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Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutſchen   ſozialdemokratiſchen Arbeiterpartei i.d.Ifchechoſlowakischen Republik  

13. Jahrgang.

Ebert im Sadistenhort.

Und ein Beispiel schuftiger Vericumdung.

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Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früb.

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Dienstag, 11. Juli 1933

Nr. 159.

,, Ohne uns keine Donaupolitik!" SA- Bolschewismus

Ohne

Gömbös   regt bei seinem Wiener   Besuch eine mitteleuropäische Konferenz an.

Wien  , 10. Juli. Sonntag um dreiviertel acht- I zehn Uhr ist der ungarische Ministerpräsident Gömbös in Begleitung des Chefs der politi­schen Abteilung des Budapester   Außenamtes Apor und dem Pressechef des Außenamtes in Wien   eingetroffen. Die Gäste wurden vom Bun deskanzler und vom Minister Stockinger auf dem Bahnhof begrüßt und zur ungarischen Gesandt­schaft begleitet.

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Hitler's Kampf dagegen.

Mit der bloß äußerlichen Nachahmung der Neben erscheinungen der bolschewistischen

fann aber nur dann sein, wenn Gerechtig- Revolution durch die Aufrichtung der totalen keit herrscht. Ich speziell und auch mein Parteidiktatur, die Vernichtung aller anderen Kollege, der Bundeskanzler Dollfuß  , leben in Parteien, den Existenzruin und die Einferke­dem Bewußtsein, daß man eigentlich im rung aller Widerstrebenden kann der Hitle Schlüsselpunkt der osteuropäischen Politif, min rismus die Massen seiner Mitläufer auf die destens aber in der Donaupolitit Dauer ebensowenig befriedigen wie er die Ar­ohne und teine Politik machen kann. Wir sind bereit, wenn man mit uns Politik beitslosen damit zu sättigen vermag. 4 machen will im Sinne des Friedens. Auf die Frage, ob auf Grund dieser Richt- tur die Stimmung ihrer Terror­linien mit der seleinen Entente Verhand- armee, der SA  . Ihr sind infolge des Ver­lungen eingeleitet wurden, erklärte Gömbös: bots des Roten Frontfämpferbund" und der

Wie der Goeringsche Reichstagsbrand das erste Signal zur Maffenverhaftung linksstehen­der Nazigegner war, so das Verbot der SPD  das zweite Hufsa an die Fanghunde. Am 21. Juli verschleppte man hunderte sozialistischer Funktionäre in die Gefängnisse. Nun haben sie auch Friedrich Ebert   jun., den älteren der beiden Söhne des ersten Reichspräsidenten, die den Krieg überlebt haben zwei sind gefal­len ins Konzentrationslager gesperrt. Das Reichstagsmandat haben sie ihm schon vorher geraubt, die Existenz als Redakteur ihm, zugleich mit hunderten anderer, zugleich mit dem gro Schon um 19 Uhr wurden die Verhandlun ßen Saal des Reichstages, vernichtet. Jetzt hef- gen, die teils im Außenministerium auf dem ten sie dem Wehrlosgemachten auch noch die Ballhausplatz, teils in der ungarischen Gesandt Berleumdung irgendwelcher, nicht näher bezeich schaft geführt wurden, eröffnet. neten Verfehlungen in der Stadtverwaltung feiner Wohnstadt Brandenburg   an, statt offen erklärte Ministerpräsident Gömbös   u. a., daß er In einer längeren Mitteilung an die Presse zu sagen, daß sie sich an dem Reichsbannerfüh in der Absicht nach Desterreich gekommen sei, mit rer rächen. Da dies aber ein Musterbeispiel der österreichischen   Regierung Verhandlungen von Verleumdung ist, sei hier ein bezeichnender wirtschaftspolitischer Natur zu pflegen, Vorgang eben aus der Brandenburger   Stadt aber auch andere Fragen zu besprechen, Ministerpräsident Gömbös   ist heute mittags verwaltung in Erinnerung gebracht. Eine Woche da er der Ansicht sei, daß beide Länder aufein mit dem Zug nach Budapest   abgereist. In Ab­nach der Reichstagswahl, amt 12. März, wurden ander angewiesen sind und in faſt allen Fragen schiedsworten betonte er, er verlaffe Wien   mit der die Gemeindevertretungen neugewählt gleich in der größten Freundschaft zuſammengehen Genugtuung, daß er gute Arbeit für Un­falls noch einem einseitigen antimarristischen fönnen. Mit diesem Schritt verfolge er die Ab­Wahlkampf, da jede marxistische Wahlagitation ſicht, besonders was die wirtschaftlichen Fragen garn und für Mitteleuropa   geleistet durch Preffe oder Versammlungen unterdrückt betrifft, aus der Autartie herauszukommen und, war. Dementsprechend fielen die Wahlen aus wenn auch nicht in großen Zügen, so doch was und dementsprechend verliefen üerall auch die die beiden Länder und ihre Dimensionen betrifft, fonstituierenden Sigungen. In Brandenburg  . Fragen eines größeren Wirtschaftsgebietes zu beendeten sie ihre äffisch brutale und lächerliche bereinigen. Stomödie mit Gesang. Zuerst Deutschland  , Deutschland   über alles, welchen Sang Ebert seinerzeit zur deutschen Nationalhymne profla miert hat. Dabei standen auch die Sozialdemo fraten auf. Als aber danach provokatorisch die Mordhymne vom Horst Wessel   anaeftimmt wurde, verließen die Sozialdemokraten den Saal. Draußen stand ein SA- Spalier, das nun feine schwer genagelten Stiefel den Abziehenden gegen die Beme stieß. Ebert wurde ganz erheb lich verletzt. Er suchte dann den alten Hausarzt feiner Familie auf, um sich ein Attest ausstellen zu laffen, damit er Strafantrag stellen könnte. Der Arzt, ein Jude, bat Ebert, doch lieber zu einem anderen Arzt zu gehen, denn von der Ausstellung eines Attestes über die Folgen aufbauwilliger Tätigkeit mußte der Hausarzt schwere Gefahrent fir fich febft befürchten!!

