„Disziplin der Armee" im allgemeinen, so gänzlich die Debatte ver«schiebend, um den unbequemen konkreten Fragen zu entgehen....De Freycinet hat wieder einmal gezeigt, daß es wirklich nicht seinVerdienst ist, wenn die Prätorianer es bei Umtrieben und beiDetailstreichen haben bewenden lassen müssen.—Die diesjährige Debatte über das Marinebudgetbietet ein seltenes Schauspiel. Der unermüdliche, rücksichtsloseKritiker der Marineverwaltung, Lockroy, sitzt diesmal in derRegierung, ist Marineminister. Er sieht mm alles plötzlich in sorosigem Lichte, daß er jede Kritik seiner Verwaltung geradezu als„antipatriotisch" zurückweist. Dieses antiparlamentarische Gebahrennimmt sich bei Lockroh desto schöner aus, als er Mitgliedder linksradikalen Kammerfraktion ist. Auf die zwar ge»hässige, aber doch theilweise auf Thatsachen beruhendeKritik des AdmiralS a. D. Rieunier, eines ehemaligenMarineministerS, lehnte er überhaupt jede Antwort ab, sich in seineerhabene Ministerwürde hüllend. Das gestattete ihm, auch dem be-rechtigten Angriffe des Admirals auszuweichen. Und als ihm CamillePelletan, der Generalberichterstatter des Budgets, auf seiner Nach-gicbigkeit in Personal- und Verwaltungsfragen gegenüber der Admi-ralität festnagelte, da antwortete er hochmüthig, Pelletan verständenichts von der Sache.Schließlich kam es zu einem offenen Konflikt zwischen Pelletanund dem Marineminister, zwischen zwei Fraktionsgenossen, über dieFrage der Schaffung einer 4. Abtheilung im maritimen GeneralstabDiese„Reform" ist vom linksradikalen Marineminister ungesetzlich,ohne den Willen des Parlaments, durchgeführt worden— und nunsollte da? Parlament die durch diesen Willkürakt erhöhten Koste»votiren! Die Budgetkommission hatte die Kosten mit allen gegen dreiStimmen gestrichen. Daher der Konflikt. Der Marincministerrechtfertigte sich mit dem unvermeidlichen und stets durchschlagendenHinweis auf die patriotische Nothwendigkeit der„Landes-vcrtheidigung", die natürlich gefährdet wäre, wenn die viette Ab-th eilung erst ein paar Monate später mit Bewilligung des Parlamentsgeschaffen wäre. Pelletan führte dagegen den Nachweis, daß die„Reform" keine andere Wirkung haben kann, als die ganze Verwaltungdem unverantwortlichen Generalstabe auszuliefern und den verant-wortlichen Minister zum automatischen Unterzeichner von Dekretenherabzuwürdigen.Trotzdem billigte die Kammer durch das Vottim des betreffendenBudgctpostens den von der Admiralität eingegebenen Willkürakt, undzwar mit Hilfe der Radikalen, die ja darauf ganz stolz sind, einender Ihrigen im Besitze eines leibhastigen Ministerpottcfeuilles zuPüffen. Die Parteigrundsätze aber können ruhig schlummern, bis dieRadikalen wieder keinen einzigen Minister in der Regierung zählen....Iudeff ist Pelletan anderer Meinung. Er ist'cntschlosien, seineDenlission als Generalberichterstatter und als Vorsitzender der Links-radikalen zu geben, falls die Mehrheit der Bndgetkommisston undseiner Fraktion für den Marineminister gestimmt hat.