Nr. 102

Greuel- Deutschland ,, konsolidiert" sich:

Sonntag, 30. April 1933

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Bette

Die Hunnen steigern ihre Tätigkeit.

Wer durch die Straßen der deutschen  Städte geht, merft faum etwas von den grundstürzenden Ereignissen, die sich abspielten

- wenn er etwa absteht von den Massen be­waffneter SA- und Stahlhelmleute, deren Ge­samtheit heute das größte Heer der Welt bildet: mit der Polizei und der Reichs­ wehr   verfügt heute der Brandkanzler Hitler  über 1,200.000 Mann und Herr Nadolny schwingt in Genf   Reden über die Gleichberech tigung. Die Bayerischen   Motorwerke aber bauen mittlerweile Flugzeuge nach den An­gaben des sachverständigen Goering...

Nicht sichtbar sind die Greuel, die sich noch immer in allen deutschen Städten ereig nen. Sie werden heute noch geheimer began­gen als früher; die Schreie der Opfer sind nicht mehr hörbar. Aber die Nachrichten, die wir über die Schandtaten der Hitlerbanditen bekommen, sind so wahr wie alle, die wir bis­her veröffentlichten. Das grandiose Verbre­chen, das die jetzigen Führer Deutschlands   mit dem Anzünden des Reichstags begingen, wirft seinen Schatten auf die Verbrechen der Klei nen, aber die Schreie der Gemarterten werden crstickt.

Wir bleiben ihr Anwalt, bleiben die Sprecher der mundtot gemachten deutschen Arbeiterklasse, bleiben sie vor allem der bür­gerlichen Verschwörerbande zum Troß, deren Presse die deutschen Zustände lobt und uns zu diffamieren versucht, weil wir unentwegt die Wahrheit künden.

Diese Presse ist gerade jeẞt voll von Warnungen gegen die unverantwortliche Hezze" der judetendeutschen Sozialdemokratie. Der Teplit- Schönauer Anzeiger" besitzt sogar die Frechheit, für den Freitod Peter Donn= häusers die sudetendeutsche Sozialdemokra­tie in einem von Fälschungen und niedrigen Spitfindigkeiten geradezu stroßenden Leitarti­fel verantwortlich zu machen. Und die bür­gerliche Presse im Reich hat das von su de= tendeutschen Nationalsozia= I ist en über die Grenzen gebrachte Greuel­märchen von der Ermordung" Donnhäusers fein ausgesponnen und mit den Einzelheiten geschmückt, die aus der Behandlung wehrloser Gefangener durch die SA Banditen bekannt sind. Und alle diese Pressepflanzen fnüpfen an ihre ,, Be­richte" tiefsinnige Betrachtungen über poli­tische Moral".

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So wüten die Hunnen im Leipziger   Volkshaus. Michaelse

Die Bilder stammen aus nationalsozialistischer Quelle.

Alinit

eingeliefert

werden mußte. Gute Zelten für Mörder... Liebknechts Mörder als Reiseprediger Hitlers  .

Der frühere Kaiserliche Kapitänleutnan:, Horst von Pelud- Harttung, einer der Mörder des fommunistischen Volkstribunen Dr. Karl Lieb. fnecht, reist gegenwärtig als Propagandist der Hitlerei in Finnland  .

Vor etwa zwei Jahren hatte sich der Mann als angeblicher Pressevertreter dem Verein der Auslandspresse in Stodholm genähert, um sich dort als Mitglied anzumelden. Nachdem aber ein deutscher Zeitungskorrespondent seine Jden­tität mit dem Mörder festgestellt hatte, war er aba gewiesen worden. Danach war er von der föniglich schwedischen Regierung als unerwünschtes Element des Landes verwiesen worden.

Alsbald berief ihn Hitler   in die Redner. Abteilung im Braunen Haus, München  , wo Be darf an solcherart vorbelastetem Menschenmaterial vorhanden war.

Denunziationen, Verhaftungen

In der Nacht vom 21. zum 22. April wurde der Besitzer der großen Dresdner   Molkeret Naake von der SA verhaftet. Ueber seinen Ver­bleib konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, Man legt in Dresden   von seiten der NSDAP  großen Wert darauf, daß über diese Verhaftung nichts bekannt wird.

