Ginzelpreis 70 Seller. Einschließlich 5 Heller Borto)

Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik.

13. Jahrgang.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Donnerstag, 21. Dezember 1933

Deutschlands Forderungen Furchtbare Waffe des Dritten Reichs:

am Quai d'Orsay abgegeben

Paris , 20. Dezember. Sämtliche Blatier 400.000 Sterilisierungen

widmen große Aufmerksamkeit dem Inhalt der Note, welche gestern der Rat der Berliner Bot schaft am Quai d'Orsay überreicht hat. Darin führt der französische Botschafter Francois Poucet die Forderungen der deutschen Regierung an, die durch die persönliche Unterredung mit dem Reichs­lanzler Hitler festgelegt wurden. Die deutschen Forderungen sind nach einer Information der Agence Havas: 1. Umwandlung der gegenwärti gen Reichswehr in eine aktive Armee bon 300.000 Mann mit einer kurzen Dienstzeit. 2. Das Recht, die neue Armee mit den sogenann ten defensiven Waffen gemäß der Genjer Definition und zwar in unbeschränkter Menge auszustatten. 3. Beitritt Deutschlands zu einer Rontrolle, welche sich auf die betreffenden nationalsozialistischen Abteilungen beziehen würde, wenn auch in allen anderen Staaten alle halb militärisch organisierten Formationen dieser Kontrolle unterliegen, werden. 4. Das Deutsche Reich ist bereit, Nicht­angriffspalte für die Dauer von zehn Jahren mit seinen Nachbarn zu unterfertigen.

innerhalb kurzer Zeit!

Berlin , 20. Dezember. Am 1. Jänner tritt das Gesch zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in Kraft. Wie das VDZ- Büro meldet, werden im ganzen Reichsgebiet bis zum 1. Jänner annähernd 1700 Erbgesundheitsgerichte, davon allein rund 1000 in Preußen, ferner 27 Erbgesundheits- Obergerichte entstehen, die sofort ihre Arbeit aufnehmen. Die Wissenschaft habe sich bemüht, einen vorläufigen Anhalts­punkt über die Zahl der Personen zu finden, die innerhalb furzer Zeit einer Steri­lisation unterzogen werden müssen. Sie schäßt dise Zahl auf rund 400.000 Menschen. Sie verteilen sich auf alle neun Krankheiten, die das Gesetz als Erbkrankheiten auf­zählt. Der größte Teil jedoch, die Hälfte, leidet an angeborenem Schwachsinn. Die rund 400.000 Kranken bestehen etwa je zur Hälfte aus Männern und Frauen.

Dollfuß - Bürokratie

Dr. Spinas

Nr. 298.

organisierte Demokratie

Der Herr Gesundheitsminister Professor Dr. Spina hat als Bevollmächtigter des Sudetendeutschen Landstandes", der eine Art Dachorganisation für das gesamte Landvolk jein soll, bekanntlich fürzlich eine programma tische Rede in Böhm.- Leipa gehalten, die er kurz darauf in Jägerndorf wiederholte.

Hiebei begründete er in allerdings nicht sehr eingehender Weise den sogenannten Ständegedanken. Der ständische Ge­danke, so sagte Herr Dr. Spina wörtlich, negiere und bedrohe die demokratische Ordnung nicht. Stände, wie er sie auf­fasse, hätten mit Faschismus nichts zu tun, ja sie schließen ihn geradezu aus. Ja, die ständische Organisation ist nach der Demofratie.

in Verbindung mit Nazis! Meinung Dr. Spinas- organifierte

Das Dokument der deutschen Regierung bil- Grenzschutzführer nach Bayern übergelaufen Die Flucht" des Prinzen Sachsen- Meiningen

dete heute den Gegenstand eines eingehenden Studiums der zuständigen Fachleute im franzö fischen Außenministerium. Es wird bestätigt, daß es sich um feine offizielle Note der deuts schen Regierung, sondern um die Bestätigung und die Punktation der mündlichen Unterredung des französischen Botschafters in Berlin , Francois Poncet , mit Reichskanzler Hitler handelt. Ez wird aber hervorgehoben, daß die deutsche Regierung dem Dokument große Bedeutung beimißt, da sie gestern je eine Kopie davon dem italienischen und dem britischen Botschafter überreicht hat.

