33

Einzelpreis 70 Heller.

Einschließlich 6 Seller Porto)

Zentralorgan 6. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik.

13. Jahrgang.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

Redaktion u. Berwaltung: Prag II, netázanka 18 Teleph.: 26795, 31469, Nachtredakt.( ab 21 Uor): 33858 Bolichedamt: 57544

Mittwoch, 29 März 1933

SPD - Presse bleibt verboten. NSDAP verfügt Boykott

Berlin , 28. März. Das Verbot der sozialdemokratischen Presse in Preußen ist auf unbestimmte Zeit verlängert worden.

*

Die Verlängerung des Verbotes, die ohne jede Angabe von Gründen erfolgt, jetzt den Schamlosigkeiten des Morphinisten Goering die Krone auf. Goering hält sich in seiner Wut schadlos an den im Lande verbli.benen Geiseln.

Wir erklären nochmals, daß die bisherigen Bemühungen Goerings, uns zum Schweigen zu bringen, völlig vergeblich sind. Das würde nur gelingen, wenn er Recht und Gesetz in Deutsch land wiederherstelle, das beschlagnahmte Arbei­tereigentum zurückgäbe und der Arbeiterpresse zu reden gestattete.

gegen jüdische Geschäfte, Aerzte und Rechtsanwälte. Angeblich bloß als Vergeltungsmaßnahme.

Berlin , 28. März. Die Nationalsozialistische Korrespondenz veröffentlicht einen Aufruf an die Parteileitung, der an alle Parteiorganisationen der DNSAP gerichtet ist und in dem als Gegenmaßnahme gegen die Boykottbevegung unter den Auslandsjuden gegen Deutschland der planmäßige Boykott jüdischer Geschäfte, jüdischer Waren, jüdi­scher Aerzte und jüdischer Rechtsanwälte angeordnet wird; Ausländer dürfen dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Boykott soll am 1. April um 10 Uhr vormittags überall schlagfertig einsehen und erst auf Weisung der Parteileitung beendet werden.

In dem phrasenreichen Aufruf wird die] beispiellose Dissiplin" gerühmt, mit der sich die nationale Revolution angeblich voll­Der fußtritt für den Freund. zogen habe, und betont, daß Deutschland keine Berlin , 28. März. Der Reichspräsident hat internationalen Verwicklungen wolle. mit dem gestrigen Tage Tr. Gereke vom Amte als Reichskommissär für Arbeitsbeschaffung entschen Verbrechern und ihren jüdisch- intellektuel bunden.

Bundesrat contra Regierung.

Kreditanstalt- Abkommen erst nach parlamen­tarischer Genehmigung verbindlich. Wien , 28. März.( Eigenbericht.) In Wien waren heute ständig Gerüchte verbreitet, nach denen die Regierung die Auflösung des Schuß bundes bereits beschlossen habe. Tatsächlich hat sich der heutige Ministerrat mit dieser Frage noch feineswegs befaßt. Es scheint auch, daß in der Regierung darüber noch feine Einigung zu standegekommen ist. Einige Regierungsmitglieder, insbesondere Sie fandbündlerischen Minister, haben schwere Bedenken gecen eine solche Provo­fation der Arbeiterichaft schon wegen der Folgen, die sie leicht nach sich ziehen fönnte.

Die Regierung hat überdies im Augenblic weit dringlichere Sorgen, die insbesondere durch die heutige Sigung des Bundesrates noch sehr verstärkt worden sind. Der Bundesrat hat mit großer Mehrheit einen Beschluß gefaßt, in dem erklärt wird, dak das Londoner Kreditablom: men. durch das die Regieruna endlich die Haupt. schwierigkeiten nach dem Zusammenbruch der Kreditanstalt geregeit zu haben glaubte, null und nichtig und für fein Staatsbürger ebensowenig wie für den Staat selbst bindend sei, selange es nicht vom Nationalrat ordnungsgemäß beschlossen iit, sondern blok durch eine Notverordnung dekre fiert wirs. Dazurch ist ein vertragsloser Zustand eingetreten, dem die Regierung mit größter Be­

sorgnis entgegensieht. Nazi- Demonstrationen.

Von den ,, kommunistischen und marristi­

len Anstiftern" werde nun aber vom Ausland aus eine gewissenlose, landesverräterische Heßfant pagne" gegen Deutschland gerichtet, Lügen und Berleumdungen von geradezu haarsträubender Perversität" würden über Deutschland losge= laffen. Die deutschen Waren sollten dem Boykot: verfallen.