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habe.

In Paris   schenkt man der Reise keine große Beachtung.

Noch wichtiger aber ist für die Nazidikta

Wir haben mit der Kleinen Entente   auch Antifa" massenhaft kommunistisch beeinflußte wirtschaftliche Besprechungen eingeleitet und Arbeiterjungen zugelaufen. Man darf nämlich wir stehen auf freundschaftlichem Fuß auf bei der Beurteilung der Fascisierung Deutsch  der Grundlage von Rompensationsausgleichen. lands nicht übersehen, daß dieses Volf, bejon­Selbstverständlich sind diese Fragen noch nicht ders in Preußen, seit über zweihundert Jah­endgültig geregelt." ren zu dem militaristischesten Volke der Erde erzogen worden ist. Die Kna­ben hörten von den Vätern immer wieder, daß doch die Zeit in Kaisers Rock die schönste des Lebens gewesen sei, daß es kein herr­licheres Leben gebe als das des Soldaten, die Schule setzte diese Erziehung fort und der sehr ernste Ernstfall von 1914-18 hat eigentlich nur den Schwerverwundeten und jenen, die schon sozialistisch beeinflußt in den Krieg ge­Paris, 10. Juli. Die Wiener   Reise des zogen waren, den Militarismus einigermaßen Ministerpräsidenten Gömbös wedt nur ber ausgetrieben, wobei die unabsehbaren Reihen hältnismäßig geringes Interesse der französischen   der Wehrverbände wahrlich genug ältere Presse. In französischen politischen Streifen Leute aufweisen, die stolz ihre Verwundeten­nimmt man an, daß Bundeskanzler Dollfuß   viel abzeichen zur Schau tragen, was heute zur Es ist meine Ueberzeugung auf Grund der zu vorsichtig sei, als daß er in der heutigen Erlangung von Stellung und Beförderung er bisherigen Erfahrungen, daß man eventuell Situation, wo Desterreich von den alliierten Erlangung von Stellung und Beförderung eine europäische, oder besser noch vielleicht eine Staaten eine Anleihe erwartet, die Berhand- nützlich iſt. mitteleuropäische Konferenz einbe- lungen auf gefährliche oder gar abenteuerliche Diesem Volke hat Versailles   die allge­berufen müßte, um fene Fragen in großzügiger Abwege bringen wollte. Man nimmt an, daß meine Wehrpflicht genommen, während sie Weise frei von einseitiger politischer Einstellung sich die Unterredungen mehr oder minder auf die ringsumher beibehalten wurde. Die Volks zu besprechen. Denn alle führenden Staats- Frage der praktischen Möglichkeit einer wirt sehnsucht nach Uniform, Parademarsch, aber männer müssen sich vor Augen halten, daß die schaftlichen Annäherung zwischen den beiden auch nach Gehorchen, denkausschaltendem Völker selbst den Frieden wünschen. Friede Staaten beschränkt haben. Mechanismus, ja nach Angebrülltwerden und rücksichtslojem Schliff drängte nach Erfüllung.

