0002

Ginzelpreis 70 Seller. ( Einschließlich 5 Heller Porto)

ozialdemokrat

Zentralorgan 6. Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12. Jahrgang.

Starker Rückgang der Nazis

bei den sächsischen Gemeindewahlen.

Berlin  , 14. November. Die Gemeinde wahlen in Sachsen   sind gestern mit einer durch­schnittlich um zehn Prozent geringeren Beteili­gung als die Reichstagswahlen am vorigen Sonntag durchgeführt worden. Die Sozial­demokraten haben den gleichen Prozentsaz an abgegebenen Stimmen wie bei der Reichstags: wahl behaupten können.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früb.

Redaktion u. Berwaltung: Prag   II, Refázanta 18 Telepb.: 26795, 31469, Ratrebatt.( ab 21 Uhr): 33858 Bolichedamt: 57544

Dienstag, 15. November 1932

Otto Bauer   auf dem österreichischen Parteitag:

Einheitsfront, nicht Einheitsfront- Manöver!

Moskau   muß vorerst zur Einsicht kommen! Wien  , 14. November. Der zweite Tag des österreichischen Partei­tages stand durchaus im Zeichen des Referates

Sowjetregierung die Bundesgenossenschaft des gesamten Weltproletariats nicht wird entbeh­ren können.

Otto Bauers. Das Proletariat tanu bei uns die russischen Die Hakenkreuzler dagegen sind Otto Bauer   erklärte u. a., die völlige Umwäl- Methoden nicht kopieren; es wäre töricht, diese bei überall weit mehr zurüdgegangen zung, die durch das Anwachsen des Nationalfafcis uns für möglich zu halten, da diese Methoden in als dem Rückgang der Wahlbeteili- mus in Mitteleuropa   vor sich gegangen ist, habe auch der Geschichte und der Struktur Rußlands   begründet gung entsprechen würde. Namentlich im Desterreich in hohem Maße ergriffen. Immer wie sind. Bogtlande, in ihrem bisherigen Hauptgebiet, der wird die Frage gestellt, warum die Revolution ging ihre Stimmenzahl um mehr als ein des Jahres 1918 in Mitteleuropa   nicht so wie in Drittel zurüd. So haben die Nazis z. B. in Rußland   den Kapitalismus hinweggefegt habe. Wir Zittau   binnen einer Woche 34 Prozent ihrer müssen der Arbeiterschaft flar machen, daß die mit­Stimmen eingebüßt, In Heidenau   49 und in teleuropäische Revolution unter ganz anderen dem Ort Neukirchen jogar 75 Prozent! Umständen stattgefunden hat und den Rahmen der bürgerlichen Demokratie und des Kapitalismus nicht sprengen konnte.

In einer Reihe von sächsischen Städten ist eine Links mehrheit zustandegekommen. So hat von den großen Städten wieder Chemnit eine Linksmehrheit rhalten.

Einen Teil der nationalsozialistischen Ver­luste wurde von den Kommunisten aufgefangen.

Das Genfer   Militär

ist seiner Rolle überdrüssig!

·

Wir stehen am Abschluß einer geschichtlichen Epoche der Arbeiterbewegung und am Anfang einer neuen. Ich bin überzeugt, daß der Sturz der Arbei­terregierung in England, die Ereignisse in Deutsch­ land   eine ganz neue Periode in der internationalen Arbeiterbewegung bedeuten. Wir stehen am Beginn einer Zeit mit schweren langen Krisen, die nur von turzen Erholungsperioden unterbrochen sein werden. Die wichtigste Frage der Arbeiterschaft Hier heißt es, unseren Genossen flar zu machen, in allen Ländern ist gegenwärtig die Frage daß man nicht tleinmütig werden darf, der Einheitsfront des Proletariats. Ich möchte, daß der Weg nicht zurückführen darf zu Monarchis erklärte Bauer, eines vor allem aus der De- mus und zu Diktaturen.  batte ausschließen: Einheitsfrontma nover sind kein Weg zur Einheit des Pro­Letariats! Es gibt meiner festen Ueberzeugung nach nur einen einzigen Weg, das ist dirette Verhandlung zwischen der Sozialistischen Ar­beiter- Internationale und der Komintern  . Nur zwischen Zürich   und Moskau   kann die Ein­heitsfront des Proletariats mit Aussicht auf Gelingen hergestellt werden.

