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Einzelbreis 70 Seller.

Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12 Jahrgang.

Aufru zur Wahl Hindenburgs.

Hitler selbst Gegenkandidat?

Ana Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

Redaktion und Berwaltung: Prag   II., Refázania 18. Zeleppon: 26795, 31469.

Berlin  , 1. Feber. Heute abends wurde die Kundgebung des Sahm- Ausschusses für die Wie­derwahl des Feldmarschalls Hindenburg   zum deutschen   Reichspräsidenten   veröffentlicht. Der Aufruf trägt 49 Unterschriften bekannter Per­sönlichkeiten. Da ein von den politischen Bar­teien unabhängiger Wahlaufruf die Unterschrift von 20.000 Wählern tragen muß, sollen in der Zeit vom 3. bis 6. Feber bei einer Reihe von Zeitungen Listen zur Eintragung für den Wahl­vorschlag Hindenburg  " aufgelegt werden. Der entscheidende Augenblick für die weitere inner- nd politische Entwicklung wird dann eintreten, wenn sich der bisherige Reichspräsident darüber aus­sprechen wird, ob er die Kandidatur annimmt oder nicht.

Ein Montagsblatt teilt mit, daß die Kandi­datur Hitlers   auf das Reichspräsidentenamt berfassungsrechtlich bereits ganz gut möglich ist,

weil Hitler bereits deutscher   Staatsbürger sei. Es sei nämlich in aller Stille seine zeitweise Er­nennung zum Staatsbeamten in einem der Länder, in denen die Nationalsozialisten in der Regierung sind, erfolgt. Das betreffende Defret werde im Braunen Hause in München  als Beleg für die Erwerbung der deutschen  Staatsbürgerschaft durch Hitler   sorgfältig aufbe­wahrt. Dies sei die große Ueberra schung, die die Nationalsozialisten zu den Prä­sidentenwahlen vorbereiten.

( Nachtredaktion): 26797 Bolticbedami: 57544

Dienstag, 2 Feber 1932

China   zum Widerstand entschlossen,

aber ohne Kriegserklärung.

let sid

Shanghai  , 1. Feber. Die Regierung hat bereits Samstag Nanking   verlassen und ihren Siz interimistisch nach Loyang, der Hauptstadt des nördlichen Honan  , verlegt.

Nach Agenturmeldungen aus Nanking   hat der neue chinesische   Außenminister Lo= wenta o fategorisch die Nachricht dementiert, daß China   noch heute Japan   den Krieg er­klären werde. Er habe vielmehr betont, daß China   niemals den Krieg erklären, aber wei­teren japanischen Angriffshandlungen Widerstand entgegenseßen und bis auf den letzten Mann und die letzte Patrone kämpfen werde, solange Japan   China   Gewalt antue und es erniedrige. Die legitime Verteidigung sei stets durch das internationale Gesetz und sogar durch die Humanität gerechtfertigt.

Die Forts von Nanking   mit Granaten belegt.

Shanghai  , 1. Feber.( Reuter.) Ein Telegramm aus Ranking besagt, daß um 23 Uhr 15 Min. ein Bombardement dieser Stadt durch japanische Kriegsschiffe begonnen hat.

Insgesamt sollen jedoch nur etwa zwanzig Granaten von den Japanern abgefeuert worden fein. Seit 1 Uhr nachts( Ortszeit) herrscht in Nanking   wieder Ruhe.

Gleich nach Beginn der Beschießung be gannen die ausländischen Konsulate in größter Eile Maßnahmen zum Abtransport ihrer Staats­angehörigen zu treffen. Ein Abreisebefehl wurde indeß noch nicht erteilt.

Chinesische   Augenzeugen der Zusammenstöße berichten, daß japanische Matrosen auf eine chine­Die Nazis unter dem Kommando der fiche Patrouille gefeuert hätten und gleich dar­

Schwerindustrie.

Es regnet Proteste.

