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Tagesneuigkeiten

Eine Verhaltung in Breßburg im Zusammenhang mit dem Vranská- Mord.

In Preßzburg wurde gestern der Kellner D. verhaftet, der zur Gesellschaft des in Lundenburg  verhafteten Glaser gehört und im Verdachte steht, der mysteriöse blonde Mann zu sein, mit dem die Vranská knapp vor ihrem Tode gesehen wurde. D. leugnet jede Schuld und bemüht sich, ein Allibi zu erbringen, welches derzeit überprüft wird. Gegen D. lief bereits einmal eine Mord­untersuchung, als unter denselben äußeren Um­ständen, wie im Falle der Vranjtá, die zerstückelte Leiche der Preßburger Prostituierten Fibiová gefunden wurde. Damals wurde er mangels alt Beweisen freigelassen.

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F- AMMY

Samstag, 30. September 1988

Die Wiener   Arbeiter- Zeitung  " berichtet, daß die Wiener   Polizei im Jahre 1923 eine lit= Von Paris   bis London  : 1 Stunde und 7 Minuten tersuchung gegen Glaser geführt hat, als dessen Das größte und schnellste Flugzeug der London  - Paris  - Linie brachte den französischen   Luft­Geliebte Therese Hoffmann unter auffäl fahrtdirektor M. Allegre in der Rekordzeit von 1 Stunde und 7 Minuten zum Luftfahrt­ligen Umständen starb. Die Lundenburger Gen- kongreß nach London  . Unser Bild zeigt das Riesenflugzeug auf dem Flugplatz von Croydon darmerie ist überzeugt, daß die Indizien gegen Glaser so start sind, daß sie die Mordanklage gegen ihn jetzt schon rechtfertigen würde.

Ein Mordgeständnis.

bei London  .

Was Böhmerwald  - Nazis im Dritten Reiche erlebten.

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ihn im Gärkeller suchte, erschien gleichfalls nicht wieder. Nun wurden Rettungsmannschaften und Feuerwehr alarmiert. Diese drangen mit Schutz masken in den Keller vor, der mit Dryd gasen aus der Gärung der dort lagernden 15.000 Liter portugiesischen Weines angefüllt war. Stadter riß in seinem Todestampf einem Feuerwehrmann die Schutzmaste vom Gesicht, so daß auch dieser bewußtlos wurde. Ein nachfolgender Wehrmann, der keine Gas­maste trug, wurde ebenfalls ein Opfer der Gase. Erst nach längerer Zeit konnten die vier Be= wußtlosen geborgen werden. Der Küfer Stadter ist inzwischen der schweren Vergiftung erlegen.

Bergarbeitertod. In der Nacht zum Mitt­woch wurde auf dem Schacht Gargen bei Klaren tal( Saargebiet) durch niedergehendes Gestein der Bergmann August Wungfleisch auf der Stelle getötet. Ein zweiter Bergmann namens Georg Bitzer aus Forbach   erlitt fo schwere Verlegungen, daß er auf dem Weg zum Krankenhaus ebenfalls verstarb.

