Nr. 86. Mt S Donnerstag, 11. Feber. 1982. Kleine Chronik Fakir-Ralerel in der Mo chee von Knironon. Haben Sie schon„richtige" Derwisch« und Fakir« gesehen'? Solche, die ein Seil hochschlendern, daß es wie ein Stab in d«r Lust stehen bleibt, an dem der „heilig« Mann"'vor aller Augen hinaufklettert?— Solche, die sich ein Jahr lang vergraben lasten und nach diesem Urlaub vom Leben wieder inS Dasein -urückkehren, als. wäre nichts geschahen?— Oder solch«, die sich Messer in den Leib stoßen, stundenlang in die Sonne blicken, auf Nägeln stchen, Die Abenteuerin von Tunis . Di« besannt« Filmschauspielerin Men Richter im Kreise von Eingeborenen, die bei den Aufnahmen zu ihrem neuen Film mitwirsten. Schlangen beschwören und ander« grausliche Sachen machen?. So«ine Filmreise muß doch wundervoll sein... nein, wie ich Sie beneibel So eine Reise ist auch wundervoll, besonders wenn man allmorgendlich um fünf Uhr aufstehen und sich dick mit Schmink« anstreichen muß, w«nn man mittags um zwölf bei 48 Grad in engen Stra» ßen der Eingeborrnenstadt zwischen fallenden Küchenabfällen tonfilmt und schön daraus achten muß, daß di« S-Laute nur so heraukspritzen, damit das Publikum später nicht glaubt: di« lispelt als„Abenteuerin von Tunis "! Mer Derwische und Fakire habe ich zum Lohn dafür zu sehen bekommen, die besten in Mavseill« im Variete, in Berlin im Lunapark und in Kopen hagen km Tivoli. Was man sonst den Fremden in den Hafenstädten des Orients zeigt, ist genau derselbe Humbug. Angelernte Tricks, di« jeder routiniert« Artist nachmach«n kann. Wirklich« Fakire zeigen ihre Bußübungrn nicht öffentlich. Für sie sind es religiös« Handlungen. Neugierig« Europäer, insbesondere Frauen, bekommen nur Gauklertruppen zu sehen, denn der Eintritt in«ln« Moschee ist ihäen' weist"überhaupt nicht, keinesfalls aber wahrend der Gebeistunden erlaubt. . Kairouan ist nach Mekka 'die heiligste Stadt der Mohammedaner. Hierhin pilgern sie, um in den uralten Moscheen zu beten, hier.hat man dl« Mara- bouS— di« Heilig««— zur letzten Ruh« geb«tt«t. Aus einer kleinen Moschee dringt der einförmige Klang beS Tamtams und der Ruf der Muezzin zum Gäbet. Die Tür ist offen, ich tret« näher, der Wächter läßt'mich ungehindert paisi««n. Hält er mich für einen" Mann, weil ich Reithosen, hohe Stiefel und Tropenhelm trag«? Er weist wortlos auf«ine Holzbank in der Ecke. Als ich mit dem Fuß«inen kleinen Gebetteppich berühre, nimmt«r ihn behutsam fort und legt, bedeutungsvoll auf die Beter zeigend, den Finger an die Lippen. Um den Priester, einen alten, sehr intelligent auSschenden Mann mit goldener Brille, hocken zwanzig Araber, in zwei Reihen sich gegenüber sitzend, aus dem Boden. Dumpf klingt der Trommel- schlag auf dem Tamtam, dessen Kalbsfell von Zeit zu Zeit über einem Kohlenfeuer erhitzt wird uich sich zu hellerem Ton spannt. Eintönig leiern di« Beter die Sprüche des Priesters nach. DaS geht so »nunt«rbrochen zwei Stunden. Dann aber stellen sich plötzlich zehn Männer in einer Reihe an der Wand auf. Zum Rhythmus der Tromm«! heben sie den rechten Fuß, den linken Fuß, schneller, immer schneller wiegt sich der Körper von r«chtS nach links, Von links nach rechts. Jetzt auch der Kopf — immer mehr,— immer mehr. Stärker wird der Schlag des Tamtams und wilder das Wiegen der zuckenden Körpers.