Für diese ,, Lügen und Verleumdungen" seien die deutschen Juden verantwortlich, in deren Sand es läge, die Lügner, in der anderen Welt zurechtzuweisen. Da sie dies angeblich nicht wol len, müsse sich der Baß- und Lügenfeldzug" in tausendfacher Schwere gegen die deutschen Juden felbft richten.

An alle Parteistellen ergehen Richtlinien, wonach überall Aktionskomitees zur plan­mäßigen Durchführung des Boykotts jüdischer Ge­schäfte, jüdischer Waren, jüdischer Aerzte und jüdischer Rechtsanwälte zu bilden find.

Ausländer dürfen durch den Boykott nicht betroffen werden.

Der Boykott soll sofort durch Propaganda und Aufklärung popularisiert werden: Kein Deuts scher dürfe noch bei einem Juden kaufen.

Zum Vorsißenden des Zentral- Boykotikomitees wird Streicher bestimmt.

Pogromhetze

bereits im Schwung.

Nr. 75.

Ehrliches Spiel?

Oder nur ein neues Manöver?

Wir zitieren wörtlich: ,, Diesen Kampf einzustellen, würde bedeuten, die Arbeiter­klasse den Kapitalisten mit Haut und Haar auszuliefern, würde bedeuten, die Versklavung der Arbeiterklasse zu unterstützen und jedwede Hoffnung auf Befreiung des Proletariats vom kapitalistischen Joch aufzugeben." Das schrieb noch vor wenigen Wochen der vorläufige Führer der Kommunistischen Partei in der Tschechoslowakei , Herr Gottwald, als Ant­Die Aktionskomitees sollen aufs schärffte die wort auf den von sozialdemokratischer Seite Zeitungen überwachen, inwieweit sie sich angebotenen Nichtangriffspakt als Voraus­an dem Aufklärungsfeldzug gegen die jüdische jetzung für den gemeinsamen Kampf der Greuelheze im Ausland" beteiligen. Tun dies die beiden Parteien gegen Kapitalismus und Zeitungen nicht oder nur beschränkt, so sollen sie Fascismus. In ähnlich gehässiger Weise tönte augenblicklich ,, aus jedem Haus, wo Deutsche es hundertemale aus den kommunistischen

wohnen", entfernt werden. Auch Annoncen

aufgegeben werden.

dürfen von Deutschen in solchen Zeitungen nicht Zeitungen und Reden: eine Einheitsfront zwischen den beiden proletarischen Par Die Attionskomitees sollen namentlich die teien wäre gemeinsamer Betrug an den Arbeiter über die Notwendigkeit des nationalen Massen", wäre die Karikatur einer Ein­Boykotts aufklären. heitsfront", ein Versuch, die Arbeiter von der Der Boykott müsse auch in die kleinsten ,, wirklichen Einheitsfront" abzuhalten. Und Dörfer vorgetrieben werden. unter dieser ,, wirklichen" Einheitsfront wurde Vom Augenblick des Boykotts an sollen die nur die Unterwerfung der sozialdemokratischen SA und SS durch Posten die Bevölkerung vor Arbeiter unter das kommunistische Kom dem Betreten jüdischer Geschäfte warnen". Der mando verstanden. Boykottbeginn, der für Samstag, den 1. April, 10 Uhr vormittags angefeßt wird, soll durch Pla­kate, die Presse, Flugblätter usw. bekanntgegeben

merden.

Die Moskauer Barole von der Sozial­demokratie als Hauptseind" hat die Kom­ munistische Partei Deutschlands glücklich zu Gleichzeitig soll in Maffenversammlungen eine Tode manövriert und das deutsche Prole­Art Numerus clausus für die Beschäftigung tariat dem blutigen Fascismis ausgeliefert. der Juden gefordert werden, und zwar zunächst Moskau hat genau bis zum letzten Tage nur für den Besuch der Mittel- und Hochschulen gewartet, bis zum Tage der Reichstagswahl, sowie für den Acrzte- und Anwaltsberuf. da der Sieg des Fascismus schon Gewißheit Auf jeden Deutschen , der irgend eine Bezie- war, ehe es mit dieser blödsinnigen und, wie hung zum Ausland bejißt, soll eingewirkt werden, sich an dem Schicksal Deutschlands zeigt, ver­daß er brieflich usto. im Ausland die Wahrheit"