Das Blatt der christlichen Gewerkschafts­organisationen Der Deutsch   e", teilt mit, Tokio  , 1. Feber.( Renter.) Der ameri daß während des Aufenthaltes Hitlers   im Ruhr- tanische Botschafter richtete im Auftrage seiner gebiet, wo er vor einem auserlesenen Kreis von Regierung an die japanische Regierung eine Note, einigen hundert Führern der Industrie einen in der er gegen die Benutzung der internationalen Vortrag über die Ziele der Nationalsozialisten Ronzession in Shanghai   als Operationsbasis hielt, ein Einvernehmen über ein gemein durch die japanischen Militärabteilungen pro fames politisches Vorgehen der testiert. nationalsozialistischen Partei und der von dem Großindustriellen Thyssen geführ ten Schwerindustrie erzielt wurde. Hier auf habe Hitler   auch den Führer der deutsch­nationalen Partei Dr. Sugenberg besucht und persönlich mit ihm alle strittigen Fragen be­reinigt, die in der letzten Zeit zwischen den bei den Gruppen aufgetaucht waren.

Der Stahlhelm, der in Harzburg   gleichfalls vertreten war, wurde diesmal in den Rechtsblock nicht einbezogen, weil er sich bereits öffentlich für die Wiederwahl Hindenburgs ausgesprochen hat, wenn er es auch ablehnte, in den Sahm Ausschuß für die Wiederwahl Hindenburgs ein­zutreten. Dagegen werde aber mit der deut fchen Volkspartei über deren Anschluß an den Rechtsblock verhandelt. Die Schwerindu­strie übe in dieser Richtung einen starten Druck auf die Leitung dieser Partei aus.

Kleine Entente berät.

nach japanische Schiffe die Forts auf dem öwenhügel nahe dem Ufer mit Granaten belegten. Offiziell wird erklärt, daß die Forts das Feuer nicht erwidert hätten und die in der Stadt befindlichen Truppen Be fehl erhalten haben, nicht zurückzuschießen. Auf Anordnung der Behörden ist nach Geschäftsschluß die ganze Stadt in Dunkel gehüllt.co Peinlicher Eindruck in London  .

London  , 1. Feber.( AR.) Die Blätter

meldungen, daß ein japanischer Kreuzer begon nen hat, Nanking   zu beschießen, hat hier einen peinlichen Eindruck hervorgerufen. Die Meldun gen besagen, daß durch das mitternächtliche Bom­bardement.

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Verhältnismäßig Ruhe

in Schanghai  . Schallung einer neutralen Zone?

Die große Konferenz

Nr. 28.

Was erhoffen wir uns noch von der Genfer Abrüstungskonferenz? Nach der töd­lichen Blamage, die sich der Völkerbund durch sein Paktieren mit dem ostasiatischen Frie­densbrecher bereitet hat, nach dem Sturz Briands und allem, was es dazu an Begleit­musit in Frankreich   gegeben hat, können nüh­tern urteilende Europäer von dieser Konfe­renz, obwohl ihr ein ehrlicher Freund des Friedens unser Genosse Henderson­präsidieren wird, kaum noch einen nennens werten Erfolg erwarten. Endet sie vorzeitig mit dem schrillen Mißton der Erfolglosigkeit oder versandet sie langsam in endlosen Ber­handlungen, so wird sie uns dennoch auf jeden Fall eines bringen: die Entscheidung.

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Entscheidung darüber, welchen Weg Europa   und die Welt in den nächsten Jahren gehen werden und welchen Weg demgemäß die internationale Arbeiterklasse zu gehen hat. Die Genfer Abrüstungskonferenz ist der letzte Prüfstein, an dem die Bourgeoisie ihre staats­männischen Fähigkeiten erproben kann. Ver­sagt sie so völlig, wie es jetzt den Anschein hat, daß sie versagen wird, so wissen die Ar­beiter, was ihnen bevorsteht und wie sie dem drohenden Unheil zu begegnen haben.

Dreierlei hat im wesentlichen die Genfer   Konferenz zu entscheiden: ob die Sieget von 1919 gewillt find, an die Stelle des Faustrechts der Bewaffneten gegen die Waffenlosen einen Zustand treten zu lassen, den man ernstlich Völkerrecht nennen fann; Schanghai  , 1. Feber. Sonntag gegen Abend ob die in Waffen starrende und einem Schick­ist m.der Nähe des britischen Konsulats in der fal, wie es eben vor unseren Augen das ferne umgegend des Hospitals auf der Nordseite der Asien   erleidet, entgegengehende europäische Sutschu- Bucht ein neuer Stampf entbrannt. Welt bereit ist, wenigstens ihren Willen zur session wird dadurch gefährdet, daß die japanische Die Sicherheit in der internationalen Kon- Abkehr von Krieg und Wettrüsten zu erwei­Aktion, wie die lokalen Beobachter feststellten, sen; endlich ob die bankrotte kapitaliſtiſche einen Teil der Konzession al& Operations- Welt noch den Mut und die Lebenskraft hat, basis benützt. In dieser Angelegenheit haben den zur Ueberwindung der gegenwärtigen die britische und die amerikanische   Regierung in rise einzig möglichen Weg zu gehen, der über Tofio energischen Protest erhoben. Ob- die Etappen Abrüstung, Schuldentil­wohl es nach außen hin scheint, daß der Waffen- gung, Wirtschaftsverständigung tillstand eingehalten wird soweit es sich um die führt. ben nördlichen und östlichen Vorstädten ständig wie die Pariser   Verträge zweierlei Recht größeren Truppenabteilungen handelt, find in Wenn auch die Genfer   Konferenz wieder Scharmützel zu verzeichnen.

