Nr. 65 Freitag, 17. Mör, 1833 Seite 7 Brandstifter van Lubbe vor dem Sondergericht. Eine Satire, die Wahrheit sein könnte. C weiser, o gerechter Richter! Das Kreis-! 8 e r ich t Eger verurteilte«inen Mann zu s i e- k. be n Tagen Gefängnis, weil er verges­sen halte, beim Abmeidcn seiner Rodiokonzes-- ! sion auch seine Dachantenne herunier- zunehmen. Dieses Urteil wurde gefallt, ob­wohl der Bckrefftnde nachwies, daß er schon i~ seit Wochen keinen Rundfunk emp- s fange, da er seinen Apparat nicht mehr ' besitze. In der Urteilsbegründung stellte das Gericht fest, daß der Rundfunkempfang für die Beurteilung des Falles nicht ausschlaggebend sei, sondern daß es genügt, daß der Angeklagte di« Antenne, also eine EmpfangLvorrichtung, beibe­halten ha t.(PR.) Nordisch-arisch« Edelmensch«». Bei den sonn- ' tägigen Wahlen für di« Provinziallandtage ver­zeichnet« die Kandidatenliste der Nazi für Obcrschlesien unter acht ausgestellten Kan­didaten folgende fünf Namen: Adamczyk Josef. Slawi k Johannes, Gregorzek August. Fillusch Aiax, Haw«Ilek Alfred... i Wie man sieht, lauter nordisch-arische Edelmen­schen. deren Altvorderen, darüber kann keinerlei Zweifel bestehen, im Teutoburger Wald bestimmt mit dabei gewesen sind. 3VV.VVV Personen in Europa leben vom Rundfunk. In ganz Europa verdanken heute un­gefähr 300.000 Menschen dem Rundfunk direkt oder indirekt ihr Brot. Mit den Familien wären diese in der Lag«, zwei Städte zu besiedeln, deren sede fast die Größe Prags hätte. Man ersieht aus di.-'en Ziffern, tvelchen ungeheuren wirtschaft- ' lichsn Wert der Rundfunk bereits erlangt bat. Berechnen wir das monatliche Einkommen eines solchen Angestellten nur mit 1000 X, so sehen wir, daß in einem Jahre bei 3 000.000.000 X nur für Löhne und Gehälter ausbczahlt werden.(PR.) Dieb« im Haus. T«r Galanteriewaren­händler B. Lesterrricher in Igle» kam nach einer anonymen Anzeig« darauf, daß in seinem Geschäft« in der letzten Zeit Waren im Wert« von 44.000 X entwendet wurden. Die Diebstähle ver­übten sein« Kommis, der 21fähr:g« Viktor Zimmer- mann, derzeit Soldat bei d«r Artilleri«, und der 10jährige äosei Urban, welche den im Laden kaufenden Slowaken Diebstähle er­möglichten, wofür sie Provision erhielten. Außer­dem gaben sie Waren direkt in di« im Haus« auf­bewahrten Körbe. Ein Slowake bezahlte an Pro­vision«» für ein Vierteljahr 8000 X. Di« beiden Kommis wurden verhaktet. Desgleichen wurden der ; Rjährige Hausmeister Josef Fiala, der bei den Dieb­stählen behilflich war, ferner di« beiden Slowaken Bdlik und Bazala verhaftet. Nach weiteren sechs . Slowaken wird gefahndet. Die Kommis Zimmer- mann und Urban kauften sich nur Luxusgegenstände, wie«in Radio um 4000 K.«in Motorrad . Einer von ihnen hatte 3030 X in der Sparkasse. Von den gestohlenen Gegenständen'wurden noch Waren für einige tausend Kronen beschlagnahmt. Kuriose weit. Don Ernst Heinrich Lchrcnzel. Nachdruck auch mit Quellenangabe verboten! In der China -Abteilung der Dresdner Staatlichen Porzellansammlugn bleibt mein Blick auf einem wundervollen kleinen Gegenstand ruhen: von einer länglichen, flachen Taste heben sich zwei Kugeln aus zartem Netzwerk, deren jede auf dem Gipfel eine kleine plastische Blume als Teckelgriff trägt. Dünn und schimmernd ist das Porzellan in seiner Transparenz wie von innen erhellt, das Netzwerk zierlich und fein, leuchtend weiß die ungefärbte Tonerde, strahlend purpurrot die Unterglasurornamentik, von schim- meritdcnt Gold die reiche Uebergkasurzeichnung, die von der ticferliegenden Farbe durch die Glasschicht getrennt wie ein sonniger Hauch buchstäblich über dem Gegenstände zu