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Tassen haben, durch ein wirksames Gesetz die­

Tonnerstag, 29. Dezember 1932

fem Preiswucher zu ſteuern und die Startelle Eine Erklärung unferer Senatsfraktion.

Gehaltsvorlage und Provisorium angenommen

hat folgenden Wortlaut: Die Erklärung des Genossen Dr. Holitscher

der Einkommensgrenze bei Ledigen auf 1000 und bei den Verheirateten auf 1400 Kronen einer Revision bedarf und daß es notwendig sein wird, nach dieser Richtung hin schon in der allernächsten Zeit Wandel zu schaffen. Ebenso verhält es sich mit den Schülerkarien, die eine 100prozentige Er­höhung erfahren haben. Diese Maßnahme ist ganz besonders drückend und es wird der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß da­durch vielfach den Kindern der Besuch der Schule unmöglich gemacht wird. Wir sprechen uns mit gegen die Absichten nach Herabseßung der Soldatenlöhne

Investitionsarbeiten

im breitesten Ausmaße ermöglicht werden. Ebenso halten wir es für unsere Pflicht, auch diese Gelegen­heit dazu benüßen, um die Regierung auf den in erschütterndem Maße steigenden Notstand auf

Nr. 306

Wir sehen also mit Bestimmtheit voraus, daß die Regierung schon in der allernächsten Zeit sich mit der Frage beschäftigen wird, ob und wie die Devisenvorschriften gemildert werden sollen, wenn deren volle Beseitigung nicht im Bereiche der Möglichkeit gelegen sein sollte.

Bei allen übrigen Maßnahmen, die die Regie­rung zur Beseitigung des Defisits und zur Herbei­führung des Gleichgewichtes im Staatshaushalte ergreifen wird, wird sie zweifellos an der Tatsache nicht vorüber gehen können und dürfen,

daß eine weitere Belastung der minderbemittelten Bevölkerung völlig ausgeschlossen ist und vor allem die Vermögenden und Besißenden mit zur Tragung der Lasten entsprechend herangezogen werden müssen.

Die Aufgaben

der Sparkommission.