—„In Schönheit gestorben?" Man schreibt der„Franks. Ztg."auS Paris: Unter dem Titel„Plaideront-ils?" iWird es zumProzeß kommen?) bringt die.Furore' folgende verschleierte Notiz:„Man spricht davon, wie von dem großen Sklandal der nächstenZeit. Man spricht davon noch mit leiser Stimme. Man flüstertdie Namen. Dieses sind die Thatsachen: Ein Maler hatte eineFrau; die Frau hatte einen Liebhaber, einen sehr hohen und sehrmächtigen Herrn, der tief in ihre Reize verstrickt war. Er ließsie in sein Haus kommen— welch ein Hau? I ein wahrer Palast.Er war wahnsinnig verliebt in die kleine Frau, und trotz seinerHaare erglühte sein Herz in heißester Flamme. ES verbranntedarin. Letzten Monat ereilte ihn der'Tod in den Armen semerSchönen... Große Aufregung. Auf die Angstrufe der Fraudes MalerS eilten die Diener herbei. Sie fiel in Ohnmacht. Manruft die Aerzte zu dem Sterbenden und trifft zugleich Anstalten, umdie kleine Dame fortzuschaffen. Man bringt ihre Toilette so gut undso schlecht eS geht in Ordnung, man stopft sie in einen Fiaker, wosie aufs neue von einer furchtbaren NervenkrisiS befallen wird. Indiesem Zustande führt man sie nach der ehelichen Wohnung zurück,und dort ruft ihre Heimkehr eine gewaltige Sensation hervor. DerGatte will die Scheidungsklage einreichen. Aber die Erben des hohenund mächttgen Herrn bieten ganze Haufen von Gold und von Ordens-bändcrn auf, um sein resignirtes Schweigen zu erwirken. Wird eszum Prozeß kommen?" Soweit die„Aurore". Wer mag nur dertragische Held dieser seltsamen Geschichte sein? Wer mag nur dersehr hohe und sehr mächtige Herr sein, der vor einem Monat inFrankreich gestorben ist?Wie lange ist doch z. B. Herr Felix Faure todt...?—Paris, 24. März. In der heutigen Sitzung des KassationS-Hofes verlas der Berichterstatter der DreifuS-Anoelegenheit, Ballot-Beauprö, seinen Bericht, in welchem er die Zurückweisung desGesuches der Frau Dreyfus auf Ablehnung der drei Räthe Petit,Crepon und Lepelletier beantragt. Der Generalstaatsanwalt Manaudagegen beanttagte formell die Zulassung des betreffenden Gesuchs.Der Kassationshof verwarf das Gesuch und verurtheikte FrauDreyfus zu den Kosten des Verfahrens.—PariS, 24. März. Prof. Gabriel Monod veröffentlicht heuteim„Sidcle" einen Brief, welchen er im November 1897 von demkürzlich in HSvre verstorbenen Arzte Gibert, einem intimen Freundedes Präsidenten Faure, erhalten hatte. In diesem Briefe thciltGibert mit, daß er im Februar 189(5 dem Präsidenten Faure dieGründe auseinandergesetzt habe, aus welchen er Dreyfus für un-schuldig halte. Faure habe darauf erwidert, DreyfuS sei nicht aufGrund von Thatsachen verurtheilt worden, welche in der Berhand-lung vorgebracht worden waren, sondern auf Grund eines Schrift-stückeS, welches weder dem Angeklagten, noch dem Vertheidigerunterbreitet wurde, aus Furcht. daß hierdurch diplomatischeZwischenfälle entstehen könnten. Ueber dieses Schriftstück wollteFaure nichts Näheres sagen; er erklärte nur, daß dasselbe keinenweife! über den stattgehabten Berrath bestehen lassen könne. Monodemerkt dazu, daß er den Brief Giberts dem Advokaten Monardübergeben habe, welcher ihn dem Kassationshof vorlegen könne, so-bald die Frage der Ungesetzlichkeit und Annullirung des Uttheilsvon 1894 zur Verhandlung komme.Dem„Jlttranfigeant" zufolge ist eine Spionageaffäre entdecktworden, welche viel größere Bedeutung habe, als die des zu fünfJahren veruttheilten Boisson.