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Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

13. Jahrgang.

Deutschlands Isolierung

Brüstierung deutscher Kriegsschifflomman­danten in Schiveden.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Freitag, 19. Mai 1933

Einschreiten der Regierung

Acht deutsche gegen Hitlers Kritik am Volkssport- Urteil.

Erklärung des Justizministers. Demarche in Berlin .

Prag , 18. Mai. Die Stelle in der gestrigen Hitlerrede, die von dem Brünner Volks sporturteil und im Zusammenhang damit von einer unverantwortlichen Leicht­fertigkeit" spricht, war heute abends im Verfassungsausschuß Gegenstand einer offiziellen Erklärung, die der Justizminister Dr. Meißner namens der ganzen Regierung abgab. Darin wird dieser Pajsus mit vollem Recht als unzulässige Einmischung in die inneren Verhältnisse der Tschechoslowakei erklärt und gleichzeitig diplomatische Schritte bei der Berliner Regierung angelündigt.

Stockholm , 17. Mai. Acht deutsche Ariegsschiffe find heute in den schwedischen Hafen Udewalla eingelaufen. Der deutsche Konsul ver­ständigte, wie üblich, den obersten schwedischen Regierungsvertreter hievon und übermittelte den Wunsch der Kommandanten der deutschen Schiffe, von der Behörde empfangen zu werden. Der Regierungsvertreter lehnte es ie doch ab, mit den deutschen Komman danten Besuche auszutauschen und ersuchte, daß auch die deutschen Kom­mandanten von einem Besuch Abstand nehmen. Einem Redakteur der schwedischen Tages- Dr. Weißner im wesentlichen aus: zeitung Mytid" gegenüber gab der Regierunas vertreter als Grund für sein im internationalen Reichsfanzler Hitler auch den Brünner Prozeß In seiner gestrigen Reichstagsrede hat der Herr Leben geradezu sensationelles Verhalten an er gegen die Volkssport" Mitglieder berührt. Er hat sei mit anderen Arbeiten all quais underantwortliche Leichtfertigkeit" die Behaup fehr überlaste t". Die deutsche Regie- tung" bezeichnet, daß die SA und SS der national rung, die über diesen Vorfall auf das Schwerste sozialistischen Partei in Deutschland in irgendeiner betroffen ist, beabsichtigt, bei der Regierung in Verbindung mit der Reichswehr in dem Sinne seien, Stockholm eine diplomatische Demarche zu unter- daß es sich um militärisch ausgebildete Stände oder nehmen; wir hören hiezu jedoch, daß die schwedische Armeereserven handle. Und als Beispiel einer solchen Regierung das Verhalten ihres Vertreters in Ude-, unverantwortlichen Leichtfertigkeit" führte er das walla zu decken gedenkt.

Die Sozialdemokraten

die einzige Opposition im Preußen- Landtag. Berlin , 18. Mai. Unter dem üblichen Ge pränge SS, SA- Spalier, Parteiuniform, Scheinwerfer, überfüllte Tribünen usw. fand heute die angefündigte Sigung des preußi­schen Landtages. statt.

In Besprechung der Ziffern des Etats er­Märt Ministerpräsident Goering, daß derselbe mit rund 2700 Millionen ausgeglichen sei, was um 347 Millionen weniger bedeute als im Vor­jahr.

Sozialdemokraten nicht in Lage, einem Ermächtigungsgesep 3uzustimmen.

Abg. Se ube( Nationalsozialist) erklärt, daß seine Partei nicht willens jei, noch einmal eine sozialdemokratische Provokation zuzulassen, wobei Rufe auf den nationalsozialisti schen Bänken ,, Raus, raus!" erfönten.

tigungsgesetz gegen die Stimmen der Sozialdemokraten an.

In seiner Erklärung führte Justizminister[ bedauert schließlich, daß die Regierung durch ihre Erklärung eine ganz falsche Sachlage gefchaffen habe. Koalition einmütig auf Seite der Regierung.

litionsparteien stellten sich einmütig hinter die Die folgenden Redner der tschechischen Koa­Erklärung der Regierung und wiesen die Ein­mischung Hitlers mit aller Schärfe zurück. Unge­wöhnlich schroffe Worte gebrauchte der national demokratische Sprecher, der darauf hinwies, daß im Brünner Voltssportprozeß erstattete Gutachten in Brünn die Verteidigung alle Freiheiten hatte, der militärischen Sachverständigen an, wobei er die Partei des Reichsfanzlers in Deutschland hinzufügte, daß auf Grund dieses Gutachtens die ihre politischen Gegner ohne jede Untersuchung angeklagten Nationalsozialisten zu langjährigen nicht nur einsperre, sondern gleich Zuchthausstrafen verurteilt worden seien. crschlage; dem Führer einer solchen Partei fehle jede moralische Berechtigung, unsere Ver hältnisse zu fritisieren.