unter Kontrolle zu setzen, obwohl die Christ­lichsozialen, die im Nationalrat die Mehrheit haben, die Macht dazu besitzen? Was jedoch Prag , 28. Dezember. Nach ganztägiger| die bischöfliche Kundgebung zu einem bloß Debatte, in der noch 16 zumeist oppositionelle jalbadernden Traktat herabdrückt, bestimmt, Redner zu den in Verhandlung stehenden Vors über das wahre Wesen der Kirche und ihrer lagen über die Gehaltstürzungen der Staatsan­Repräsentanten Täuschungen zu erwecken, das gestellten, das Budgetprovisorium und die Spar­ist, daß in der Kundgebung nur vom Preis- Commission das Wort ergriffen, wurden heute und Zinswucher die Rede ist, obwohl es doch abends die erwähnten drei Vorlagen vom Senat noch ganz andere Arten und weit schlimmere in beiden Lesungen unverändert angenommen. Formen des Wuchers gibt. Wissen die Bischöfe Namens unserer Fraktion gab Genosse Dok­nichts vom Lohnwucher, der gerade jetzt tor Holitscher eine Erklärung ab, in der nichts vom Lohn wucher, der gerade jetzt nach einer Darstellung der schwierigen Budget­in der Zeit der Krise in höchster Blüte steht? in der Zeit der Krise in höchster Blüte steht? fituation ganz offen Kritik an gewissen Maßnah- aller Entschiedenheit Die Herren mögen sich einmal aus ihren men geübt wird, die die Staatsverwaltung zum Palästen herausbegeben und Umfrage halten Zwecke des Budgetausgleiches getroffen hat. Hof­unter jenen, die überhaupt noch Arbeit haben, fentlich wird diese durchaus positive Kritik zur aus und schließen uns hiebei der Verwahrung an, Wir haben seit jeher den Standpunkt vertreten, deren Löhne mit dem, was ein Mensch als Abstellung oder mindestens Milderung der bean- die der Vertreter unseres Klubs Senator Jot! daß eine parlamentarische Kommission mit der Auf­Minimum einer menschenwürdigen Existen; ständeten Maßnahmen führen. Ganz besonderen und die Vertreter des Abgeordnetenklubs Heeger gabe betraut werden sollte, die ganze staatliche benötigt vergleichen! Sie werden dabei die Nachdruck legt die Erklärung auf die Dringlich- uno sremser gegen diese Maßnahme eingelegt Administrative zu kontrollieren. Wir begrüßen also den Entwurf über die Sparkommission, der uns Erfahrung machen, daß der Lohnwucher, der feit der Bekämpfung des ungeheue- haben ren Notstandes, der heute namentlich auf Wir setzen als selbstverständlich voraus, daß die heute vorgelegt wird, wenn wir auch zum Ausdruck auch schon in" guten" Zeiten üppig gedeiht, den deutschen Industriegebieten des Staates Zusage, die der Herr Finanzminister in seinem bringen müssen, daß wir mit einseinen Bestimmun jetzt zur fürchterlichsten Berelendung der Ar- besonders schwer laftet. Exposé gemacht hat, auch eingehalten werden wird gen des Entwurfes nicht ganz einverstanden sind. beiter und Angestellten führt und daß den und daß die Wir wollen vor allem eine Mitarbeit der Unternehmern die Wirtschaftskrise die Hand­Opposition in der Ersparnis- und Kontroll­habe geboten hat, ihre Arbeitssklaven mit Löh­kommission gewährleistet wissen. Die Ersparnis- und Im Auftrage des Klubs der Senatoren der Kontrollkommission wird unserer Auffassung nach nen und Gehalten abzufinden, welche für sie deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei erlaube ihrer Aufgabe nur dann gerecht werden, wenn man und ihre Familien die schwersten gesundheit ich mir, unseren Standpunkt zu den auf der Tag: ihr möglichst freie Sand beläßt, wenn man lichen und kulturellen Gefahren mit sich brin- ordnung stehenden Gegenständen wie folgt zu prämerksam zu machen, der in den deutschen Gebieten ihr die Möglichkeit gibt, sich mit allen Zweigen der gen müssen. Die Kundgebung der Bischöfe wird vol- Unsere Partei hat der