—Italien.Jntelligenzstaat und Militärstaat vertragen sich nicht miteinander— das haben wir in Preußen erfahren, wo der Militär-staat den Jntelligenzstaat glücklich dahin gebracht hat, daß diepreußischen Schulen auf dem besten Wege sind, vo» denen alleranderen Kulturstaaten überflügelt zu werden, und daß unsereJunker, die Stützen des Militärstaats(der auch ihre Stütze ist)den Schulmeister, der nicht mit der Kuh und dem Schwein untereinem Dach wohnen will, für einen anspruchsvollen, verschwenderischenThnnichtgut halten und zum Hungertod verurtheilcn. In Italienhat niaii den preußischen Militaristen nachgeahmt, und der armeJntelligenzstaat hat natürlich die Kosten zu tragen. In einem derletzten, der italienischen Kammer vorgelegten. Gesetzentivürfe machtdas Ministerium Pelloux den Vorschlag, die kleinen Universitätenabzuschaffen— Ersparnih halber. Viel taugen sie ja nicht, dieseitalienischen Universitäten. Aber besser als Kasernen und Pferde-stalle waren sie doch!—England.London, 22. März.(Eig. Ber.) Gestern kam im Parlamentdie Bill zur Vereinfachung der VerwaltungLondons zur zweiten Lesung. Herbert Gladstone hielt dieoffizielle Rede für die liberale Partei und ließ an dem Werk desHerrn Balfonr wenig Gutes. Das Gros der Liberalen folgt indieser Hinsicht der von den Progressisten des Londoner Grafschafts-rath» ausgehenden Parole, die der Bill absolut feindselig gegenüber-stehen. Daß sie auf eine Verminderung deS Einflusses desGrafschaftsrathS hinausläuft, ist auch gar nicht zu bestreiten. Den-noch find gerade einige Linksradikale und ein Theil der Sozialisten(darunter„Justice", das Organ der sozialdemokrattschen Föderation)im Ganzen für die Vorlage, die nur in einzelnen Punkten ver-bessert zu werden brauchte, um eine wirkliche demokratische Reformder Verwaltung Londons abzugeben. Ich habe schon erwähnt, daßdie neuzuschäffenden Munizipalitäten nach der VorInge einradikaleres Wahlrecht erhalten sollen, als es das be-stehende Gesetz für die städtischen Kommunen vorschreibt. Unterden Konservativen ist die Meiming über die Bill ebenfallsyetheilt, so daß ihr endgiltiges Schicksal keineswegs sicher ist. Siekann durch Abstimmungen„übers Kreuz" so abgeändert werden,daß sich schließlich überhaupt keine Mehrheit mehr für sie findet.Am Charfreitag tritt in Leeds eine Konferenz vonSoziali st en aller Richtungen und Gewerkschafts-Mit-gliedern zusammen, die den verschiedenen Selbstverwaltungs-körpern(Gemeinden, Schulämter, Annenämter sc.) als gewählteVertreter angehören, um über die einschlägigen Fragen und Forde-rungen zu verhandeln. Der Borsitz für die Ervffuungs-Verhandlung ist dem bekannten Fabianer Sidney W e b bübertragen, der über das Thema der Stellung und Behandlungder vi?n öffentlichen Körperschaften beschäftigten Arbeiterreferiren wird. Alsdann wird sich in die drei bezeichnetenSektionen(Gemeindevcrwalttmg, Erziehungswesen und Annenwesen)theilen, und am zweiten Tage wird Sidney Webb vor den Mitgliedernder ersten und dritten Gruppe über gewerbliches Erziehungswesenreferiren. Zu Vorsitzenden der Spezialgruppen sind Dan. Irvingvon der Sozialdemokrat. Föderation, A. Jomett von der Unab-hängigen Arbeilerpattci und William Crooks, gelverkschaft-liches Arbeitermitglied des Londoner Grafschaftsrath gewählt worden.So bedeutsam die Konferenz der verhandelten Fragen wegenist, so erhält sie noch eine besondere Bedeutung durch die in ihrdokumentirte Annäherung der verschiedeneu Fraktionen der eng-tischen Arbeiterbewegung für die Förderung der gemeinsamenZwecke.