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Prah

Zentralorgan d. Deutschen ſozialdemokratischen Arbeiterpartei id.Tschechoslowakischen Republik

13. Jahrgang.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Freitag, 29. September 1933

Der Zusammenbruch der Volksfront

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Nach dem Bund der Landwirte und der Gewerb parici sagen nun auch die Christlichsozialen ab

Nr. 228.

Ein anderes Braunbuch

4661 vermieden und ihre demokratische Unabhängigkeit genügend bewiesen zu haben. Gleichzeitig aber breiten die Christlichsozialen den Mantel ihrer christlichen Nächstenliebe über die Fascisten aus, indem sie über den erhöhten Polizeidrud" flagen, der besonders schwer auf den Deutschen  " laste." Mit welchem Recht seßt die christlichsoziale den nationalsozialistischen Terror in Deutsch­Neben dem vielzitierten Braunbuch, das Seutschtum gleich? Parteileitung die Hakenkreuzler dem Sudetenland   und vor allem den Göringschen Reichs­

Es ist erst wenige Tage her, daß die Schaf.  | Tazu ist vor allem festzustellen, bevor darüber fung der Deutschen Volksfront, in der alle weiter geredet wird, daß deutschbürgerlichen Parteien aufgehen sollten, kein Mensch an die deutsche Sozialdemokratie| Demokratie hat denn Anlaß, die Polizei zu fürchbuch nicht übersehen werden, das von der Wer außer den Fascisten und Feinden der tagsbrand schildert, soll ein anderes Braun­von einem Großteil einer allerdings politijdy bollkommenen uninformierten deutschen   Deffent­herangetreten ist, um sie aufzufordern, fich an ten? Gegen wen sonst wurden die Wachtmittel, österreichischen Regierung dem Bollsrat zu beteiligen. herausgegeben licici mit geradezu hemmungsloser Begeisterung Im allen Märchen, welche die deutsch  - bürgerlichen gleicher Weise gegen die deutschen   Nazis mit einer Zusammenfajjung der nationalsozialiſti des Staates, spät genug, eingeseßt? Und zwar in wurde, eine amtliche Veröffentlichung, außer begrüß: wurde. Alles stellt sich dieser Neugrün- Parteien für die Zukunft schon jest verfassen, ihren verstedten Freunden und Helfern, wie gegen ichen Terrorakte in Desterreich auch eine dung gegenüber sympathisch ein und erwartet von die Wahrheit entgegenzuhalten, fei also festgestellt, die tschechischen Fafciften und die flowakischen Dokumentensammlung über die Leitung dieser ihr die Lösung aller politischen Probleme. Aber daß die deutsch  - bürgerlichen Parteien nicht die Irredentisten? Die christlichsoziale Entschließung Aktionen durch die reichsdeutsche national­jetzt, da man daran geht, den großen Plan zu verwirklichen, schleicht sich eine Bartei nach der geringste Anstrengung gemacht haben, um einen übergeht jedoch alle diese Tatsachen, um damit sozialistische Partei bringt. andern fort, wie die einzelnen Musiker aus der Volksrat zu schaffen, in dem alle deutschen   Par- Stimmung für die Hakenkreuzler zu machen. Haydnschen Abschiedssymphonie. Zuerst war es teien vertreten sind. Wären die deutschen   Christlichsozialen eine demo minister Freiherr von Neurath   dieser Tage In der arroganten Rede, die der Außen­der Herr Minister ptna, der eine nichts an fratische Partei aus Gesinnung und nicht aus Deutlichkeit zu wünschende Abiage erteilte, dann wintten die Gewerbeparteiler ab, auf die man so Angit, so hätten sie eine flare Trennungslinie vor Vertretern der ausländischen Preise in zwischen sich und den Feinden der Demokratie Berlin   hielt, sprach er auch von Desterreich. große Hoffnungen gesetzt hatte und gezogen. Sie ziehen es jedoch vor, an die Stelle Er fragte, mit welchem Rechte man es denn der verunglückten Voltsfront eine getarnte Gleich international verteidigen wolle, wenn schaltung mit den Fascisten zu sehen und wun nationalsozialistische Bewegung in Desterreich Die deutschen   Christlichsozialen scheinen ent dern sich dann noch, wenn im tschechischen Lager mit den Mitteln der Gewalt an der freien sicheres Bersted gesucht haben, den Fußtritt schloffen zu sein, auch weiterhin zwei Eisen im Bauschalbeschuldigungen gegen die Deutschen   laut Entfaltung behindert werde. Das Braunbuch von den Christlichsozialen. Feuer zu halten. Zwar hat am Mittwoch ihre werden. Die Christlichsozialen und ihresgleichen der österreichischen   Regierung schildert, wel­In einer Entschließung der christlichsozialen Reichsparteileitung die Boltsfront abgelehnt und unter den bürgerlichen Barteien tragen die cher Art die freie Entfaltung" war, die mit Bollspartei, welche die gestrige Deutsche Presse" sich damit begnügt, ihre Zustimmung zu dem Schuld, wenn in das Schicksal der Nazis andere Gewalt unterdrückt wurde. Es zeigt auch ein veröffentlicht, wird zwar die Zustimmung der etwas ungefährlicheren Volksrat zu geben. Damit Kreise des Deutschtums in der Tschechoslowakei chriftlichsozialen Partei zu dem zu schaffenden glaubte sie die allzu große Nähe der Hafenfrenzler mitgerissen werden.

