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unterließt keinem Zweifel, daß der Austausch der Gefühle, wie er hier stattfand, wesentlich dazu beigetragen hat, die Sache der internationalen Sozialdemokratie zu fördern und die Vereinigung der sozialistischen   Organisationen und Fraktionen in England zu be schleunigen. » Zum Fall Jonrdc. Meine Bemerkung über das Verhalten de? französischen   Abgeordneten Jourde, der' das Gesetz gegen die Dreyfus-Revision vötirte, hat den Genossen Charles Rouvier zu einer Gegenerklärung veranlaßt(Vorwärts" vom 26. Februar). Ich habe meinerseits Folgendes zu erwidern: Indem ich dem Abgeordneten Jourde die Parteigenössische Qualifikation absprach, folgte ich nur dem Beispiel unseres Pariser  Parteiblattes, derPetite Republique". Ich brauche daher nicht erst das Verhalten Jourde's seit vielen Jahren in und außerhalb der Kammer zu kennzeichnen. Es genügt der Hinweis, daß diePetite Röpublique", Nr. 8340 vom 12. Februar(mit dem Datum des 13. in der Liste der Abgeordneten, die für dasverbrecherische Gesetz" stimmtenLes Votants de la loi scölerate" Jourbe'S Namen in der Gruppe derBoulangisten, Ratio na listen und Antisemiten" aufführt, zusammen mit den Deroulöde, Drumont, Millevoye, E. Roche   u. s. f. In einer der Abstimmungsliste vorangehenden Notiz:Das gestrige Votum und die Sozialisten" heißt es noch ausdrücklich:Kein Sozialist hat das neue verbrecherische Gesetz votirt. Keiner hat sich der Abstimmung enthalten... Sämmtliche Mitglieder der sozialistischen   Fraktion haben gegen den Entwurf gestimmt." Und wohlgemerkt, weder die französische   Arbeiterpartei, noch irgend ein einzelnes Mitglied der selben, noch die sozialistische Fraktion, noch auch Jourde selber hat gegen diePetite Röp." protestirt. Ebenso wird Jourde, wenn auch nur indirekt, die Zugehörigkeit zur Partei, ja, zu den Republikanern überhaupt abgesprochen im Socialiste  ", dem Zentralorgan der französischen   Arbeiterpartei. In der Nummer 31 vom IS. Februar Hecht es über das bezügliche Kammervotum:. Im Gefolge der Sozialisten hat sich alles, was in der Kammer noch an Vertheidigenr der Garantien einer relativen� Freiheit und einer freilich verfälschten und un- vollständigen Republik   übrig bleibt, endgiltig gegen die unerträgllchen Anmaßungen der militärischen Oligarchie ausgesprochen und ein gefährliches Schweigen gebrochen. Der Kampf zwischen den auf Armee und Kirche sich stützenden Staatsstreichs-Agenten und der Zivilgewalt zeichnet sich nunmehr mit hinreichender Klarheit ab..." Meine Bemerkung über Jourde war also keineswegs eineEin- Mischung in die inneren Angelegenheiten der Nachbarparteien", sondern vielmehr die Feststellung des thatsächlichenBrucheszwischen Jourde und der Partei. Die aber von mir daran geknüpfte Erwartung, Jourde werde aus der ftanzösischen Arbeiterpartei aus geschlossen werden, hat sich sa allerdings insofern erfüllt, als die dazu berufene Organisation mit keinemWorte die Stellungnahme derPetite Republique" miß billigt hat. B. Kritfchewsky. Polikeiliches, Gerichtliches u. f. w. Wegen Aufforderung zum Streik und wegen Be leidiguug, so heißt es im Kreisblatte von Pyritz, wurden dort vom Schöffengericht die Maurer Henkel zu 2 Wochen. Milchert zu 4 Wochen und Berger zu 6 Wochen Gefängniß verurtheilt. Das Pyritzer Kreisblatt scheint die Zuchthausvorlage schon zu antizipiren. Auf Veranlassung der