Nr. 137 Freitag, bett M. Armt 1990 Sette S Hllic ittr Mitteleuropa . Donauplan neuerdings im Vordergrund. Paris , 9. Juni. Ministerpräsident Her­ri o t hatte gestern eine längere Unterredung mit dem Finanzminister Germain- Mar- si n. Beide Staatsmänner befaßten sich mit den Anregungen der gemischten Kommission von Finanzsachverständigen, die in der vergangenen Woche in Paris tagte und sich mit der Organi­sierung der Hilfe für einige mitteleuropäische und osteuropäische Staaten befaßte. Petit Paris««" macht darauf aufmerksam, daß in dieser Frage London und Paris nicht eines Sinnes seien und daß Herriot dar­über mit dem Premierminister Maedonald und dem Außenminister Sir John Simon bei den am Samstag und Sonntag in Paris statt­findenden Vorbesprechungen in Paris verhan­deln werde. Wahrend England der Ansicht sei, daß Oesterreich finanzielle Aushilfe ge­währt werden sollte, möchte Frankreich nur die bisher eingefrorenen Kredite in Oesterreich verlängern, jedoch keine neue Baraushilfe ge­währen. I« Frankreich herrscht mehr und mehr die Ueberzeugung schreibtPetit Parisien"- daß nur ein Gesamtplan Oesterreich , die Donau - und Balkanstaaten vor der sie bedrohenden Katastrophe retten könne. Frankreich wär« ge­neigt, mit Rücksicht auf die Lage in Bulgarien und Griechenland den Tardieupla« auch auf dies« Staate« auszudehnen. Erst bis die wirt­schaftlichen Vorbedingungen des gesamten Hilfs- planes klargelegt sein würden, würde Frankreich auch die finanzielle Seite erwägen. Den Infor­mationen des Havasbüros zufolge hat die ge­mischte Kommission für Oesterreich eine Hilfe von 200 Millionen Franks vorgeschlagen, wel­cher Betrag von verschiedenen Staaten gezeichnet werden solle. Der schweizerische Bundesrat habe gestern im Prinzip seine Zustimmung zur Teil­nahme der Schweiz unter gewissen Bedingungen gegeben. Schleicher; Aatzenoolitik. Sozialdemokraten fordern Einberufung des Aus­wärtigen Ausschusses. Berlin , 9. Juni. Im Auftrage der sozial­demokratischen Mitglieder des auswärtigen Aus- schusses des Reichstages hat der Abgeordnete Dr. Breitscheid in einem Schreiben an den Vor­sitzenden des Auswärtigen Ausschusses Dr. Frick (Natsoz.) darum ersucht, den Auswärtigen Aus­schuß in der allernächsten Zeit zu einer Sitzung einzuberusen. Der Auswärtige Ausschuß gehört zu den Gremien des Reichstages, die auch nach Auflösung des Parlamentes aus Grund der Ver- safsungsbestimmungen weiterbestehen und ihre Arbeiten fortsetzen können. Breit scheid ver­weist in dem Schreiben darauf, daß die Aus­führungen der neuen Reichsregierung in ihrer Ettlläruirg über ihre außenpolitischen Ideen dürftig sind. Sie spreche in allgemeinen Rede­wendungen von der Aufrechterhaltung des Frie­dens mit allen Nationen und der Notwendigkeit, die deutsche Gleichberechtigung durchzusetzen. Man dürfe aber doch wohl annehmen, daß das Kabinett ganz bestimmte außeirpolitisch« Pläne verfolg«, die zweifellos von denen der Regierung Brüning abwichen. Da die Auflösung des Reichstages ein« Debatte über diese Gegensätze im Plenum unmöglich gemacht habe, halten es die Sozial­demokraten für doppelt geboten, daß der Regie­rung Gelegenheit gegeben werde, wenigstens im Auswärtigen Ausschuß ihr« Absichten schärfer zu umreißen. Herr von Pape« spricht: Sozialversicherung wird zerschlagen. Berlin » 9. Juni. Wie aus parlamen­tarischen Kreise« verlautet, hat Reichskanzler von Pape« bei de» Verhandlungen mit de« verschie­de««» Interessenten immer wieder daraus hin­gewiesen, daß eine vollständige Umorganisierung der Sozialversicherung durch Notverordnung er« solgen werde. SA macht sich wieder maufig. Magdeburg , 8. Juni. Auf ein schon in den Morgenstunden auftauchcndeS Gerücht, daß das SA .