bißchen lang, aber man konnte Wenzel ja heut« nicht vertrauen. Er lief wie ein Lämmchen neben mir her, und unterwegs bemüht« ich mich, ihn aufzuheitern. Als wir aber di« Spornergass« durchschritten, di« Alt- städterstiegen heruntergestiegen und in die Lorrtto- gasse«ingebogen waren, begann Wenzel schon zu kapieren, daß. mein Wag auf di« Kleinseit« nur«in bloßer Vorwand gewesen war. Am Lorrttoplatzr blieb er plötzlich stehen und fing an zu betteln: M nein, gehen Si« schon nicht mehr weiter. Sie wollen zu mir nach Haus«, ich weiß es, Sie wollen«» meiner Alten sagen,m aber, nein, gehen Sie nicht mit. Ich geh ja schon allein wenn ich schon so weit gekommen bin zur Brücke geh« ich nicht mehr zurück" Rein, ich gehe nicht zu Ihnen hinauf, aber bi» zum HauStor«. Vorwärts!" Und trotz seinem Protest« führt« ich den lieben alten Haudegen* bis zum Vorhof« des Hauses, wo er wohnte, und wartet« dann so lange, brS die Tür zu seiner Wohnung ins Schloß gefallen war. Da waltet« ja bereit» Wenzel» Gattin, sein Sohn war zu Haust, und Denzel befand sich also in Sicher- heit. Veftiedigt kehrt« ich heim. Am folgenden Tag«, dem W«ihnacht»age, fand ich keine Ruh«, ich mußte mich davon überzeugen, wie es dem unglücklichen Selbstmörder gch«. Erich Kästner  . Du sahst Gewalt und Polini. Dn walltest all« Mensch« frei Und Friede» ans der Otfe Du wußtest, wie da» Elend tnt Und wolltest alle Menschen gut, Damit e» schöner werde. Zweitausend Fahr« sind es fast, Sett du die Wüt verlasst» hast. Du Opferlamm» des Lebens! Du gabst de» Arme» ei»«» Gatt, Du littest durch die Reiche» Spott Und tatest es vergeben». Du kämpftest tapfer gegen sie Und gegen Staat und Industrie Und die gesamte Meute, vis mau an dir, well nichts verfing, Justizmord, kurzerhand, beging, E» war genau wie heute.... Du warst«in Revolutionär Und machtest dir das Lebe» schwer Mit Schieber» und Gelehrte». Du hast die Freiheit stet» beschützt Und doch de» Mensche« nichts genützt. Du kamst an die verkehrten! Ich machte mich also nachmittags auf den Weg, es dunkelte bereits, als ich zurNeuwelt" kam. Und so stieg ich ass» in die enge Behausung Wenzel» hinauf. Sein« Fran hieß mich willkommen. Nun, und wo steckt denn Ihr Alter?" Ach, der ist zur Goldenen Birne(«in WirtS- hau» in derNeuwelt") gegangen, mit dem Sohne. Der Sohn spielt dort nämlich auf der Harmonika." Run, und hatten Sie«inen fröhlichen Weih- nacht-abend?" Mergelt» Gott  , junger Hen! Rur der Ml« war «in bißl närrisch geworden. Da fällt ihm plötzlich «in, daß er sich erhängen müsse. Er findet irgendwo einen Strick, macht sich«in« Schling«,»first sich sie um den Hals." Und hat er sich erhängt?", fragte ich atemlos. -Ich hätte ihn Mores gelehrt! Ich sagte bloß zu ihm: Du, alter Karre», dos willst du mir am Weihnachtsabend« anstelle»? Dann hab ich Punsch gekocht- der Alt« hat sich nachher zu Bett gelegt und bis in der Früh geschlafen. Aber den Strick ließ er sich nichts vom Hass« nehmen er schlief mit der Schling« um den Hals«in...* Bermaledaiter Wenzel! So ist ihm da» asso in den Kopf gestiegen? Ich packt« mich augenblicklich zusammen und sucht« den lieben Wenzel also in der Goldenen Birne." Der Jung« spielt« di« Harmo­nika. Wenzel saß hinter d«m Tisch«, raucht« ei»« .Sturze* und hört« mit Wohlgefallen dem Konzert« zu. Bis i» die Mitte de» Raumes reicht« der Spar- herd, auf dem Leberwürstchen und Blutwürste schmor­ten. Um den Ofen herum tanzten zum Klange der Harmonika einige Pärchen. jessesmariantjosef, wie kommen denn Sie her? ....", rief mir Wenzel überrascht zu. Er hatte heute sein vollständiges Gleichgewicht wieder gewonnen und zischelte auch nicht. Di« Weihnachtsruh« hatte ihn mit dem Bewußtsein de» ungestörten Ausruhen- dürfen» undGenießen»" dieser Welt auch in ihren Bann gezogen. Er trank auf mein Wohl und stieß einen Eingeborenen" Reuweltlrr etwas unsanft zur Seit«, damit ich n«ben ihm Platz nehmen könne. Und Si« können auch tanzen", meint« er daun gönnerhaft. Ich neigt« mich leise gegen ihn zu und flüstert«: Ich war bei Ihnen daheim, Denzel." Wenzels Augen schienen aus den Höhlen zu treten. WaS haben Sie denn dort wollen?" jch habe Sie gesucht, um zu erfahren, wie r» Ihnen nach dem Gestrigen geht." jessesmariantjosef",- erschrak der alteHau- degen",Sie haben es doch am Ende nicht gar der Alten gesagt?" jch habe ihr nicht» gesagt, aber Ihre Frau hat mir von selber erzählt, war Sie dann noch nach­her getrieben haben. Wenn Sie damit nicht aufbören werden, werbe ich es dem Faktor erzählen, und even­tuell sogar dem Chef." Na, seien Si« so gut, ja", bracht« Wenzel jetzt abgehackt hervor, geradezu schreckenserfüllt. Denn vor dem Faktor hatte«r mehr Angst al» der Teufel vor einem Kreuz«. Und dann fügte«r noch hinzu: Nicht wahr, Si« werden nichts sagen?" Jch gab zur Anwort: Wenn Sie verstand annehmen werden, werd« ich nicht» sagen. Aber schenken Si« mir doch ein Stückchen von diesem Strick«, den Sie die ganz« Nacht um den Hals getragen haben, ja? Sie der- stehen wohl,«» ist de» Glückes wegen.* Denzel pafft« an s«in«r Zigarre und dann brummt« er etwas, das für den Fußboden unter dem Tische bestimmt war. Und dann sagt««r laut: M ich hab' mich ja noch nicht erhängt!" Aber jetzt zischelt« er schon wieder, wie«S seine Art war.