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zialdemokrat

Jentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

13. Jahrgang.

Pie nationale Revolution' frißt ihre Kinder!

Der Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung verhaftet.

Berlin , 23. März. Kurz nach Beendi gung der Reichstagsfißung wurde auf Anord­nung des Reichskommissars für das preußische Innenministerium Göring durch die Polizei der Arbeitskommissar Dr. Gereke wegen des drin­genden Verdachtes der Untreue und Un= terschlagung festgenommen. Gereke wird nach Abschluß der polizeilichen Erhebungen dem ordentlichen Richter vorgeführt werden.

Severing und Leber verhaltet.

Sammellager

für zunächst 1500 Gefangene.

Berlin , 23. März. Wie das Conti- Büro meldet, wurde der ehemalige preußische Minister des Innern Karl Severing heute Nachmittag bor dem Gebäude der Krolloper, als er sich zur Reichstagefißung begeben wollte, festgenommen und in das preußische Ministerium des Innern gebracht. Ebenfalls festgenommen worden ist der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Leber aus Lübeck , der bekanntlich schon vor einiger Zeit berhaftet war.

Von der Kriminalpolizei wurden in Augs­ burg in der vergangenen Nacht 22 Personen in Schußhaft genommen. Unter ihnen befinden sich der Führer der sozialdemokratischen Stadtratsfraktion, Gewerkschaftssekretär Karl Wernthaler, der Direktor des ersten Kaufhauses der Stadt Gebrüder Landauer, Gift, ferner die Rechtsanwälte Dr. Neumark und Dr. Dreifuß sowie der Sekretär des Augsburger Stadttheaters Nora.

Die Polizei hat heute vormittags den seit länge rer Zeit gesuchten Emdener Kommunistenführer und Bürgervorsteher Gustav Wendt in seiner Wohnung

überrascht und festgenommen. Heute mittags werden zehn Stommunistenführer und Funktionäre, unter ihnen die Bürgervorsteher Jan de Vries und Wendt, mit einem Sammeltransport nach Berlin gebracht werden. Sie sollen in einem Konzentrations lager Aufnahme finden.

heblich belastete.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Freitag, 24. März 1933

Nr. 71.

Goering war schon einmal im Irrenhaus! Hetze gegen die

Der Reichsinnenminister- cin gefährlicher Morphinist.

Der schwedische Korrespondenzpressedienst des ,, Daily Herald", des Hamptorgans der Arbeiterpartei, meldet ans Stocholm, daz Kapitän Goering , der berüchtigte Naziführer und Inhaber der höchsten Gewalt in Preußen, für einige Zeit in einem schwedischen Jrren­haus als ein gefährlicher Morphinist eingesperrt war. Der schwedische Korrespondant hatte Gelegenheit, die Photographie einer Ratastertarte aus den Alten eines schive­dischen Spitals zu sehen, aus der hervorging, daß Kapitän Wilhelm Goering über Be­fehl der schwedischen Polizei in einem Ambulanzwagen in ein Spital gebracht wurde, wo er in der Zeit vom 1. September bis 19. November 1925 verblieb. Bevor er in daß Hospital in Langbro gebracht wurde, wurde er in einem Privatspital in Stockholm behandelt. Dort erzählte die Oberschwester des Spitals, daß er so gefähr= lich und schrederregend war, daß man ihn nicht dort behalten fonnte und gezwun­gan gewesen ist, ihn in ein Irrenhaus zu bringen. Goering wurde während des Krieges Morphinist. Er kam im Jahre 1925 nach Schweden als Flüchtling, als er bereits aftiver Nationalsozialist war. Aus gut informierter Quelle erfuhr der Korrespondent des ,, Daily Herald", daß Goering , als er im Spital in Langbro war, eine Eisenstange er griff und damit einem Pfleger einen furchtbaren hiebversette. Eine andere Feststellung, die der Korrespondent anf ihre Richtigkeit noch nicht überprüfen konnte, besagt, daß Goering zuerst in ein privates Spital gebracht wurde, weil er nämlich in einer Stod­holmer Straße aus einer Pistole zu schießen begann. Es wird auch berichtet, daß Goering Rezepte fälschte, um in den Befiß von Morphium zu gelangen und dann in einem Stockholmer Spital im Jahre 1927 neuerlich als Morphinist behandelt wurde. Der Korrespondent des Daily Herald" erinnert daran, daß eine der jüngsten Handlungen Goe­rings darin bestand, daß er an die Polizei einen Befehl herausgab, rüdsichtslos auf die Feinde des Stantes zu schießen und daß er erklärte, daß er den Marxismus aus­rotten und keine sozialistischen Gewerkschaften bulden werde.