Behörde", so behauptet der Gastwirth Sommer in Leppersdorf   bei Landshut   in Schlesien  , dars iT.seiit.Lskgl den Arbeitern nicht au Versammlungen hergeben. GenwvkfchKftliches. Berlin   und Umgegend. Die Berliner   Maßschneider beschlossen in einer gestern Abend abgehaltenen Versammlung, von einem allgemeinen Ausstand abzusehen. Die Arbeiter der einzelnen Geschäfte sollen jedoch, soweit dies noch nicht geschehen, die ftüher festgesetzten Forderungen stellen und verpflichtet sich die Versammlung dieselben event. materiell zu unterstützen. Die Bau-, Erd- und gewerblichen Hilfsarbeiter(Zahl stelle l) wählten in ihrer Versammlung am 12. d. M. folgende Mit' glieder in den Ausschuß: Quade, Gutsch, Janeowsky, TraUe und H a m p e l. Sodann wurde beschlossen, die Maifeier würdig zu begehen. Deutsches Reich  . Arbeiter! Parteigenossen! Seit dem 10. Januar stehen 2400 Sammetweber in Krefeld   im Ausstand, weil von den Fabrikanten eine neue Lohnliste eingeführt werden sollte, welche für die Arbeiter eine Lohnherabsetzung bis zu IS pCt. beträgt. Alle Versuche der Sozialen Kommission, eine Einigung herbei- zuführen, sind an der Hartneckigkeit der Fabrikanten gescheitert. Gescheitert sind aber auch alle Versuche der Fabrikanten, Streik- brecher anzuwerben. Ueber acht Wochen befinden sich die Streikenden im Kampfe, aber noch immer stehen die 2400 Mann wie eine Mauer, kein Streikbrecher hat sich bis jetzt gefunden. Aber auch Arbeitswillige von auswärts heranzuziehen,' ist den Fabrikanten bis jetzt nicht gelungen, obwohl sie immer wieder Agenten ausgeschickt haben. In sämmtlichen 13 Sammetfabriken sind zur Zeit nur 33 Werk- meister, zirka 20 Kommis und 32 Hilfsarbeiter an den Webstühlen beschäftigt. Auch sonst ist die Haltung der Streikenden musterhaft. Ferner haben sie gezeigt, daß sie zu jeder Zeit zu einer Ver- ständigung mit den Fabrikanten bereit sind. Dieses trägt auch wesentlich dazu bei, daß die gesammte Bürgerschaft mit den Streikenden shmpathisirt. Arbeiter, Parteigenossen I Angesichts der eigenartigen Verhält- Nisse in Krefeld   blickt die deutsche Arbeiterschaft bewunderungsvoll aus die Krefelder   Sammetweber. Sie dürfen nicht unterliegen, wenn auch der Fabrikantenstolz den Streik noch ein paar Wochen in die Länge ziehen sollte. Setzt darum die Sammlungen fort, sorgt dafür, daß den tapferen Streitern die Munition nicht ausgeht. Hermann Baer, Krefeld  , Kaiserstr. 18. Gelder sind an Mrllarg(Gewerkschaftsbureau), Annenstr. 16, zu richten. Die Lohnbewegung der Schneider. In Altona   beschloß eine gut besuchte Versammlung, den im Jahre 1889 aufgestellten Tarif wieder zur Geltung zu bringen. Die Forderung soll den Meistern unterbreitet werden, um innerhalb 14 Tagen eine Antwort zu erbitten. In H a g e n ist über einige Geschäfte die Sperre ver- hängt. Die Firmen haben die Forderungen ihrer Gesellen ab- gelehnt. Eine Konferenz der Metallarbeiter in Sachsen   beschloß mit 23 gegen IS Stimmen, der Generalversammlung des Verbandes die Annahme der Arbeitslosen-Unterstützung zu empfehlen. Im Falle der Annahme verlangt die Konferenz eine Urabstimmung. Achtung! Tapczirer! Ueber die Möbelfabrik von I. Fried in Msti nchen ist die Sperre verhängt. Herr Fried, der sich im vorigen Frühjahr durch eigene Unterschrift zu der von den Tapezirergehilfeu aufgestellten Werkstattordnung verpflichtet hat, sucht jetzt, dieser Werkstattordnung