—London, 21. März.(Eigener Bericht.) Kürzlich hat die Regie-rung dem Parlament ein weiteres Stück ihrer Sozialreforni vor-gelegt. Es besteht in einem Gesetz, das die Gemeinden bevoll-mächtigt, Arbeitern und kleinen Leuten die Mittelzum Erwerb von Wohnhäuschen vorzuschießen. AuHäuser bis zum Kaufpreis von 399 Pfd. Sterl.(6009 M.) sollenVorschüsse bis zu vier Fünfteln des Preises gemacht werden, zubilligem Zins und unter leichten Abzahlungsbedmgungen. Dies Ab-schätzungSverfahrcn soll in ähnlicher Weise' geregelt werden wie beiden irischen Agrargerichtcn. Herr Chamberlain, der an Stelle des zu-ständigen Ministers Chaplin die Vorlage einbrachte, empfahl sie als einMittel, Arbeiter dadurch, daß man ihnen einen„Einsatz" amNationalinteresse verschafft, zu qualifizirten Staatsbürgern zu machen.Das Fluktuiren der Arbeiter sei sehr übertrieben worden, ein großerZAeil der Arbeiter sei gerade so seßhaft wie andere Klassen der Be-völkerung. Jndeß enthalte das Gesetz Bestimmungen, die die Ueber-tragung solcher Häuser erleichtern, so daß die Uebertragungskostenzehn Mark nicht übersteigen, und in Fällen, wo der Besitzer denOrt schnell verlassen müsse,' für eine Uebenmhme des Hauses durchdie Gemeinde Vorkehrung treffen.Dem Minister trat der Liberale Mac Kenna mit der Er-klärung gegenüber, die Vorlage sei in keiner Weise geeignet, dieWohnungsfrage zu lösen. Sie bedeute Aufwendung und Festlegungvon Gemeindemitteln für Leute, denen heute Baugenoffenschaftenund ähnliche Vereine für die Beschaffung von Baugeldern zur Ver-fügung ständen, während die Gemeinden Mittel' brauchten, demWohnungsbedürsniß derjenigen Klassen vorzusehen, die zu arm odersonst verhindert seien, ein eigenes Haus zu erwerben. Vorbedingungjeder durchgreifenden Reform in dieser Hinsicht sei die Aenderungdes Gemeindesteuer-Gesetzes beziv. die Ermächttgung der Gemeinden,eine Steuer auf Bodenwerthe einzuführen. In diesemSinne hat Herr Max Kenna für die zweite Lesung der Vorlage einenAntrag angekündigt, der jede Entscheidung für unwünschbar erklärt,bevor nicht die parlamentarische Kommission, die zur Zeit überdies« Steuerfragen berathe, ihren Bericht erstattet habe,und der ferner die Verwendung öffentlicher Gelder zuVorschüssen für Häuserankauf nur unter der Bedingunggestatten will, daß der B o d e n, auf dem die Häuser stehen, Eigen-thum öffentlicher Körper(Gemeinde, Grafschaft) und nichtv o n P r i u a t p e r s o n e n ist.Sowohl der ministerielle Antrag wie das liberale Amendementsind bezeichnend für die Wandlung, die sich in der öffentlichenMeinung hinsichtlich dieser Frage vollzogen hat. Ehedem ivürde dererstere als eine nrradikale Maßregel betrachtet worden sein, heutehaben die radikalen Blätter nur Spott für ihn.