« und das Unisormverbot aufgehoben seien, zeigten sich den ganzen Tag über größere un­kleinere SA.-Trupps in voller Uniform, d i e mit politisch Andersdenkenden an vielen Stellen der Stad^ aneinan­dergerieten. Auch ReichSbannerleute wurden in Uniformen gesehen. Die Polizei ging in den Abendstunden gegen die Demonstranten vor und nahm, nachdem der Polizeipräsident darauf hin­gewiesen hatte, daß dos Uniformtragen noch nicht gestattet fei, auch zahlreich« B er Haftungen vor. In den späten Abendstunden war die Ruhe wieder hergestellt. Reichsbanner wehrt sich. Kamen(Westphalen), 9. Juni. Zu schweren Unruhen kam eS heute abends auf der Unnaer Straße zwischen Reichsbannerleuten und Natio­nalsozialisten. Nachdem den ganzen Tag über schon Reibereien zwischen den politischen Gegnern stattgefunden hatten, entstand abends eine Mäs­se n s ch l äg e r e i, bei der die Polizei die Straße mit Gewalt räumen mußte. Hierbei gerieten mehrere Beamte in Bedrängnis, als Angehörige beider Verbände gegen die Beamten tätlich vor- gingen. Die Beamten mußten sich mit der Schußwaffe Geltung verschaffen und gingen dann bei der Säuberung der Straße mit dem Gummiknüppel scharf vor. Bon Seiten des Reichsbanners wurden Schüsse abgegeben. Der Nationalsozialist Hohl wurde durch Stockhiebe München , 9. Juni. (Eig. Drahtb.) In dem Münchener Beleidigungsprozeß gegen den Schriftsteller Werner Abel wurde zunächst der Angeklagte stundenlang vernommen. Der 30jährige Mann hat ein außerordentlich beweg­tes Abenteurerleben hinter sich. Er ist wegen Münzverbrechens, Körperverletzung und Betru­ges vorbestraft. Wel machte nach dem Kriege die Expedition im Baltikum mit. Im Jahre 1920 trat er als Verbindungsoffizier der Vaterländischen Ver­bände Ostpreußens -auf und wurde als Deutscher in den nationalistischen Kreisen Münchens akkreditiert". Er führte zeitweise den falschen Namen Ahlers und Prinz Isenburg. Nach sei­nen eigenen Worten bestand seine hochverräte­rische Tätigkeit damals darin, preußische Flücht­linge dem Zugriff der preußischen Polizei zu entziehen und sie in Bayern unterzubrmgen. Das gelang ihm auch. Nicht weniger als 75 junge Männer, die irgend etwas ausge- frefsen hatten, brachte er bei der beheri- schen Reichswehr unter. Der damalige Münchener Polizeioberst von Seißer hat nach Wels Worten selbst Wert darauf gelegt, daß Wel mit der Reichswehr zusammenarbeite. Im Jahre 1921 lernte er in München die beiden Schwestern Miglorati kennen, die eifrig in den rechtsaktivistischen Kreisen Münchens verkehr­ten. Bald darauf wurde er auch mit dem Hauptmann Miglorati, einem faschi - stischen Agenten, bekannt und führte die­sen dem Roßbachkreis und später Hit­ ler selbst zu. Wel bleibt bei seiner eidlichen Aussage, daß Miglorati mit Hitler nnd Haupt­mann Göring «ine Unterredung hatte, in der Hitler gegen die Zusage einer politischen un­finanziellen Unterstützung durch den italienische« Faschismus gewisse Konzessionen bezüglich Süd­ tirol machte. Er, Wel, selbst habe die Nieder­schrift jener geheimnisvollen Unterredung mit eigenen Augen gelesen. Im November 1923 kam der Angeklagte als Schutzhaftgefangener in die Festungsanstalt Landsberg am Lech , wo er mit dem später eben­falls dorthin«ingelieferten früheren bayerischen Justizminister um) jetzigen Generalstaatsanwalt Dr. Roth zusammentraf. Abel verharrt auch hier bei seiner eidlichen Aussage. Dr. Roth' habe, dessen entsinne er sich ganz bestimmt, ge­sagt, daß Gareis im Juni 1921 von Braun mit Wis ­sen der bayerischen Regierung erschossen worden sei. Nach seiner Haftentlassung aus Landsberg im Jahre 1924 ging Wel nach Wien , wo er rasch Eingang in die nationalsozia­listischen Kreise fand. Dort sollen auch die Mit­glieder der faschistischen Kolonie Innsbruck sehr häufig verkehrt