schweben scheint. Das Ganze ein Zeuge erlesenen Ge- schmacks, hoher Kunstfertigkeit, alter Kultur. Wohl das Tintenfaß eines vornehmen Mannes! Nein die Tafel im Schaukasten weiß es besser:Grillenkäfige zur Gefangen­haltung von zu Kämpfen be- st i m m t e n Grillen,.Mingstil"- Malerei über und unter der Glasur Ende des 17. Jahrhunderts." Ich lese es, und alles scheint verwandelt. Wie? So viel Wissenschaft, so viel Kunst, so viel Tradition buchstäblichfür eine Grille?". Noch dazu für eine von unzweideutiger Grausamkeit? Wir haben wohl erst viel später als die Chinesen gelernt, Porzellan zu machen, aber--- aber? Ich kann dieses Aber nicht weit ausdenken, denn noch ehe eS vor dem Lichtstrahl meiner rück­schauenden Erinnerung weicht, der die römischen Gladiatoren m ihren goldenen Käfigen streift, die spanischen Stierkämpfer, die sich den Bauch anfschlitzen lassen angesichts des Pompes einer Nation, trifft mein Blick den Aufseher am Schau­kasten, der interessiert auf die Balkenlcttern seiner Zeitung sieht:Der Weltmeisterschaftskampf im Boren. 110.000 Zuschauer. Bier Millionen Dollar Einnahme. Das erste funkentclegraphisch übertragene Bild des neuen Weltmeisters." Siebzehntes Jahrhundert: jene chinesische Schrulle. Zwanzigstes Jahrhundert: Eisenbahn, Auto, Rotationspresse, Film, Radio der Welt­äther mobilisiert für einentrockenen Kinn- hakeit". Grillen, Grillen: Die Technik hat sich entwickelt, nicht der Mensch » Ruhr ist chinesisch, nicht Bewegung. Fest­halten an erworbener Kultur, nicht Streben nach neuer. Bewahren der eigenen Art, nicht Er- Auf Grund der letzten Notverordnung sub Nr. 3754 u vom 15. d. M. hat sich ein Sondergericht konstituiert zur Aburteilung Lüb­bes und Genossin. Goering : Vorsitzender, Goeb­ bels : öffentlicher Ankläger, und, damit di« Unparteilichkeit des Gerichts gewährleistet wird, Dr. Veilchenduft: Verteidiger. Auf dem mächti- g«n Eichentisch im großen SchwurgerichtSsaal in Moabit steht statt des üblichen Kruzifixes ein Hakenkreuz, statt der> Bibel 4 HitlersMein Kampf ", in SchiveinÄeder gebunden. Pan Lubbe zwischen zwei Hilfsschupos auf der Anklagebank, die vereinigten Marxisten in zwei mächtigen E i f e n k ä f i g« n, ein Geschenk Mussolinis an Hiller, anläßlich feiner Ergreifung der Macht. Goering : Angeklagter, treten Sie vor. Da das Gericht von der Annahme ausgeht, daß Sir nur der Vollstrecker der Schandtat waren, zu der Si« von den vereinigten marxistischen Mordbuben gedungen wurden, werden Si« zunächst, wie«s di« neue Verordnung vorschreibt, als Zeuge vernommen, und erst nachher als Angeklagter. Sie werden jetzt vereidigt. Heben Si« die flache Hand, und sprechen Si« mir die neue Eidesformel nach:Ich schwöre bei Hitler dem Allmächtigen und Allwis­senden die relativ st e Wahrheit zu sagen nichts zu verschweigen, was die marxistische Partei belasten und nichts hinzu­zufügen was di« herrschende Partei schädi­gen könnte so wahr mir der Vorsitzende helfe Heil!" Ban Lubbe schwört. Goering : Zeuge, erzählen Sie uns also Wahrheitsgetreu, was Sie über di«, der Brand­stiftung vorausgehenden Vorgänge wissen. Ban Lubbe: Es war am Nachmittag vor dem Brande, da bin ich durch die Fasanenstraße gegangen, weil ich Hunger gehabt habe, und wußte, daß da vor dem neuen Tempel immer dir Herren Juden Goering: Lassen Sie alle unnötigen Titu­laturen bei Seite Ban Lubbe: Juden herumstehen, dir man anbetteln kann. Bor der Synagoge stehen richtig neun Juden. Es waren lauter alte Männer mit weißen Bärten und Triefaugen Goebbels: Aha, di« Weisen aus Zion? Ban Lubbe: Ich wollte sie gerade anbetteln, da haben si« mich in di« Synagoge