„Daily Chronicle"meint, die große Masse der Arbeiter, welche die Bedingungen desmodernen gewerblichen Lebens erkannt haben, seien Gegner desSystems der eigenen Häuser, diejenigen aber, die anders' dächten,hätten durch Bau- und Konsum-Genoffenschaften reichlich Gelegen-heit, sich die Mittel zum Ankauf von solchen zu beschaffen.Letzteres ist unzweifelhaft richtig. Selbst viele Gewerkschaftensind froh, wen» sie ihre Reservefonds in Form solcherVorschüsse, bezw. Hypotheken anlegen können. So verleiht der großeMaschinenbauer-Verband aus seiner Jnvalidenkasse Gelder an Ver-bandsmitglieder zum Ankauf von Häusern. Im Oktoberhcft 1898des Verbandsorgans legt einer der Sekretäre des Vereins die Be-dingungen dar und bemexkt dann:„Die Theorie, wonach die all-gemeine Annahme dieses Systems die„Beweglichkeit" des Arbeitersbeeinträchtige, ist meines Erachtens hinfällig und keinen AugenblickBerücksichtigung Werth." Unter den qualifizirten Arbeitern, die überstarke Gewerkschaften verfügen, gicbt eS in der That eine größereAnzahl, auf welche die obige Bemerkung des Herrn Chamberlainbetreffs der Seßhaftigkeit zutrifft. Aber, wie Figura zeigt, brauchengerade diese seine Sozialrefonn nicht. Und für die hunderttausendevon Arbeitem Londons, die in Miethskasernen wohnen, ist sie absolutwerthlos.In London heißt die Wohnungsfrage'heute, soweit sie nichtGrundrente heißt. Verkehr sniittel: daher die Opposition, aufwelche gerade in London die Fusion der beiden großen Eisen-bahnen stößt, die London mit der Südostküste Englands ver-binden. Man befürchtet von dieser Fusion Monopoltarifeauch für den Lokalverkehr. Sie ward demgemäß, als sie imParlament zur Sprache kam, von den Radikalen, darunter die beidenArbeiter-Abgeordneten Burns und Woods, heftig bekämpft, und dieOpposition erreichte wenigstens soviel, daß ein gemischtes Komiteeeingesetzt wurde, um die, mit Bezug auf die Fusion eingereichtenPetitionen zu prüfen. Sehr viel wird jedoch nicht dabei heraus-kommen. denn das Eisenbahn- Interesse(das heißt dasder Aktionäre) ist im gegenwärtigen Parlament durchöS Aufsichtsrathsmitglieder von' Eisenbahnen vertreten, die mitwenigen Ausnahmen sämmtlich auf den Regierungsbänken sitzen.Fünf von ihnen gehören dem Ministerium an.Türkei.Konstantinopel, 23. März. Der Bautenmiilister und Dr. Zanderhaben heute in Gemäßheit des kaiserlichen JradeS den Verttag nebstTarifen. Plänen w. unterzeichnet, durch welchen der a n a t o l i s ch e nBahngesellschaft, bekanntlich eine deutsche Gründung, dieKonzession zur Erbauung eines Hafens nebst Docksund EntrePotS in H a i d a r- P a f ch a crtheilt wird. Der türkischeStaat kann erst jnach 39 Jahren den Hafen zurückkaufen und zwarnur gleichzeitig mit der gesammten auatolischen Bahn.Der bulgarische diplomatische Agent Markowüberreichte gestern dem Großvezier eine Note, in welcher er gegendie von Türken gegen Bnlgaren verübten Gewalt-t h a t e n und gegen die Bedrohungen von Bulgaren protestirt undgleichzeitig nochmals die Aufmerksamkeit dqr Pforte ans die gefahr-volle unerträgliche Lage ig den europäische» Bilajets lenkt.—VstvkviMaifeier. In Bremen beschloß das Gewerkschaftskartell, mitallen Kräften für vollständige Arbeitsnihe einzutreten.Die Parteigenossen des Wahlkreises Offen bach-Dieburgnahmen ans ihrer Kreiskonferenz einstimmig folgende Resolution an:„Die Kreiskonferenz des Kreises Offenbach-Dieburg erachtet esals unerläßliche Pflicht der Genossen, trotz Zuchthaus-Vorlage den1. Mai durch allgemeine Arbeitsruhe zu begehen. Die Konferenzerblickt in der Feier nicht allein eine Demonstration zu Gunsten derachtstündigen Arbeitszeit, sondern auch einen flammenden Protestgegen den Kapitalismus und dessen venmnftwidrige Auswüchse, denverderblichen Militarisnms, ohne deren Beseitigung das Glück derVölker, der Weltfriede, ein leerer Wahn bleiben muß."Todtenlistc der Partei. In Schweinfurt starb der GenosseFritz Thain. Die Parteigenossen ehrten ihn durch außerordentlichzahlreiche Bctheiligmig an der Beerdigung. Die„Fränkische Volks«zeittmg" widmet ihni einen warm empfundenen Nachruf.Die französische Sozialisti» Alme Valette ist nach langemschweren Leiden am 21. März in Arcachon im Alter von 44 Jahrengestorben. Sie ist seit 187g in der französischen Arbeiterbewegungihätig gewesen. 