Die rumänischen Wahlen

Bukarest , 20. Dezember. ( DR.) Die Wah len in das Abgeordnetenhaus nahmen im gan zen Lande einen im Ganzen ruhigen Verlauf. Die Regierung hatte alle Maßnahmen zur Ge währleistung der vollen Wahlfreiheit getroffen. Die ersten dem Innenministerium zugegangenen Nachrichten melden feinen Zwischenfall. Wie es scheint, war die Wahlbeteiligung geringer als bei den letzten Wahlen, u. zw. infolge der heftigen Fröste und der starken Schneeverwehungen, die in den letzten Tagen den Verkehr erschwerten. Nach den ersten Ergebnissen erlangte die Re­gierung eine starte Majorität. Die Zahl der abgegebenen Stimmen hat bereits 40 Prozent zu ihren Gunsten überschritten, so daß die Regierung die sogenannte Wahlpra mie erhält und im neuen Abgeordnetenhaus die absolute Mehrheit gesichert haben wird.

Um den Exekutivschutz für Arbeitslose

Genosse Schweichhart meldet unsere Forde rungen au

"

Wien , 20. Dezember.( Eigenbericht.) Als in der Vorwoche die Heimwehren dem Bundeskanzler ihre ultimativen Forderungen überreichten, versuchten sie die Er füllung ihrer Wünsche durch die Drohung zu erpressen, sie würden im Falle der Ableh nung ihre Minister aus der Regierung zurüdziehen und sich mit den Nazis vereinis gen. Den Heimwehrfascisten war es fehr peinlich, als diese, nur für einen internen Streis bestimmte Erpressung in die Oeffentlichkeit und in die Weltpresse gelangte. Sie jeßten es durch, daß die Veröffentlichung ihrer Drohung in Oesterreich den Zeitungen berboten wurde und daß die Regierung im Ausland die Sache offiziell ableug­nen ließ.

In der heutigen Sigung des Bundesrats in Wien aber wurden unwiderleg­liche Beweise für die Verbindung zwischen Heimwehren und Nazis erbracht. In einer An­frage der sozialdemokratischen Bundesräte wird nämlich darauf hingewiesen, daß schon vor Monaten im Bundesrat die Regierung auf die höchst verräterijchen Umtriebe der Heimwehren an der Tiroler Grenze aufmerksam gemacht wurde; die Regierung hat damals geleugnet, daß eine Verbindung zwischen österreichischen Heimwehrleuten und reichsdeutschen Nazis bestehe. In der heutigen Sigung lonnten aber die sozialdemokratischen Bundesräte Lichtbilder vorlegen, die in letzter Zeit von Nazis in Oesterreich massenhaft verbreitet werden; auf diesen Lichtbildern ist der Kommandant der österreichischen Grenz schutzabteilung gegen Deutschland und der Kommandant der Heimwehrab= teilung des Grenzschutz- Departements Niederndorf bei Kufstein Arm in Arm mit den Führern der SA aus Bayern dargestellt, wohin die beiden Grenzschüßler in voller Ausrüstung übergelaufen find! Es läßt sich nun nicht länger lengnen, erklären die sozialdemokratischen Bundesräte, daß zwischen Heimwehr und Nazis Verbindungen beste­hen, die sogar so weit gedichen sind, daß die Führer des staatlichen Heimwehr- Grenzschußes in Desterreich nach Deutschland überlaufen.