entgegen, einen Akkordlohn in seiiier'Tapczirerwerkstatt einzuführen, wodurch die Errungenschaften des Streiks vom vorigen Jahre völlig illusorisch gemacht werden. Herr Fried versucht nun von Auswärts Gesellen heranzuziehen. Kollegen, ihr wißt, daß wir im letzten Jahre 8 Wochen gestreikt haben, um unsere Forderung durchzudringen; helft uns auch jetzt, dieselben hoch zu halten! Die Kommission der Tapezirer. Wegen BeleidigungArbeitswilliger" wurden in Pyritz drei Maurer zu zwei, vier und sechs Wochen Gefängniß verurtheilt. Die Wcißbindcr, Maler und Lackirer in Darmstadt  haben am Sonntag den Beschluß gefaßt, am Montag die Arbeit einzustellen, um eine Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse durchzusetzen.__ Der Zuzug von Fabrikarbeitern, Böttchern, Bau Handwerkern und Metallarbeitern nach Lägerdors(Schleswig- Holstein  ) ist fernzuhalten. In der Fabrik photographischer Apparate von Hüttig& Sohn in Dresden   sind die Arbeiter wegen Lohndisserenzen in den Streik getreten. Ausland. Die Arbeiter am Simplon legten am Donnerstag voriger Woche wegen Lohndifferenzen die Arbeit nieder. Wie berichtet wird, ist noch am Freitag eine Verständigung zu stände gekommen. In der Grazer Fahrradfabrik droht wegen Lohndifferenzen ein Ausstand. Der Zuzug ist fernzuhalten. Soziales. Die Milzbrandkommission der Piuselarbeiter Nürnbergs  hat an den Reichskanzler eine Petition gerichtet, betreffend die Vor schriften zum Schutze der in der Bürsten- und Pinselindustrie be' schäftigten Arbeiter. Es handelt sich namentlich um Verschärfung der Vorschriften zur Bekämpfung beziehungsweise Beseitigung der Milzbrandgefahr. Es ist bis jetzt noch kein Mittel bekannt, das, ohne die Borsten anzupreisen, die Milzbrand' sperre vernichtet. Die Kommission regt deshalb die Aussetzung eines Preises für die Auffindung eines solchen Mittels an und ersucht um Gewährung eines Reichszuschusses zu diesem Zwecke. Gleichzeitig theilt sie mit, daß sich der Unternehmerverband der Pinselfabrikation bereit erklärt hat, einen namhaften Betrag für diesen Zweck zu be- willigen. Unbedingt geiödtet werden nach den Angaben der Petenten die Milzbrandsporen nur durch strömenden Wasserdampf bei 0,15 Atmosphären Ueberdruck  . Die Petenten bitten deshalb, daß die Des- infektion des gesammten Materials auf diese Weise angeordnet wird; nur die Borsten sollen, da sie durch dieses Versahren angegriffen werden, ausgenommen sein bis zur Auffindung eines geeigneteren Mittels. Vor allem aber ersuchen die Petenten darum, daß auch das inländische Material der Desinfektion unterworfen wird, da die für die Verhütung von Seuchen bestehenden Vorschriften keineswegs so wirksam seien, nm die Desinfektion überflüssig zu machen. Die Petenten haben einen eigenen Entwurf von Schutzvorschriften ausgearbeitet und der Petition beigegeben, der in verschiedenen Theilen von den Vor- schriften des Bundesraths abweicht und bitten um Berücksichttgung ihrer Abänderungsvorschläge. Von IISZ an Bleivergiftung in den preußischen Heil- anstalten 1895 Behandelten waren 238 männliche und 23 weibliche an allgemeiner chronischer Bleivergiftung erkrankt, 773 männliche und 16 weibliche litten an Bleikolik, 63 Männer an Bleilähmung, 10 an Bleirheumatismus, 4 an Bleizittern, 6 männliche und 1 weib- liche an Gehirnerkrankung, 1 Mann an Geistesstörung  , 5 männliche und 1 weibliche an Bleinervenleiden, 12 