hineingezogen, und wie wir drin waren, hab ich große Angst gehabt! Ich dachte, si«-wollte» mir Blut abzapf«», weil doch bald Ostern kommt. Aber si« haben mich bloß gefragt, ob ich fünf Mark verdienen will, ich wäre doch arbeitslos, und auf einen großen gefüllten Sack voll alter Kleider in einer Ecke zeigend:Tragen Sie den ins Reichstags­ gebäude , und wenn Sie der Portier fragen sollte, was drin ist, sagen Sie:braune Hemden: dann läßt er Si« schon hinein." Wie ich dann dort eine Treppe hoch steige, da stehen oben eine Menge Kommunist« n, mit dicken Akten­taschen unter'm Arm Dr. Beilcheudnst: Wieso wußten Si« denn gleich, daß es Kommunisten waren? werben fremder. Ein ungeheures Symbol dieses Bewahrungswillens baute der Chinese um sein Reich: die große Mauer. Ein Symbol der Ruhe, der gehemmten, gebändigten Bewegung zwingt er seinem Körper auf: die künstlich bewirkte Ver­kümmerung und Verkrüppelung des Bewegungs­organes, des Fußes. So wird ein verklumptes Füßchen, das nicht mehr zum Schreiten, nur noch zum Trippeln taugt, zum Schönheitsideal eines Volkes. Tollste Tollheit der Mode. Närrischester Ein­fall, auS einem Defekt einen Effekt zu machen? O nein. Denn die Eingeborenen von Celebes lieben verkrüppelte Köpfe! Durchaus ingeniös konstru­ierte Wiegen müssen dort ähnliche Arbeit verrich­ten wie die Fußwickel und-pressen der Chinesen; eine Rolle und eine kunstvolle Verschnürung fesseln das kaum geborene Kind in dieKopf­preßwiege", jfbet Widerstand, den eS instinktiv leistet, wird urch die raffinierte Anlage der Schnurzüge zu einem Druck auf jene Form um- gewandelt, die sich über den noch weichen, bieg- samen Kindesschädel preßt, chn allmählich, aber unfehlbar nach dem gewünschten Modell bildend. Und dieModelle" sind ebenso vielfältig wie gräßlich. Zwischen diesen Grenzfällrn der den Körper vom Kopf bis zum Fuß" verbildeten Schmückungen" aber liegen die unzählbaren andern, die cs unter Menschen rund um unfern Planeten gab und gibt: Bemalung der Haut als Schmuck der primitiven Naturvölker, Tatauie- rungen, Brandmale, Narbenschmuck, künstliche Zahnlücken und Zahnfeilungen der Neger, orna­mentale Goldzierplomben der Inder; Ohren-, Nasen-, Lippenringe,: das Fleisch des Körpers durchschlagende Dornen, Pfähle, Platten aus Grä­ten, Holz, Bein, Muscheln, Metall in Ohren, Nasen,' Lippen, Zeugungsorganen ein Ge­spensterzug grausamblutigerKosmetik". Aber ein ferner wenigstens für den Kreis unsrer abendländischen Kultur! Wirklich so fern? Schnürbrust? Korsett? Ohrringe unsrer Frauen und Männer? Goering : Ich bitte den Herrn Verteidiger, den Zeugen nicht durch überflüssige Unter­brechungen zu verwirren! Goebbels : Immer die jüdische Frechheit! Dr. Veilchendust: Ich muß bitten, Goebbels : Kusch! Dr. Veilchendust:(verschwindet hinter dem Pult).- Ban Lubbe(fortfahrend): einer von den Männern hatte eine rote Weste Goering:(beugt sich zum Protokollführer herunter): Notieren Sie auf Merkzettel:Haft­befehl gegen Roda Roda , wenn gerade. in Berlin "! Weiter! Ban Lnbb«: Der ander« hatte eine rote Nase. Goering : Kurz lauter Kommuni­st« n! Wcit«r. Ban Lubbe: Die holten also aus ihren Taschen große Feueranzünder, so wie Hunde­kuchen, und sagten:Gehen Sie letzt«ine Tr«ppe höher, dort sind di« Sozialdemokraten, di« hab«n die ander« Mchojve" Goering : Schojre? Was ist denn das nu wieder? Dan Lnbb«: Das ist hebräisch Ware! Ban Lubbe(fortfahrend): Oben also stehen die Sozialdemokraten, geben mir jeder«in Paket Streichhölzer, zu zehn Schachteln daS Paket, und sagen:So, jetzt zünden Si« das Haus an! Aber vergessen Sie nicht, Ihren Paß immer bei sich zu haben!" Also ich