haben. Hierbei lernte Abel den faschistischen Agenten Mario kennen. Er selbst habe gesehen, wie Mario und später auch der vorerwähnte Miglorati dem Führer der österreichischen Nationalsozialisten Major Reschny wieder­holt Gelder gaben, wofür die österreichischen Nazis gewisse Zugeständnisse bezüglich des Burgenlandes machten. Bei seinen weiteren Fahrten kam Wel nach B u d a p e st und faiÄ dort Eingang in den Kreisen der erwachenden Magya­ren. In Budapest traf er auch mit dem mut­maßlichen Gareis- Mörder Braun per­sönlich zusammen. Braun habe in Budapester Rechtskreisen allgemein als Gareis-Mörder ge­golten. Braun habe ihm, wie Wel auch bei sei­ner früheren Vernehmung aussagte, bei dieser Gelegenheit sehr genau geschildert, wie die Ermordung vor sich ging. Er habe den ersten Schuß aus 10 Meter, den zweiten aus sieben Meter Entfernung abgege­ben. Heute will Abel sich an diese Begegnung nicht mehr genau erinnern. Abel wanderte dann weiter durch Rumänien und di«' Türkei , wo er wiederum Anschluß an die f a s ch i st i- schen Kreise fand, und kehrte schließlich nach Berlin zurück. Heute ist er, wie er sagt, gewillt, mit aller Entschiedenheit gegen die In­famie zu kämpfen, mit der ihn dieserTYP Hiller" verfolge. In der Mittwoch-Verhandlung bestritt Dr. Roth mit Abel jemals in engeren Beziehungen gestanden und ihm erzählt zu haben, daß der berüchtigte Leutnant Braun der Mörder des Sozialdemokraten Gareis fei. Eine Reihe von Fragen der Verteidigung, deren Beantwortung durch den Zeugen Licht in das Dunkel der bayerischen Fememordaffäre 1920-21 hätte brin­gen können, lehnte das Gericht ab. Die Behauptung des Angeklagten, daß er während seiner Agententätigkeit für die Rechts­radikalen in München wiederholt Gast bei dem Exkrouprinzen Rupprecht war, konnte im bis­herigen Verlauf des Prozesses Moch nicht geklärt werden. Auch Ludendorff kümmerte sich danials niedergeschlagen und schwer verletzt. Der Ma­schinist Schreiber trug ebenfalls bei dem Zu- sammenstoß Kopfverletzungen davon. Die Polizei nahm zwei Reichsbannerleute in Haft. recht lebhaft um Wel und suchte ihn zweimal in seiner Wohnung auf. Der Fememörder H e i- n e s wußte als Zeuge von den ausländischen Geldquellen Hitlers aus eigener Kenntnis nichts anzugeben. «wer leugnet jede Verbindung mit den italienischen Fascisten. In der heutigen Verhandlung er- klärte Hitler unter Cid, alle Behaup­tungen des Angeklagten seien ün- w a h r. Er sei nie mit Abel züsammengewesen und kenne diesen überhaupt erst seit dem Belei­digungsprozeß, aus welchem sich das Meineids­verfahren entwickelte. Auch der Name des italie­nischen Attaches Migliorati fei ihm erst auf dem Gerichte bekannt geworden. Entgegen der Behauptung Mels sei weder mit Migliorati noch mit irgendjemandem bei der Zusammen­kunft im Wurzer Hof eine Verabredung getrof­fen worden, so daß auch von einer späteren Be­sprechung über Südtirol und eine damit zusam­menhängende finanzielle Unterstützung nicht die Rede sein könne. Niemals hätten überhaupt der­artige Verhandlungen mit Italienern stattge­funden. Die Behauptung, der Nationalsozialis­mus sei mit fremdem Geld finanziert worden, müsse als eine einzige Lüge bezeichnet werden. Mit schriller, sich überschlagender Stimme be­schwört er das Gericht: Wären dies« Beschuldigungen der Bestechlichkeit Wahrheit, so bliebe mir nichts anderes übrig, als mich auf der Stell« zu erschießen." Auf die Frage nach den tsdie- dilsdicn Industriellengeldern bleibt Hitler die Antwort schuldig! Im Verlaufe der Verhandlung richtete der Verteidiger Dr. Rosenfeld an Hitler die Frage, ob es richtig sei, daß er von einem tschechischen Industrieunter­nehmen, das mit Schneider-Crenzot in Ver­bindung stand, Geld bekommen habe. Auf diese Frage