verbreite, daß in Deutschland Ruhe und Ordnung brecherischen Parole gebrochen hat. Aber hat herrsche usw. es wirklich mit ihr gebrochen und einer Für die größte Disziplin(?) seien die Altions- besseren Einsicht Raum gegeben? lomitees verantwortlich. Keinem Juden dürfe auch Seither ist insofern eine Wandlung er­nur ein Haar gekrümmt werden. folgt, als die Kommunisten in unsere Ver sammlungen kommen und ihre Redner den Die Frankfurter Zeitung " be- Eindruck zu erwecken suchen, als wäre ihre fürchtet z. B., daß in Deutschland zu Maß­nahmen gegriffen werden wird, die fatale Partei nunmehr ehrlich um das Zustande Bereits heute ist es in verschiedenen Teilen Schäden verursachen würden. Es wäre völlig fommen eines gemeinsamen Kampfes mit der des Reiches, so in Gleiwis, Glogau , Schwerin- berfehlt, wenn durch die Entfesselung einer neuen Sozialdemokratie gegen den Fascismus bereit. Warthe , Oberswalde, Augsburg usw. zu Boy- antisemitischen Aktion in Deutschland dem Aus- Worte wie Agenten der Bourgeoisie, Sozial­kottaktionen gegen jüdische Geschäfte gekommen. lande bewiesen werden sollte, daß die Aktion der fascisten und Sozialverräter, mit denen wir In allen Fällen wurden die Inhaber von Wa- ausländischen Juden unsinnig sei. von den konimunistischen Führern ein Dußend Die renhäusern, jüdischen Geschäften und Rechtsan­Deutsche Allgemeine 3ei- Jahre lang trattiert wurden, werden vor­waltsbüros aufgefordert, ihre Betriebe zu schlie- tung" führt aus, der Vergeltungsaktion in fichtig vermieden, die kommunistischen Redner auf die größte Bedeutung beigemessen werden,

läßlich des Prozeßbeginnes gegen die Tränengas- zahlen. Zu Zwischenfällen soll es nirgends geweil sich die Regierung und die nationalsozia an und sie versichern uns sogar, daß ihre In Wien haben heute die Hafenkreuzler an- ßen und den Angestellten das Gehalt voraus zu Deutschland müsse besonders mit Rücksicht dar sprechen uns recht überraschend als Genossen"

-

-

listische Partei hier in die Rollen teilen, was in Partei für den Fall des Zustandekommens helden aus dem Warenhaus Gerngroß größere fommen sein. Wie ein soeben von einer Deutschlandreise Deutschland ein Novum darstelle( die Regierung einer Einheitsfront zwischen den beiden Bor­Kundgebungen veranstaltet, die in der Inneren nicht mehr wie bisher über die Sadt großes Aufsehen veruriachten. Hakenkreuz zurückgekehrter tschechoslowakischer Staatsange erklärte, daß sie der antijüdischen Attion un- teien Yer ertrümmerten in der Kärntnerstraße Auslagen- höriger unserem Blatt berichtet, stehen zur Zeit tätig zusehen werde). Das Blatt fordert Köpfe der sozialdemokratischen Führer hin­fenster, stänkerten Baifanten an und zerstörten auf dem Kurfürstendamm und in der Friedrich im weiteren die nationalsozialistische Partei auf, weg" alle Angriffe gegen uniere Parei Automobile. Ein riesiges Polizeiaufgebot stand straße in Berlin zahlreiche Braunhemden, die durch ihr Vorgehen nicht den Anlaß zur Vereinstellen würde. Vor Wochen hieß es, die bereit. Das schlieklich in den Abendstunden die eine Broschüre mit dem schreienden Titel verbreitung neuer phantastischer Gerüchte im Aus- Einstellung dieser Angriffe wäre gleichbeden­breiten: Die Juden fordern die Erlande zu geben. Nazis abdrängen fonnte. Der Prozeß hat heute schon nach den ersten mordung Hitlers ." Zeugenaussagen einwandfrei ergeben, daß das Tränengasat entat bis in die letzten Einzelheiten blanmäßig vorbereitet war.

Solch eine aufpeitschende Setzpropaganda fann angesichts der ohnehin gespannten Situa tion ihre Wirkung auf die SA- Horden, denen zur

Zeit alles erlaubt ist, nicht verfehlen.