mach' schnell acht­undzwanzig Brandherde, und zünde sie an das war schon ziemlich gegen Morgen. Di« letzte Tür hat nicht brennen wollen, weil ich die alten Kleider schon all« verbraucht habe, und da hab' ich die meinen ausgezogen und angezündet Goering : Wo haben Si« den Paß hingetan, wie Sie den Rock ausgezogen haben? Ban Lnbb«: In die Seitemaschc von meiner Weste. Goering : Und wi« Sie di« West« ausgezogen haben? Ban Lubbe: In die Hose. Goering : Also Ihre Aussagen genügen durchaus, die marxistischen Brand­stifter zu überführen. Nun Gerichtsdiener(hereinstürzend): Herr Dor» sitzeirder! Das Warenhaus Wertheim brennt! Goebbels (springt freudig auf): Also endlich! (Alles stürzt zur. Ausgangstür. Als^letzter, dreht sich Goering zu Lubbe um): Lubbe, Sie werden doch hier bleiben, bis wir zurück sind? Ban Lnbb«: Herr Vorsitzender, auf mein Ehrenwort! Goering (noch zögernd): Ihr Ehren­wort? Van Lubbe: Herr Vorsitzender, mein Ehren­wort ist mir heilig! so heilig, wie Ihnen das Ihrige! Nachdem alle, auch Goering , zur Türe hin­aus sind, zündet sich van Lubbe eine Zigarette an). Unus. (Schlußbericht folgt.) Nicht nur dies. Denn das Zeitungsblatt vor mir berichtet von einem hochstapclnden Friseur­gehilfen, der sich mit dem Rasiermesser prächtige Schmisse" ins Gesicht machte, um schneidiger und als Student zu gelten. Und so gewiß dieser kein Einzelfall ist, verlohnt sich die Annonce des amerikanischen Tatauierkünstlers, dernur zu kurzem Aufenthalt hier!"nach neuer Me­thode elektrisch, schmerzlos und in allen Farben" arbeitet und nicht nur von Matrosen und Sol­daten überlaufen wird. Freilich: seine Technik rst anders als die des Südseeinsulaners. Und auch von der Kopfpreßwiege ist ein weiter Schritt ais zu den heutigen kosmetischen Operationen: Stearineinspritzungen in die Nase zum Zwecke einer Umformung» oder einerseits durch operative Fettentfernung erzieltemoderne Linie" oder adelige Fessel", anderseits das Einpumpen von Luft in den Frauenbusen und das Aufsetzen von Kautschukspitzen auf denselben zum Zwecke Siner kurz befristeten Formkorrektur. Im Wesen aber wirken hier im modernen Europa wie dort in räumlich oder zeitlich weit entfernten Kultur­kreisen die gleichen Kräfte, wird der unbefangene Blick keinen Unterschied finden können zwischen den mit Ocker-, Rötel- und Hennaornamenten be­malten Schenkeln der Dorfschönen, die einst das Schift des Christophorus Columbus begrüßten, und jenen Americangirls von heute, die sich den gleichen Körperteil mit dem Porträt Charly Lindbergbs haben bemaletzr kaffen, der eben als erster Mensch über den Atlantik geflogen war. * Nach dem Geschmack, der bekanntlich ver­schieden ist, gestaltet der Mensch nicht nur sein Dasein und seinen Körper, sondern auch seinen Himmel und seine Götter, deren Wort dann wieder rückwirkend das menschliche Tun heiligt oder verdammt. So bringen ganze Scharen von Völkern ihren Gottheiten Tieropfer, während dem Inder jede Tötung einer Kreatur verboten ist, so opfert der alte Aegypter dem zürnenden Nil­gott« eine festlich geschmückte Jungfrau, schlachtet man Baal tausende Menschen, wahrend Melitta zu Ehren Liebesorgien gefeiert und die aus den Opferfesten der Lebensfreude sprießenden neuen vik Boten des Lichtes «ommon wieder: nach' trüben Tagen kommt da» Vertrauen und die Kauflust, und mit Ihnen eine neue Welle der Ini­tiative. Für uns gab ee nie eine Krise. Wo wir sind, gibt es keine Fin­sternis und keine Ge­fahr. Wir sind die wah­ren Boten des Lichtes, wir sind die Batterien PALAS A. Besuchen Sie uns Ehrend der Frühjahr­messe im neuen Messe­palais, Stand Nr. 11? Menschenblüten besonders