erklärte H i t l e r in großer Er­regung, er lasse sich»ich t beleidigen. Alles, was hier behauptet werde, sei Schwin­del. Er gebe jüdischen Rechtsanwäl­ten keine Antwort mehr. Vorsitzender und Staatsanwalt machen Zeugen Hitler auf die Folgen seiner Zeugnis­verweigerung und die darin liegende Mißachtung des Gerichtes aufmerksam. Hitler erklärt:Ich nehme jede Strafe auf mich, aber auf diese Lügen kann ich nicht mehr antworten, als ich bereits gesagt habe. Ich gebe weiter keine Antwort mehr." Hitler wegen Zeugnis­verweigerung bestraft! Das Gericht zieht sich hierauf zur Bera­tung zurück und verkündet nach einer halben Stunde folgenden Beschluß:Der Zeuge Adolf Hitler wird wegen endgültiger Zeugnisver­weigerung zu einer Geldstrafe von 800 Mark, eventuell 16 Tage Haft und wegen der Anwürfe gegen die Verteidigung zu einer Geldstrafe von 200 Mark eventuell drei Tage Haft verurteilt. * München , 9. Juni. In der Nachmittags­sitzung des Abel-Prozesses ergab sich aus dem Protokoll über die kommissarische Vernehmung des Hauptmanns a. D. Dorn, daß Dorn mit Migliorati nicht bekannt gewesen ist. Oberleut­nant a. D. Roßbach erklärte, daß Abel'sich als Iserrburg ausgegeben und ihm auch einen Aus­weis aus diesen Namen gezeigt habe. Roßbach will von Geldangeboten an Httler nichts wissen. Als die Beleidigung den Antrag stellte, Leutnant Scheringer zu vernehmen, um den Beweis für die Unglaubwürdigkeit der Aus­sagen Hitlers erbringen zu können, kam es zu einem Zusammenstoß mit dem Vorsitzenden. Auf die Bemerkung des Rechtsanwaltes Rosenfell», er finde es begreiflich, wenn man einer Per­sönlichkeit wie Hitler . gegenüber gewisse Hem­mungen habe, erklärte der Vorsitzende, daß er sich gegen derartige Aeußerungen energisch ver­wahren müsse, falls darin ein Borwurf einer richterlichen Behörde enthalten sei. Rosenfeld er­klärte hierauf, er habe lediglich vonHemmun­gen" gesprochen, im übrigen nehme er von sei­nen Ausführungen nichts zurück. Daraufhin zog sich das Gericht zur Beschlußfassung über die Ladung Scheringers zurück. Nach ändert« halbstündiger Beratung verkündete das Gericht den Entschluß, entsprechend dem Antrag der Berteidigüngj Lattdesgerichtsrat Dr. Roll, den Untersuchungsrichter Dr. Wintersberger, Gene­ ral Ludendorff , Leutnant Scheringer, Frank II sowie nochmals Adolf Hitler zu laden. Die Vernehmung Ludendorffs ist für morgen archeraumt. Kommunazi. Kozis und Nazis verbunden sldi. Wenn man sich die Bewegungsrichtung zweier Extreme von einem gemeinsamen Aüs- gangspunkt aus in einer Kreisbahn vorstellt, so ergibt sich, daß sie sich an einem Punkt dieser Jahn berühren und sofern sie aus der gleichen Masse bestehen, vereinigen müssen. Bei den Kozis und bei den Nazis sind, diese Voraussetzungen hundertprozentig gegeben. Gemeinsam ist ihnen der Vernichtungswille gegenüber der Arbeiter­bewegung, der Haß gegen die Sozialdemokratie und die freien Gewerkschaften, die Verlogenheit, die Brutalität, die große Schnauze und die abso­lute Unfähigkeit, konstruktive Politik zu machen. DieMasse" dürfte im großen ganzen auch die gleiche sein. Unzufriedene Menschen mit wirren Begriffen, die ernten wollen, ohne zu säen, De- klassierte, Choleriker und Spitzel. Die Kreisbahn ist auch gegeben. Ursprünglich entgegengesetzt aus­einanderstrebend, haben sie sich auf der Kreis­bahn bereits so weit genähert, daß Nazis und Kozis nur noch schwer zu unterscheiden sind und über lang oder kurz nur noch eine einzige Masse aus oben bezeichneten Bestandteilen darstellen werden. Das alles ist nichts neues. Neu ist nur, daß die Kommunisten nunmehr schamlos genug sind, ihre Packeleien mit den Nazis nicht nur zuzugeben, sondern sich deren noch rühmen. Wie dieInternationale" vom 7. d. M. be­richtet, hat