Ich halte es für notwendig, auf den zitierten Teil der Rede des Herrn Reichskanzlers Hitler aus zwei Gründen zu reagieren:

Bon unserer Fraktion erflärte Genoise. 1. weil sie fich auf sachliche Irrtümer stüßt, Schweich hart, daß wir uns ebenfalls hinter 2. weil man sie vom Standpunkt der inter - die Erklärung der Regierung stellen und sic vollständig in Ordnung finden. Er

nationalen Beziehungen als ungerechtfertig anirsch, der sich dann

ten Eingriff in die inneren Verhältnisse,

namentlich in den Vollzug der Rechtspflege in der eks

jei nicht in den Intentionen irgendeiner Reichs regierung gelegen, sich in die inneren Angelegen­heiten der Tschechoslowakischen Republik einzu­mischen.

Nr. 117.

Die Verirrung der Fraktion.

Amsterdam , 18. Mai. ( Eigenbericht.) Wie Ihr Korrespondent erfahren hat, hat jich eine Sigung des Parteivorstandes der sozial­demokratischen Partei Deutschlands , die außer halb Deutschlands stattgefunden hat, schon vor einigen Tagen mit der Haltung der Partei, die diese in der Reichstagssigung vom 17. Mai ein­nehmen sollte, beschäftigt. Der Parteivorstand hat den Beschluß gefaßt, daß die Abgc= ordneten in der Reichstagsjizung nicht erscheinen jollen. Dieser Beschluß wurde der Fraktion auch bekannt gegeben, diese hat sich jedoch in ihrer Mehrheit gegen den Parteivorstand ausgesprochen und beschlossen, für die von den übrigen Parteien des Reichstages vorgelegte Entschließung z stimmen. Allerdings soll dieser Beschluß der Fraktion unter dem stärksten Druck der Regie­rung erfolgt sein.

Paris , 18. Mai. ( Eigenbericht.) Heute abends wurde der Führer der französischen Sozialdemokraten, Léon Blum , über die Hal­tung der deutschen Sozialdemokratic befragt, welche in der gestrigen Sitzung des Reichstages für die Resolution der Regierung gestimmt hat. Léon Blum unterstrich, daß an der Reichstags­jitzung nur ein geringer Teil der sozialdemo frat schen Fraktion teilgenommen hat. Uebrigens stehe das Vorgehen der Abgeordneten im Widerspruch mit den Direktiven der Parteileitung, die sie erhalten hat­ten. Léon Blum sagte, er müsse sich, wenn er über die Folgen der Abstimmung sprechen solle, große Zurückhaltung auferlegen. Eine derartige Meinungsverschiedenheit in einem so wichtigen Punkt zwischen den Zentralorganen der Partei und einem bedeutenden Teil der Abgeordneten tomme aber tatsächlich einer Sczession gleich. Die Meinung der französischen Sozia­listen sei bekannt und sei mehrmals von der zweiten Internationale formuliert worden. Die französischen Sozialisten sind der Ansicht, daß es der Hitler- Diktatur gegenüber nur den Ramps gibt; mit jenen sozialistischen Elementen, welche glauben, das Hitler Regime auf legalem Wege bekämpfen zu können, gäbe es teine Solidarität.