Am 22. April wurde von der NSBO die Geschäftsstelle des Gesamtverbandes des Gastwirt schaftsgewerbes in Dresden   besetzt. Die MSBO verlangte die Uebergabe der Kassa und hat den beiden Gewerkschaftsangestellten verboten, die Räume zu betreten. Die Besetzung erfolgte auf Grund der Denunziation eines ehemaligen Revisors.

Schon vor einiger Zeit wollte die NSDAP  durch ihre Miliz das Segelflugzeug des Sturm­vogel". der Flugorganisation der Werktätigen, holen lassen. Das Flugzeug war wen'ge Tage vor­her abgestürzt und völlig demoliert. Die Reste des Fluggerätes, das Startseil usw. wurden dann von der SA- Horde gestohlen. Der an anderer Stelle befindliche Pauschupfen der Organisation wurde abgebrochen und ebenfalls fortgeführt.

Erpressungen an Juden.

Aus Dresden   wird gemeldet, daß ein jüdischer Kaufmann von A- Leuten in Saft ge­nommen worden war. Seine Freilassung sollte erfolgen, sofern er 5000 Mark zahlen würde. Da der Kaufmann aber eine solche Summe nicht befizer Theodor Kornberg und der Viehhändler der Schädeldecke eingetreten." Auf Befragen im Besiz hatte, einigte man sich auf 1000 Mt., Zu der Ermordung hunderter Arbeiter Bernhard Judenberg sowie der Kaufmann Blant erklärte der Arzt, daß diese Verlegungen von und nachdem dieser Betrag durch Verwandte bei durch die Reichstagsbanditen des Herrn Hit- von der SA- Hilfspolizei verhaftet und sind jämt schweren Fußtritten und Stahlrutenhieben her- der A. erlegt worden war, wurde der Kauf­mann freigelassen. Aehnlich erging es einem ler, zu der schauerlichen Mißhandlung tau- lich schver mißhandelt worden. Man zwang sie, rühren müssen. angesehenen jüdischen Rechtsanwalt in Berlin  , sender Juden und Arbeiter schweigen die sich auszuziehen und fah ihren Geschlechtsteil In die Falle gelockt. nach. Mit dem Ausruf: Du Judenhund bist ja der acht Tage bei der A. gefangen geießzt war Subjekte, die so salbungsvoll von der Moral beschnitten" schlug man auf diese wehrlosen in der Politik reden; zu den Verwüstungen Menschen so lange ein, bis sie bewußtlos zusam- Schauer, Dujourstraße, nachts durch telephoni- Familie führte, 500 Mart in Empfang genom Leipzig, 24. April. Hier wurde der Arzt Dr.listische Anwalt, der die Verhandlungen mit der und den man freilicß, nachdem der nationalsozia des Arbeitereigentums im Reich haben sie fein menbrachen. Dann wurden sie mit eiskaltem fchen Anruf nach dem Fremdenheim( Volkshaus) men hatte. Solche Fälle von Erpressungen wer Wort zu sagen. Sie nicht und auch nicht Herr Wasser wieder zur Besinnung gebracht. zu einem Kranken" gerufen. Es war aber nur den aus dem ganzen Reich gemeldet, die Bez Hassold, der eben im Parlament eine verlogene eine Falle von der SA  . Als der Arzt erschien, hörden schreiten hiergegen nicht ein. Rede über den Tod Donnhäusers hielt. fielen die Nationalsozialisten über ihn her und Breuel Deutschlands  In Coburg  , einer Hochburg der Natio mißhandelten ihn blutig. Der jüdische Diret- nalsozialisten. wurde ein füdischer Kaufmann tor des Warenhauses Althof namens Aronstein, von der EA verhaftet" und gepeitscht. Andere Leipzig  , Schlegelstraße, wurde aus der Woh jüdische Personen hatten das gleiche Schicksal, nung heraus in das Volkshaus verschleppt. Dort unter ihnen auch ein tschechoslowakischer Staats­mußte er sich selbst ausziehen und wurde blutig angehöriger, der sich nach seiner Heimat bege­geschlagen, so daß er schwerverlet in die ben hat.

,, Bis die Haut in Fetzen Vom Leibe hing."