sich in Altrohlau ein Kampfeinheitskomitee" aus Jungkommunisten und jungen Nationalsozialisten gebildet. Was für eine Gesellschaft sich da zu- sammengefunden, verrät die Internationale" gleich im Anfänge ihres Artikels. Hundert junge Leute sollen anwesend gewesen sein. Davon waren mehr: als 30" Nazis,eine große Anzahl in­differenter Jugendlicher",'der Rest waren kom­munistische Jugendverbändler". Aus den weiteren Berichten erfährt man noch, daß auch Christ­lichsoziale anwesend waren; also eine recht gemischte Gesellschaft. Und dieser zusammengewürfelte Haufen hat einKampfeinheitskomitee"(!!) gebildet! Gegen wen? Ueberflüssig zu sagen.Der Redner zeigte das arbeiterfeindliche Ver­halten der Sozialdemokraten auf." (!!) Und fand Beifall bei den Nazis, so zwar, daß sie sich auf der Stelle mit den Kozisverbrüderten(!!) und einKampf­einheitskomitee" der Kommunazi bildeten! Ler frühere Kaller ooa Abessimen entflohen. Adis Abeba , 9. Juni. DaS Reuterbüro ver- öffentlicht folgende wegen der Zensur in Abessi­nien verspätete Meldung: Der ehemalige Kaiser von Abessinien Lidsch Jasu, der im Jahre 1917 abgesetzt wurde, überlistete, als Frau verkleidet, seine Wächter, entfloh und bewegt sich jetzt frei in der Wildnis der Gegend von Godscham, die wegen der gegenwärtigen Regenperiode unzu­gänglich ist. Lidsch Jasu stand unter der Aufsicht des Ras Kassa, eines Adeligen, dessen religiöse Rechtgläubigkeit ihm eine große Anzahl von An­hängern gewann, Von denen einige einen sehr großen Einfluß besitzen. Es ist nicht bekannt, ob Ras Kassa dem ehemaligen Kaiser bei seiner Flucht behilflich war; seit dessen Flucht wird Ras Kassa bewacht und besitzt keine Bewegungsfreiheit, Indessen hat es aber der gegenwärtige Kaiser Halle Selassie I. noch nicht gewagt, einen Haft­befehl gegen ihn zu erlassen. Eine starke Militär-, abteilung unter Führung des Kriegsministers befindet sich auf dem Wege nach Godscham mit der Weisung, des Flüchtlings habhaft zu werden. Lidsch Jasu erklärte, daß er.sich nach Beendigung der Regenzeit nach Adis Abeba begeben werde, um dort mit dem gegenwärtigen Kaiser abzu­rechnen, der sich nach vorliegenden Meldungen in einer schwierigen Situatton befindet, da, wie es scheint, die Unzufriedenheit des Volkes ihren Höhepunkt erreicht hat. Die kürzliche Verhaftung des Vizekönigs von Godscham Ras Hailu unmit­telbar nach der Flucht des ehemaligem Kaisers hat in der Hauptstadt überrascht. Ras Harlus Verhaftung erfolgte deshalb, weil er versucht haben soll, Lidsch Jasu Waffen und Munition zu liefern. Unruhige Welt. Erwerbolosennnrnhen auch in Holland . Amsterdam , 9. Juni. In der südholländiicben Ortschaft Boskoop kam es gestern zu ern­sten Exwerbslosenunruhen. Bei Zu­sammenstößen mit der Landjägerei wurde ein Arbeiter durch einen Säbelstich g«t ö t e t, etwa 20 Demonstranten und zwei Polizeibeamte wur­den verletzt. Revolution in Honduras . Am Dienstag ist es zu sehr heftigen Kämp­fen in Barranca im Bezirke La Copana ge­kommen, di« etwa drei Stunden dauerten. Es handelte sich um einen Zusammenstoß von 500 Mann Föderaltruppen mit 600 A u f stän- d i s ch« n. Die Aufständischen wurden geschlagen und zogen sich in die Berge an der Grenze von Guatemala zurück. Die Regierung teilt mit, daß etwa 50 Aufftändische am Kampfplatz blieben, währen- die Föderaltruppen 10 Mann und ihren Kommandanten Cantanero verloren. Den Aus­bruch des Aufftandes erfuhr die Regierung erst einen Tag später, nämlich Mittwoch, und ließ daraufhin sofort in drei Provinzen den Kriegs­zustand verhängen. Die taisflsdie Blut- und Geldinlernafionale. Münchener Prozeß Uber Hitler und Südtirol und über Gareis-PIörder Hat inner von einem tschechischen Industrieunternehmen Geld benommen, Er gibt keine Antwort;