jeßt erhalten die Deutschnationalen und Natio= nalsozialisten, die hinter der Boltsfront cin

Volksrat, der nach allem, was man hört, eine gan; unpolitische Körperschaf: werden wird, er­teilt, aber festgestellt, daß die Chriftlichsozialen im Bewußtsein ihrer völkischen Aufgabe ent­schlossen sind, in Programm und Methoden it ihrer zielbewußten Politik unverändert fort­sufahren".

Den Dolchitoß. den da die christlichsoziale Volkspartei im Bewuß sein ihrer völkischen Auf­gabe" der Deutschen Volksfront gibt, wird die Macher der Deutschen Volfsfront um so schmerz licher treffen, als

die erste Idee von der Volksfront von niemandem anderen ansging als- von den Christlichsozialen.

Auf dem Parteitag der christlichsozialen Partei, der am 25. Mai 1933 stat gefunden hat, richteten die Delegierten ,, an alle deutschen   Volksgenossen ohne Unterschied der Partei, die dringende Auf­forderung, jich zusammenzuschließen zu einer ein­heitlichen judetendeutschen Front". Die Chriftlich­jozialen wollten damals aus opportunistischen Gründen als die eigentlichen Vorfämpfer der fudetendeutschen Einheit erscheinen, als aber die andern die Christlichsozialen beim Worte nahmen, trat die christlichsoziale Parteileitung noch einmal zusammen und

beschloß am 27. September genau das Gegen­teil von dem, was am 25. Mai im Interesse des deutschen   Bolles gewesen war.

Getarnte Gleichschaltung Christlichsoziale solidarisch mit den Halens frenzlern.

Goering   ausgeschaltet?

London  , 28. September.  ( Inpreß.) Der Daily Herald" veröffentlicht cine Information, die wir mit allen Borbehalten weitergeben.

In Londoner   diplomatischen Kreisen wird das Verschwinden" Goerings aus dem attiven politischen Leben erörtert, des Mannes, der mehr Titel und Ünifor men bejißt als irgendeiner in Deutschland  .

Der preußische Ministerpräsident erschien in der Oeffentlichkeit zum legten Mal zur Eröffnung des preußischen Staatsrates. Seit dieser Gelegenheit scheint niemand ihn gesehen oder gehört zu haben, obschen vorgesehen war, daß er in Köln   und bei andern Gelegenheiten spreche. Offiziell teilte man mit, er jci zur Jagd nach Ostpreußen   gejahren. Der Beweis" war ein Photo von Goering   mit einem erlegten Wild, aber das kann aus früheren Zeiten stammen.

Die Besorgnis der Freunde Goerings sei verstärkt durch seine lanthafte Vergangenheit...

