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Sozialdemokrat

Jentralorgan d. Deutschen ſozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik.

13. Jahrgang.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Mittwoch, 15 März 1933

Nr. 63.

Kritischer Tag für Oesterreich. Kampf der Krise!

Regierung will Parlamentstagung gewaltsam verhindern.

Die Arbeiterschaft kampfentschlossen.

Wien , 14. März.( Eigenbericht.) Oesterreich steht im wahren Sinn des Wortes am Bor­abend einer endgültigen Entscheidung. Alle Verhandlungen zur friedlichen Beilegung des Kon­fliktes sind gescheitert. Die Regierung deutet an, daß sie die Absicht hat, die morgige Sigung bes Nationalrates mit Gewalt zu verhindern.

Dies ist für die Arbeiterschaft der Auftakt zum offenen Konflikt mit allen dienlichen Mitteln.

Besondere Erregung beute im nieder-[ Waffen von Italien nach Ungarn befördert; an österreichischen Landtag die Enthüllung des natio- der ungarischen Grenze stünden 10.000 Ungarn , nalsozialistischen Landtagsabgeordneten Leo- in Heimwehruniformen verkleidet, bereit, um im pold verursacht. Ernstfall in Desterreich einzumarschieren und den Dieser erklärte, genaue Informationen dar- Butsch zu unterstützen. Leopold erklärte ferner, über zu haben, daß die Heimwehr seit einem daß Jugoslawien mit Rüdsicht auf diese Butsch halben Jahr alle Vorbereitungen zu einem vorbereitungen 40.000 Reservisten einberufen monarchistischen Putsch trifft. Am Sem habe. mering fam der Erzherzog Leo mit österrei Die Christlichsozialen gerieten über diese chischen Politikern zusammen und habe über den Enthüllungen in ungeheuere Aufregung und Butsch verhandelt. Es würden noch weiter täglich schrien ununterbrochen: Hochverräterbande! Es sicht tatsächlich so aus, als ob der morgige Tag für das Schicksal der österreichischen Arbeiterschaft und der österreichischen Republif entscheidende Bedeutung hätte!

Zwei Regierungsvorlagen: " Anleihe der Arbeit."- Zinsfußherabsetzung.

Die Regierung hat dem Parlament gestern zwei außerordentlich wichtige Gesetzentwürfe unterbreitet, die den Zweck haben, die Arbeits­

Leipzig unter der Hunnen- losigkeit einzudämmen. Die eine Vorlage ermäch­geisel.

