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Sozialdemokrat

13. Jahrgang.

in d. Deutschen ſozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

Redaktion u. Verwaltung: Brag II, Relásanta 18 Zelepb.: 26795, 31469, actredakt.( ab 21 1tor): 33858 Boihedami: 57544

Freitag, 10. März 1933

Auch Bayern   unter der Knute!

General von Epp übernimmt die Polizeigewalt.

Berlin  , 9. März. Amtlich wird bekanntgegeben: Mit Rücksicht auf dic Beunruhigung(!) der bayrischen Bevölkerung und mit Rücksicht darauf, daß die weitere Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Bayern  nicht gewährleistet war, hat die Reichsregierung von dem§ 2 der Verordnung des Reichspräsidenten   vom 28. Feber 1933 zum Schutze von Bolf und Staat Ge­rauch gemacht und die Befugnisse der obersten Landesbehörde sowie sie die Er­haltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zum Gegen stand haben, übernommen und sie dem Generalleutnant a. D. Ritter v. Epp übertragen.

Den ganzen Nachmittag über hatte der bayrische Ministerrat getagt. Die Regierung hatte sich mit dem Gedanken getragen, von sich aus den General von Epp zum Generalstaatskommissär zu ernennen, um seiner Einsetzung als Reichskommiffär zuverafommen. In einem amtlichen Bericht über den Minister­rat wird lediglich zugegeben, daß sich die bayrische Regierung in dieser Frage mit dem Reichspräsidenten und mit der Reichsregierung in Verbindung gesetzt habe.

Gegen abend hatte sich auf dem Marienplatz in München   eine große Men­schenmenge angesammelt und sah der Sissung der Hafenfreuflagge auf dem Rathaus zu. Mittags war die Flagge bereits auf dem Marienplat gehißt worden.

Der bayrische Landtagspräsident hat über Ersuchen der bayrischen Regierung den Landtag telegraphisch für Samstag zu einer Sigung einberufen, in der die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten vorgenommen werden soll.

Landtag und Zentralorgan der

bayrischen Volkspartei von SA.   besetzt!

Kurz vor acht Uhr erschien ein SS- Führer im bayrischen Landtage, der den Direktor des Landtagsamtes unter Hinweis auf die Bestellung des Generals von Epp zum Kommissar des Rei ches für die bayrische Polizei mitteilte, die SA  werde in furzem das Landtagsgebäude besehen.

Im Anschluß an die Hissung der Haken treuzfahne auf dem Rathausturm wurde von nationalsozialistischer Seite verkündet, General bou Epp habe als Kommissar des Reiches die Polizeigewalt übernommen und Reichs SS. Führer Himmler  , Mitglied des Reichstages, zum Leiter der Polizeidirektion München bestellt. Oberbürgermeister Scharnagl habe das Rathaus berlassen. Im Uebrigen ist das Verlagsgebäude des Bayrischen Couriers", des Zen­tralorgans der bayrischen Volkspartei, von SA  und SS besett work en.

Auch die sozialdemokratische Münchener Post" ist von SS  - und SA- Abteilung besetzt worden. Ob die beiden Zeitungen werden erschei­nen tönnen, ist im Augenblick nicht zu ermitteln.

Vergebliche Proteste.

Nr. 59.

So geht es nicht!

Vor allem zwei Zitate. Am Mittwoch schrieb der Reichenberger ,, Vorwärts" unter anderen nichtswürdigen Beschimpfungen der Für jeden SA.- Mann, der vom Sozialdemokratie: Noch niemals hat sich so heutigen Tage ermordet wird, flar wie in diesem Wahlkampfe gezeigt, daß müssen drei Kommunisten mit die Sozialdemokratie die soziale dem Tode büßen!" Hauptstütze der Bourgeoisie ist

Die Bewaffnung der SA. durchgeführt.