Es gilt, in den noch demokratischen Ländern eine Insel der Freiheit in Europa   zu schaffen. Wenn uns das inmitten der Reaktion, die uns umgibt, gelingt, dann wird der Augenblick fom­men, da es die Weltgeschichte möglich machen wird, die demokratische Form mit dem Inhalt des So­zialismus zu erfüllen.

Mit dem mit stürmischem Beifall aufgenom Ich bin überzeugt, daß der geschichtliche menen Referat war der zweite Verhandlungstag be­Augenblick für die Herstellung der Einheits- endet. Morgen wird Dr. Renner über die Wirt­front erst dann gegeben sein wird, wenn die jhaftsfragen des Proletariats sprechen.is **

Die Eröffnungssitzung.

Nr. 269.

Gerhart Hauptmann  

Zu seinem 70. Geburtstage

,, Mein Kampf ist ein Kampf um das Glüd aller; sollte ich glücklich sein, so müß­ten es erst alle andern Menschen um mich herum sein; ich müßte um mich herum weder Krankheit noch Armut, weder Knecht­schaft, noch Gemeinheit sehen. Ich könnte mich sozusagen nur als letzter an die Tafel jezen." Vor Sonnenuntergang  " 1889.

4290

Als am 20. Oktober 1889, in der turbu lenten Uraufführung des Sozialen Dramas: Vor Sonnenaufgang" von den Bret tern der Berliner Freien Bühne herab der Reformator und Sozialkritiker- feineswegs Rebell oder Revolutionär Alfred Loth die­ses programmatische Bekenntnis seines Dich ters sprach, legte er es für eine Generation

Genf  , 14. November. In den Abend­stunden des Samstag wurden die Zugänge zu den Kasernen, in denen sich die mobilisierten Truppen befinden, von einer großen Menschen­menge umlagert. Im Laufe des Tages waren zwei neue Bataillone Walliser   Infanterie heran­gezogen worden, die von der Menge mit Pfeifen und Zischen empfangen wurden. Das Militär juchte zunächst die Menge durch Wasser­prißen von den ausgestellten Postenketten begrüßte die Gäste der ausländischen Bruderpar fernzuhalten. Schließlich erhielt die zweite Posten­teien. Unsere Partei ist durch den Gen. Schäfer fette den Befehl zum Laden. Die Ansammlungen Wien  , 13. November.  ( Eig.- Bericht.) Jm auf dem Parteitag vertreten. vor den Kasernen dauerten bis nach Mitter- großen Saal des Ottakringer Arbeiterheims be­nacht an, doch kam es zu keinen ernsteren Zugann heute vormittag der für drei Tage anbe begrüßt dann namens der deutschen   Sozialdemo- junger Ideologen, für alle wachen Geister der jammenstößen. raumte Parteitag der sozialdemokratischen Partei raumte Parteitag der sozialdemokratischen Partei fratie den Parteitag. Er wies auf die politischen Epoche ab. Es war der Durchbruch der Desterreichs. Dr. Julius Deutsch   begrüßte namens der Parteibertretung die Delegierten und Verhältnisse in Deutschland   hin und führte dann Literarischen Revolution, die der Gäste und erklärte den Parteitag für eröffnet. deutschen   Dichtung eine neue Form eroberte, Wenn vielleicht auch in den nächsten drei Wo- indem sie ihr einen neuen Stoff brachte. Nun Bürgermeister Karl Seiz chen die Koalition zwischen der Feudal- Reaktion und den Hitleranern noch nicht zustandekommen jollie, hatte die Moderne" mehr als einen Namen und ein" Programm, nun hatte sie einen

aus:

Unter den Truppen der Genfer   Garnison  scheint es zu einer Gärung gekommen zu sein, die in lärmenden Kundgebungen innerhalb der Kasernen und in Protestrufen gegen den Stom­mandanten, Oberst Lederrey, Ausdruck fand, der an die Truppen bei der Fahnenübergabe hält dann als gewählter Vorsitzender eine An­eine mißfällig aufgenommene Rede gehalten Sprache, in welcher er sagte: hatte. Ein Soldat, der dem Obersten Mör- Zur Zeit sehen wir in Oesterreich zwei We I- der!" ins Gesicht schrie, wurde sofort verhaf- len des Fascismus: die   Heimwehr, aller- sein. tet, ebenso mehrere Soldaten, die mit vorbeizie dings eine Welle, die immer mehr verebbt und die henden Stonimunisten fraternisierten. Im ganzen fast nicht mehr zu sehen ist, und eine Welle des wurden acht. Soldaten dem militärischen Internationalistischen Fascismus, die von   Deutschland juchungsrichter überstellt.

