Nr. 229
Abrüstungs differenzen dauern an
Neurath und Goebbels fahren nach Berlin zurück
Genf , 29. September. Die. Hauptberatun gent in Genf über die Abrüstung erfuhren nach der Abreise einiger Delegierter aus Genf eine Unterbrechung. Reichspropagandaminister Goeb bels flog heute nachmittags nach Berlin ab, Reichsaußenminister Neurath reiste um 6 Uhr mit dem Zuge zur Berichterstattung an den Reichskanzler ab. Demgegenüber traf heute der französische Luftschiffahrtsminister Pierre Cot in Genf ein.
Das Ergebnis der fast eine Woche lang dauernden Beratungen über die Hauptabrüstungsfragen hat nicht die erwünschte Alärung gebracht. Die Delegationen der Großmächte haben ihren Standpunkt zu den fürzlich in Paris verhandelten Anregungen nicht geändert, mit Ans nahme der italienischen Staatsmänner, die vorgeschlagen haben, daß die neuen Teilrüstungen, die nach dem englischen Plan den durch die Friedensverträge abgerüsteten Staaten gestattet wären, Deutschland sofort zulämen.
Samstag, 30. September 1933
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SCHICHT SEIFE
MARKE HIRSCH
gerade bei der heikelsten Stelle des Beweis" verfahrens Leipzig , 29. September. Auch der heutige| Auf eine weitere Frage Torglers erflärt JaDieser Vorschlag wurde von Norman Davis Prozeßtag brachte nicht den für die offizielle nede: Auch in der letzten Zeit habe ich gehört, daß und von Paul- Bonconr kategorische abge Brandstiftungstheorie unumgänglich notwendigen die fomunistische Partei den Terror ablehnt. Ichnt. Sir John Simon nahm die italienische Beweis des Zusammenhanges der Brandstifter Anregung an. Außerdem beharrie die englische mit der kommunistischen Parteileitung. Im Delegation auf ihrer Ablehnung des Prinzips, im Gegenteil. Von Zeugen wurde bekundet, daß Falle der Verlegung der Abrüstungskonvention die kommunistischen Gruppen durchwegs gegen Sanktionen anzuwenden. Terrormaßnahmen waren, ja daß das ganze
Die Abwesenheit der deutschen Staatsmän- Gespräch vor dem Neuköllner Wohlfahrtsamt, aus ner hat in gewissem Maße weitere Verhandlun- dem die Verbindung van der Lubbes mit Romgen in Genf unmöglich gemacht, doch hofft man, munisten hervorgehen sollte, wahrscheinlich durch daß Freiherr von Neurath nach Beratungen mit einen Spizel namens Hinge provodem Reichskanzler Hitler die Möglichkeit emer ziert worden sei. Ein weiterer Zeuge befunendgültigen, mindestens prinzipiellen Ron- dete wieder, daß man Lubbe nach seinen Gesprä vention mitbringen wird, die vor dem Beginn chen unmöglich für einen Kommunisten habe der neuen Etappe der Abrüstungstonferenz not- halten können. wendig ist.
Während das Wolff- Büro, dessen Meldun gen wir als Grundlage des Berichts nehmen müssen, weil das tschechoslowakische Pressebüro seit Tagen auch nicht eine Zeile eines eigenen Berichtes mehr ausgibt, die Verhandlungen sonst in breiter Ausführlichkeit schildert, wird der Schluß des heutigen Tages außerordentlich kurz behandelt.
Spitzelarbeit?
Anonyme Nazihelden.
Teplißer Hakenkreugler träumen von Ronzentrationslagern.
Bette 3
Beim Bezirksverein deutscher Aerzte in Teplitz Schönau ist folgender Brief eingelangt:
,, Seit einiger Zeit wird beobachtet, daß jüdische Aerzte Medikamente deutscher Herkunft ihren Patienten nicht mehr verschreiben, um deutsche Waren zu boyfottieren. Wir erlauben uns, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß diese Aerzte evident gehalten werden und seinerzeit in das Konzentrationslager abzuführen sind."
Der Brief ist selbstverständlich anonym. Der Bezirksverein deutscher Aerzte beschloß, diesen Brief der Staatsanwaltschaft in Leitmerit 311 übergeben. Dem anonymen Nazihelden fönnte cs also passieren, daß er früher hinter Schloß und Riegel fommt, als diejenigen, die er auf ihr Schicksalsich erlaubt hat aufmerksam zu machen".
senft. Es entspinnt sich darauf ein längeres Frage une Antwortspiel zwischen dem Vorsitzenden und Van der Lubbe, bei dem der Angeklagte entweder gar feine oder widersprechende Auskunft gibt. Schließlich fragt der Vorsitzende:„ Haben Ste
das Reichstagsgebäude angested:?"