-Der Kopf rollt wie ein« Kugel auf der Stang« des dünnen Haffes. Di« Aug«n nehmen einen sti«r«n Glanz an. Der Priester singt, der Tamtam dröhnt, die Männer biegen sich nach recht»— nach links— nach recht«— nach links.— Nach«irrer halben Stunde sind sie in vollkommenem Trancqustand. Der erste reißt sich di« Kl«idung vom Leibe, stürzt an ein Gerüst, in dem lange, spitze, florettähnlich« Degen sticken, reißt einen heraus, hält ihn an die Halskette,«in anderer schlägt wie toll mit einem Holzhammer auf den Degenknauf, ohne daß di« Spitze trotz der gewaltigen Schläge mehr als di« Haut durchdringt. Bon seinem Marterer gefolgt, springt«iner durch-i« Moschee, stillt sich vor mir auf, r«ißt einen scharfen Säbel von der Wand, packt ihn mit beiden Händen und schlägt sich mit d«r scharfen Klinge gegen den Letb. Kein Tropfen Blut fließt. Hinter Gittern verborgen hocken die Frauen. Mit.schrillem Kitsch«» bogl«tten sie den grausigen Kult. Immer mehr Tollgeworden« stoßen sich Mester durch die Wangen. Gellen- dröhnt die Hall« wider von den Schlagen, mit denen sie di« spitzen Degen sich in di« Brust, in den Hals, in den Rücken treiben lasten. Schweiß läuft über di« braunen Körper. Jetzt holt «in kleiner Brrwachkener«inen Skorpion, dessen Gift dem der Schlangen an Gefährlichkeit nicht nachsteht, aus einem Papier, hält ihn vor den g«. öffneten Mund und frißt ihn dünn mit Haut und Haaren. Hinterher kaut«r ein zerbrochenes Weinglas, da- vielleicht einmal«in Europäer bei der Fahrt durch diesen weltfremden Ort aus dem Auto geworfen hat. Langsam läßt die Ekstase nach. Demütig taumelt jeder zu dem Ob«rpri«ster— man könnte ihn, wär« seine Haut nicht braun— dem Aussehen nach für einen Gymnasiallehrer oder Universitätsprofeffor hallen—«r flüstert dem Betäubten, der seinen Kopf an ihn lehnt, einige Wort« in» Ohr. Ein kurzes Aufwachen, und der Mann mit dem Skor- Pion im Leibe verläßt die Moschee und geht seinem »hrsantzcn Schustergeweibe wi«der nach. Ellen Richter . Literatur-Anekdoten Der Verleger. An einem sonnenhellen Jnflationstage wurde mir ein Herr vorgestellt, der einen Berlag zu gründen beabsichtigte und meinen Rat zu hören wünschte. Es erwies sich, daß ihm di« literarischen Grundbegriffe restlos fremd waren; dagegen hatte er zu günstigen Bedingungen einen großen Posten Druckpapier von mäßiger Qualität gekauft. Dieser Einkauf bildete die solide Grundlage seines Plans. Außerdem hatte er sich einen swlzen Firmennamen eintragen lasten. Ich entwickelte ihm diesen und jenen Gedanken aus dem Stegreif, was er müßig und bewundernd aufnahm. Als Gegenleistung erhielt ich zwei Tasten Kaffee, einen Kognac, eine Zigarre und einen Händedruck. Damit war di« Unterredung beendet. Einige Wochen hindurch hörte ich täglich nichts von dem Manne; dann begegnete ich ihm zufällig auf der Straße. Nach den"üblichen Begrüßung-- reden fragte ich:„ und war macht Ihr Ver lag?"—„Ja, sehen Sie,— nicht wahr?" sagte er. ,^Jch hatte doch dar Papier gekauft. Und da wurde mir dann eine- Tage- für di« Partie ei« sehr vorteilhafter Preis geboten. Und— nicht wahr?