Verhandlung des Bud­Staatsverwaltung eingehend zu beschäftigen und überall dort Wandel zu schaffen, wo es die Sachlage lends als Augenauswischerei dadurch entpuppt, gets immer großes Augenmerk zugewendet und hat erheischt. Wir rechnen auch zuverlässig damit, daß daß sie nur gewisse üble Erscheinungen besei es als die oberste Pflicht einer gesetzgebenden die Ersparnis- und Kontrollkommission Anregungen tigt oder gemildert sehen möchte, nicht aber Störperschaft angesehen, für eine gründliche ord­geben wird, wie eine Verbilligung der die Ursache, aus der sie mit Naturnotwendig Budgets Sorge zu tragen. Wir können ruhig fest­nungsgemäße Durchberatung des normalmäßigen Administrative herbeigeführt werden kann. keit fließen. Auch wenn die Bischöfe den stellen, daß die bisherigen Methoden bei den Bud­Wucher in allen seinen Formen verdammen getoerhandlungen nicht unseren Forderungen in und im Geltungsbereich ihrer eigenen Umge- vollem Maße Rechnung getragen haben. Jan heuri bung für seine Eindämnning sorgen würden, gen Jahre hat sich die Situation noch wesentlich unsere Selbstverwaltungskörper was bisher keineswegs geschieht, es wäre doch kompliziert; die finanzielle Lage des Staates hat nur eine Halbheit, ein Kampf mit Sitten- sich in den letzten Monaten in so ungewöhnlichem befinden. Seither hat diese pretäre Situation noch eine wesentliche Verschärfung erfahren und wir sind sprüchlein gegen Auswüchse der kapitalisti - Ausmaße verschlechtert, daß es notwendig wurde, der Auffassung, daß es jetzt hoch an der Zeit ist, die cangt, der bei der Beratung dieses Eniwurses be­schen Gesellschaftsordnung, nicht aber gegen die Kassenschwierigkeiten und den finanziellen Not- seinerzeit von der Regierung eingesetzte Kommission obachtet wurde, so halten wir den Vorwurf für nicht diese selbst, gegen die anzustürmen der Kirche stand so weit als möglich zu beheben. unverzüglich einzuberufen, um über jene Maßnah- unberechtigt, daß zu den Vorberatungen dieses Ent­auch jetzt noch nicht im entferntesten einfält. Es hat das Abgeordnetenhaus eine Siebe- men zu beraten, die geeignet wären, diesen unheil- wurfes die Vertreter des Senates hätten heran­Die Bischöfe sehen nicht ein, daß es ein nerfommission eingesetzt, deven Aufgabe es vollen Zustande zu steuern. gezogen werden müssen, da es sich um eine Körper. Wir wollen auch die Gelegenheit nicht vorüber- chaft handelt, die von beiden Kammern de Widerspruch schlimmster Art ist, den sogenann- war, die Budgetposten zu analysieren und Vor­ten Zinswucher zu verurteilen, an den Grund- schläge darüber zu erstatten, welche Maßnahmen er- gehen lassen, ohne festzustellen, daß die Handelspoli- Nationalversammlung eingesetzt werden soll. Tagen der kapitalistischen Ordnung und der griffen werden sollen, um das Gleichgewicht im tit der Tschechoslowakei nicht die richtigen Wege Zum Gehaltsabbau. gegangen ist und daß sich auch hier privaten Profitwirtschaft aber nicht im gering- Staatshaushalt wieder herzustellen. Autartiebestrebungen sten rütteln zu wollen. Den Wucher beseitigen, Wenn auch die zweite Kammer bei diesen Ver- in einem Maße geltend gemacht haben, die der den Kapitalismus jedoch bestehen zu lassen, handlungen nicht mit in Erscheinung getreten ist, wirtschaft unseres Staates schweren Schaden zuge das ist ein ebenso vergebliches Beginnen, als so halten wir es doch für unsere Pflicht festzustel- fügt haben und für die Zukunft große Gefah­len, daß die Siebenerkommission eine außerordent- ren in sich bergen. wenn man einen blutlechzenden Tiger durch lich anerkennenswerte Arbeit geleistet hat, auch gütliches Zureden von den Vorteilen des Ge­nusses reiner Pflanzenkost überzeugen wollte.