Gleichzeitig erfährt man aber auch aus dieser Sigung, daß sich solche Fäden auch von der höchsten Bürokratie der österreichischen Regierung zum Nazilager spinnen! Vor furzem ist der bekannte Naziführer Prinz Bernhard von Sachsen Meinin= gen, der wegen Jeiner Betätigung für die Nazis zu Konzentrationslager verurteilt war, bevor er noch dahin gebracht werden konnte, aus Desterreich geflüchtet. Es konnte nun festgestellt werden, daß die Flucht dieses Naziführers auf Interventionen hoher Regie rungsfunktionäre erfolgt ist, die den Polizeistellen einen Win erteilten, man folle den Prinzen über die Grenze laufen lassen!

Die sozialdemokratischen Bundesräte verlangen in ihrer Anfrage sofortige Aufklärung über diese offenbare Verbindung zwischen Heimwehren und anderen Regierungsstellen einer seits und den Nationalsozialisten anderseits.

Antäzlich der Debatte über die Verlänge Freisprüche im Prozeß Dessauer new) oder spreche fic frei. Das iſt Sache des

rung des Eretutionsschußes für die Landwirtschaft verwies Gen. Schweich­bart am Dienstag abend im Parlamentsplenum darauf, daß die Anregung zu der Vorlage gerade von sozialdemokratischer Seite ausging.

trom: Man verurteile sie.( Dimitrow, Bopow, Gerichts und das weitere wieder Sache

der staatlichen Gewalt." Paul- Boncour an Beneš Prag , 20.

Wir wissen natürlich nicht, was sich die Führer der Landjugend bei diesen Wor­ten gedacht haben. Dagegen wissen wir, daß der prominenteste wissenschaftliche Vertreter des Ständewesens Prof. Spann( ,, Der wahre Staat") strikter Antidemo­frat ist. Von Mussolini und Hitler , die den Korporativ, bezw. den Ständestaat praftisch aufzubauen versuchen, wird wohl nic mand behaupten, daß sie Demokraten sind.

Daß der ständische Gedanke ein Schritt zurüd ins Mittelalter ist, der vom aufstrebenden Stapitalismus überholt und be jeitigt wurde, ist wohl auch nicht unbekannt. Weniger bekannt ist allerdings, wie der praf­tische Aufbau der ständischen Organisation in einer Zeit, wo alles viel rascher fließt als zut Goethes Zeiten, eigentlich ausschauen soll. Nach Minister Dr. Spina gehört alles, was irgendwie mit der Landwirtschaft zusammen­hängt, wenn auch nur ideell, zum Land­stand. Es gehört demnach alles, was am ,, fla­chen" Lande fleucht und freucht, in einen Topf: der Großgrundbesitzer, der Bauer, Säusler und landwirtschaftliche Arbeiter, aber auch sonst alles, was von der Landwirtschaft wirtschaftlich abhängt: der Gewerbetreibende, Serämer und

Händler.

Der Herr Minister Dr. Spina ist so gütig, auch einem Stadtstande" das Wort zu reden, wo nach seiner Ansicht die An­gestellten und Beamten sowie die Angehörigen der freien Berufe den Ton angeben würden. Von einem ständisch aufgebauten Arbei terstande" spricht er eigentlich nicht. Er sagt auch nicht, was mit den Industriel­I en geschehen soll. Sier flafft eine bedenk­liche Lücke. Dafür haben wir an der Deut­ichen Arbeitsfront" im Sitlerreich,