Van der Lubbe sagt ganz leise:„ Ja!" Janede verwahrt sich dann gegen den VorWann haben Sie den Entschluß dazu gefaßt, wurf, daß er den Plan eines Ueberfalles auf das fragt der Vorsitzende weiter. Van der Lubbe antNeuköllner Wohlfahrtsamt ausgehedt habe. Tat- wortet: Rann ich nicht sagen!"- Vorsitzender: sächlich sei ein gewisser Hinge der Mann gewve- Sie sollen uns fließend erzählen, wie es gewesen ist. sen, der ihn und andere zu einem solchen Ueber- ic- stan anßä, tantwortetß? lbjjk bijt bff bfftpflzip fall anstacheln wollte. Janede deutet an, daß Hinze, der wegen krimineller Verbrechen schon im Zuchthaus gesessen habe, vielleicht als Spiel gewirkt habe.
Der Angeklagte Dimitrow fragt dann den gestern vernommenen Zeugen Banfnin, ob er setner deutschnationalen Parteileitung von dem Gespräch vor dem Neuköllner Wohlfahrtsamt Mitteilung ar macht habe.
Zenge: Jawoh I. Dimitrow: Wann? Vorsitzender: Damit ist die Sache erledigt. Der 3euge hat die Frage bejaht.
Dimitrow: Das bezweifle ich ganz entschieden. Nach der Bause teilt der Vorsißende mit, daß
Ein Contibericht aus Berlin stellt hiezu fest, daß in den Genfer Beratungen einige erhebliche Fortschritte erzielt worden feien. Deutschland be Das Geständnis" van der Lubbes, daß stehe aber darauf, daß die von anderen Mächten zu ihrer Verteidigung für notwendig gehaltenen er den Reichstag angezündet habe, die Darstel Waffen auch Deutschland zugestanden werden: lung des Vorsitzenden über den schon in London der von Janede erwähnte inse nachträglich für als gänzlich unmöglich erkannten Weg, den die nächste Woche als Zeuge geladen worden ist. Frankreich und England wollen diese Forderung Der Kellner Starter gibt über die kommunt fletternd zurückgelegt haben soll, um zur in der ersten Periode der abzuschließenden Kon- Brandstiftung ins Reichstagsgebäude zu gelangen, ſtiſchen Zellenabende Auskunft. Janede und Lubbe und vor allem die unvermittelte Erklärung des tamen einmal in sein Lokal. Er habe Lubbe zunächst In diesem Punkte sehe Deutschland seiner Vorsitzenden, van der Lubbe sei diesen Vorhal- für einen Kommunisten gehalten, aber aus politi seits keine Möglichkeit des Nachgebens, was der deutsche Außenminister den ungen gefolgt und habe damit ihre schen Gesprächen dann Vertretern der anderen Mächte gegenüber deutlich Richtigkeit bestätigt, find auf nicht viel zum Ausdrud gebracht habe. Der Zeitpunkt der mehr als eine Schreibmaschinenseite zusammenRückkehr Neuraths nach Genf sei noch unbe- gedrängt. Durch solche durchsichtige Mäßchen wird sich die Weltöffentlichkeit aber schon gar stimmt. nicht täuschen lassen!
vention nicht erfüllen.
Gegen die Neutralität des Rundfunks.
,, Lidové Noviny" verlangen Stellungnahme des Rundfunts im Kampfe um die Demokratic.
Der Zeuge Aubeiter Paul Bienge wird unter Aussetzung der Vereidigung über die Gespräche vor dem Neuköllner Wohlfahrtsamt vernommen. Er be streitet, gesagt zu haben, Reichstag und Schloß brauchten wir so wie so nicht mehr. Auch die Aeußerung, man müsse SA. Leute mit Benzin begießen und anzünden, erklärt der Zeuge für eine grobe unwahrheit. Zeuge verneint auch, daß er eine Aeußerung Van der Lubbes:„ So musch komme" gehört habe.
Wir haben schon einige Male auf die unhalt baren Verhältnisse im tschechoslowakischen Rundfunf hingewiesen, der seine Aufgabe der Notwender digkeit der Abwehrpropaganda gegenüber dem fannt habe. Der Zeuge bestätigt dies. reich deutschen Rundfunk noch inter nicht erfaßt hat. Wir freuen uns, nachstehend die Meinung der„ Lidové Novinh" wiederzugeben, die mit aller Entschiedenheit auf die Aussoben des tschechoslowafischen Rundfunks hin.veist:
Der Vorsitzende frag: u. a., ob der Zeuge Van Lubbe als Ausländer an der Sprache er
Vors: gender: Auch als Kommuniſt? Zeuge: Nein!