Auch die britische Regierung hat ihren Bote schafter in Tokio   angewiesen, bei der japanischen Regierung gegen die übereilten Handlungen der japanischen Truppen in Schanghai   und die wieder holte Benüßung der Internationalen Zone als Operationsgrundlage zu protestieren. Es ist dies bereits der dritte Protest der britischen Re­gierung seit Beginn der Schanghaier Krise. Der stellvertretende sowjetrussische Volks kommissär des Auswärtigen K ar a chan hat dem japanischen Botschafter in Moskau   mitgeteilt, daß die Sowjetunion   sich gezwungen sehen würde, gegen einen japanischen Einmarsch in Charbin  Beschwerde einzulegen. Man glaubt aber in In einer Sigung, die Sonntag in Schang- statuiert und nicht wenigstens den Weg zeigt, Tokioter Regierungskreisen, daß diese Beschwerde hai   unter dem Vorsitz des britischen Generalfon auf dem in absehbarer Zeit Frankreich   und nur technische Fragen betreffe, da die Sowjet- fuls stattfand, und bei der der amerikanische   seine Verbündeten jenen Stand von Abrü­union sich bereit erklärt habe, die Beförderung Generalkonsul, der japanische und der chinesische stung erreichen könnten und müßten, auf dem japanischer Truppen auf den südlichen Abschnitt Befehlshaber anwesend waren, wurde vorgeschla- Deutschland durch das Diktat von Versailles  der Ostchinesischen Eisenbahn zu gestatten. gen, eine neutrale zone zwischen den chine- gestellt wurde, bricht in Mitteleuropa   der fischen und japanischen Truppen zu schaffen, die Glauben an den Völkerbund, das Vertrauen von den Truppen der neutralen Mächte besetzt in den Verständigungswillen weiter Teile des französischen   Volkes, die Hoffnung auf eine werden soll. Aussöhnung zwischen Deutschland   und Frank­ reich   zusammen. Dann erhält der deutsche Truppen in Schanghai  . Fascismus einen neuen gewaltigen Antrieb, Schanghai  , 1. Feber. Der eben eingetroffene der ihn eher, als man gefürchtet hat, zur britische Kreuzer Suffolk  " hat Marineinfan- Macht tragen könnte. Dann schmilzt in den terie gelandet, die die Truppen ablösen soll, die Herzen und Köpfen der besiegten Nationen seit Beginn der Krise die Wasserwerke der Stadt jedes Rechtsgefühl wie Schnee an der Tro­

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Tokio  , 1. Feber. Der Außenminister erklärte Genf  , 1. Feber. Die Außenminister der Klei dem britischen Botschafter, der ihm den Protest nent Entente famen heute, am Vortage der Abfeiner Regierung gegen die japanischen Maß­rüftungskonferenz, in Montreur zufammen. nahmen in Schanghai   zur Kenntnis brachte, daß Sie prüften vor allem die allgemeine politische Lage die von den Japanern in Schanghai   ergriffenen und tauschten diesbezüglich ihre Informationen Maßnahm nicht das Mindestmaß des Notwen aus. Sierauf befaßten sie sich mit den insbesondigen überschritt enhaben, und gab zu verstehen, dere die Kleine Entente   betreffenden Fragen und daß der britische Protest auf falschen Infor­gingen schließlich zur Diskussion über, die durch mationen zu beruhen scheine, die propagan­die Konferenz für die H rabsetzung und Beschrän- distischer Natur seien. fung der Rüstungen gegeben sind, sie prüften deren Wesen und die Methode, die verfolgt wer den muß, und kamen zu einer einmütigen An­ficht über eine allfällige Entscheidung zur Siche­rung der Erfolge der Konferenz im Sinne des Völkerbundpaktes.