1893 wurde sie Mitglied des Generalrathes derfranzösischen Arbeiterpartei. Sie war auch Jnspektorin für Frauen-arbeit für die Stadtgemeinde Paris und hat auch für die Organisationder Lehrerschaft gewirkt.Aline Valette hat ihre Kraft für die Sache des Volke? eingesetztund sich in dessen Dienste aufgerieben. Ehre ihrem Andenken iPolizeiliches» Gerichtliches«. s. w.Z« Geldstrafen von je 59 M. wurden in Magdeburg der Ver«trauensmann der Metallarbeiter, Hugo Gärtner, und der Redatteurder„Vollsstimme". Robert Pistorius, polizeilich verurtheilt, weil sieohne Erlaubnitz eine öffentliche Kollekte veranstaltet haben sollen.Sie haben nämlich über Beiträge zur Unterstützmig der Weber inKrefeld öffentlich quittirt, die ihnen ohne Aufforderung zugegangenwaren. Sie werden gerichtliche Entscheidung anrufen.—„Die Weber" dürfen in Meerane nicht rezitirt werden;der Stadtrath verbot den vom Gewerkschaftskartell veranstaltetenVorttag des Herrn Walkotte.GemevKMttffttrises.Deutsches Reich.Zur Lohnbewegung der Krcfclder Weber enthält die„Nieder-rheinische Volkstribüne"'ein Eingesandt, welches die Stimmung inArbeiterkreisen treffend wiedergiebt. Der Einsender schreibt:Die augenblickliche Lage des Streiks ist eine für den Nichtfachmannsehr verzwickte, es werden Rechenknnststückchen aufgestellt, daß er sichsagen muß: entweder sind die Arbeiter verrückt oder die Fabrikanten lDer Kenner der Verhältnisse weiß aber, daß die Fabrikanten imTrüben fischen wollen. Es wäre den Fabrikanten ein leichtes, denStreik zu beendigen, indem sie ihre Lohnliste zurückziehen und dieNebenarbeiten bezahlen. Denn die Herren können doch nicht ver-langen, daß die Arbeiter Tage lang umsonst arbeiten sollen. Es istauch nicht nothwendig, daß so willkürlich viele Nebenarbeiten gemachtwerden. Bei der Haltung, welche die Fabrikanten jetzt einnehmen,muß sich jeder anständige Bürger sagen, es ist den Fabrikanten nurdarum zu thun, den Arbeitern die Unterstützung zu entziehen und sieso zu zwingen, die neue Lohnliste anzuerkennen. Aber was beweisendenn die veröffentlichten Löhne vom verflossenen Jahre? Wennauch die Aufstellung wirklich richtig wäre— nichts l Denn erstenswar es ein gutes Geschäftsjahr und zweitens sind nur die bestenQualitäten Sammet verarbeitet worden. Eine Ausstellung derLöhne von den letzten fünf Jahren würde ein ganz anderes Er-gebniß liefern.Man sollte eS kaum glauben, daß die Fabrikanten so vor-gehen könnten, denn sie inüffen es doch wissen, da eine große Zahlvon ihnen im Stadtrath sitzt, daß die Mehrzahl derer, die ausdem Armenbudget Unterstützung beziehen, Weber sind. Schreiberdieses kam auch einmal um eine Unterstützmig ein, es wurdefestgestellt, daß er noch keine 13 M. die Woche verdient hat. Unddas ivar auch in diesem Rechnungsjahr.ES wäre auch zu wünschen,' daß die Fabrikanten einmal ihrenVerdienst veröffentlichten. Dann würde man sehen, ob sie„gezwungen"sind, die Löhne herabzusetzen oder die Industrie zu verlegen. Wollendie Fabrikanten dieses aber nicht, so könnte es vielleicht die Steuer«bchörde besorgen, die ja bei der Geschichte doch auch nicht un-interessirt ist.