— da habe ich sie dann weggegeben. Und daraus haben sich dann andere Geschäfte entwickelt." Brr eine« Wirt«... Zwei junge Herren in Sportanzügen sahen sich vor langen Jahren einmal nach einem ausgiebigen Waldbummel rings um die Wartburg nach' einem Gasthaus um und entdeckten auch alsbald eine einladende Stätte, die ihren Ansprüchen zur Atzung geeignet schien. Sie ließen sich vor der Tür des Hauser an einem hübsch gedeckten Gartentische nieder und bestellten bei dem Wirt, einem behaglichen, graubärtigen Manne mit einem schwarzen Samtkäppchen und gutmütig heiter leuchtenden Brillen- gläsern, zweimal Spiegeleier mit Bratkartoffeln, Bier und Käse. Er brachte alles höflich und gewandt herbei und hielt auf leutseliges Befragen mit seiner Meinung über das Wetter und die neueste Revolution in Südamerika nicht zurück. Schließlich klopfte einer der Herren mit einem Fünfmarkstück auf den Tisch und rief:„Zahlen!" Da nun baute sich der freundliche Wirt vor dem Tische auf, stemmte die Arme in die Hüsten und sagte:„Nein, meine Herren! Sie haben Spiegeleier, Bratkartoffeln, Bier und Käse verlangt, und ich habe sie Ihnen gegeben. Nun ist aber Schluß. Geld nimmt Fritz Reuter nur für seine Bücher". Wedekind und der Kritiker. Im Münchener Kreis« umFrankWedekind tauchte gelegentlich ein Literat auf, der durch seine bescheidene und zurückhaltende Art angenehm auffiel, so daß der schwer zugängliche, mißtrauische Wedekind ein« gewisse Zuneigung zu ihm faßt« und sich sein« maßvollen Lobreden stumm gefallen ließ. Derselbe Herr indeffen, irgendwo und irgendwie zum Schauspielkritiker aufgerückt, schrieb gleich zu Anfang feiner neuen Laufbahn einen anmaßlichen, von boshaften Bemerkungen wimmelnden„Verriß" ein«S Wedekindschcn Stückes. Wedekind hörte schweigend zu, al- seine Freunde sich über diese „heimtückische Biecherei" ereiferten; dann sagte er mit seinem unvergeßlichen Lächeln, in dem sich Zynismus und hilflose Traurigkeit seltsam mischten: „War wollt ihr? Da kann man nichts machen. Wenn Gott dem Skribifaxer ein Amt gibt, so nimmt er ihm den Verstand". Karl L« r b S. tagen, vom Straßenniveau ab gerechnet, 22 Stockwerke vollendet. Die Hauptaufgabe der Ingenieure bestand darin,' die Standfestigkeit zu sichern, und die größte Schwierigkeit^ür oie Arbeiter war, in der schwindelnden Hohe absturzsicher zu arbeiten. In 305 Meter Höhe wurde mit dem Aufbau des 85. Stockwerks begonnen. Nun folgte die Krönung: die Errichtung eines 61 Meter hohen Turmes über dem 85. Stockwerk, durch den das Gebäude eine Gesamthöhe von 881 Metern erreichte. Gesamtbauzeit: 8 Monate. 40.000 Menschen erhielten Platz zum Arbeiten. Ein fast groteskes Wunderwerk der Baueile in diesem Land, das heftig wie noch ni« von der Wirtschaftskrise geschüttet wird. Volkswirtschaft and Sozialpolitik «WWWWWMWWWWWWWWWWMWWMWWWWWWWW, Familienzulagen in Belgien . Am 1. Jänner dieses Jahres ist in Belgien ein Gesetz in Kraft getreten, durch da» di« Familienzulagen„für alle Arbeiter von Industrie, Handel und Landwirtschaft sowie der freien Berufe und, ganz allgemein, für alle Personen obligatorisch werden, die durch einen Arbeit-Vertrag erfaßt werden oder sonst irgendwelch« Dienstleistungen verrichten, vorausgesetzt, daß sie mindesten» 12 Tag« per Monat bei«mem oder mehreren Arbeitgebern und mindesten» 4 Stunden per Tag beschäftigt sind". Die Hohe der monatlichen Zulage stellt sich wie folgt: bei einem Kind 15 FrS., bei zwei Kindern 35 FrS., bei drei Kindern 75 FrS., bei vier Kindern 145 FrS., bei 5 Kindern 245 Frs., für jedes weitere Kind 100 FrS. Die Zulage wird unt«r allen Umständen bis zur Erreichung dcS 14. AltersjahreS bezahlt. Alle Unternehmer, die«ine oder mehrer« Personen beschäftigen, gleichviel, welchen Alters und Geschlecht«- und