Braune Maschinenstürmer! Mit welchew Methoden man neben dem Hinauswurf der Unglücklichen aus der Unterstützung die Arbeits­beweisen Briefmarke, erwache! Der rasende deutsche losigkeit fünstlich reduziert, geradezu groteske Meldungen aus Deutschland  . Spießbürger hat sich ein neues Betätigungs- Danach sind im Streise Bom st einer größeren feld ausgesucht, er hat die Briefmarken Anzahl von Bauern die Kartoffelmach is Auf einem Polizeikommissariat in Prag   Statt in den braunen Himmel ins Kittchen! erschien gestern der 25jährige Schuhmacher- Aus Unterhütte wird der Zukunft" gleichgeschaltet! In Hamburg- Altona   nen mit der Aufforderung beschlagnahm wor gehilfe Josef Kučera und erklärte, ein geschrieben: Vor etlichen Wochen predigte der hat der Verein für Briefkunde" den, Arbeitslose als Ersatz für die ausfallenden Geständnis über einen Mord ablegen zu wollen. Obmann der neu gegründeten Nazipartei, daß getagt und beschlossen, eine durchgreifende" Maschinenfräfte einzustellen. Mit solchen mittel Er gab zu Protokoll, am 27. September um Arbeitslose, welche zu den Nationalsozialisten Vereinsumwandlung im Sinne des halterlichen Methoden wollen die braunen Cretins 9 Uhr früh mit seiner Geliebten Marie gehen, ohneweiteres nach Deutschland   in die rerprinzips" durchzuführen. Das, was die Arbeitslosigkeit beseitigen! Gegen diese Dilet­Adam nach Cestiz an der Sazawa gefahren zu Hopfenernte gehen können. Nun sind aber wirf- zuerst wohl nur der boshafte Scherz eines tanten sind selbst die Maschinenstürmer modern jein. Er ließ seine Freundin eine Zeitlang allem. lich einige Arbeiter, welche den Worten des fleinen allzu übermütigen Spaßvogels war, wurde Ebenso gut können die Braunen ihre gesamte und wirtschaftlich denkende Menschen gewesen! Als er dann bemerfte, daß der Landwirtsjohn Naziführers glauben, nach Deutschland   in die einstimmig angenommen, worauf die armen Maschinenindustrie zrstören und dann noch einmal Josef Lejičko mit der Adam ein Rendezvous ver- Hopfenernte gewandert( der Nazihäuptling aber rren einen richtiggehenden Führer" zum ein halbes Jahrhundert zurüd anfangen. Ston­abredete, gab er auf die beiden vier Revol nicht). Dieselben wurden dort von der Gendar Diftator über Leben und Tod aller reinrafii furrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt? Sinnvolle verschüsse ab. Die Polizei rief die Gendarmerie aus der Arbeit weggeholt und mußten drei meriestation an und stellte fest, daß tatsächlich der Wochen wegen Paßvergehens abbrummen, trop gen Briefmarfenalben ernannten. Notbekämpfung? Aber darauf legen sie ja feinen Fall sich am 27. September zugetragen habe. dem sie ihr Nazimitgliedsbuch vorzeigten. Aber Der also avancierte Narr hielt eine schmet Wert! Es kommt ihnen nur auf die plump ste Lejicfo war fofort tot, während die alles half nichts. Das Nazimitglied Bogl Johann ternde Ansprache, in der er betonte, daß zwar Propaganda an. Mag sie auch so sinnfällig Adam mit schweren Verlegungen ins hat schöne Erlebnisse mitgemacht und sagte: Briefmarken an sich nichts mit Religion idiotisch sein wie der Bomster Maschinensturm! Krankenhaus eingeliefert wurde. Mich fann der Sitler mit samt dem und Weltanschauung zu tun hätten, in diesem Lindberghs in Rußland  . Der amerikanische  Satenkreuz in A.... leden und wenn markanten Falle aber eine Ausnahme ge- Flieger Oberst Lindbergh und Frau sind gestern Doppelfelbstmord im Hotel. wir nochmals einer mit Mitgliedsmarken fommt, macht werden müsse, da der überwältigende in Richtung Tallinn   abgeflogen. Oberst Lind der fliegt hinaus." Donnerstag abends mietete ein Paar in einem Durchbruch des nationalen Willens" auch bergh, der in Moskau   von leitenden Persönlich Sotel in Prag   ein Zimmer. In das Fremden­im Briefmarkenverein seelisch und ſtatuten besichtigte während seines viertägigen Aufent feiten des Sowjetflugwesens empfangen wurde, buch trug sich der Herr als Josef Nunvař, mäßig zum