— Einsender hofft, daß in diesem schwierigen Kampfedie Arbeiter Deutschlands wie auch die Bürger Krefelds denkämpfenden Webern nach wie vor ihre volle Sympathie zuwenden.Die Sammctweber der Firma Bruck in Rheydt, ca. 299Mann, haben die Arbeit niedergelegt, weil die Firma Arbeiten fürKrefelder Fabriken übernommen hat. Die Belvegmig droht nocheinige andere Firmen in Mitleidenschaft zu ziehen.Die Schuhmacher in Kiel haben ihre Lohnbewegung zu einembefriedigenden Abschluß gebracht. Der geforderte Lohn wird von84 Meistern gezahlt, nur 6 haben sich ablehnend verhatten. Ueberdiese ist die Sperre verhängt worden.Die Brauer und Böttcher der Brauerei Mark in Hammhaben an die Direktion folgende Forderungen gestellt: Aufhebungdes LogislvesenS und Gewährung eines einheitlichen WochenlohnSvon 26 M. Von einer Verkürzung der Arbeitszeit wurde Abstandgenommen.Tie Tischler in Burg haben am 18. März in sämmtlichenBau- und Möbeltischlereien die Kündigung eingereicht. Werden dieForderungen der Bau- und Möbeltischler abgelehnt, so beginnt am1. April der Ausstand. Bewilligt haben bislang 3 Unternehmer,welche 15 Tischler beschäftigen.In Itzehoe haben die Tischler durch Vercinbanmg mit denUnternehmern die Zusage erhalten, daß vom 1. Mai ab ein Stimden«lohn von 34 Pf. gezahlt werden soll. Die Arbeiter haben das Vor-iprechen abgegeben, in den nächsten zwei Jahren keine Lohn-forderungen zu stellen. Das Verlangen, die G/z stündige Arbeits-zeit einzuführen, wurde fallen gelassen.Die Maurer in H e i d e haben für die diesjährige Bauperioheeinen Stundenlohn von 49 Pf. erzielt. Die Vereinbarung ist durchVerhandlungen mit den Unternehmern zu stände gekommen.In P i n n e b e r g ist die Lohnbewegung zu gunsten der Arbeiterbeendet. Die Meister haben sich verpflichtet, den neuen Lohntarifder Maurer, in welchem ein Aufschlag von 3 Pf. pro Stunde vor-gesehen ist, am 1. Juli einzuführen.Der Streik der Former bei der Finna Thiele u. Lindner inAltgersdorf(Sachsen) dauert unverändert fort. Wie uns mit-getheilt wird, vermittelt der Arbeitsnachweis der Berliner Metall-industriellen Arbeitswillige nach diesem Ort.Die Lohnbewegung der Schneider. In Rostock sind inverschiedenen Schneideraeichäften Differenzen entstanden, welche zuArbeitseinstellungen geführt haben. Bor allem sind es die schlechtenund ungesunden Logis, welche die Schneidergesellen veranlaßt haben,diesen Schritt zu thun. Ihre Forderungen sind: Abschaffung derHalbstück-Arbeit, sowie Kost und Logis im Hause. Da die größerenGeschäfte diese Forderungen schon seit längerer Zeit bewilligt habe»,so kommen hierfür nur noch einige Firmen in Betracht.In Gießen haben die Schneider ihre Lohnbewegung erfolg-reich beendet. Die aufgestellten Lohnforderungen sind' von allenMeistern und Ladengeschäftsinhabern gutgeheißen worden bis aufeine einzige Ausnahme. Das Haupt der Antisemiten, derSchneidermeister Stumpf, verhandelt nicht mit seinen Arbeitern.Daß die Schneider so schnell am Ziele ihrer Wünsche waren, haben