Der Führer der SPD. spricht im Reichstag.

Hitlers Regierungserklärung

und die Antwort des Genossen Wels

Arbeitslosen.

Und ihre Hintergründe!

Wir haben schon wiederholt darüber be­richtet, welche Seelenharmonie zwischen Tsche chisch- und Deutschbürgerlichen darin besteht, in der Oeffentlichkeit eine Mißstimmung gegen die Arbeitslosen und gegen das Ministerium für soziale Fürsorge zu erzeugen. Zur dank­baren Anerkennung der bewunderswerten und man darf sogar sagen übermenschlichen Geduld, mit der die von der Wirtschaftskrise in das Nichts geschleuderten Menschen ihre bittere Not nun schon seit Jahren ertragen, fehlt den Repräsentanten der bürgerlichen Parteien und ihrer Presse ebenso Toft wie Menschlichkeits­gefühl, darum feifen sie unentwegt über die infolge der steigenden Arbeitslosigkeit naturge­mäß vermehrten Staatsausgaben, deklamieren mit gespielter Entrüstung von der angeblich fehlenden Kontrolle der Arbeitslosenfürsorge und entblöden sich nicht, das Fürsorgeministe­rium jogar der künstlichen Erzeugung" von Arbeitslosen zu bezichtigen.

Andererseits malen sie das Los der Ar­beitslosen in den rosigsten Farben, stellen sie als eine Art Krebsgeschwür hin, das am Kör­per der Gesellschaft wuchert oder stempeln die Arbeitslosen wie jüngst der deutschnationale Abgeordnete Dr. Raibl als Leute, die auf Kosten der Allgemeinheit ,, von den vielen Ar­ten von Unterstützungen" ein prächtiges, be­neidenswertes Leben führen, bei dem sie nur eine Angst erfüllt: es könnte einmal nicht ,, in diesem Tempo" so weitergehen.

Solche Roheitsausbrüche sind heute gang

Bekenntnis zu Menschlichkeit, Freiheit und Sozialismus. und gäbe, fie charakterisieren nur ihre Urbe­

Regierungserklärung.