Ausdruck kommen solle. Also spra- haltes mehrere wissenschaftliche Institutionen für geboren 1902 in Schlan  , dorthin zuständig, ein. 1 chen die offensichtlich geisteskrank gewordenen Flugwesen und Betriebe, wobei er seine Bewun­Seine Begleiterin trug er als seine Gattin ein. I Die Arbeitslosen der armen Böhmerwald  - teutonischen Briefmarkenzüchter und die gleich- derung über die Errungenschaften und wiſſen­Freitag früh bestellte das Paar ein Frühstück, gemeinde Fürstenhut verkaufen seit vielen geödeten Gazetten, Opfer der allgemeinen schaftlichen Forschungsarbeiten des Sowjetflug­das auf dem Zimmer serviert wurde. Das Jahren die gesammelten Beeren in den benach­Stubenmädchen fand die Hotelgäste in bester barten bayrischen Grenzort Finsterau  . Nun naziotischen Geistesschwäche, druckten das blöde wesens ausdrückte. Laune. Enva zwanzig Minuten später ertönten befamen auch die armen Beerensammler den Gestammel der Briefmarkensammler tiefbegei aus dem im zweiten Stod gelegenen Zimmer Segen des Dritten Reiches   zu spüren. stert nach.... Es ist ein Zustand, für den drei Schüsse, die das Hotel alarmierten. Das Die stramme SA Hitlers   holte zu einem nur noch der Psychiater zuständig ist-! Zimmer war von innen verschlossen und mußte schweren Schlag gegen die Fürstenhuter in Er­Urnen- Diebstahl. In der Nacht von Sonn­aufgebrochen werden. Das Hotelpersonal fand die mangelung eines anderen wirklichen Feindes aus; Frau mit einem Stopfschuß blutüberströmt im als diese wieder einmal liefern famen, zahlten tag auf Montag, den 25. d. M., schändete ein Bett. Wenige Minuten später erlag fie ihren sie ihnen für ein Pfund Himbeeren 1 Pfennig Semily  . Das Denkmal, in dem die Urne mit unbekannter Täter den städtischen Urnenhain in Verlegungen. Der Mann lag auf dem( einen Pfennig) aus und wer etwa aufzumurren der Aſche des Dichters Antal Stašet auf­Boden unweit des Bettes mit einem tödlichen begann, dem drohte man mit der Fahrt ins Kon­Schläfenschuß. Er wurde bewußtlos der zentrationslager. Ja, ein besonders forscher SA- bewahrt wurde, wurde umgestürzt und die Urne Klinik Jirásek eingeliefert. Die Tote ist, wie aus Mann glaubte seiner großdeutschen Gesinnung gestohlen. Der Stadtrat von Semily   ruf: die Aufzeichnungen hervorgeht, eine Frau Anitta besonders Ausdruck verleihen zu müssen, indem Silfe der ganzen tschechoslowakischen Oeffentlich Fiala aus Schlan  . Es wurde ein Brief vorgefun- er auf eine Partie Beerensammler schoß, die sich feit bei der Nachforschung nach den Tätern an. 10.10 Sugoslavische Volkslieder. den, in dem das Paar mitteilt, gemeinsam Selbst nicht willenlos gleichschalten" ließen. So hilft und schreibt eine Belohnung von 1000 Ke Zendung: Dr. Popper: Vorschau auf das Musik­Adolf Hitler   den deutschen Volksgenossen, daß für denjenigen aus, der die Urne mit der Asche feine Landsknechte sich widerrechtlich Ware an mit der ursprünglichen nichtbeschädigten Plombe programm der Woche. 20.00 Banjo- Trio. 21.15 Kon­zert. 22.20 Tanglieder. Brünn  : 9.15 Radioschram­eignen, deren Mehrerlös angeblich einer Weih- findet und zurückbringt. mel. 18.00 Deutsche   Sendung: Konzert für nachtsspende zufallen soll. Katastrophe im Gärkeller. Im Gärkeller zwei Klaviere. 19.00 Volksblaskapelle. Prchburg: Das Ergößliche an der Sache ist, daß es auch einer Weinhandlung in Landau  ( Pfalz  ) er- 18.25 Unterhaltungskonzert. Wien  : 1050 Liber die Gesinnungsgenossen Hitlers   betraf, die nun eignete fich ein schweres Unglück. Der 23jährige stunde. 12.00 Orchesterkonzert. 17.85 Mandolinenton­für den Spott nicht sorgen brauchen, denn Deut- Nüfer Stadter, der ohne Auftrag in den Steller zert. 18.45 Walzer und Ballettmusif. 20.00 Sieg der ichen kann nur durch Deutsche   abgeholfen werden! gegangen war, wurde alsbald von seinem Arbeits- Liebe. Leipzig  : 13. Orchesterfonzert. Hamburg  : Seit Satenkreuz! follegen vermißt. Der Stüfer Emil Weber, der 15.05 Löns- Lieder.