Wenn diese Meldung, deren Richtigkeit wir im Augenblid nicht nachprisen fönnen, sich bestätigen würde, so bedeutete sein plößliches Verschwinden, angesichts des Gegenprozesses in London   und der Komödie von Leipzig  , das eigene Ein­geständnis der Hauptschuld des Morphinisten- Generals am Reichstagsbrand.

Neurath   und Goebbels   entschuldigen sich

Für alle Fälle verstärkt die Schweiz   den Grenzschutz So schaut alio dic zielbewußte Bern  , 28. September.  ( SDA.) Zwei Nas werden, damit sich derartige Zwischenfälle nicht Politif" der Christlichsozialen aus, tionalräte interpellierten heute den Nationalrat bon der sic sprechen. über die Grenzverletzungen seitens deutscher  Wie unkritisch die deutsche   Deffentlichkeit Staatsbürger zu denen es vor einiger Zeit an der allen den Bestrebungen nach Aufrichtung einer Schweizer  - deutschen   Grenze fam. Beide National­Einheitsfront der Sudetendeutschen gegenüber- räte fragten an, was der Bundesstaat zu unter­steht, dafür ist ein Beweis ein Artikel, der in nehmen beabsichtige, damit sich ähnliche Inzi­verschiedenen deutschen   Blättern erschienen ist dente nicht mehr wiederholen. und der mit dem Ruf beginnt: Schluß mi: den

paar Bilder der Wirkungen dieser Bewe­gung": eine Aufnahme der zerfetzten Leiche des durch einen Bombenwurf ermordeten Juweliers Norbert Futterweit, im Blute schwimmend, dann eine Aufnahme seines durch das Bombenattentat zerstörten Geschäf tes, Bilder des demolierten Geschäftes der Firma Saf", Bilder, die an jene aus der großen Zeit" erinnern, und schließlich Bil­der verschiedener nationalsozialistischer ,, Argu­mente": Ammonitpatronen und verschiedene Sprengförper.

Von fünf Toten, drei Schwerverletten jiebenundzwanzig Leichtverletz en als Opfern der Entfaltung der nationalsozialisti schen Bewegung in Desterreich berichtet das Braunbuch, von fünf Anschlägen auf politische Führer, von vielen Brandstiftungen, Bomben­mürfen, Sabotageaften aller Art. Die Täter waren durchwegs Angehörige der national­sozialistischen Partei( Ditlerbewegung). Lie Anschläge und Terrorafte sind auch auf das Eingreifen und Mitwirken reichsdeutscher Nationalsozialisten zurückzuführen. Sie si: td nach einem bestimmien Plane ausgefühet worden.