Berlin , 23. März.( Eigenbericht.) Der im Vordergrunde. Mit der politischen und mora- ber selbst, die es selber noch nicht versucht Reichstag nahm heute die Regierungserflärung lischen Entgiftung werde zugleich ein Bedürf- haben und sich auch in Sinkunft davor hüten Hitlers entgegen. Saal und Tribünen der Kroll- nis des religiösen Lebens gesichert. Die werden, mit einer Unterstützung von wöchent Reichsregierung werde nicht dulden, daß die Zu- lich 10 bis 20 Stronen, auf welches Maß oper waren dicht besetzt. Göring eröffnete mit einer furzen Anaehörigkeit zu einer bestimmten Konfession oder der allergrößte Teil der Arbeitslosen angewie­sprache, dann wurde die Aenderung der Ge- Raffe ein Freibrief für Tolerierungen darstelle. sen ist, ihr eigenes Dasein auch nur einen schäftsordnung gegen die Stimmen der Sozial- Die Regierung werde die wirtschaftlichen Inter­demokraten angenommen, der Antrag auf Saft essen nicht über den Umweg einer staatlichen Monat lang zu fristen. Bedauerlich ist, daß entlassung der sozialdemokratischen Parla Wirtschaftsbürokratie, sondern durch die stärkste auch der Ministerpräsident Malypetr in mentarier abgelehnt. Förderung der Privatinitiative seiner vorgestrigen Rundfunkrede glaubte, die­und der Anerkennung des Privat sem Geiste Rechnung tragen zu müssen und Hitler , Der Professor der Chemie an der Technischen eigentums betreiben. Die Regierung werde davon sprach, es müßte bei der Arbeitslosen­Hochschule in Braunschweig Dr. üning wurde, der in brauner Uniform erschienen war, nahm Währungserperimente vermeiden. Der deutsche Bauer müsse gerettet. die Ar- brauch unmöglich gemacht werden". fürsorge ,, bis zum Aeußersten jedweder Mik­wie die Blätter melden, in der Nacht zum Mittwoch dann das Wort zur Erstattung der in Stahlhelm Hilfspolizei Unterfu durch beitslosenarmee wieder in den Produktionspro­zeß eingegliedert und auch der Mittelstand gestützt Der Herr Ministerpräsident hat es auch chungshaft abgeführt. Wie verlautet, mar bei Aushebung einer Geheimdruckerei wichtiges Adressen­als dringend notwendig erklärt, durch Bele­Die Rede Hitlers , die die Regierungserflä werden. material gefunden worden, das Prof. Lüning, der rung enthielt, unterschied sich in nichts von den Dann beschäftigt sich die Regierungserflä- bung der Unternehmungslust sowohl private Mitglied der Friedensgesellschaft ist, er giftgeschwollenen Darlegungen, die rung mit der Sozialpolitik, der Erport- und wie öffentliche Arbeitsmöglichkeiten zu gewäh jeit der Machtübernahme der Braunen tagtäglich Verkehrspolitik. Deutschland wolle auf dem Ge- rent. Die sozialistischen Parteien sind die er­Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: In den im deutschen Rundfunk zu hören sind. biete der Wehrhaftigkeit gleiche Lebens- ften, die jedem ernstlichen Streben, erhöhte legten Tagen wurde auf dem Truppenübungsplat Hitler tam zunächst auf die Revolution von machte. Damit die Völker untereinander wieder Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, zustimmen Heuberg in Stuttgart ein gefchloffenes Ron 1918 zu sprechen, die er beschimpfte. Die Regiertrauen gewannen, müsse eine unbedingte würden, denn nur dadurch kann das Arbeits­zentrationslager für politische Schuh- rungsgewalt sei von den Weimar - Vorteien rüd Autorität der politischen Führung im In­häftlinge errichtet und in Benüßung genommen. fichtslos ausgenutzt worden, die Entwicklung ern sowie die Beseitigung der Repalojenproblem wirksam angefaßt, die Belastung Das Lager vermag zunächst etwa 1500 e fan- Deutschlands habe unter ihnen konstant nach rationen und unmöglichen Schuld- und des Staatshaushaltes durch die Arbeitslosen­Zinsverpflichtungen erreicht werden. gene aufzunehmen und bietet die Möglichkeit, aus unten geführt. Man fürsorge gemildert werden. Seit Anbeginn der dem ganzen Lande alle Ruhe und Ordnung gefähr- Eine treffliche Charakterisierung der nammpfinde es dankbar, daß die nationale Er- Krise schreien wir den Herrschenden in die denden Elemente laufend bis auf Weiteres zu ent- tionalsozialistischen Bewegung ent- bebung Deutschlands von Italien mit ver- Ohren und wiederholt hat