tigt die Regierung zur Aufnahme einer Investi­tionsanleihe, der sogenannten„ Anleihe der Ar­Leipzig, am 14. März 1933.( Eigenbe beit", während durch die andere eine allgemeine richt.) Am Donnerstag ist das Gebäude der Leipziger Volkszeitung von SA besetzt worden. Herabsetzung des Zinsfuzes teils durchgeführt, Vor dem Hause stehen die Doppelposten, mit teils angebahnt wird. Gewehr und aufgepflanzten Seitengewehr be- Der hohe Zinsfuß, der in der Tschecho­waffnet. Wer nicht rasch genug weitergeht, be- slowakei herrscht, ist einer der Umstände, welche kommt die Kolben oder die Gummiknüppel zu einer Belebung der Wirtschaft entgegenstehen. Zu spüren. Aus den Fenstern hängt ein großes je niedrigerem Zinsfuß Geld zu haben ist, desto Transparent Lefet die Leipziger Tageszeitung", größer der Anreiz, sich das Geld auszuborgen und das ist die Nazizeitung. Seit Sonnabend geben in der Produktion zu verwenden. Je niedriger wieder die Rotationsmaschinen. Man druckt die der Zinsfuß, desto cher tann also eine Belebung Nazizeitung auf unseren Maschinen, auf unserem der Produktion eintreten. Diesem Zwed, den Papier und mit unserer Farbe. Ununterbrochen hohen Zinsfuß herabzusetzen, diente schon das tommen Lastautos und holen die Zeitungspakete Gesetz gegen den unfauteren Wettbewerb der Kre­ab. Bücher, Broschüren und Mobilar werden auf bitinstitute, das es möglich macht, Beschlüssen des den Messeplatz gefahren und dort unter Geschrei Geldbeirats auf Serabjeßung des Zinsfuzes durch und Gejohle hysterischer Raziweiber verbrannt. Zustimmung der Regierung Gefeßeskraft zu ber­Auch der Stolz der Leipziger Arbeiterschaft, leihen. Nun wird in dem vorliegenden Gesetz der das herrliche große Voltshaus ist seit Donners Weg beschritten, dem Geldbeirat die Möglichkeit tag besetzt. Frith fam die Polizei mit mehreren zu geben, den Zinsfuß allgemein herabzut­großen Ueberfallwagen und durchsuchte das sehen, indem zweierlei vorgesehen wird, nämlich Haus erfolglos nach Waffen. Nachmittags fam die herabsehung des Zinsfuzes der mit flingendem Spiel die SA und nahm das fest verzinslichen Werte.. Bei den Volkshaus in Bests. Vont Turm, der die ganze Staatspapieren wird der Zinsfuß dadurch herab­Umgebung überragt, weht die Mörderfahne mit gesetzt, daß der Gläubiger dem Schuldner( näm­Der Redakteur der Chemnitzer„ Bolts- rich und der Bertrauensmann ofale ber dem Safenkreuz. Nachts ist das Riefengebäude lich dem Staat) von den Zinsen, die er empfängt, stimme" und Landtagsabgeordnete Genolie Stari haftet. Die Hakenkreuzfahne wurde gehißt, fo- bon oben bis unten beleuchtet, auch die Fassa eine Stuponsteuer entrichten muß, die 16% Bro­Böchel, Chemnitz , wurde am Donnerstag im dann gingen die Mordbrennerbuben daran, die denbeleuchtung brennt. Besoffene A- Leute lüm- zent der Zinsen beträgt. Dadurch wird also der 3insfuß um ein Sechstel herabge­Landtag von SA.- Leuten schwer mißhandelt und gesamten Schriften, Kartotheken, ja selbst die meln in den Fenstern und gröhlen ihre Mord- zent der Zinsen beträgt. Dadurch wird also der auf der Straße vor dem Landtagsgebäude nieder- Bücher der Bibliotheken sämtlicher Arbeiterorga Lastautos zum Messeplay, wo wertvolle Gin- et. Bei den festverzinslichen Papieren( Pfand­geschlagen. Ais Genossen das Sanitätsauto zum nisationen auf ein Auto zu verladen und auf den Abtransport in das Krankenhaus tommen ließen, Marktplatz zu fahren, wo sie von rührigen Bu- haus untergebrachte wertvolle Zentralbibliothet, lassen. Hypothekarschuldner und Selbstverwal­richtungsstücke verbrannt werden. Die im Bolks dem Schuldner ein Sechſtel der Zinsen direkt er­verhinderten dies diese entmenschten Bestien mit benhänden aufgeschichtet und dann angezur sowie die zum Teil unersetzliche Schönlant- tungstörper zahlen also um 16% Prozent Zinsen ben Rufen:„ Laßt ihn lieber auf der det wurden. Material, Statiſtiken und Bücher Bücherei find bereits zum größten Teil vernich weniger und ebenso erhalten die Beſißer von vernichtungskörper Straße berreden, als im Kranten im Werte von Tausenden von Mart, die sich die tet. Auch die Arbeiter- Turn- und Sportfäle, sowie weniger und ebenso erhalten die Besißer von ha u s!" Wie uns mitgeteilt wurde, ist Genosse Arbeiterschaft in langen Jahrzehnten erspart verschiedene Vereinshäuser der Arbeiterschaft sind Pfandbriefen und Kommunalschuldverschreibun­hatte, wurden hier grundlos vernichtet. Mit lan- von dem SA- Gesindel besetzt. Die Polizei sieht gen um 16 Prozent Zinsen weniger. Die Her­

Die Bestien des Herrn Göring.

Der politische Redakteur der Chemnitzer ,, Volksstimme" erschlagen.

Böchel seinen schweren Verlegungen erlegen. Gewerkschaliseigentum

vernichtet.

Dic Hunnen in Sachsen .