gleichviel, ob die Beschäftigten für Kinder zu sorgen haben oder nicht, haben einer Kompensationskasse anzugehören und rhr für jeden Arbeiter«ine Summe von FrS. 0.60 sfür Frauen FrS. 0.30) per Arbeitstag zu entrichten. Abgesehen von diesem für die Auszahlungen bestlmmten Betrag, haben di« Unternehmer den auf sie entfallenden Teil, der Ver« waltUngSkosten der Kaffe sowie einen zusätzlichen Betrag an den Vorsorgefonds zur Kass« zu zahlen. Dieser zusäPiche Betrag belauft sich auf 5 Prozent der gesamten für die Auszahlung geleisteten Beiträge. Er muß solang« bezahlt werden, bis der BorsorgefondS dl« Hohe der Gesamtbeiträge an die Kasse für zwei Monate erreicht hat. Bei der Berechnung der Beiträge der Unternehmer gelten auch jene Tage als Arbeitstag«, die we^en Krankheit, Unfall, unfreiwilliger Arbeitslosigkeit oder auS irgendwelchen gesetzlichen Gründen (z. B. di« Sonntage) versäumt werden. Siu Ausflug in das Zeitalter des zweistündigen Arbeitstage«. Der Pro-feffor Dr. E. C. Furnas hat in New Dock ein Buch herausgegeben unter dem Titel: Amerikas morgiger Tag. Ein Ausflug in das Zeitalter des Zweistunden-Arbeitstages." Wie wir einer Besprechung dieses Buches entnehmen, stellt sich der Verfasser in bewußten Gegensatz zu jenen, die in den Maschine» eine Hauptursache der Rot unserer Zeit sehen wollen. Seiner Meinung nach liege nicht in der Beschäftigungslosigkeit, zu der die Maschinen führen, das liebet, sondern in dem Mangel an Existenzmitteln. Diese Ansicht ist unzweifelhaft zutreffend.. Wenn alle Menschen die notwendmen Existenzminel hätten, erübrigte sich nur noch, die Verwendung der Produktionsmittel mit dem Bedarf in Einklang zu bringen, und dann müßte die Arbeitslosigkeit aus- sterben. Das Festhalten an einer überlangen Arbeitszeit bei der bereits so weit gediehenen Mechanisierung der Produktion, ist unvernünftig und daraus erwachsen zu einem wesentlichen Teil die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, für die Arbeiter und Angestellte die Kosten zu tragen haben. Man kann annehme», daß heute im Weltmaßstäbe ungefähr zwei Milliarden mechanische Pferdekräfte zur Verfügung stehen. Professor Furnas kommt auf Grnrät dieser Tatsache zu der Konstatierung, daß jeder Mensch heute 165 Sklaven in der Gestalt von Kupferdrähten oder Benzin-Tanks zur Verfüg»im hat. Al» sich die ersten Ansiedler in Nordamerika ansässig machten, standen jedem durchschnittlich die Kräfte dreier Sklaven in Form von Menschen- oder Pferdekräften oder auch von Wasserrädern zur Verfügung. Auf Grund dieser Entwicklung mußte daher dre Arbeitszeit auf den 65. Teil von damals verkürzt fei». Dr. Furnas sieht den einzigen Weg zur Rettung darin, daß die von Maschinen den Men- schenkrasten übrig gelassene Arbeit in jedem Lande durch Verkürzung der Arbeitszeit verteilt werde. Er sieht die Zeit nicht mehr so fern,, da vier Stunden Arbeit täglich genügen, die später aus drei, ja sogar aus zwei sinken werden. Dies« Zeit wird genügen, um allen Bedarf der Menschen herzustellen. Dann kommt das Zeitalter der Muße, di« Zeit, in der auch de« arbeitenden Menschen die Möglichkeit gegeben sein wird, ihr Leben lebenswerter zu gestalten. Die Wistenschaftler wissen also schon den Weg, wie wir au» der schweren Wirtschaftskrise herauskommen können. Da nun das Unternehmertum aus dieser Entwicklung freiwillig nicht di« richtige Konseauenz ziehen will, bleibt nichts anderes übrig, als daß durch die. Gesetzgebung der verschiedenen Länder die Wirtschaft von den Fesseln deS überlangen Arbeitstage» befreit wird und daß zunächst die 40- Stunden- woche gesetzlich zur Einführung kommt. Dße Äauveestavt der Zukunft. Da« Wunder im von gtrto cyor».