Nach Unterstreichung der Notwendigkeit einer Revision der Friedensverträge auf friedlichem Wege erklärte Gömbös   weiter:

Ernste Partciopposition gegen Hitler? gaben den jungen Deutschen   die Gelegenheit,

ohne den staatlichen Zwang Soldat zu sein.

Held!

Selbstverständlich sind die Strolche vom Gauleiter Brückner fordert Erfüllung aller 25 Programmpunkte er des Volkes Sehnsucht erfüllt, iſt ſein Bandenburger Rathausspalier gerichtlich oder sonstwie nicht zur Verantwortung gezogen wor­Wir haben bereits vor einigen Tagen auf hätten, aber sich mit der Bitte um Lohntürzun Wir verstehen den schier unfaßbaren Sa­den. Im Gegenteil, fie und ihresgleichen können die scharfe Tonart hingewiesen, die der schlegen an ihn wendeten. Er erklärte, er sei für dismus, der sich an wehrlosen, aber verhaßten jetzt an Ebert im Stonzentrationslager ihre Auf- fische Naziführer und Oberpräsident Brückner biese Leute nicht zu sprechen. Zieber ber- Gefangenen austobt, vielleicht cher, wenn wir bauarbeit fortseßen. gegenüber Hitler   und dem gemäßigten Flügel zichte er auf den. Oberpräsidenten­Der olle ehrliche Hindenburg, der doch anschlägt, die die soziale" Revolution entschieden posten, che er seinen Kampf gegen den inter  - uns vergegenwärtigen, daß diese Burschen oft­nationalen Kapitalismus aufgebe. mals ungeheure Gepäcmärsche und sonstige, noch lebt und fich für die evangelische Kirche ablehnen. und für die ostelbischen Junker noch einseßt, Nun meldet das tschechoslowakische Presse- Im gleichen Tone sprach Brückner gestern höchst anstrengende Uebungen machen müssen, mird selbstverständlich für den Sohn seines büro aus Berlin  , daß Brückner am Sonntag in auch in Beuthen  , wo er im Gegensaß zu deren Schärfe noch durch altpreußische Aus­Vorgängers ebensowenig tun wie für den ihm Gleiwiß neuerdings eine Rede gehalten hat, in den offiziellen Erklärungen der maßgebenden lejemethoden gesteigert wurden, etwa so, daß gutbekannten Paul öbc. Die Beiden sind der sich die Reaktion auf die letzten Hitlerreden nationalsozialistischen Persönlichkeiten erflärt nach mehrstündiger Schinderei zwar Essen ver­llerdings nicht Mitalieder der Neudeder deutlich widerspiegelte. Brückner erging sich in hat, die Nationalsozialisten werden nicht cher teilt, aber im gleichen Augenblick kommandiert Freundesrunde dieses Reichspräsidenten   sie scharfen Drohungen gegen die oberschlesischen ruhen, bis alle 25 Programmpunkte wurde, das Essen wegzuschütten und sich aber­verlangen und erwarten keine Sondervorrechte. Wirtschaftsführer, die phantastische Einkommen der NSDAP   erfüllt sind. Die Rechnung wird, Herr Generalfeldmarschall, einmal generaliter ausgeglichen werden!