" Am Tage darauf bringt derselbe ,, Vor­märts" einen Artikel, in dem er den Eindruc zu erwecken sucht, daß er für die Herstellung Seit heute Nacht ist in Sachsen  , vornehm der Kampfeseinheit zwischen Sozialdemokra­lich in Dresden  , die Bewaffnung der gesamten ten und Kommunisten eintritt und den er SA.- Mannschaft durchgeführt. Das Stadtbild überschreibt: ,, Die vereinigte und Dresdens   ist ausgefüllt von einzelnen SA.  - kämpfende Arbeiterschaft Personen und Trupps, die alle militärisch be- nichtet alle Hitler der Welt!" Wie? waffnet sind. An der deutsch  - tschechischen Grenze Mit derselben Sozialdemokratie, die als die sieht man bei den wichtigsten Grenzübergängen soziale Hauptstüße der Bourgeoisie bezeichnet neben regulären Grenzwachorganen bewaffnete wird, will die kommunistische Partei gegen junge SA.- Leute. Die Zahl der als Hilspolizei den Fascismus kämpfen? Und er hält dafür, in den Dienst gestellten bewaffneten SA.- Leute

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beträgt ein Vielfaches der regulären Polizei. Die daß just erst in dem Momente, wo übrigen mehrere Hunderttausend zählenden tafer- mit dieser verräterischen und korrupten So­nierten SA.- Leute sind gleichfalls bewaffnet. zialdemokratie" wie er an anderer Stelle unsere Partei zu bezeichnen beliebt Spontaner Streik in Dresden   beitliche Kampffront geschlossen wird ,,, alle Ein Teil der Dresdner   Arbeiter hat heute Sitler der Welt" vernichtet werden können? früh als Antwort auf die unerhört brutalen Das kommunistische Hauptorgan verstrict sich Vorgänge, die sich bei der Plünderung des Volls selber in die Neße, mit denen es unter den im hanses abspielten, mit der Niederlegung der Ar- jozialdemokratischen Lager stehenden Arbeitern beit geantwortet. Ob es der Regierung gelingen auf Seelenfang ausgeht. Diejenigen unter den wird, den SA.- Terror zu brechen und damit eine fommunistischen Anhängern, die sich Streitgefahr von ungewöhnlichem Ausmaße ab- einen Funken Logit bewahrt haben, müßten zuwenden, muß zunächst abgewartet werden. Wird die SA   zurück­gepfiffen?

sich fragen: für wie dumm hält man uns? Entweder ist die Sozialdemokratie wirklich die soziale Hauptstüße der Bourgeoisie, wie fattit man uns dann zumuten, mit ihr als Bundes­genossen zu kämpfen? Oder die Sozialdemo fratie ist für den revolutionären Kampf doch ein wertvoller Partner und nur mit ihr ver­einigt werden wir imstande sein ,,, alle Hitler

Der Reichsinnenminister hat nach bisher unwidersprochenen Nachrichten auf Grund des § 2 der Verordnung vom 28. Feber 1933 die Polizeibefugnisse der Obersten Landesbehörden in Bayern   an General von Epp übertragen. In Bayern   fehlen die Voraussetzungen zur Anwendung dieser Verordnung vollkommen, Der gestern zum Reichskommissar für die weil Ruhe und Ordnung und Bekämpfung staatliche Polizei eingefeßte Nationalsozialist Kils lommunistscher Ausschreitungen mit den staat- linger überdies einer der Beteiligten an der lichen Machtmitteln zweifellos gesichert waren. Ermordung Erzbergers hat sein Amt be­Namens des Gesamtministeriums erhebe ich reits angetreten. Die Folge ist, daß die SA.- Ban- der Welt" zu vernichten warum hat man gegen die Verordnung des Herrn Reichsinnen- den in der Stadt hemmungslos wüten. uns dann viele Jahre hindurch über den wah­ministers den schärfsten Einspruch." Bereits gestern verlangte die SA. von den Schupobeamten, daß sie die Hakenkreuzler dienst- ren Charakter der Sozialdemokratie belogen lich zuerst grüßen!

Um 20 Uhr 30 find starte Abteilungen von S. und SS. vor dem Ministerium, vor dem Landtag und der Polizeidirektion München er­schienen, um die Gebäude in Besiß zu nehmen.

Auch Württemberg und Baden haben tele­graphisch gegen die Einsegung von Staatskom missären protestiert.