Hexenieuer in Ottendor].

lieder. Dauernd fahren auch von hier aus die

Ein lumpiger SA- Schwindel.

absetzung des Zinsfußes der Staatspapiere und festverzinslichen Werte wird nun dem Geldbeirat die Möglichkeit geben, den Zinsfuß bei den Ban fen allgemein herabzusehen. Die Regierung wird dann diese Beschlüsse durchsetzen.

gen Stangen wurden von zwei Braunhemden, die überall tatenlos oder schmunzelnd zu. brennenden Bücher immer wieder umgestoßen, damit auch nicht ein Buch der Vernichtung ent Unmenschliche Quälereien gehe. Während manch altem ergrautem Genossen politischer Gefangener. die Tränen in den Augen standen, entblödeten Man schreibt uns: Zufällig wurde ich Zeuge eines seltenen, sich einige hysterische Bürgersfrauen nicht, laut Bad Schandau , 14. März. Jn Pirna wer Gleichzeitig mit der Herabsetzung des Zins­leider aber traurigen, die ganze Verkommenheit aufzujubeln und es fehlte nur noch, daß sie gleich den in einer stillgelegten Fabrit 46 Personen fußes nimmt die Regierung die Bekämpfung der der fascistischen Bewegung fennzeichnenden den wilden Völkerstämmen einen Freudentanz von der SA festgehalten. Sie müssen auf Stroh Arbeitslosigkeit durch eine Investitionsan­Schauspieles, welches an die Herenverbrennun- aufführten. Troßdem gab es aber auch Bürger ohne Decken schlafen; für alle ist ein einziges leibe in Angriff, welche den Namen„ Anleihe gen im Mittelalter erinnerte. Donnerstag, den liche, welchen bei diesem Schauspiel ein Grausen Handtuch vorhanden. Für ihre Gefundheit be- der Arbeit" trägt. Diese Anleihe wird nun mit allen möglichen Reizmitteln versehen, da 9. März 1933, gegen 4 Uhr nachmittags, wurde überfam. Die Arbeiterschaft aber, die jetzt zusehn steht die schwerste Gefahr! bont Im Keller der der SA besetzten mit ein wirklicher Erfolg erzielt wird. Solcher in dem angrenzenden Sebniß das Gewerk muß, wie ihr mühsam erbautes Werk jest finn­schaftshaus von den Braunhemden besetzt, sodann los vernichtet wird, wird diese Dinge nie ver- Dresdener Volkszeitung" werden 50 Personen, Reizmittel gibt es im ganzen vier, nämlich die nachts aus den Betten geholt wurden, ge- erstens: Wer Anleihe der Arbeit" zeichnet, er­die Gewerkschaftsfunktionäre& a min sky, Ditt gessen. fangen gehalten. Dieser Keller diente einmal hält einen Nachlaß bei der Bezahlung älterer als Papiermagazin. Ein Peuge sah. wie vier Steuerrückstände aus den Jahren bis 1930, und Gefangene mit über den Krpf gebundenen Sän zwar in der Höhe von 25 Prozent. Den Rest, den herausgeführt und weggeschafft wurden. nämlich 75 Prozent, muß er zur Hälfte in barem, zur Hälfte in alten Staatspapieren bezahlen. Ant Anleihe der Arbeit" muß er allerdings 40 Prozent Plauen , 14. März. Das Dresdener Volks- der Steuerrückstände zeichnen. Wenn z. B. je­wurde von den nationalen Vagabunden be. baus wurde am Sonntag von der SA zur mand 2000 K an Steuern bis zum Jahre 1930 öffentlichen Besichtigung freigegeben. In den schuldig ist, zeichnet er 800 K, Anleihe der Ar­droht. Im Gasthof zum schwarzen Roß hatten Gewerkschaftsbüros befanden sich regelrechte beit", bezahlen muß er aber von den 2000 K nus die Arbeiterorganisationen ihre Unterkunfts­stätten, Einrichtungen, Fahnen und sonstiges Ausstellungen. Die SA hatte Klubieffel, 1500 K, und zwar 750 K bar und 750 K in aften Material wurden auf den Hof gebracht und Diwans und Teppiche herbeigeschafft: auf den Staatspapieren. Das hat den Zwed, wenigstens verbrannt. Die gefesselten Sozialdemokraten Tischen standen sechs Flaschen; das sollte zeigen, einen Teil dieser Steuerrüdstände mußten unter dem Freudengeheul der A. wie üppig die Gewerkschaftsangestellten gelebt rasch bereinzubringen und das den hätten. Staat hemmende Kassendefizit zu besei­über das Feuer springen. Nach dieser Proze­Tausende von Gewerkschaftern, die durchtigen. Zugleich wird ein Teil der alten Steuer­dur mußten die gefesselten Sozialdemokraten zwangsweise Rizinusöl trinken( das Rizi Jahre und oft täglich diese Büros besucht hat schulden amortisiert. Zweitens: Wenn ie­nusöl war von den SA- Leuten in Blechten, wissen genau, wie diese Büros in Wirk- mand die neue Anleihe zum Seurs von 105 fauft. fanistern mitgebracht worden). Unter anhal- lichkeit ausgesehen haben und was die SA durch erhält er eine Amnestie für das, was er 1932 diese hereingeschleppten Ausstellungsstücke den nicht fatiert hat. Drittens: Ein weiterer tenden Schlägen mit Gummiknüppeln, die zu Besuchern vorzufügen sucht. Jedes Kind weiß, Vorteil besteht bei Erbschaften. Wenn im Nach­diesem Zweck noch mit Draht umwickelt waren, mußten die gefesselten Sozialdemokraten so daß die Gewerkschaften kein Luderleben führen lasse eines Erblassers Arbeitsanleihe vorhanden ist, wird diese von der Erbschaftssteuer befreit, lange über das Feuer pringen, bis sie er­schöpft am Boden liegen blieben. Die Reichsbanner- Verbote soweit die Anleihefumme die Höhe der Erb­schaftssteuer nicht übersteigt. Viertens: Bei Nach zuverlässigen Mitteilungen ist diese Auf Grund der Verordnung des Reichspräsi- der Verlosung der Anleihe erhält der Besizer schlossen vorgefunden wurden wurden gewalt- SA- Straf- Expedition zur Zeit im Rittergut denten zum Schutz von Volk und Staat" ist das der„ Anleihe der Arbeit" eine Prämie von zehn lam aufgebrochen, Türen und Fenſter Medingen untergebracht. Es steht zu befürchten, Reich's banner Schwarz- Rot- Gold" eingeschlagen, die Wohnungseinrichtungen ver- daß in den nächsten Tagen andere Orte in verboten in: Bayern , Sachsen , Braun der nächsten Umgebung von Ottendorf unter den ich weig und Thüringen . Sozialdemokraten, die man in den Wohnun- feichen Terror gesetzt werden sollen. gen vorfand, wurden gefesselt auf den Plak vor dem Gasthof Zum schwa.zen Reß ge führt, selbst der nationale Bürgermeister