es auch der Leiter fernen, sicherzustellen und damit die örtlichen Bolizei hielt die Stelle der Regierungserklärung, in der ständnisvoller Herzlichkeit begrüßt wurde. behörden zu entlasten. Die Beaufsichtigung des La: das bolschewistische Gespenst an die Wand ge­des Fürsorgeministeriums mit aller nur wün Sitler versprach dann, zu allen Völkern schenswerten Deutlichkeit gesagt: Nicht Arbeits­gers wird durch ein starkes Aufgebot von Hilfspolizei malt wird. Siffer sagte nämlich, die Proklamie gute Beziehungen herzustellen. unter Schußpolizeileitung durchgeführt. Die Gefan- rung der permanenten Revolution sei nur ein Allen diesen Aufgaben solle das Ermächti- lojemunterstützung oder Ernährungsaktionen genen sind gemeinschaftlich untergebracht und dürften Appell an die niedrigsten Instinkte gungsgesetz dienen. Die Reichsregierung werde können den furchtbaren Notstand lindern, son­zu geeigneten Arbeiten herangezogen werden. gewesen und habe zu einer Verbindung zwischen den Reichstag nicht aufheben, sondern ihn dern nur gesetzliche Maßnahmen, die geeignet einer politischen Idee und den Handlungen wirt bon Zeit zu Zeit über ihre Maßnahmen sind, wenigstens größere Teile der Beschäfti Immer mit dem Stärkeren! der Verbrecher geführt. Strakenraub. Bün- unterrichten. Eine weitere Tagung gungslosen wieder in den Arbeitsprozeß ein­derung, Brandstiftuna. Eisenbahnfrevel. Attentate befate des Reichstages sei aber im heutigen Zustand zustellen. Aber hat nicht gerade die Partei des Die Kirche versteht sich anzupassen. Das sei die Tätigkeit der Kommunisten geive der allgemeinen nationalen Erhebung nicht Herrn Ministerpräsidenten durch ihre unsin­gevent öglich. Die Stellung und die Rechte des Berlin , 22. März. Anläßlich der Beerdi- fen( Da, wie der Berliner Volksmund trefflich Reichspräsidenten blieben unberührt. Die Reichs nige Autarkiepolitik so ziemlich alles getan, zum Ausdruck bringt, die SA- Leute ja samt und gung eines in Beuthen verstorbenen SA- Mannes onders holländische Kommuniste n" regierung biete den Parteien die Möglichkeit die wirtschaftlichen Beziehungen der Tschecho­hatte der dortige Prälat Weifung erhalten, i ich find. D. Red.). Sitler werde, um zu beweifen. einer ruhigen deutschen Entwicklung, fie fei aber flowakei zu anderen Staaten zu unterbinden des Grabgeleites zu enthalten, da daß der Brandstifter im Reichstag wirklich ebenso entschlossen, die Bekundung der Ableh- und damit durch Schädigungen der Induſtrie ein Kommunist sei, dessen öffentliche Sin ming entgegenzunehmen. Der Reichstag babe zur Steigerung der Arbeitslosigkeit beizutra­geschlossenen Parteiformationen kein Zutritt zur richtung erzwingen. Die Reichste form selbst die Entscheidung über Frieden oder Krieg. gen? Hat sie und ihre Presse nicht alles unter­Kirche gewährt werden sollte. Der Oberbürger habe erzwungen werden müssen. Die Gleichbeit meister von Beuthen wandte sich telegraphisch vor dem Gesetz werde mur dem zugebilligt, der In der Pause der Beratungen des Reichs In der Baufe der Beratungen des Reichstützt, was ein Sinken der Kauffraft des Ar­an den Vizekanzler von Papen um Interven- der Regierung seine Unterstüßung nicht versagt. tages, tam es außerhalb des Absperrungsringes beiters durch Kürzung der Löhne und somit vor dem Krollgebäude zu nationaljpzia auch eine Einschränkung des Inlandsmarktes tion beim Fürst erzbischof in Breslau . Die Entgiftung des öffentlichen Lebens werde Listischen Demonstrationen Sprechzur Folge hatte? Hat sie sich jemals von dem Dieser sofort erfolgten Intervention des Bize durch eine moral if the Ganierung be chore, von A- Männern riefen wiederholt: Wahne freigemacht, die Lösung des Problemé Theater Film. Rundfunk und Preife lanzlers ist es zu verdanken, daß die Beerdi- durchgeführt werden. Die Kunst habe die ui ir fordern das Ermächtigungsgeset, sonst liege in der Idee der Lohnsenkung? gibts Zunder!" Erweckt schon dies an dem guten Willen. allen firchlichen Ehren gabe, Ausdruck des aufkommenden Seroismtits fein. Blut und Ra che stehen jetzt beherrschend dem Arbeitslosenproblem mit Maßregeln zur

gung mit

stattfand.

"

( Schluß auf Seite 2)