-^Dreimal M Stoa«verte WoH fit** SernsevNno. New Dort, tm Feber.(Eig. Bericht.) Die amerikanisch- Presse hat ihr« große Sensation: trotz der Mißgunst der Zett soll im Zentrum von New Don Radio^lüty di« berühmte überdimensionale Radiostadt der Rockekeller, erbaut werden. Man hat bereits mit den Vorarbeiten begonnen. Der Bauplatz liegt der katholischen St. Patrick-Kathedrale genau gegenüber. In den vergangenen Jahren wurde der Boden nach und noch zu fantastische» Preisen, die' zahlreiche Hausbesitzer zu reichen Leuten mochten, aufgekauft. Nur ein« kleine französisch« Schneiderin hatte e» sich in den Kopf gesetzt, mit d«m reichsten Mann der Welt in den Ring zu treten, und weigerte sich, ihre Rechte an Rockefellers Beauftragte abzutreten. Der mächtige Rockeseller wurde k. o. geschlagen— vielleicht das erste und einzige Mal in seinem Leben. Er muhte warten, bis der Pachtvertrag her keinen Französin abgelaufen war. Das geschah am 81. Jänn« 1932. Heute, am 1. Feber,«ne Minute nach Mitter nacht , sausten die Spitzhacken in die Wände deS baufälligen Gebäudes, das in weiter Runde als einziges dem Willen des reichsten Mannes der Welt zu trotzen vermocht hatte. In wenigen Augenblicken war es dem Erdboden gleichgemacht. Die übrigen Häuser hatte man bereits ttn vorigen Herbst abgerissen. Radio-City wird aus drei Häuserblöcken zu je 66 Stockwerken bestehen. Drei mächtige Kuppeln krönen den Komplex. Ihre Silhouette wird im New Uork der Zukunft sein charakteristisches Gepräge geben. Amerika bat den Rekordwahn: „das größte Hotel der Welt" und„die riesigsten Mietzinshäuser der Erde " will man einbauen; vor allem aber wird in Radio-City „das größte Theater der Welt", das erste Weltrundsunk-Theater, das später als internationales Fernsehkino auS- gestaltct werden soll, untergebracht werden. Freilich tverden durch die Pupillen de» Weltauges von Radio-City nur die Bilder jener Ereignisse dringen, die die Rockeseller oder ihre Nachfolger für geeignet halten. Im übrigen wird Rockefellers Launen« Stadt den Geschäftsabsichten und Neigungen des reichsten Mannes der West entsprechend würdig auSaestattet sein. Bon Anbruch der Dunkelheit an viS zum tagenden Morgen werden die drei Riesentürme Radio-Citys durch Scheinwerfer in eine blendende Lichtfülle getaucht, die die Nacht »um Tage macht. Prächtige Dachgärten stehen den Besuchern der Häuser zur Verfügung. Im Schatten von echten Cypressen tvird man um künstliche Seen und illuminierte Springbrunnen spazieren können. Mehr als 1000 Fahrstühle stehen bereit, um die Erholungslustigen in die ersehnten Höhen zu befördern. Die Kosten für den auf mehrere Jahre berechneten Bau der Zukunftsstadt. im Herzen von New Kork belaufen sich nach vorläufiger Schätzung auf 250 Millionen Dollar. Sie wurden von der Rockefeller-Dynastie zur Verfügung gestellt. Die Rockefellers sind davon überzeugt, daß die Erstellung ihrer Zauberstadt einen ungeheuer finanziellen, technischen und zivilisatorischen Fortschritt bedeuten wird. Ob dieser Triumph des vollkommenen Amerika - niSmn» gleichzeitig auch als hoher