Die am Samstag vor den Stajernen verhaf teten Zivilpersonen sind wieder freigelassen

worden.  

Papen will mit den Sozial demokraten verhandeln.  

Berlin, 14. November.( Eigenbericht.) Ter Reichstanzler hat für Mittwoch abends Otto  Wels und   Breitscheid zu sich gebeten. Wenn die Sozialdemokraten dieser Einladung überhaupt Folge leisten, so nur deshalb, um Herrn   Papen nochmals mit aller Entschiedenheit zu sagen, daß die Sozialdemokratie vor allem leinen sofortigen Rüdfritt fordert. Der Grund zu diesem überraschenden Schritt des Reichstanzlers ist offenbar nur die Suche nach einem Alibi.

herüberkommt. Wir stehen vor einer brandenden Flut von Gegnern, die in allen Formen einstürmen. und wenn auch hundert und tausendfach die furchtbar würgende Wirtschaftskrise das Profetariat züchtigt, wenn dort Hunderttausende stehen in furcht­ends, wenn sie fast zur Verzweiflung neigen, barer Not der Arbeitslosigkeit, des Hungers und des Paul  

Löbe

so werden sie in dem Augenblid, wo einer von ihnen nicht mehr imstande ist die Macht auszuüben, einig

ührer und ein Vorbild: Gerhart  Hauptmann. Die Wegbahner und Er­wecker, die Holz und Schlaf, Conrad und Sudermann tvaten in den Schatten des jungen Schlesiers, der mit 27 Jahren Vor   Sonnenaufgang" und mit 30 Die   Weber" schreibt, dort ein Problem stellt, um es hier zu lösen.

Die Zeit der Tolerierungen und der Koalitio­nen ist zu Ende. Unbeschwert von früheren Bin­dungen werden wir die Kaders der Sozialdemo­tratie unabhängig formieren und die   sozialistischen Forderungen als Gegenwartsaufgaben neben die selbstverständliche Verteidigung 114 demokratischer

Rechte stellen können.

Wenn die Einheitsattion der proletarischen Bar­Es war nicht das erstemal, daß ein so teien trot unserer Bereitwilligkeit bisher nicht zu- iales Drama geschrieben wurde; in gewis­standetant, so müssen wir das der Tatsache zuschrei sem Sinne ist jede Dichtung sozial, denn keine immer wieder sehen wir mit Stolz und Genug ben, daß die andere Seite einem außerhalb des Lan wäre losgelöst von den gesellschaftlichen Da­tuung, daß dieser getretene, unter dem Elend der des gelegenen Einfluß unterliegt. Je mehr aber seinsbedingungen ihrer Epoche verständlich. Zeit schmachtende Proletarier sich nicht nieder auch bei uns die demokratischen Volksrechte bedroht Aber auch soziale Dichtung in dem engeren schmettern läßt, daß ihn das Schicksal nicht schlägt, erscheinen, um so unwiderstehlicher wird der Wille Sinne, daß soziale Gegensätze und im beson­daß er sich immer wieder erhebt, Widerstand zur Einheit auch im   deutschen Proletariat werden. Deren der zwischen arm und reich als Motiv leistend den Dingen, die da auf ihn einstürmen,( Stürmischer Beifall.) vertrauend auf die Zukunft und festhaltend an der Dichtung erscheinen, hafte es vor den seiner Gewerkschaft, an seiner politischen Partei, Abgeordnetenhauses Josef   Stivin überbringt Naturalisten, vor Gerhart   Hauptmann gege­im Vertrauen und im Wissen, daß sie allein ihn dann die Grüße der tschechoslowakischen, But- ben. Neu an der noch wildverworrenen Proble emportragen tann über diese Wirtschaftskrise hin- chinger die der ungarischen Sozialdemokratic. matit des Dramas aus dem schlesischen Koh­weg, über alle Auswirkungen einer sterbenden Ge- Unter begeistertem Beifall spricht im Namen der lenrevier, neu an der gewaltigen Tragödie der sellschaft, ihn hinwegführen kann in eine neue Internationale Gen. Dr. Friedrich   Adler. schlesischen Weber ist die dichterische Gestaltung Gesellschaft, zum Sozialismus( anhaltender Bei- Es folgten hierauf die Berichte der Partei- nicht eines schlechthin sozialen, sondern des vertretung, welchen Gen. Deutsch, und der proletarischen Problems. Daß Men­Seit gedachte dann der Toten der Partei und Parteikontrolle, welchen Gen. Glödel erstattete.jchen um Lohn arbeiten und hungernd die