Der Oberreichsanwalt beantragt, Bienge nich: zu vereidigen, weil er als Mittäter, Anstister oder Gehilfe in Frage kommen könnte. Das Gericht be schießt in diesem Sinne.
In den letzten Tagen wird sehr oft dargelegt, daß unser Rundfunk in der Propaganda für die Der Zeuge Janede gibt zu, bis Juli 1982 Demokratie nicht jene Lebhaftigkeit entvidelt, Mitglied der KPD. gewesen zu sein. In der komwelche notwendig wäre. In der Zeit, da es sich um munistischen Zelle, dessen Leiter er war, wurde die Demokratie handelt, fann der Rundfunk nicht niemals die Frage des Terrors be.
daß Van der Lubbe nicht Kommunist, ja nicht cinmal Marrist gewesen sei, weil er eine politische Theorie entwidelt habe, die mit dem Margismus nicht vereinbar sei. Auf die Frage des Zeugen, in welcher Partei Lubbe seine Ansichten verwirklicht sehen würde, habe Van der Lubbe damals geantwortet, eine solche Partei gäbe es nicht, aber am nächsten Tommie seinem Jeeal noch die Allgemeine Arbeiter Union. Bas„ Geständnis“
Das Gericht entläßt jeßt auch die übrigen für heute geladenen Zeugen und der Vorsitzende teilt mit, er wolle heute noch den Angeklagten Van der Lubbe darüber vernehmen, wie er den Reichstagsbrand ausgeführt habc.
Der Vorsitzende fordert den Angeklagten auf, ,, frank und frei" zu erzählen, wie er es gemacht habe. Van der Lubbe schweigt und hält den Kopf ge Der Vorsitzende
unterbricht dann die Verhandlung durch eine kurze Pause, in der zwei große Karten aufgehängt werden, auf denen man die Grundrisse des Erdgeschosses und des Hauptgeschosses des Reichstagsgebäudes sicht.
Der Vorsitzende schildert auf Grund der in der Voruntersuchung gemachten Angaben des Angeklagten den Weg, den van der Lubbe genommen hat. An der Karte markiert ein Gerichtsangestellter mit einem langen Stab den jeweils vom Vorsitzenden bezeichneten Punkt. Sie sind also, so führt der Vorsitzende aus, nachdem Sie kurz vor neun Uhr am Reichstag angekommen waren, rechts von der großen Auffahrt nach Uebersteigung des Geländers an der Außenseite des Gebäudes emporgeklettert und sind nach Ueberwindung der Brüstung des Fensters auf dem Balkon vor dem ersten Fenster des Restaurationsraumes im Hauptgeschoß angelangt. Im weiteren Verlauf der Sigung gibt dann der Vorsitzende ein ganz ausführliches Bild des jogenannten Brandweges. Der Vorsitzende schließt: Sie haben am Schluß ihrer Vernehmung angegeben, daß Sie glauben, zur Durchführung der ganzen Brandlegung etwa 15 bis 20 Minuten gebraucht zu haben. Die Proben, die daraufhin unternommen wurden, haben die Möglichkeit bestätigt, daß man in dieser Zeit die Brandstiftung ausführen kann. Das wollte ich vor Ihnen zur Klarstellung des Brandweges dem Angeklagten vorhalten. Er ist diesen Vorhaltungen gefolgt und hat ihre Richtig teit bestätigt. Nächste Sigung am Mittwoch.
Mißtrauensvotum
gegen de Valera abgelehnt
Dublin , 29. September. ( Reuter.) Nach einer langen, zum Teil bewegten Debatte, hat der irische Landtag eine Entschließung, die gegen die Regierung De Valera gerichtet war, mit 80 gegen 65 Stimmen abgelehnt. Wie erwartet, haben die Abgeordneten der Labourpartei für die Regierung gestimmt.
Die Flüchtlingsfrage vor dem Völkerbund
cine Einrichtung sein, welche außerhalb des handelt, im Gegenteil, jeien die Mitglieder Sonderamt für den Schutz der deutschen Flüchtlinge?
Der Voriißende ersucht nun Van der Lubbe, der, wie gewöhnlich, zusammengefunten auf seinem Stuhle hockt, aufzustehen, weil jest das Zusammentreffen des Zeugen Janede mit Van der Lubbe erörtert werden soll.
Janede ruft ihm laut zu: Marinus, tennst Du mich denn nicht? Ich hab' Dir doch zu essen gegeben.
Ter Angeklagte Van der Lubbe hält den Kopf nach wie vor gejent und schweigt.
Vorsitzender( zum Zeugen): Hat sich Van der Lubbe früher auch so verhalten?
Genf , 29. September. In der heutigen Bolligung der Völkerbundversammlung legte der holländische Delegierte de Graeff einen Entschließungsentwurf über die Behandlung der deutschen Flüchtlingsfrage vor.