mord begehen zu wollen.

673

Paris  , 29. September. Heute werden 673 französische Schwerverbrecher, die zur Zwangs arbeit in den französischen   Kolonien verurteilt wurden, nach Guayana  ( Teufelsinseln) gebracht werden.

Ferdinand von Saar  

( 1833-1906.)

Beerensammler werden von SA- Leuten bestohlen!

Leichen in der Ostsee  . Von Swinemünder  Botsen wurden aus der Ostsee   in der Nähe des Swinenründer Leuchtturmes zwei Leichen aufgefischt, die mit einem Strid zusammengebunden waren. Es handelt sich um einen 63 jährigen Kaufmann Rarl Brühn aus Berlin   und feiner Gattin. Vom Rundfunk

Empfehlenswertes aus den Programmen.

Sonntag.

Prag  : 6.30 Gymnastik 8.30 Zigeunermusik.

dem Staate Franz Josefs vollzog, spiegeln auch Diesen Wechsel der Dinge, wie er sich in die Novellen wider. Aus vielen von ihnen spricht der scharfsichtige Beobachter der Wand­lungen, die nicht zuletzt auch die gesellschaftliche Struftur Desterreichs in der Zeit zwischen 1848 und 1900 durchgemacht hat. Den siegreichen und greifende Worte für die seelische Not der übermütigen Offizier der Radetzky- Armee sticht Armen, wenn er den Besitzenden zuruft: Eines aber habt ihr voraus Und danken sollt ihr dafür In schöner Demut den Göttern! Frei bewahren fönnt ihr euch

ist: Verzicht auf Macht und Genuß, Verzicht ein flares, tapferes und teilnahmsvolles Auge, noch halb mittelalterliche Wien   des Vormärz  auch auf Erkenntnis. Nicht bei allen Dester das sich auch vor häßlichen und düsteren Bildern wird von der modernen Großstadt verdrängt. reichern ist solche seelische Haltung auch eine nicht schließt: die Gedichte Saars schildern Aber auch hier bleibt Saar fein verbohrter Lob­Erbschaft des Blutes. Im Gegensatz zu seinem 3. B. mit ganz naturalistischen Farben einen preiser des Alten; auch hier bricht immer wieder Zum 100. Geburtstag am 30. September. hypochondrischen Landsmann Grillparzer   war Biegelschlag mit seinen schmußigen Wassertüm sein herzliches Mitgefühl für die Armen der Ein junger österreichischer Offizier, Wiener   Freuden durchaus nicht aus dem Wege ging. arme Proletarierweib, das mit harter Hand das Saar von Haus aus eine Frohnatur, die fleinen peln und morschen Bretterschupfen oder das Großstadt hervor. armem Beamtenadel, frühzeitig in Sein Pessimismus war auch keine Modelaune Neugeborene erwürgt, weil sie schon den anderen die Armee eingetreten sie hat unmittelbar oder eine Frucht seiner Schopenhauer- Lektüre; sieben Kindern nicht Brot genug zu schaffen ver vorher( 1848 und 49) ihren stark verblaßten er wuchs vielmehr hervor aus seinem Dester- mag. Das Arbeiterviertel mit seinen meghiti Ruhm durch Niederwerfung der bürgerlichen reichertum, aus der äußeren und inneren Zuge- schen Dünsten, Branntweinschenken und rachiti Revolution neu aufgefrischt fühlt schon nach hörigkeit zu der alt und schwach gewordenen schen Kindern taucht mehr als einmal in feiner wenigen Jahren geifttötenden Gamaschendien Monarchie die dem Dichter nicht einmal ein Lyrik auf, aber der Dichter findet auch er­stes, daß er zum Dichter und nicht zum Soldaten jorgenloses Schaffen ermöglichen fonnte. geboren ist. Er zieht als Unterleutnant zweiter Saars dichterische Tätigkeit fällt in die Zeit. Selasse seinen Waffenrock aus und hungert sich da der Industrialismus, der im übrigen durch die Jahre durch, ohne Mittel und ohne Deutschland   schon nach 1848 emporgeblüht war, Gönner, von Gläubigern verfolgt und wieder auch die kulturell fortgeschrittensten Gebiete auch die kulturell fortgeschrittensten Gebiete holt in den Schuldturm gesperrt, aber nie irre Desterreichs eroberte. Dem entsprach in der werdend an seinem Künstlerberufe. Erst nach schönen Literatur Deutschlands   der poetische seinem 40. Lebensjahre ficht er die Not lang Realismus" mit seiner Freude an der Wirklich­sam von seiner Seite weichen dank der feit des Alltags, an dem Aufstieg des Bürger­Fürsorge, die zwei edle Frauen ihm angedeihen tums, an den Erfolgen der Nation. In Defter­lassen. Aber vergebens versuchen die beiden, versucht ein Freundeskreis die breite Deffentlich feit auf den Dichter aufmerksam zu machen. Nu eine fleine Gemeinde von Lefern würdigt und schätzt ihn, und das, was er in Jahrzehnten langsamen und sorgfältigen Schaffens hervor bringt. Und nicht einmal der Ausgang dieses entbehrungs- und entjagungsreichen Lebens ift ruhig und sonnenbeschienen: ein unsäglich quä lendes Krebsleiden vergällt dem Dreinndsiebzig jährigen das Dasein und drückt ihm schließlich die tödliche Waffe in die Hand. Vierzig Jahre vorher hat der Dichter des Nachsommer" auf Bersen feiert: dieselbe Weise geendet.