männliche und 1 weibliche an Urinleiden und 9 männliche und 1 weibliche an Blei auszehrung. Die Giftwirkuna äußert sich also sehr verschieden. aber immer ist sie sehr hartnäckig. Arbeiterinnen sind nur deshalb von denselben geringer betroffen, weil ihre Beschäftigung wenigstens in einigen Betriebsarten verboten ist. Arbeiterrisiko. Durch Steinfall wurde auf der Zeche Ober- Hausen wie auf Zeche Konkordia je ein Bergarbeiter sofort getödtet. Geeiltzks"Beif unfl. Die unglaublichen Zustände im Armen- und Krankenhause zu Weißensee kamen bekanntlich am 3. März vor der vierten Strafkammer am Landgericht II gelegentlich jener Anklage zur Sprache, die der Staatsanwalt nach preutzisch-deutschem Brauch gegen einen Mann angestrengt hatte, dem das Verdienst zuzuschreiben ist, die erschreckenden Mißstände aufgedeckt zu haben. In erster Instanz war der Tischler D ä h n e r t in Weißensee. der den Muth gehabt hatte, die Unreinlichkeit und das entsetzliche Elend, unter der die Insassen des Armenhauses leiden, in einer Gemeindewähler- Versammlung zur Sprache zu bringen, zu drei Monaten ' efängniß verurtheilt worden. In der Berufungsinstanz hatte der Staatsanwalt die Verwerfung der Berufung beantragt, indem er in der Begründung unter Anderem hervorhob, daß die Gemeinde die ihr zur Last fallenden Armen nicht in Palais unter bringen und ihnen nicht allerlei Leckerbissen vorsetzen könne. Der Gerichtshof verurtheilt den Angeklagten in dem nunmehr verkündeten Urthctl zu 150 Mark Geldstrafe. Dem Angeklagten sei zwar der Schutz des 193 zugebilligt worden, doch habe derselbe in der Form gefehlt. Mit Rücksicht darauf, daß die Behauptungen des An- geklagten nicht ganz unwahr seien, habe der Gerichtshof das erste Urtheil abgeändert. Aus einer Pridat-Jrrenanstalt. Ein Unglücksfall, der in der Nacht zum 21. November v. I. in der P r i v a t- I r r e n a n st a l t des Fräulein Collin in Lichtenrade   stattfand, wurde auf die Fahr- lässigkeit der Wärterin Therese I ä tz e l zurückgeführt, welche gestern dieserhalb vor der ersten Strafkammer des Landgerichts II   stand. In der genannten Anstalt befanden sich zwei tobsüchtige kranke Frauen, welche am Abend des 21. November zusammen in der Jsolir- zelle untergebracht wurden. In der Nacht hörte die Wärterin Jätzel "ä'.--................. Verantwortlicher Redakteur: August Jacobey w Berlin  , gür den Inseratenteil verantwortlich:»h.«locke in Berlin  . arm, der aus der Zelle drang. Sie stellte fest, daß die beiden Kranken wegen der Decke, die sie auf dem gemeinsamen(!) Lager zu benutzen hatten, in einen erbitterten Kampf gerathen waren. Die Wärterin zog es vor, die beiden Kranken zu trennen, da sie aber einen anderen Jsolirraum nicht zur Verfügung hatte, brachte sie die eine Kranke, eine Frau Wettermann, in einem Vorraum unter, der an die Jsolirzelle stieß. Als der Vorraum am folgenden Morgen geöffnet wurde, drang den Einttetenden dichter Qualm entgegen, >ie Kranke lag erstickr am Boden. Die Irrsinnige hatte vermocht, die eiserne Ofenthür offen zu schrauben, sie hatte Theile ihrer Matratze hineingestopft und dadurch den erstickenden Qualm erzeugt. Auch Theile der Diele waren angebrannt. Die An- geschuldigte behauptete, daß sie nach bester Ueberzeugung gehandelt habe und unmöglich habe annehmen können, daß die Kranke im Stande wäre, die heiße Ofenthür ohne Schlüssel zu öffnen. Der dirigirende Arzt der