fall).

Der Vizepräsident des tschechoslowakischen

Die Heimwehrputschisten proßen mit ihrer militärischen Schlagkraft. Reichtümer schaffen, die den Besitzenden mühe­Parteikonflikt in Baden. Der antimilitärische Kampi Graz, 13. November. Die steiermärkischen los als Ausbeute fremder Arbeit in den Heimwehren veranstalteten heute in Graz einen   Berlin, 14. November.( Eigenbericht.) Die der   Schweizer Genossen. Schoß fallen, das ist die Frage der Zeit, Aufmarsch, an dem zirka 15.000 Personen teil Haltung der sozialdemokratischen Fraktion im die zunächst nur im Hintergrund einer genommen haben. Landeskommandant Oberst badischen Landtag gegenüber dem Konkordat mit   Lausanne. Der nationalrätlichen Kommij Problemdichtung steht, die sich mit Verer­Bolten hielt eine Ansprache, in der er erffärte: der katholischen Stirche hat zu einem ernsten sion für die Beratung des Bundesgesetzes über bungsfragen, Alkoholismus, Frauen- Emanzi Der Hauptzweck des heutigen Aufmarsches ist Parteikonflikt geführt. Die Fraktion hat am die Abänderung des Bundesgejebes vom 12. pation und sittlichem Verfall der Reicher be­nicht nur in der   Steiermark, sondern auch in Freitag beschlossen, sich bei der Abstimmung der April 1907 über die Militärorganisation hat ein- faßt, die aber in den   Webern", von allem allen anderen Bundesländern, die alte Schlagkraft Stimme zu enthalten. des Heimatschutes, der nicht die geringste Einbuße Nun wendet sich der Landesparteivorstand Beiwerk entblößt, als die weltbewegende, erlitten hat, ju zeigen. Wir haben im Gegenteil mit scharfen Worten gegen die Fraktion und er Frage der Zeit, die Frage an die Zeit her­die Wehrfähigkeit unseres Verbandes noch mehr flärt in einem Aufruf, die Mehrheit der Partei- Bon sozialdemokratischer Seite wurde ein vortritt und, als die Antwort ausbleibt, fic ausgebaut und der steirische Heimatschutz wird bei mitglieder verlange die Ablehnung des Kon- Postulat in Aussicht gestellt, das eine weiter selbst findet in dem Wort des alten Aniorge: weiterer Verfolgung dieses Zicles über die fordats. Die Fraktion habe im bewußten Wider- gehende Revision der Militärorga­Mir leiden's ni mehr!" modernste militärische Organisa spruch zu dem Wunsche der Partei gehandelt, nisation vorsieht, u. a. die Durchführung Wie kam der junge Gerhai tion verfügen, mit der keine Freiwilligen der Wiederholungskurse nur alle zwei bis drei Hauptmann, Sohn fleinbürgerlich wohl­truppe auch nur annähernd verglichen wer­Jahre, Reduktion des Juſtruktionstorps, Bertür- habender Eltern aus Obersalzbrunn, wo er zung der Dienstdauer. am 15. November 1862 geboren wurde, zu

den kann.

Die Fraktion hat eine Gegenerflärung her ausgegeben, in der sie ihren Standpunkt aufrecht

erhält.

mütig Zustimmung zu der bundesrätlichen Botschaft beschlossen.