*

General von Epp war nach dem Krieg Mit glied der bayrischen Volkspartei; 1924 wurde er zum Nachfolger des Ministerpräsidenten von Stahr vorgeschlagen; er galt auch einige Zeit als präjuntiver Staatspräsident. Im Jahre 1928 an den ließ sich Epp jedoch von den Nationalsozialisten Reichskanzler Adolf Hitler   folgendes Telegramm für den Reichstag kandidieren; er wurde für den Wahlkreis Franfen gewählt.

Ministerpräsident Dr. Held hat

gerichtet:

Dresden   unter dem SA- Terror.

Streik in Dresden  .

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Heute erläßt Killinger einen Ausruf, in dem er zuerst den SA. und SS.   dankt(!), soweit sie es von sich aus für notwendig gehalten hätten, in Verwaltung, Polizei und Verkehr ein­zugreifen". Die von den SA. getroffenen vor­beugenden Maßnahmen seien jedoch durch den ihm gewordenen Auftrag hinfällig. In Zu­funft müsse es ihm überlassen bleiben, alle not­wendigen Maßnahmen und Eingriffe anzuord nen und durchzuführen. Alle von der SA. und S. getroffenen Maßnahmen, sowei sie nicht von ihm gebilligt und aufrecht erhalten werden, feien deshalb aufzuheben. Er erwarte von der Disziplin der SA., daß sie allen seinen Befehlen pünftlich nachfomnte.

und betrogen?