So bleibt die bischöfliche Kundgebung nur eine fromme Predigt, an der sich einfäl tige klerikale Schäflein erbauen mögen, die sozialistische Arbeiterschaft aber weiß, daß nicht Sittensprüchlein die Welt zur Gesun­dung führen können, sondern nur der Umbau der kapitalistischen Eigentumsordnung in ein

für alle Menschen wohnliches Haus, in dem es keine Ausbeuter und keine Ausgebeuteten geben wird.

Genoffen! Traget bei jeder Gelegenheit Euer Barteiabzeichen!

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Die Kellnerin Molly.

Roman von Hans Otto Henel .

Copyright by Jackelreiter- Verlag. Berlin . Nachdruck verboten.

zisieren:

Böhmens , Mährens und Schlesiens angesichts der vermehrten Arbeitslosigkeit wahrzunehmen ist. Wir verlangen mit allem Nachdruck, daß dem Ministerium für soziale Fürsorge für die Zwede der Arbeitslosenunterstüßung alle jene Beträge zur Verfügung gestellt werden, die angesichts des unerhörten Notstandes dringend notwendig find. wahrgenommen, um die Regierung auf die fürchter­Wir haben schon wiederholt die Gelegenheit liche Lage aufmerksam zu machen, in der sich

Die Devisenvorschriften,

wenn wir uns mit Einzelheiten der Vorschläge die bei uns erlassen wurden, werden vielfach mit nicht zu befreunden vermögen und der Auffassung den Maßnahmen begründet, die auch die andern sind, daß in gewissen Kapiteln der Staatsverwal- Staaten vorgekehrt haben. Die Erfahrungen, die tung, insbesonders dort, wo es sich um unproduk tive Ausgaben handelt, nicht genügende Abstriche vorgeschlagen worden sind.

Im ganzen und großen hat aber diese Siebener­tommiffion den Weg gewiesen, der auch bei künfti­gen Verhandlungen des Budgets beschritten werden

sollte.

Unsere nächsten Forderungen.

Gewisse Maßnahmen, die seitens der Staats­verwaltung in Anlehnung an die Beschlüsse der Siebenerkommission in Aussicht genommen wurden, bedürfen aber doch unserer Stellungnahme. Vor allem halten wir dafür, daß die Einschrän­fung der Arbeiterfahrkarten durch Herabsehung

wir seit Bestand dieser Devisenvorschriften gemacht haben, reichen zu der Erkenntnis hin, daß auf die­sem Gebiete unbedingt in der nächsten Zeit Wandel geschaffen werden muß. Wir haben sicher volles Verständnis dafür, daß dem Schutz unserer Wäh­rung Opfer gebracht werden müssen; wir wissen

sehr gut, daß eine Inflation ein Verhängnis, vor allem ein Verhängnis für die Arbeiter und Ange stellten dieses Staates wäre und daß die Devisen­wirtschaft zum Teil auch dem Zwecke gedient hat, um unsere Währung vor dem Verfall zu schüßen. Wir haben aber auf der andern Seite gesehen, daß die Devisenvorschriften, ganz besonders aber ihre praktische Handhabung, vielfach zur Lähmung unseres Handels geführt haben.

schen Mieter angesehen hatte, erregte Heiterkeit| 3wang fennt. iNemals hätte er daran gedacht, die mit seinem Wigworte: Der alte Vollbart ist in Schüler abzufragen, ob sie das Lied auch wirklich den April geschickt worden. Das Urteil wurde auswendig beherrschen. nämlich am 1. April verkündigt, und zwar nach Vorschrift im Namen des Voltes.

Die Kommission wird sich vor allem mit dem Kapitel der Staatslieferungen beschäftigen und ihr Bestreben dahin richten müssen, in der bisherigen Praxis und den bisherigen Methoden der Vergabe von Staatslieferungen einen grund­legenden Wandel herbeizuführen.

Was nun den formellen Vorgang anbe­

Und nun zur letzten und wohl bedeutungsvollsic

Vorlage, die uns heute zur Beratung vorgeleg: wurde.

Wir stellen fest, daß die sozialdemokratische Partei sich jederzeit gegen Lohn- und Gehalts­abbau eingesetzt hat. Sie hat auch ihren Einfluß so weit wie möglich geltend gemacht, um den Ab­bau zu verhindern, und, da sich dies unter dem Zwange der Verhältnisse als unmöglich erwiesen hat, wenigstens weitgehende Milderungen und Verbesserungen des ursprünglichen Planes durch­zusehen.

Der Sprecher unjeves Abgeordnetenklubs

Grünzner hatte Gelegenheit, bei der Berhand­lung dieses Gegenstandes im Abgeordnetenhaus den

Standpunkt der Partei zum Ausdruck zu bringen. Wir schließen uns seinen Ausführungen voll­inhaltlich an.( Beifall.)