Anstalt, vr. med. Ascher, bekundete, daß der Vorraum vorher nie zum Unterbringen von Kranken benutzt worden sei und Kreisphysikus SanitätSrath Dr. Elten erklärte, daß eS geradezu widersinnig "et, zwei Kranke gleichzeitig in einem Jsolirraum unterzubringen, denn isoliren heiße doch, eine Person von allen übrigen zu trennen. Wenn der Umstand, daß eine Anstalt, die zur Aufnahme von 50 Patienten bestimmt sei, nur eine Jsolirzelle zur Verfügung habe, auffallen könne, so müsse dem entgegengehalten werden, daß in den Filialen der Dalldorfer Anstalt, als welche diese Privat-Jrrenanstalten angesehen werden müßten, nur ,utmüthige Kranken untergebracht würden und Ausschreitungen 'elten vorkämen. Die Zeugin Collin räumte ein, daß ie wiederholt zwei Kranke in dem Jsolirraum habe unter- bringen lassen und auch wiederholt den Vorraum als Krankenzelle benutzt habe. Eine gedruckte oder schriftliche Instruktion für die Wärterinnen bestehe in ihrer Anstalt nicht, dieselben würden bei ihrem Eintritt nur ermahnt, die Kranken liebevoll zu behandeln. Mit Rücksicht auf die Bösartigkeit der Wettermann würde dieZeugin allerdings nicht gelitten haben, daß dieselbe während der Nacht allein in dem Vorraum blieb. Die Wettermann hatte immer eine be- andere Neigung, sich an den Oefen zu schaffen zu machen. Der Staats- anwalt verkannte nicht, daß die Zustände in der Collin'schen Anstalt un- vorschriftsmäßig und ungehörig gewesen seien. Von dem Vorwurfe der Fahrlässigkeit könne die Angeklagte aber trotzdem nicht be­reit werden ,' denn sie mußte mit der ihr bekannten krankhaften Neigung der Wettermann rechnen. Er beantragte gegen die An­geklagte eine Gefängniß st rase von 14 Tagen. Der Ver- theidiger. Rechtsanwalt Dorn II. trat mit Wärme für die Frei- prechung der Angeklagten ein, die angesichts der örtlichen mangelhaften Verhältnisse nicht anders verfahren(konnte, wie sie gethän. Der Gerichtshof kam zu einem freisprechenden Urtheil. Eine Trennung der beiden Kranken war geboten. Der Angeklagten standen nur Räume zur Verfügung, in denen sich ebenfalls Oefen_  Druck und SBrrkg von NX» Babing in Berlin  . befanden und deshalb könne es nicht als eine Fahrlässigkeit angesehen werden, wenn sie den Vorraum in Gebrauch nahm. Hätte nicht eigentlich die Besitzerin der famosen Privat-Jrrenanstalt auf die Anklagebank gehört? Das Andenken an den seligengroben Gottlieb" spielte bei einer Entscheidung mit, die die 6. Strafkammer des Landgericht- I ?egen den Schankwirth H. zu treffen hatte. Am 26. November v. I. orderte ein Gast des Angeklagten einen Schutzmann auf, ihm die Persönlichkeit einer Kellnerin sestzustellen, die ihn übervortheilt habe. Der Schutzmann begab sich denn auch in das Lokal, ließ sich das Kellnerinnenverzeichniß vorlegen, welches der Angeklagte mit ver- ächtlicher Miene auf den Tisch geworfen haben soll und er- klärte dem Angeklagten, daß er die Personal- Angaben der betr. Kellnerin in dem Verzeichnisse nicht herausfinde. Darauf erklärte der Angeklagte in nicht sehr liebenswürdigem Tone:Sie scheinen nicht lesen zu können; da steht es ja, sehen Sie doch nach!" Das Schöffengericht erachtete den Schutzmann durch die ganze Art des Auftretens des Angeklagten für beleidigt und verurtheilte letzteren zu 60 Mark Geldstrafe. Im gestrigen Termin führte Rechtsanwalt Leopold Meyer auS, daß das Hinwerfen des Buches wohl als eine grobe und unpolirte