In einem Bunft allerdings sagt der Vorwärts" die Wahrheit. Die Feststellung, daß die vereinigte und kämpfende Arbeiter­schaft instande wäre, alle Hitler der Welt zu vernichten, wird auch jeder von uns unter schreiben. Noch mehr: es gäbe überhaupt kei­nen Fascismus, wenn es stets eine vereinigte Arbeiterbewegung gegeben hätte! Wie konnte der Einfluß der Nationalsozialisten in Deutsch­ land   ein so großer werden, daß er zum Siege des Fascismus führte? Die Nationalsozialisten sind eine Partei, die Marriſten" aber wei, und sie waren zwölf Jahre hindurch nicht einfach zwei proletarische Parteien, die neben einander marschierten, sondern die Kom­KPD- Abgeordnete im munisten jaben seit jeher die ihnen vorgeschrie­sächsischen Landtag verhaftet. bene Aufgabe darin, die Sozialdemokratie als Dresden  , 9. März.( Eigenbericht.) Der den ,, Hauptfeind" zu bekämpfen. Das Bürger­Aeltestenrat des sächsischen Landtages trat Don- tum war in einem geivissen Schwächezustand, Prag  , 9. März. Messebesucher, die aus Leip-| unter dem Kommando ordentlicher Polizei stehen. nerstag, den 9. März Vormittag zusammen. solange es in viele Parteien zersplittert war. zig kommen und sich in Dresden   aufgehalten Die SA. beherrscht nach dem Eindruck, den jeder Sämtliche Fraktionen außer den Kommunisten In dieser Zeit konnten ihm Konzessionen an haben, berichten heute über den Eindruck voll- Besucher Dresdens   gewinnen muß, die Lage. waren vertreten. Die KPD  - Abgeordneten waren das arbeitende Volt abgerungen werden, das ständiger Anarchie, die in Dresden   herrscht. Auf den Dächern des Verwaltungsgebäudes der im Landtag verhaftet worden. Der Präsident des waren die sozialen Errungenschaften", für Leben und Eigentum von Funktionären der Dresdner Volkszeitung" und des Gewerkschafts- Bandtages hatte dagegen schärfften Proteft er- deren Erhaltung und Bewahrung zu kämpfen Arbeiterbewegung, Anhängern demokratischer hauses stehen SA.- Leute in friegsmäßiger Aus- hoben, da ihm allein die Polizeigewalt im Land Parteien, Ausländern und den A- Leuten mig rüstung mit Stahlhelm und schußbereiten Ge- tag zusteht, worauf ein Striminalkommissär dem sogar die kommunistische Partei gemäß der liebigen Bersonen ist in höchstem Maße gefährwehren, die jeden Passanten, der sich diesen Ob- Landtagspräsidenten erklärte, das gehe ihn nichts neueren ihr zuteil gewordenen Weisungen als det. SA.  - Truppen versuchten in den letzten Näch- ie'ten nähern will, am Leben bedrohen. Die in- an, die KPD  - Abgeordneten würden verhaftet. notwendig erklärt. Seitdem sich das Bürger­ten in Privatwohnungen einzudringen und Boli- nerhalb der Grundstücke des Dresdner   Volkshau- Landtagsabgeordneter Böchl hat darauf hinge- tum mit seiner Gefolgschaft in der Nazipartei tiker und Journalisten aus den Betten zu holen. ses befindlichen privaten Werkstätten und Woh- wiesen, daß noch am Montag die Regierung er gesammelt hat, ist es stark geworden und seine klärt habe, die Immunität der Landtagsabgeord Macht stieg in dem gleichen Maße, in dem sich neten werde geschützt werden. Eine Landtags- der Bruderkampf innerhalb der Arbeiterklasse Die Polizei steht diesem wahnsinnigen Treiben nungen sind von der SA. gleichfalls besetzt.­der SA. untätig gegenüber, worin sich die Macht­Das Turner- Kreisheim des Atus in Dres- fißung fand in Dresden   insolange nicht statt, als verschärfte und daß er immer schärfere Formen losigkeit des regulären Ordnungsdienstes offen- den- Partstraße wurde von SA.- Leuten de mo- der Landtag unter dem Drucke von außen steht. annahm, dafür wurde von Moskau   ausgiebig Bei der Plünderung und Zerstörung der ert; in das zerstörte Heim wurde SA. ein- Im Landtag ist es auch zu Einbrüchen ge- annahm, dafür wurde von Moskau   ausgiebig Dresdner   Volksbuchhandlung Kaden u. Co. und quartiert. Die Konsumvereinsfiliale in der  - lommen. Aus einem Fraktionszimmer, in des- gesorgt, das eine Führergarnitur nach der an­der Druckerei der Dresdner   Volkszeitung und der Druckerei der Dresdner   Volkszeitung und nigsbrückenstraße wurde vollkommen zer- sen Eingangstür die Glasoberlichte zertrümmert deren absägte, wenn sie in der Bekämpfung des Volkshauses zeigte sich diese Tatsache beson- stört, Waren und Kleider auf die Straße ge- war, sind Krägen, Taschentücher, Strümpfe und der Sozialdemokratie Lauheit an den Tag bracht und an SA. und mit ihr Sympathisierende Aften gestohlen worden. Die Täter wurden nicht legten. Das geschah ungeachtet aller Gefah= ders scharf. Während die SA. Leute die Blün verteilt. Auch die Konsumvereinsfiliale in der eruiert. Da sich aber vor dem Landtagsgebäude derungen vornahmen, hatte die Polizei die um- Rosengasse wurde besett, ebenso das Jugendheim Polizeibeamte mit Karabinern befanden und im ren, die von der Weltreaktion drohten so liegenden Straßen abgesperrt, so daß eine Gegen in der Oppeltstraße, dessen Einrichtung völlig landtagsgebäude A und aus dieser rekrutierte lange, bis die blutbefleckte Faust des Fascis­Silfspolizeimannschaft, ist es nicht schiver, auf im fundgebung der Arbeiter, die ihr Eigenfim be­Gebäude anwesende Zäter entsprechende Schlüffe mus in Deutschland  , begünstigt durch die droht saben, unmöglich war. Die Polizei ging zu ziehen. In der Geschichte des sächsischen Land Schwäche der Arbeiterbewegung, das Profeta­teilweise mit aufgepflanzten Bajonetten gegen tages werden diese Vorgänge als beispiellos riat an der Gurgel faßte. Buchstäblich bis zum letzten Tage. Solange noch die ge­

bart.

demoliert wurde.

Der Freiheitskampf", das Dresdener Or die Arbeiter vor, ganze Straßenzeilen sind von gon der Hakenkreuzler, bringt heute auf der ersten SA.- Leuten abgesperrt worden, die nicht mehr Seite folgende Meldung:

bezeichnet.

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