Kulturbeweis bewertet werden kann, ist eine Frage, deren Beantwortung der Zukunft überlassen bleiben muß. Ta» höchste Hau» der Welt. Einen anderen Rekord habe» die New Yorker neuerdings auch praktisch geschlagen: da» neu errichtete 381 Meter hohe„Empire State Buildings ein BurogÄäude, genießt den RMy, daS, tzchste Haus der. Welt zu sein. ES überragt das Singer-HauS, das Wool- worth-Haus, da» ChrySler-Hau» und die übrigen Wolkenkratzer, die auf dem kostbare» Boden des New Dorker Hafen- und GeschäftSviertelS errichtet wurden.• Nach langen Planungen und Ueberleguugen wurden in einem bekannten New Dorker Ingenieurbüro die Berechnungen durchgeführt, die dem Aufbau des Riesenturmes zu Grunde lagen. Die Beherrschung der bei einem solchen Bau auftretenden statischen Kräfte setzt umfangreiche Vorarbeiten voraus. Auf Grund der Berechnungen wurden die Zeichnungen angefertiat, auf der jedes Blech, jeder Träger, jeder Niet , jede Schraube, jede Schweißstelle verzeichnet waren. Dann begann in den Eisenwerken der Carnegie- Steel-Corporation eine emsige Tätigkeit. Weißglühende Blöcke wurden in di« Walzenstraße gepreßt, und in schwere Träger oder Stohlplatten umgeformt. Riesige Fräsmaschinen, vielspindlige Bohrmaschinen, automatisch arbeitende Lochstanzen schnitten die einzelnen Telle— Profile, Platten, Knotenbleche— auf die gewünschten Längen zu und versahen sie mit den notwendigen Löchern. Nun kamen die Monteure, vernieteten die einzelnen Profile und Blech« zu schweren Trägern, von denen jeder einzelne nicht weniger als 44 Tonnen wog, wobei auf das laufende Meter ein Gewicht von 6.8 Tonnen kam. Solche gewaltigen Stahlmassen erforderten natürlich umfangreiche Gründungsarbeiten. Um die Montage des stählernen Hauses rasch durchzusühren. hatte man mitten im dichten Trubel des New Dorker Verkehrs neun Krane errichtet. Jeder Kran bestand aus Stütze und ÄuSleger uno war durch Stahlseile genau so befestigt wie man die Funktürme befestigt. Alles, war so gut durchdacht, daß ein reibungsloser Auchau ermöglicht wurd«. Jeder Kran hatte eine eigene Nummer, und jede Stütze, jeder Träger und jedes Blech war in der Werkstatt mit der Nummer des Kranes und der betreffenden Dauteilnummer versehen worden. Schwere Autos rollten mit den Lasten der Stahlkonstruktionen heran,. jedes einzelne hielt vor dem richtigen Kran, und die schweren Telle konnten in der richtigen Reihenfolge entladen und sofort aufgebaut werden. Zum Aufstapeln der angesahrenen Telle war weder Platz noch Zeit vorhanden, denn die Bauzeit war so bemessen worden, daß nach der Montage der in die Betonfundamentr einzubauendcn Grundstützen an jedem Tage ein Stockwerk fertiggestellt werden mußte, d. h. 85 in Stahllonstruktion ausgeführte Stockwerke mußten in rund drei Monaten vollendet sein. Die gewandten Stahlarbeiter wurden gezwungen, das Letzte herzugeben. Aber die in den Werkstätten vorbereiteten Konstruktionstelle paßten mit der größten Präzision zueinander. Es gab nicht den geriesten Aufenthalt. Kaum standen dre ersten Stutzen, da roll- ten auch schon die für die einzelnen Krane bestimmten Deckenträger heran, die mit jagender Eile emporgehoben Und eingefügt wurden. In jedem Monat wurden jetzt 10.000 Tonnen Stahl empor getürmt und so in 23 Arbeit».
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12 (11.2.1932) 36
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