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Nach Schluß der Abstimmung, der auch Ministerpräsident Ma I y petr und mehrere Minister beiwohnten, hielt der Vorsitzende Dr. Soukup eine Ansprache, in der er mit Befrie­digung tonstatierte, daß die Arbeitsmöglichkeiten

zum Beispiel die Franzosen unzüchtig, die Briten herrschsüchtig, die Russen schmutzig und nihilistisch, die Amerikaner geldgierig, die Asiaten faul, die Um so mehr erstaunte der Studienrat, als Neger dumm seien. Wie hoch Deutschland fulturell während der Pause sein intelligentester und gut- stehe, fönne man schon daraus ersehen, daß es die artigster Schüler an ihn herantrat mit der Bitte, besten Lehrer, das tapferste Militär, die findigste bom Lernen und Singen des Deutschlandliedes Polizei und überdies den höchsten Seifenver­befreit zu werden. Wie jede Bitte, wollte der brauch von allen Völkern der Welt aufweiſe. Studienrat auch diese grundsätzlich abschlagen, Stein verantwortlich fühlender Deutscher wolle mit hielt es dann aber für pädagogisch richtiger, etwas diesen Vorzügen die Herrschaft Deutschlands über näher auf den merkwürdigen Wunsch einzugehen. den Erdball geltend machen, aber diese Vorzüge Warum der Schüler ausgerechnet das hohe erhöhen Deutschland naturgemäß über andere Nationen. Der Oberprimaner vermutete Wohlwollen Diese Erklärungen, freimütiger als sie für Lied des Vaterlandes nicht mitsingen wolle? hinter der Frage des Lehrers und antwortete einen Gymnasiallehrer und kaiserlichen Reserve­freimütig. Alle Rassen und Völker der Erde hät- offizier zuläffig find, verfehlten ihre Absicht auf ten doch gleiche Berechtigung, wie ja auch die den Schüler. Er bat, ihm trotzdem das Singen christliche Religion befiehlt, alle Menschen ohne eines Liedes, das seiner Ueberzeugung nicht ent­Unterschied mit duldsamer Liebe zu umfangen. spreche, zu erlassen, und der Lehrer sagte miz­Es ginge darum gegen sein Gewissen, wenn er mutig zu. Als der Primaner nach dem Klassenzimmer singen müßte: Deutschland , Deutschland über alles! Getreu den Lehren, die er im Religions- zurückgegangen war, erholte sich der Ordinarius unterricht der Schule empfangen habe, könne er von der Ueberrumpelung, und es famen ihm Be­das eine Land Deutschland nicht mehr lieben als denken wegen seiner Nachsicht, die im Schulregle andere Länder, auch wenn das nur gedankenlos ment keine Stüße findet. Er eilte zum Rektor, und mit den Lippen geschehen sollte. Deutschland um sich Rat zu holen. fönne ja nur dann über den anderen stehen, wenn die sich eine Zurücksetzung oder gar Ünter­drückung gefallen lassen.