Die andere Front.

tend damit, jede Hoffnung auf die Befreiung des Proletariats vom kapitalistischen Joch aufzugeben und die Verfklavung der Arbeiter­die Judenverfolgungen in Deutschland wurde am munisten auf einmal bereit sein, in Gemein­Die große New Yorker Manifestation gegen klasse zu unterstützen. Jetzt wollen die Koni­Sonntag im großen Saal des Madison Square Garden abgehalten, doch fanden wegen großen schaft mit den Sozialdemokraten die Arbeiter­klasse ,, den Kapitalisten mit Haut und Haar Andranges zwei Nebenversammlungen statt. Alle Redner des großen Meetings beton- auszuliefern"? Nun auf einmal soll in dieser ten, daß die Proteste weder gegen das Kampfeinstellung gegen die sozialfasciitische deutsche Volk noch auch gegen das Pro- Sozialdemokratie das Heil der Arbeiterklasse gramm der deutschen Regierung, sondern nur liegen? Wo ist der Beweis, daß die Kom­gegen die nationalsozialistische Propaganda ge- munisten wirklich und wahrhaft, ehrlich und Wir scheißen auf die Freiheit der Judenrepublit, richtet seien, die von allen Rednern aufs schärfte entschlossen einen Strich unter ihre traurige

Neue Kömpie in Jchol. Das bestätigt auch eine weitere Mitteilung, Tschenteju( Jehol ), 28. März. In Feain nach der dieser Tage auf dem Berliner Kurfür ist eine japanische Infanteriebrigade eingetroffen, stendamm eine größere Schar Kinder in um den Kampf gegen die 20.000 chinesischen Sol atenkreuzuniform marschierten, an der daten aufzunehmen, die bei Fenin konzentriert Spike und am Ende des Zuges je ein Hakenkreuz­wurden. Man erwartet einen erbitterten Kampf. führer, alle unter dem Gesang eines Liedes, in Die Rampffront wurde damit von der chinesisch- dem es hieß: Jeholgrenze nach dem Innern der Jehol- Provinz berlegt.

Die japanischen Militärbehörden in Tschen­tefu schäßen die Zahl der bei leßten Kämpfen längs der chinesischen Mauer in den lezten Wochen getöteten Chinesen auf 12.000.

Und wenn sie uns die Stiefelsohl's mit Kaviar bejchntiern Wir lassen uns, wir lassen uns von Juden nicht

regiern!"

So bereitet man die deutsche Schuljugend auf Aufgaben" vor.

verurteilt wurde.

Abgeordneter Sirovich brachte im Reprä- und für die Arbeiterklasse so verhängnisvolle sentantenhaus eine Resolution ein, in welcher Vergangenheit zu ziehen bereit sind? Jene gefordert wird, die Vereinigten Staaten mögen unter den sozialdemokratischen Arbeitern, die sämtliche Verträge mit Deutschland eta bereit wären, blindes Vertrauen in aufheben, solange in Deutschland die anti- einen solchen Gesinnungswandel zu setzen. jüdische Kampagne andauere und Deutschland würden wir um ihre Leichtgläubigkeit nicht New York , 28. März. Die hiesigen Blätter hre nicht die Urheber bestrafe sowie die Ordnung beneiden. Ehe man sich dazu bereit erklären melden aus Peiping: Der Generalfonful der Ver wiederherstelle. fann, müssen stärkere Garantien geschaffen einigten Staaten Frank Lockhardt in Tientsin Die angekündigten neuen Maßnahmen gegen Die Juden in Jerusalem haben be- werden, als sie uns bisher dargeboten werden. teilte gestern mit, daß japanische Flugzeuge Bom ben auf das Gebäude der Mission der amerikano. Juden in Deutschland geben jenent' Teil der schlossen, in ganz Palästina eine Boykottbewe­Die Sozialdemokratie hat es nach ihrer schen Methodisten in Tavtovir innerhoth der deutschen Bresse. der nicht zur nationalsozia- gung gegen deutsch Waren und deutsche Filme Großen chinesischen Mauer abwarfen. Rennlistischen Partei gehört, Anlaß, ihre warnende einzuleiten, um gegen den Antisemitismus in ganzen Bergangenheit nicht nötig, zu ver Deutschland zu protestieren. sichern, daß es ihr um den Gedanken der Chinesen wurden bei dem Angriff getötet.

Warnende Pressestimmen.

Stimme zu erheben.