An Ferdinand von Saar   erfüllt sich so das typische Schicksal des österreichischen Poeten, dem die Berührung mit dem Leben schmerzliche Wunden beibringt und dem es doch nicht ein­

reich getraute fich solcher Optimismus höchstens in der Dorfdichtung, bei Anzengruber und Ro­feager, oder bei einer Frau. Maria von Ebner­Eschenbach. Ueber den Schöpfungen der anderen liegt die Wehmut des Abschiednehmens- man scheidet von einer Welt, die man langsam in die Tiefe versinken sieht.

Dieser elegische Hauch durchdringt vor allent das, was Saar am besten gelungen ist: seine for­menreiche Lyrik und seine Novellen. Sein Zu­fall, wenn der Dichter den Herbst vor den anderen Zeiten des Jahres liebt und in innigen

Der du die Wälder färbst, Sonniger, milder Herbst, Schöner als Rosenblühn Dünft mir dein sanftes Glühn.

fällt, den Stampf gegen die feindlichen Gewalten Solche Neigung hat nichts mit unmännlicher aufzunehmen; dessen letztes Wort der Verzicht Sentimentalität zu tun, ihr paart sich vielmehr

Vor allem, was den Menschen entweiht. Denn niemals seid ihr hingestellt Auf den schmalen Klippenrand der Not, Der lauterstes Wollen

Von unwürdigem Handeln frennt, Und jene Sorge fennt ihr nicht, Die mit heimtüdischem Rattenzahn An der Seele frißt,

nach Solferino und Königgräß in der Gesell­schaft" wie bei den Frauen der erfolgreiche Poli tiker aus, die Enkelin des armen Galizianers bewegt sich mit Anmut in den Wiener   Salons, der einst wohlhabender Bürger vom Grund" endet im Armenhaus. Immer aber gilt des Dichters Liebe den vom Leben Besiegten, den Schivachen und Unterdrückten. Dieses Empfin den lebte in dem jungen wie in dem greisen Dichter: aus Beobachtungen, die er als Offizier bei einem militärischen Marsche über die Alpen  gemacht hatte, gestalteten sich ihm später seine Steinklopfer", bielleicht die erste Proletarier­Erhabenen Sinn an Gemeines lettet novelle unseres Schrifttums. Hier finden zwei Urd ein großes Heiz junge Menschen, er ein Erdarbeiter, sie die Niederzwingt in den Sumpf der Duldung, Stieftochter seines rohen Ausschers, über Tot­Bis es nach langem Kampf schlag und Gefängnishaft hinweg, am Ende doch An sich selbst verzweifelt noch ein stilles, bescheidenes Glüd. In der letz­Schuldig wird und versinkt. An Saars warmfühligen sozialen Gedichten führt das Armenhaus allerdings auch zwei vom ten Erzählung Saars aber( Die Pfründner") gehen leider unsere Rezitatoren gewöhnlich Leben bitter enttäuschte Menschen in rührender ebenso achtlos vorüber wie die Herausgeber Neigung zusammen aber nur, um sie ihr Da­sozialistischer Gedichtsammlungen. sein erst recht qualvoll beschließen zu lassen. Die Herzen seiner Landsleute hat Saar wohl am meisten durch seine Wiener   Eleist das Bürgertum des neunzehnten Jahr­Saars vornehmer und anspruchsloser Kunst gien" gewonnen, die Krone seiner Lyrik und hunderts zu wenig gerecht geworden. Hoffen zugleich das Eigenartigste seiner Werke. Von be wir, daß er unter der Arbeiterschaft unserer Reit fonderem Reiz der Gegensatz zwischen der anti- verständnisvollere Leser findet! fen Versform und dem modernen Thema: das 2. Kohler.