Deutschland , Deutschland über alles...! Den Ausschlag gab der Sanitätsrat Fahsel­Das Hohenzollern- Gymnasium in der Bis­hold, der als Sachverständiger fungierte. Er be­daure die Deffentlichkeit der Verhandlung, die es mardstraße, ein uralter Bau, der in früheren ihm verwehre, charakteristische Fälle der Psycho- Jahrhunderten als Kaserne gedient hatte, reprä­pathia sexualis mit den nadien deutschen Worten fentierte für Schneidewald das Sinnbild under­gänglicher Würde. Die altväterlich anmutende zu kennzeichnen. " Boltsfremde Elemente haben das deutsche Fassade, verwittert und abgebrödelt, wird links Volt mit undeutschen Perversionen vergiftet. und rechts von neueren Großbauten flankiert, Eine der schlimmsten Perversitäten ist die Sucht, dem architektonisch prunkvollen Justizgebäude und den Körper, dem nach göttlichen, fittlichen und dem schmuckloseren, aber nicht weniger gediege­ärztlichen Gesezen die Bekleidung gemäß ist, nackt nen Provinzialgefängnis. Die Republik hatte zu photographieren. Diese aftive Betätigung dem Gymnasium nicht von den Ueberlieferungen könnte man wissenschaftlich einen optischen Sadis- genommen, durch die es in der verflessenen mus nennen. Ihm verwandt ist der passive Monarchie sein Ansehen errang. Die Korridore und Klassenzimmer, von Wunsch, sich nadt photographiert zu wünschen. Ich nenne diese Perversität Perversität den optischen Jahrhunderten dunkel überkrustet und von altem Masochismus. Mit Staunen mußten wir erleben, Breußengeiste erfüllt, erlebten auf einmal einen daß in unserer Stadt, die berufen ist, deutsche Lärm, der ihnen fremd geworden sein mußte, feit­Bucht und Sitte als Grenzwall gegen slawische dem in ihnen nicht mehr die Rekruten wegen Untultur zu befestigen, sich nicht nur Frauen fin- mangelhafter Vaterlandsliebe gestäupt oder durch den, die sich nadt der photographischen Linse hin- Spießruten gejagt wurden. Der Sturm, der geben, sondern sogar auch Kinder. Es ist nicht einen Augenblick die ehrwürdigen Traditionen des meine Aufgabe, den Verführer zu richten, der Gymnasiums erschütterte, ging von der Spizen­Der Lehrer verwies den Schüler auf die dem optischen Sadismus entgegenfam. Als fach- flaffe, der Oberprima, aus und fand in der Stadt Weltgeschichte, aus der man leicht die Friedens­verständiger Wissenschaftler aber muß ich sagen: selbstverständlich den lebhaftesten Widerhall. Der Klassenlehrer der Oberprima hatte in liebe Deutschlands ersehen könne. Umdroht von Videant consules!" Das Gericht erfannte die Brauchbarkeit dieser Hinblick auf das nahende Geburtstagsfest des Erbfeinden, habe es um des lieben Friedens wil wissenschaftlichen Beweisführung an und ver- greisen Feldmarschalls Hindenburg seinen Schülen immer mehr nachgegeben, als die Selbst­urteilte Wilhelm Brodecker. Allerdings nicht zur lern aufgegeben, das Vaterlandslied auswendig achtung zuließ. zulässigen Höchststrafe von fünf Jahren Zucht- zu lernen. Eine Formalität, denn er setzte als haus, die der Staatsanwalt beantragt hatte, son- felbstverständlich voraus. dern nur zu einem Jahre Gefängnis. Frau Brodecker mußte ohnmächtig aus dem Gerichtssaale getragen werden. Herr Ballert aber, der sich die Verhandlung gegen seinen störri­

daß jeder deutsche

" Deutschland , Deutschland über alles, über alles in der Welt!" Schüler, der die hohe Schule besucht und später Sier fei keineswegs die Absicht kundgegeben, daß in jene Stellungen aufrückt, die das Vaterland Deutschland über die anderen Völker Herrschen feinen getreuen und studierten Söhnen vorbehält, wolle. Nur um die Feststellung einer Tatsache das Deutschlandlied auch ohne pflichtmäßigen handle es sich. Es sei doch nicht zu bestreiten, daß

Der Rettor rückte die Brille in die Stirn, um Augen enffteigen zu lassen. Erschrecken und Empörung ungehemmt seinen

,, Aber, Herr Kollege, sind Sie denn blind? Diefer junge Mensch ist ein räudiges Schaf, ein vom Liberalismus Besessener, ein Aufsässiger, ein Bolschewit! Sie verschwenden Ihre Güte, wenn Sie ihm das hingehen lassen. Das Deutschland lied, das unsere Tapferen mit siegreichen Fahnen durch die halbe Welt trugen, will das Herrchen nicht fingen? Ein hoffnungsvoller Jüngling für­wahr! Vielleicht werden Sie ihm morgen erlau ben, die Marseillaise zu singen. oder sozialistische Flugblätter auf dem Schulhof zu verteilen, ( Fortjeßung folgt.)