Handlung, nicht aber als Ehrverletzung und Beleidigung angesehen werden könne. Aber auch in der Aeußerung des An- geklagten liege keine beleidigende Kundgebung, denn daS Absprechen einer Fähigkeit, etwas zu leisten, sei noch keine Beleidigung. Wenn der Angeklagte wirklich die Aeußerung gethan habe, so sei sie doch nur eine ganz thörichte Bemerkung gewesen, denn die Schutz- leute seien früher Unteroffiziere gewesen und dem Angeklagten habe nicht zweifelhast sein können, daß solche lesen und schreiben können. Er habe jedenfalls nur gemeint, daß der Beamte seine Schrift nicht lesen könne. Der Gerichtshof war der Meinung, daß bei der Derbheit und Naturwüchsigkeit, die manchem kleineren Gastwirthe in seiner Ausdrucksweise innewohne er zog den ehe- mals stadtbekanntengroben Gottlieb" als Beispiel heran, nicht ohne Weiteres anzunehmen sei, daß der Angeklagte eine beleidigende Absicht verfolgt habe. Der Gerichtshof erkannte deshalb auf Frei- sprechung. Die Arbeiter Karl Sanl und Fritz Adam fanden gestern vor der neunten Strafkammer, um sich wegen jener in der Nacht zum 9. Januar in der Chausseeftratze begangenen Ausschreitung zu ver- antworten, bei denen der Arbeiter Drogowski von dem Kriminal- schutzmann Müller erschossen worden ist. Die Verhandlung wurde vertagt, da die angeklagten Arbeiter die Vorladung einer Anzahl Entlastungszeugen verlangten. Die Reize der deutschen   Rechtsprechung treten besonders dann recht augenfällig in die Erscheinung, wenn man ihnen die zurückgebliebene Justiz anderer Länder entgegenhält. Vor Kurzem (in Nr. 51) berichteten wir, daß in Schwerin   ein Gutsarbeiter zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt wurde, weil er den gutsherrlichen Schweinen die Nahrung gestohlen hatte, um mit dem Viehfutter seine hungernden Kinder satt zu machen. Hierzu schreibt uns ein Leser aus London  : Vor einigen Wochen schlich sich hier ein armer Mann in einen Bäckerladen und stahl ein Brot, um seinen Hunger zu stillen. Der Bäckermeister lief ihm nach und übergab den Dieb einem Schutzmann. Den anderen Tag kam die Angelegenheit vor das Polizeigericht. Dort kam es jedoch ganz anders, als der Bäckermeister vermnthet hatte. Der Magistrat machte den Bäckermeister tüchtig herunter, weil er sich nicht geschämt hatte, einen armen, hungrigen, bis jetzt unbescholtenen Mann wegen des Diebstahls eines Brotes zu verklagen, und sprach denDieb" von Strafe und Kosten fr eil Der Bäckermeister wurde jedoch unter Anwendung eines alten englischen Gesetzes, welche» denjenigen Bäcker oder Schlächter, oder überhaupt einen Händler in Ehwaaren, der seinen Laden unbeaufsichtigt läßt und dadurch hungrige Leute in Versuchung bringt zu stehlen, unter Strafe stellt, mit einem Schilling be st rast. Wie sicher müssen sich doch unsere Kapitalisten in Deutschland  fühlen und mit welcher Verachtung müssen sie auf das wilde Eng- land herniederblicken, wo sogar das Gesetz dem Richter die Aus- Übung humanitärer Grundsätze gestattet! Urtzke Machvtchte« und Depeschen, Zentrum und Milttärvorlage. Köln  , 13. März.(B. H.  ) Zu der bevorstehenden Entscheidung über die neue Militärvorlage schreibt dieKölnische VolkS-Zeitung": Für die weitere EntWickelung der Dinge komme es darauf an, daß morgen die Regierungsvorlage in zweiter Lesung mit möglichst großer Mehrheit abgelehnt werde. Insbesondere müsse das Zentrum voll- zählig zur Stelle sein. Sollte der Versuch gemacht werden, durch eine Reichstags- Auflösung die volle Bewilligung der Militär- vorläge durchzusetzen, so würde sich dieser Versuch namentlich gegen das Zentrum richten, welches den aufgenöthigien Kampf nnt aller Entschiedenheit aufnehmen müsse. Wie derBreSI. Gen.