Ketten und Rizinusöl für Sozialdemokraten. Bad Schandau. ( Eigenbericht.) Otten­dorf ist eine Gemeinde in der Nähe von Dres­ den mit etwa 5000 Einwohnern. Die Sozial­demokraten haben in Ottendorf 10 von 17 Ge­meindeverordneten. Der Ort ist also start links orientiert. Am 10. März sollte dort auf dem Rathaus die Hakenkreuzfahne gehißt werden. Ja Laftkraftwagen der staatlichen Krajt wagenverwaltung wurden starte national­sozialistische Truppen in einer Stärke von etwa 1000 Mann nach Ottendorf gebracht, unter Führung des Landtagsabgeordneten Dr. Bennecke.

Der Ort wurde von den Erneuerern Deutsch­ lands umstellt. Daraufhin drangen starke Trupps in die Wohnungen der friedlichen Bevölkerung, vor allem in die Wohnungen der führenden Sozialdemokraten ein. Wohnungen, die ver­

wüstet.

Wie lange will das gesittete Deutschland , wie lange will die Welt dieser Kultur­schande noch zusehen?

fönnen wie etwa die SA!

Prozent. Die Verlosung beginnt im Jahr 1935. Fünftens: Von der Arbeitsanleihe wird

feine Ruponsteuer eingehoben. Verboten ist in diesen Ländern zugleich Die Juvestitionsanleihe selbst wird Ber das Tragen von Abzeichen jeder Art, die wendung finden für Investitionsarbeiten. Anlei die Zugehörigkeit zum Reichsbanner und zur hen für staatliche Fonds und Anleiben für Eisernen Front erkennen lassen. Selbstverwaltungskörper. Es ist ein Mindest­