Es ist nichts Neues, was das österreis chische amtliche Braunbuch berichtet. D.c nationalsozialistischen Terrorafte wurden von den Zeitungen gemeldet, auch über die Ber­bindung, die sehr enge Verbindung der öfter­mehr ereignen. reichischen Razi mit reichsdeutschen Parteistel­Bei dieser Unterredung berührte Motta gelen ist durch die Zeitungen genügend befonnt genüber den beiden deutschen   Ministern auch das geworden. Wertvoll aber ist die Sammlung, fchroffe Vorgehen gegen Schweizer   Staatsange die zusammenfassende Darstellung der natio hörige in Deutschland  , das Verbot von Schweizer  Zeitungen und gewisse Aeußerungen über die alsozialistischen Kampfaftionen", die das Schweizer   Demofratic. Braunbuch zu einem nationalsozialistischen In der Debatte, die sich über diese Augelegen Seldenbuch" machen, freilich zu einem, ant Verhandlungen! Vorbehalte parteipolitischer Art Bundesrat Motta refapitulierte in feiner heiten entwickelte, zeigten die deutschen   Minister dem die Nazi feine große Freude haben dürf haben feine Berechtigung mehr." Das sei angeb Antwort die ganze Angelegenheit und schilderte, wie das beste Verständnis und erflärten, ten. Nicht etwa, daß ihr Gewissen erschüttert lich der Schlachtruf der jungen Generation. Den es zu den drei Zwischenfällen fam. Im ersten Falle daß weder die Toftrin noch die Politik Deutsch   werden könnte! Den Nazi gilt ja die Ermor­jungen Herren innerhalb der deutsch  - bürgerlichen drangen deutsche SA   Leute auf schweizerisches Ge lands gegen die Schweiz   gerichtet sei und daß im dung des politischen Gegners wirklich als Parteien handelt es sich also nich: darum, eine bict ein, wo sie eine aus juchung vornahmen. Gegenteil nicht möglich sei, sich ein Europa   ohne Aktion, die alles Lobes wert ist. Aber die an­Deutsche Volfsfront mit einem fest umrissenen In dem zweiten Falle bemächtigten sich deutsche die Schweiz   vorzustellen. Programm zu schaffen, sondern sie will vor allem Männer auf schweizerischem Territorium eines Zum Schluß bemerkte Motta, daß die mit den Verhandlungen Schluß machen und das Schmugglers tschechoslowatischer Staatsangehörig Schweizer   Zollverwaltung bereits Schritte unter­Kind taufen lassen, noch bevor es auf die Welt fcit. nommen habe, um die Grenzwachen zu verstär­gekommen ist. Daß die Parteigestaltung im deut- Im letzten Falle, der sich in den letzten Tagen fen und den Grenzschukdienst zu verschärfen. schen Volke ebenso wie in jedem anderen Volk ereignete, handelte es sich um sechs deutsche Staats­wenn nicht alles unter einem Diftator angehörige, die einen Ball besuchten und auf dem Erschwernisse für Auslands­schmachtet die Folge der sozialen Schichtung Rückwege wegen einer umstürzlerischen Aufschrift arbeiter in Deutschland  der Bevölkerung ist und daß man diese auf dem Automobil, das sie benüßten, in einen Kon Berlin  , 28. September. Die Reichsanstalt Partei( Hitler Bewegung) nur eine Unter­sozialen Schichtungen mit Beschwörungen nicht flift mit der Grenzwacje gerieten, wobei sie einen Daß die österreichische nationalsozialistische großen Tumult verursachten. Gleich den nächsten für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche- gruppe der reichsdeutschen Partei und Herrn beseitigen fann, so viel politische Bildung sollte die deutsch   Tag", erklärte Motta, protestierten wir in Berlin   rung teilt mit, daß fett dem 1. Juli 1933 aus Adolf Hitler   unterstellt war, geht aus dem und wir hoffen, daß es auch diesmal zur Bestrafung ländische Arbeiter und Angestellte nur noch be bürgerliche Jugend haben. schäftigt werden dürfen, wenn sie entweder im Braunbuch mit aller Deutlichkeit hervor. Die Schließlich ist noch ein Aufsatz im Teplitz   der Schuldigen kommen wird." SA Oesterreich bildete unter Nr. 16 dic Schönauer Anzeiger" vom gestrigen Tage erwäh Redner führte hierauf weiter aus, daß er Besig einer Arbeitskarte oder eines Befreiungs SA Oesterreich bildete nenswert, der von der Korrespondenz der Deu  - gestern in Genf   mit dem deutschen   Reichsaußen scheines sind. Sämtliche vor dem 1. Juli 1933 Gruppe Desterreich zwischen den Gruppen schen Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft in minister von Neurath und mit Minister Dr. erteilten Legitimationskarten und Befreiungs Ostmark und Pommern  . Befehle und Anord­Brag veriandt wird, und in welchem sich der Ver- Göbbels gesprochen habe, die erklärten, daß scheine oder sonstige Bescheinigungen zur Benungen reichsdeutscher Parteistellen wurden fasser dagegen wendet, daß die Sozialdemokratie ihre Regierung bedauere, daß es zu diesen schäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers den österreichischen Organisationen übermit­sich an dem zu schaffenden Volksrat nicht beteiligt. Zwischenfällen fam, und daß sie einschreiten haben ihre Gültigkeit verloren. telt. Eine ganze Anzahl erster Führer der

deren, die Nichtnazi, können durch eine solche Darstellung aufgerüttelt werden. Es gibt ja doch noch Menschen, die eine Partei, die sich durch Morde und Sabotageakte den Weg zur Macht erzwingen wollen, verabscheuen und von einer Befreiung" durch Verbrecher nichts wissen wollen.