Ernste Unruhen in Raschmir. Kaschmir  , 31. Jänner. In Kaschmir  ( In­ dien  ) ist ein ernster Aufstand ausgebrochen. Bri­tische Truppen sind gestern wieder in taschmir eingedrungen, um wichtige Kanalwerke im Mir purbezirke von Jammu   zu schützen, wo Unruhen herrschen. Man nimmt aber an, daß die Entfen­dung dieser Truppen vor allem auf einen Not­schrei des Maharadscha Sir Harry Singh hin er folgt ist. Mehrere tausende mit Geschüße und Gewehren bewaffnete Aufständische scheinen die Stadt Kotli belagert zu haben. Ein Hindutempel und eine Kooperativbank find geplündert und eingeäschert worden. Auch die Stadt Mirpur ist eine Nacht lang belagert worden. Drei Post­ämter wurden geplündert und in Asche gelegt.

Weitere amerikanische  Kriegsschiffe unterwegs. New York  , 1. Feber.( Reuter.) Die drei am 29. Jänner von Manila   abgegangenen amerika­ nischen   Zerstörer sind in Schanghai   bereits ein­getroffen.

12.000 Mann ausländischer

bewachen. Der französische   Generalkonsul teilte

Kämpfe vor Charbin  .

mit, daß ein französisches Bataillon pensonne. Dann wird 80 Millionen Menschen aus Tientsin entsandt worden sei. Damit bewiesen, daß es in dieser Ordnung nur einen wird sich die ausländische Besatzung der inter- Faktor gibt, der Recht schaffen kann, die bru­nationalen Konzession auf 12.000 Mann( aus tale, gemeine Macht des Stärkeren. Dann schließlich der Polizei und der Marineabteilun- wird entlang des Rheins die tausendjährige Kluft, über die Briand   und Stresemann den gen) belaufen. schwankenden Steg von Locarno   gelegt haben, Der amerikanische   Kreuzer Houston  " brückenlos wieder aufgerissen Abgrund des und vier weitere Zerstörer sind ebenfalls nach Tokio  , 31. Jänner. Nach einer Meldung der Hasses, des Mißtrauens, die Werwolfsschlucht Schanghai   abgegangen. Agentur Rengo griffen etwa 3000 Mann des der Vernichtung. Das 31. Infanterieregiment und ungefähr Generals Tingtschao heute Vormittag die Sta- der Vernichtung. Dann hat Europa  1000 in Manila   stationierte Marineschüßen tion Schuntschenpu in der Nähe von Charbin   aufgehört eine lebendige Größe haben den Befehl erhalten, sich nach Schanghai   an, welche von den Japanern in stundenlangem 3u sein dann ist es nur noch eine histo­zu begeben. Mit diesen Verstärkungen werden Kampfe verteidigt wurde. Die Chinesen wurden rische Reminiszenz! die amerikanischen   Militärabteilungen in Schang- zurückgeschlagen und mußten etwa 400 Tote zu- Wenn die Genfer   Konferenz nicht durch bai 2800 Mann betragen. rücklassen. Auf japanischer Seite wurden 21 ein Mindest maß an sichtbarer Das Außenministerium teilt mit, der einzige Mann getötet. stungsbeschränkung, das sich in der Zweck der Entsendung von Schiffen und Truppen Wie aus Charbin   gemeldet wird, haben die Restriktion der Reserven, der Dienstzeit, der nach Schangbai jei der Schuß des Lebens und japanischen Militärbehörden beschlossen, Eigentums der amerikanischen   Bürger. Hauptteil der japanischen Kräfte in der Man- Fortifikationen und Schiffe, der Kriegsmit­Präsident Hoover hat eine Konferens dschurei um Charbin zu versammeln, da die tel und der Munition ausdrücken müßte, der höchsten Beamten des Außen, Tätigkeit des chinesischen   Befehlshabers der oft- ihren Willen fundgibt, einem dauernden Frie­und des Marineministeriums in das chinesischen   Eisenbahnschutztruppe eine ernste den statt wie bisher einer Katastrophe wie der Weiße Haus   einberufen. Lage geschaffen habe. jetzt in Asien   sich vollziehenden zuzusteuern

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