Wir haben gestern als wir die erste

Der Minister erklärte dann die Meinung, als In der Debatte verlangte der Vertreter ob das Urteil des Brünner Gerichtes in erster Linie, der Sozialdemokraten zillat die hauptsächlich oder ausschließlich darauf beruhe, wie Gleichberechtigung im Junern als das Verhältnis der SA und SS in Deutschland zur Das flang so selbstsicher, als habe Hitler vor­her bei Herrn Knirsch erst die Zustimmung zu Boraussetzung für das Zusammenleben des Reichswehr sei, als unrichtig. Volkes. So lange diese versagt sei, seien die Weiters beruhe die Behauptung des Reichstanz diesem Teil der Rede eingeholt. Wir der lers, daß die verurteilten Hakenkreuzler zu 3u cht wirklich neugierig zu erfahren, woher Herr baus verurteilt worden seien, auf irrigen Infor Knirsch die Legitimation zur authentischen Aus­mationen, denn sie wurden zu Staatsgefänglegung der Kanzler- Rede genommen hat. Dr. Meißner is mit allen Rechten politischer Häftlinge ver­urteilt, also zu einer Strafe, die der Festungshaft in stellte dann im Schlußwort an Knirsch aller Deutschland entspricht. hand unangenehme Fragen, warum denn seine Da das Brünner Urteil noch nicht rechtskräftig Partei nicht nur in der Tschechoslowakei , sondern tei, müffe sich Dr. Meißner auf diese Konstatierung auch jenseits der Grenzen so viel Meldungen Nachricht über die Abstimmung der sozial­beschränken. Der Reichskanzler behauptet, daß die Der Land ag nahm sodann das Ermäch Nationalsozialisten auf Grund dieses faliden gegen die gesamte tschechoslowakische Justiz ver- demokratischen Fraktion im Deutschen Reichs­Gutachtens" verurteilt worden seien. breite, warum sie generalisiere und ein Urteil tag erhielten erklärt, ein abschließendes Diese Wendung beinhalte unstreitig eine Kritit benüße, um die iſchechoslowakische Justiz geradezu Urteil erst fällen zu wollen, wenn wir von lächerlich zu machen. Der Auffassung des Knirsch, Die Blütezeit der Schufte. de bisher nicht rechtskräftigen Brünner Urteils, daß Sitler nur das Sachverständigengutachten der Deutschen Sozialdemokratie selbst über man fönnte darin aber auch den Versuch einer Ein­fritisiert habe, fönne er leider nicht beistimmen. die Motive dieses Borgehens unterrichtet sind. Berlin , 17. Mai. Die Ernennung des wirkung auf den Spruch des Obersten Gerichtes, alfo Senirich fei ferner im Irrium, wenn er glaube, Wir haben aber auch fofort mit unserer Auf­Reichstagsabgeordneten und nationalsozialistischen einen Eingriff in den Vollzug der Rechtspflege in daß die Erklärung die Folge einer aufgeregten fajjung nicht zurückgehalten, daß die Zustim Gauleiters Karl Kaufmann zum Reichsstatthalter unserem Staate erbliden. der Freien Stadt Hamburg ist auf Vorschlag des Die Tschechoslowatische Republik, erklärte Dr. Stimmung fei; Hitlers Rundgebung jei inner- mung zur Sitlerrede für Sozialdemokraten Reichsfanzlers heute durch den Reichspräsidenten Meißner bemüht sich, zur Regierung in Deutschland halb der Regierung vielmehr mit größter Ruhe unannehmbar ist und" bleibt". Diese Ansicht und Ueberlegung geprüft worden. Dem Minister wird nun auch, wie die obigen Nachrichten von Hindenburg vollzogen worden. Herr Stauf ein absolut forrettes Verhältnis einzuhalten, und tomme es nicht zu, zu prüfen, ob und inwies mann ist bekanntlich vor Jahresfrist der weitesten achtet tonsequent darauf, daß die verantwortlichen weit nirsch über die Absicht in zeigen, nicht nur von den franzöſiſchen Ge­Deffentlichkeit bekannt geworden durch einen Faktoren des Staates fich weder durch Wort noch Brozeß mit einem sozialdemokratischen Journa- durch Tat in die inneren Verhältnisse in Deutschland formiert sei, die Hitler bei diefer nossen geteilt, die durch den Mund ihres listen, in welchem letzterer den Nachweis er einmischen; sie hat daher das Recht, zu fordern, daß undgebung geleitet habe, er fönne Parteiführers erklären, daß es keine Solida brachte, daß auf mann im Jahre 1929 auch die verantwortlichen Faktoren in Deutschland Stnirsch aber nicht für berechtigt halten, diese rität geben fönne mit jenen, welche das Sit­Erflärung authentisch auszulegen. Dazu jei ledig, ler- Regime auf legalen Wege befämpfen zu bom Parteigericht der Hitlerpartei fich nach denselben Grundsäßen richten. Die Regierung hat mich beauftragt zu erklären, lich der Reichskanzler befugt und Meißner selbst können glauben, sondern auch vom Bavici­wegen Urfundenfälschung, Ordens schwindels, Ehebruchs und doppelten daß sie nach dem internationalen Recht und den werde sich freuen, wenn Hitler dieser Stelle eine vorstande der SPD , welcher den Beschluß Ehrenworibruch& verurteil!" worden internationalen Gepflogenheiten bei der Berliner Auslegung geben werde, die unsere öffentliche gefaßt hat, der Reichstagssigung fernzublei Meinung zufriedenstellt. ben. Das Vorgehen der Fraktion steht also im Widerspruch zu der Auffassung des Parteivor­standes, die Zustimmung zu der im Reichs­tag bei Teilnahme sozialdemokratischer Abge­Berlin, 18. Mai. Zu der Prager Meldung ordneter einstimmig angenommenen Ent­über die heutige Rundgebung des tschechoslowali schließung ist eine Rebellion der Frat­schen Juſtizminiſters Meißner im verfassungs- tion gegen die verantwortlichen rechtlichen Ausschuß des Abgeordnetenhauses er- Parteiinstanzen. lärt das Wolff- Büro:

ift.

Danziger Sozialdemokratie

ohne Organ.

Regierung einschreiten wird.

*

Knirsch als ex offo- Verteidiger des Osaf.

Warschau , 17. Mai. Morgen trifft hier der Hohe Völkerbundskommissär in Danzig , Rosting, Die Debatte über die Erklärung wurde aus ein. Während seines Aufenthaltes in der polni gerechnet von Herrn Knirsch eröffnet, der sich schen Hauptstadt wird Rosting mit Vertretern trop aller früheren Unabhängigkeitserklärungen der polnischen Regierung Konferenzen abhalten, diesmal förmlich schon als Reichsstatthal­die sich auf die letzten Ereignisse in Danzig beter Sitters fühlte und seinen Herrn und ziehen. Wie ferner aus Danzig gemeldet wird, Weister, den er bei früheren Gelegenheiten schon wurden heute über Anordnung des Danziger so oft verleugnet hat, mit dem Aufgebot seiner Senats die Redaktionsräume und die Druckerei ganzen Beredtsamkeit in Schutz zu nehmen des sozialdemokratischen Tagblattes Danziger juchte. Volksstimme" gesperrt und amtsversiegelt.

Die Kritik Hitlers habe, wie jeder aufmerksame Leser dieser Rede zugeben müsse, nicht dem Brün­ner Urteil gegolten, sondern dem militärischen Sach­

Ungarns Arbeiter boykottieren deutsche Waren erständigengutachten. Es habe sich ihm auch keines

Budapest , 18. Mai. ( Eigenbericht. Derwegs darum gehandelt, die sudetendeutschen Haken Generalrat der ungarischen Gewerkschaften hat freugler in Schutz zu nehmen, denn das hätte schott den Arbeitern Ungarns empfohlen, den Boykott viel früher und in anderer Form geschehen fönnen;

deutscher Waren durchzuführen.

das wäre dann eine Einmischung gewesen. Redner­

Patzige Antwort aus Berlin .

Welche Folgen die Abstimmung der Fraf­Es darf angenommen werden, daß an tion haben wird- beachtenswert ist, daß den zuständigen deutschen Stellen dem ange. tion haben wird fündigten Schritt mit großer Ruhe ungefähr ein Drittel der sozialdemokratischen entgegensehen wird und daß man um Abgeordneten abwesend war kann jetzt die richtige Antwort nicht verlegen sein wird. noch nicht gesagt werden, aber es ist durchaus Es handelte sich bei den Worten des Reichs- möglich, daß diese Folgen sehr ernste sein wer tanzlers, die sich auf die Tschechoslowakei be den. Gleich uns werden tausende sozialdemo zogen, nicht um eine Einmischung fratischer Vertrauensmänner, zehntausende in die inneren Verhältnisse eines fremben

Landes, sondern um den Hinweis, daß das sozialdemokratischer Arbeiter Deutschlands den in dem Brünner Boltssport"-Prozeß er Beschluß der Fraktion für falsch, unglücklich. stattete Gutachten auf völliger unschädlich und verderblich halten. Mögen auch tenntnis der tatsächlichen Berfür die Haltung der Mehrheit der Abgeord­hältnisse im Reich beruhte. neten gewisse taktische Gesichtspunkte maß­