gepflegt und erzogen werden. So segnet der alttestamentliche Gott die geschäftliche Tätigkeit Jakobs und dieGetreide­spekulation" Josephs in Aegypten , während Christus Predigt, daß Geben seliger denn Nehmen sei, und das Himmelreich den Armen Vorbehalten. So sehen ganze Reihen von Völkern in ihren Gottheiten den Inbegriff der Läuterung und Reinheit, und die religiösen Zeremonien schreiben demgemäß komplizierte körperliche Reinigungen vor, die zugleich Sinnbild der seelischen sind, während beispielsweise die Kamtschadalen ihren sagenhaften Stammherrn derart zu einer über­irdischen Karikatur ihres in starrenden Schmutz gebannten Lebens gemacht haben, daß sic ihn hartgefrorenen Kot als seine Braut verehren läffen, die unter seinen Liebkosungen auftaut und chn in Schmutz und Gestank liegen läßt. Denn der Mensch bevölkert den Himmel Mit Götternnach seinem Ebenbilde" wie die Erde mit Bräuchen nach seiner Art in dieser kuriosen Welt. ,^ r_ Aber e- gibt doch ein Vorwärts und ein Höher in der Entwicklung trotz der Filmdiva Von heute, die zum Verlängern der Augenwim­pern auf eine Mischung züruckgreift, deren Rezept ich haargenau imPoudoir" der alten Phöni­zierinnen finde? Trotz der menschlichen Verwir­rung in Amerika , die mit dem Jrrsinnsmaß der Wolkenkratzer in erstaunlicher Aehnlichkcit den Turmbau zu Babel wiederholt? Trotz die Kette von Beispielen wäre endlos zu verlängern. Doch gibt es wohl trotz alledem die berühmte Wellenlinie" der Entwicklung, die zwar, ewig Berg und Tal zeigt, aber doch insgesamt ansteigt? Die noch berühmtereSpirale", die zioar immer wieder an den gleichen Punkt kommen muß, aber doch stets auf höherer Ebene? Vielleicht, vielleicht! Und ich möchte keinem Optimisten die Laune verderben, die ihm wohl- tut. Unter welchem Winkel aber soll die Wellen­linie emporsteigen, wie hoch eine Windung der Spirale sein, wenn sich dem Blick auf die wahre Entwicklung des Menschen(die kulturelle, nicht die zivilisatorische; die der Gesinnung nicht die der Technik) diese Bilder zeigen! Der Dajacke auf Borneo verfertigt seit fern­ster Zeit weittragende Blasrvhrpseilc, deren Spitzen er durch Upasgift' unbedingt tödliche Wirkung gibt. Der Beginn des Weltkrieges sah die Völker Europas vergiftete Fliegerpfeile aus Wurfrohren versenden potenzierter Dajacken- brauch! in jenen gemütlichen Tagen, als Flie­gerbomben und Vergasung vom Flugzeug ans< noch nichtauf der Höhe" waren. Oder: ich halte einen eigenartig geformten, flachen Steinkeil in Händen, der eine mühsam- gemeißelte Ausnehmung zeigt, die zur Aufnahme eines langen, mächtigen Schaftes dient, dessen Ende einen rechtwinklig abgebogener Handgrift trägt: ein Rippenbrecher aus der Steinzeit eine rafsiniert brutale Waffe, dazu bestimmt, dem Feind in die Brust gestoßen und dort zwischen den Rippen durch die unheimliche Kraft des He­belgriff umgedreht zu werden, d'e Breitseite hochstellcnd und so die Knochen zerbrechend,' In den gleichen Händen aber hielt ich(zu schweigen von den Bajonetten aller Systeme!) im Jahre 1918 im österreichischen Kricgsministerium einen Akt:Zuweisung besonderer Kampfmittel für die Südwestfront", der nicht nur vyn Hand-. granaten. Dolchen und Faschinenmessern sprach, sondern auch vitztWürgzangen", deren entsetz­licher Name allein mich tagelang verfolgte. DaS. Instrument sollte Schleichpatrouillen nachts die lautloseErledigung" feindlicher Posten er­möglichen. * Grillenkäfige, Gladiatorenkämpfe, Kopfpreß wiegen, Menschenopferungen, Giftpfeile, Rippen­brecher und Würgzangen durch Abertausende von Jahren und dazwischen doch die ragenden Gipfel aller Kulturen: Doos Homo!