In der beantragten Resolution zicht die Völkerbundversammlung die durch die Aufnahme einer großen Zahl deutscher Flüchtlinge in den Nachbarstaaten Deutschlands geschaffene Lage in Erwägung. Diese Lage schafft neue soziale, Finanz- und Wirtschaftsprobleme, die in internationaler Weise geregelt werden müssen.
Die Völkerbundversammlung soll diesem Resolutionsentwurf zufolge den Völkerbundrat auffordern, chestens die Art der Regelung des Schidsals der deutschen Flüchtlinge zu prüfen und Maßnahmen zu treffen, daß gemäß Artikel 16 des Völkerbund paktes das Budget des Völkerbundes für 1934 bereits mit der Errichtung eines Sonderamtes für den Schuß der deutschen Flüchtlinge rechne.
Streites: für die Demokratie oder gegen sie, steht. gegen den Terror gewesen. Der Rundfunk hat schon viele Dinge propagiert: mer irgend etwas propagieren wollte, ha: sich des Rundfunks erinnert. Unser Rundfunk muß ſich deſſen bewußt sein, daß er in der Zeit, da der Rundfunk in Deutschland und anderwärts für den Kampf gegen die Demofratic eingespannt wurde, seine Pflichten für die Demokratie hat und daß er die Form finden muß, in welcher eine gute Sache in dem Kampf zweier Welten unter stützen würde. Mit Recht muß vom Rundfunk eine größere staatspolitische Aftivität verlangt werden; man muß verlangen, daß er die Demo Zeuge: Tamals war er sehr lustig und fratie unterstüßt, wo sie sich wehrt... Es ist Troß der Vorsicht, mit der der holländische Delegierte der politischen Seite seines Sache des Rundfunks, eine af uelle lebendige gesprächig. Eine vorüber gebeugte Saltung bat Antrages auswich, rics die Anregung in der Völferbundversammlung große Erregung hervor. Form dieser Propaganda zu finden. Der Mund- er freilich auch damals schon gehabt. Wir fragten funf wehrt sich gegen politische Fragen, bei denen ihn, was er überhaupt wolle und welche Richtung er Auch der schwedische Delegierte Sandler er hie und da auf die Nicht zustimmung der Hörer denn vertrete. Darauf erwiderte Van der Lubbe stoßen könnte. Aber in dem Kampfe um die dann: In Deutschland gibt es teine solche Partet, fündigte seine Absicht an, die Judenfrage Demokratie fann der Rundfunk nicht der dritte die meine Meinung vertritt. Es gibt nur eine Orga- unter dem Gesichtspunkt des Minderheitenrechtes sein, der interesselos beiseite bleibt und der sagt: nisation und das wäre im Sinne der A. A. U im Politischen Ausschuß der Versammlung zur Sandlers Rede wurde sehr günstig aufge c3 handel: sich um eine politische Angelegenheit. Angeklagter Torgler : Es handelt sich um eine Sprache zu bringen. Sandler wies darauf hin, daß bereits nommen. Es handelt sich um die erste KundDie Demofraten der heutigen Zeit fönnen die Allgemeine Arbeiter- Union, eine syndikalistische lange vor dem Kriege beschlossen wurde, daß die gebung in der heurigen Völferbundversammlung Demokratic nicht als jenes System der Verwal Organisation. Vorsigender: Worin unterschied sich den Opfer des Krieges ihrer Rechte nicht verlustig über eine internationale Lösung des tung öffentlicher Dinge aniehen, welche sich selbst gehen sollen. In der heutigen großen politischen Judenproblems im Zusammenhang mi lobt. Auch die Demokratie brauch: Propaganda, Van der Lubbe von Ihnen in den Auffassungen? Zeuge: Darin, daß er feine Partei. und sozialen Verwirrung muß die Stimme Sen Ereignissen in Deutschland . ja gerade die Demokratie braucht eine flare und Später schloß sich Graeff- Holland der Für. bestimme Propaganda. Gerade die Demokratic disziplin hatte, daß er nicht nach den Füh. der Humanität zugunsten der Opfer, der sprache Sandlers für die Minderheiten und Juder ist verpflichtet, zu ihrer Propaganda moderne rern sah, sondern im Gegenteil verlangte, daß zivilen Konflikte gehört werden. Der schwedische Delegierte berief sich hiebei mit dem eingangs erwähnten fonkreten An technische Einrichtungen zu verwenden, man nicht mehr abwarten dürfe, sondern etwas auf die Grundsäße des Roten Kreuzes und trag an. allem den Film und den Rundfunt. madhen müjje.
vor
fordert, daß dieselben auch in bezug auf das Minderheitenproblem, das in sozialer Hinsicht das Problem der jüdischen Minderheit betreffe, zur Geltung gebracht werden.