-Anz." aus die heute in Breslau   tagende den Anttag: a) g e g e n t-Zeitungstarife«; b) gogen ? o st r e g a I s Protest zu erheben, Breslau  , 13. März.(B. H.  ) zuverlässiger Quelle erfährt, hat Vereinigung ostdeutscher Handelskammern jedeErhöhung deSPost jede Erweiterung des P e i n st i m m i g angenommen. Pettau  (Steiermark  ), 13. März.(B. H.  ) DaS Kriegs» g e r i ch t verurtheilte den Hauptmann Müller und den Oberleutnant Tompa zu drei resp. zwei Monaten Gar- nisonsarrest, weil dieselben seinerzeit den Privatier Grossauer durch Säbelhiebe schwer verwundet hatten. Paris  , 13. März.<W. T. B.) D e p u tir t e n k a m m er. Allard richtete die bereits angekündigte Anfrage an den Marine- minister über die jüngste Explosion bei Toulon  . Der Marine- minister L o ck r o h erwiderte, die Untersuchung habe bisher keinerlei positive Erfolge gehabt, denn auf der Unglücksstätte habe sich keine Spur gefunden und die meisten Zeugen der Katastrophe seien tobt oder nicht im Stande Austlärungen zu geben. Die gerichtliche Untersuchung verfolgte den Zweck, festzustellen, ob eS sich am ein Attentat handelte. Er lege den auf den Posten abge- gebenenRevolverschüflenund derAuffindung der Dynamitpatronen keine Wichttgkeit bei.Unsere Aufmerksamkeit", fügte der Minister hinzu. muß ernstlich auf die Vorgänge in der Umgegend von Toulon   und dem Arsenal   gerichtet sein. Die Möglichkeit eines verbrecherischen Anschlages ist augenscheinlich, ein solches kann auch durch Unter- schieben einer ein Uhrwerk enthaltenden Kiste an Stelle einer Pulverkiste oder durch Einschleppen einer anderen Höllenmaschine in das Pulvermagazin ausgeführt werden. PariS  , 13. März.(W.T.B.) Piequardt wurde heute von der Militärbehörde der bürgerlichen Gerichtsbarkeit ausgeliefert. Er wurde aus dem MilitärgefängnißCherche Midi' in das Zivil- gefängnißde la Santo" übergeführt und in derselben Zelle unter- gebracht, in welcher er nach seiner Verhaftung internirt worden war. Bourgcs, 13. März.(W. T. B.) Im hiesigen Feuerwerks- Laboratorium fand beim Laden eines Geschosses eine Explosion statt; sieben Soldaten wurden verwundet; das Laboratorium ist zerstört. London  , 13. März.(W. T. B.) Unterhaus. DaS Haus verwirft ohne Abstimmung einen Anträg Pritchard Morgans auf Vertagung des Hauses als Zeichen der Mißbilligung des Ver- Haltens des brittschen Gesandten in Peking  » und zwar weil dieser die Forderungen Italiens   unterstütze Brodrick erklärt: Italien   hat seine jetzige Stellung völlig aus eigener Initiative eingenommen; die einzig richtige Stellung der bri­ tischen   Regierung demgegenüber ist die einer Italien   befteundeten Macht. Courtney hält Englands Aktton im eigenen und in Italiens  Interesse für höchst bedauerlich. Jeder, der die Veehältnisse Italiens  kenne, müsse wünschen, daß er seine Thotkraft und seinen Ehrgeiz auf seine häuslichen Angelegenheiten beschränke. Rom  , 13. März.(W. T- B.) Heute ging da« Gerücht um, en die Deputtrtenkammer sei ein Attentat beabsichttgt, doch ver- die Sitzung in vollster Ruhe und ohne jeden Zwischenfall. Hierzu S Beilag«««. UnterhaltungSbk«.