Die Differenzen

13 SA- Leute auf der Flucht erschossen".

Zwischen SA   und Stahlhelm Ende Juni ist in der Lüneburger Heide   bei Wilsede   ein Konzentrationslager für rebellische haben bisher nicht aufgehört, wenn auch der SA  - Leute eingerichtet worden. In dem Lager, Stahlhelm in die nationalsozialistische Bewegung das bisher mit etwa zweitausend Kommunisten direkt eingegliedert wurde. Der neueste Vorfall und Sozialdemokraten belegt war, find drei eines solchen Konfliktes wird heute aus Oldenzehnhundert SA Leute untergebracht; burg gemeldet: Der dortige Stahlhelmführer die Bewachung liegt in den Händen eines starten Dr. Jacoby hatte sich bei verschiedenen Gele- Detachements der SS. In diesem Lager sind, wie genheiten im ungünstigen Sinne über die Sicht erst bekannt wird, in der Nacht vom Sonn ausgesprochen, was zur Folge hatte, daß zwei tag zum Montag voriger Woche dreizehn SA­Nationalsozialisten ihn in der Wohnung aufsuch cute angeblich bei Begehung eines gemeinsamen ten und verlangten, er möge feine Ausdrücke Fluchtversuchs erschossen worden. Die Toten wur­rechtfertigen. Dr. Jacoby wies beide Besucher ben innerhalb des Lagers beigesetzt. aus seiner Wohnung, worauf er verhaftet wurde. Er wird in ein Konzentrationslager gebracht werden.

Ausweisung Reichsdeutscher aus Innsbruck  .

Wie das Wolff- Büro aus Junsbrud mel det, wurden dort drei reichsdeutsche Familien, die feit zehn Jahren in Tirol anfäffig sind, wegen nationalsozialistischer Propaganda aus gewiesen. Sie haben gegen den Ausweisungs­befehl Berufung eingelegt.

in denen schärffte Kritik an Sitler und der Thü ringer Landesregierung geübt wurde. Zu einem wegen dieser Vorkommnisse vom Reichsstatt­halter Saudel in Gera   angeseßten General Appell der SA von Gera   und von Greiz  , wei gerten sich die SA   Leute zu erscheinen; hierauf erfolgte die Auflösung der Formationen. Dic örtlichen Führer der SA   und einige angebliche Rädelsführer wurden in Haft genommen.

Nach Gera   und Greiz   wurde je ein Detache ment der SS von 80 bzw. 50 Mann gelegt. ment der SS von 80 bzw. 50 Mann gelegt. Ein Mitglied der Reichs­leitung der Hitlerpartei verhaftet.

mals für mehrere Stunden in Marsch zu set­zen, natürlich mit Zugaben von Hinwerfen, Sturm auf marsch, marsch etc. Was denkt Jhr, wie sich die Burschen nach solchem Erleben zwar müde, aber jeelisch gehoben, zur Volks­erlösung berufen und für ihre Führer begei­stert fühlten!

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ohn versprochen. Jahrelang hat man Freilich, all diesen Mühen war der das sozialistische Pferd" geritten, das nach dem offenen Wort des Göbbels aus dem Stall gezogen worden war. Nach dem gedruckten Programm soll zwar die edle, unbekümmert um alle ökonomischen Unterschiede gleichge­sinnte und zur Sicherheit doch lieber gleich­geschaltete Volksgemeinschaft aller Not und In Berliner   politischen Kreisen zirkuliert vor allem den schreienden Gegensäßen zwischen das Gerücht, daß der Reichstagsabgeordnete Volksgenossen ein Ende machen. Aber oft hat Major Buch, Mitglied der Reichsleitung der das gesprochene Wort ungleich tiefer sich in Hitlerpartei und Vorsitzender des Untersuchungs- der Menschen Geist gesenkt als das geschrie­und Schlichtungsausschusses der NSDAP  , auf bene und schon gar als das rotationsgedruckte, SA.- Sturm in Gera   und Greiz   Beranlassung des preußischen Ministerpräsiden deſſen Lebensdauer eben mit dem nächsten An­wegen Meuterel aufgelöst. Bring verhaftet worden ist. ei lassen der Druckwalzen endet. Gespro­ten Göring Major Buch | te wird beschuldigt, gegen eine ganze Reihe der Die SA  - Formationen in Gera   und Greiz   in engeren Freunde Görings das Verfahren vor chen aber wurde, wie eben unter hoffnungs Thüringen   sind wegen Meuterei aufgelöst wor- dem Parteigericht wegen frimineller Delifte( drei los Jung Arbeitslosen gesprochen wird, die den. Die S- Leute hatten unter ihrer örtlichen Fälle von Unterschlagung unter anderem) er nicht schon durch die marristische Schule ge­gangen sind: Den Protzen alles wegnehmen! Führung verbotene Versammlungen einberufen, öffnet zu haben.

Wegen dieser Vorfälle herrscht unter den Internierten außerordentliche Erregung, so daß das Wachlommando der SS hat verstärkt wer­den müssen.