Konsolidierung schreitet mittlerweile rüstig fort; was bisher Holzminden  , 24. April. Das Haus der von den Hunnen gewissermaßen nicht amt- sozialdemokratischen Oberweser Zeitung  " ist von lich begangen wurde, das bekommt jetzt amt- Nationalsozialisten besetzt worden. Wer der S lichen Charakter, denn die SA   ist unter die mißliebig war, wurde nachts aus dem Bett ge­Militärgerichtsbarkeit gestellt. holt und hierher verschleppt. Mit Snüppeln und Das Grauen der Gegenwart soll fühnes Totschlägern wurden die Verhafteten auf das Feuerwerk, sollen Zirkusspiele verdecken. Wir unmenschlichste gefoltert und dann gezwungen, aber bleiben auf dem Boden der Wirklichkeit, fertige Dokumente zu unterschreiben. Bei dieſen wir werden nicht ablassen, Deutschlands   Er- Prügelerzeffen wurden die Arbeiter Fritz See. boon, Heinrich Strohmeier, Friz Bri neuerern" die heuchlerische Maske von der jett und Meinhold St och so lange geschlagen, Mordfraße zu reißen und solange gegen die daß sie bewußtlos zusammenbrachen und ihnen dic fascistische Blutherrschaft zu kämpfen, bis sie Saut   in Feßen vom Leibe hing. Der sozialdemo­gestürzt ist. Nicht ein Kampf gegen Deutsch   fratische Landtagsabgeordnete Both wurde von I and ist es, den wir führen, sondern ein der SA   verschleppt und so lange mißhandelt, bis Stampf um Deutschland  - um all er bewußtlos zusammenbrach. Die Polizei ver­das, was uns als Deutschen   teuer ist und was onlaßte dann feine Ueberführung in das Stran Mördern, Brandstiftern und ihren geistigen fenhaus. Als dem Abgeordneten eine nochmalige Helfern diesseits und jenseits der Grenze nichts Bernehmung" angekündigt wurde, biß er sich dic Pulsadern auf.

bedeutet.

Greuel Deutschland konsolidiert sich! In gleicher Weise aber auch die kulturelle und politische Abwehrfront gegen die Sunnen. Daran haben wir ein nicht geringes Berdienst und die bisherigen Erfolge spornen uns zu weiteren Leistungen an.

Sier sind also wieder Grenelberichte; der Herr Gesandte und die bürgerlichen Schriftlei ter werden aufgefordert, sie zu widerlegen!

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,, Blase zertreten, Schädeldecke zertrümmert."

Berlin  , 24. April. Der Arbeiter Herbert Bangrip, Berlin   N., Bergstraße 78, geboren 1906, wurde am 23. April in der Chausseestraße verhaftet und nach der Nazi- Kneipe Pflugstraße nerfchleppt. Von dort wurde er nach der Naz fajerne im ulap, Berlin, Lehrter Bahnhof   ge­bracht. Hier wurde er schwer mißhandelt und als er nicht mehr auf den Beinen stehen konnte, wie­derum in eine andere Nazi- Kaserne nach der Juden werden geprügelt. General Papestraße gebracht, wo er so lange miß­handelt wurde, daß die SA   befürchtete, daß er ,, Man sah ihren Geschlechtsteil nach!" nicht am Leben bleiben werde. Sie schaffte ihn Holzminden  ( Weser  ). 24. April. Hier wurden deshalb in das Urban- Krankenhaus, wo er eine die jüdischen Geschäftsleute Er: ch Nachmann und Stunde nach der Einlieferung starb. Der ärztliche Günther Rodenbera( Schuhwarenhändler). Wal  - Totenschein befagt: der Tod ist infolge von ter Seß und Hugo Stern sowie dessen beide schweren Verletzungen, infolge 3ertre­Söhne( Manufatturwarenhändler), der Fabrik tens der Blase und Zertrümmerung

Kulturarbeit in Greuel- Deutschland  .

Das Bücherlager der Volksbuchhandlung in Pirna   wird von den Hitlerlumpen, soweit c. nicht gestohlen wurde, verbrannt. Unter den verwüsteten Büchern befanden sich außer wi senschaftlichen und sozialistischen Werken, Klassiker, Romane etc. Die obige Aufnahme wir von den SA.- Schweinen in Deutschland   verkauft. Wer sie aber über die Grenze schafft begeht Landesverrat. Für eine Mark Trinkgeld kann man aber von einem SA.- Mann aller­hand haben.