wo Arbeiter, Angeſtellte und Induſtrielle in einem Pferch beisammen sind, ein für uns Schußhaftbefehl gegen den Verteidiger. allerdings wenig lockendes Beispiel. Wie Serr München- Gladbach, 20. Dezember. Im Minister Dr. Spina darüber denkt, hat er Prozeß gegen Professor Dessauer und Dr. Knecht bisher direkt noch nicht verraten; er lehnt nur verkündete das Gericht heute: Die Angeklagten Dezember. Der französische im allgemeinen den ständischen Aufbau von Wir sind vor allem aber auch dafür, daß werden kostenlos freigesprochen. Nach der Uricilsverkündigung machte der Außenminister Paul- Boncour erwiderte das Be- oben ab, er soll von unten herauf fommen. der Exekutionsschuß ausgebaut und ver des tschechoslowakischen Für die flassenbewußte Arbeiterschaft hat er bessert wird, und zwar in dem Sinne, daß hiesige Polizeipräsident in emer Pressetonferen; grüßungstelegramm in einer auch die arbeitslosen Häusler und Sturzarbeiter, die Mitteilung, er habe angeordnet, daß Rechts Außenministers Dr. E. Beneš mit folgender das Argument angeführt, daß der Bauer nichts habe vom Niedergange der die ein Häuschen und ein wenig Grund haben, anwalt Dr. Thormann, der Verteidiger der Depesche: " Ich danke Ihnen für das freundliche Industrie und der materiellen mit in den Schuß des Gesetzes einbezogen Angeklagten in diesem Prozeß in Schußhaft zu nehmen sei, und zwar wegen landesverrä Telegramm und beeile mich, Ihnen neuerlich zu werden. Diese Häusler und kleinen Hausbesizer sind terischer Umtriebe im Verein mit Pro- sagen, wie die Regierung der Republik und ich Sch wächung oder Vernichtung der ja noch gewöhnlich im Nebenberuf Fabrik- oder fessor Foerster in Paris , die bis in die jüngste selbst glücklich waren, daß wir Sie in Paris be Arbeiterschaft. Das ist ebenso richtig, Bergarbeiter. Wenn jie arbeitslos werden und Zeit andauerten. Es sei bereits ein Sted grüßen konnten. Ihr Besuch ermöglichte es wie die anschließende Bemerkung des Genann­die Unterstüßung nach dem Genter System abge brief gegen Dr. Thormann ergangen. Man hnen, sich neuerlich zu überzeugen, wie fest ten, daß der Arbeiter nichts hat laufen ist, erhalten fie teine Lebensmit- habe den Verdacht, daß er flüchtig ist. Bor - die Bande sind, die unsere beiden von der Berelendung der Bauern. teltarten, weil sie einen Besiy" haben, der aussichtlich würden noch weitere Maßnahmen änder verbinden. Unsere Unterredungen, weder die Zinsen, noch die Annuitäten ihrer Persönlichkeiten aus hochstehenden in- vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der tsche So faßt es ja auch die Deutsche Landpost". natürlich meist verschuldet ist. Sie können dann zur Inschußhaftnahme anderer die in einer Atmosphäre freundschaftlicher und des Klassenkampfgedankens sein.

daß sie ihr Häuschen, ihren einzigen Besitz, ver

lieren.

Daß dieje Kreise einen besonderen Schuß verdienen, ist wohl flar. Hoffentlich ge­lingt es, bis zum Ablauf des Provisoriums diese Forderung zu verwirklichen, zumal sich auch der Justizminister dafür einsetzt!

Neue Morddrohung

gegen Dimitrow

choslowakischen Republik und mit der Kleinen das Sprachrohr Minister Spinas auf, die es Entente stattgefunden haben und evenje die

internationale Zusammenarbeit mit allen dem ja wissen muß. Wie soll die Ständeordnung" Frieden ergebenen Ländern, haben die voll eigentlich beschaffen sein? Darüber zerbricht tommene Uebereinstimmung sowohl man sich auch in- Unternehmerkreisen Berlin , 20. Dezember. ( Jupreß.) Im gleich hinsichtlich der Grundsäße des Vorgehen's Desterreichs, wo mit dem ständischen Gedan­geschalteten Tag" veröffentlicht Dr. Otto Striegt als auch der Gefühle bestätigt, die ans ver fen ebenfalls gespielt wird, die Köpfe. Dort folgende neue offene Morddrohung gegen Dimi- binden." Paul- Boncour. ist jogar ein parteilojes" Ständcparla­