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ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

14. Jahrgang

Donnerstag, 4. Jänner 1934

Nr. 2

Schlagwetterkatastrophe bei Dux

132 Bergleute im vergasten Nelson- Schacht in 300 Meter Tiefe eingeschlossen Vier Eingeschlossene retten sich Vier Tote untertags geborgen

Das Schlimmste zu befürchten

Duy, 3. Jänner. Hente um drei Viertel 5 1hr nachmittags ereignete jid) auf dem Nelson III- Schacht bei Offek cine furchtbare Schlagwetterfatastrophe, deren Detona­tion im Umkreis von vielen Kilometern hörbar war. An 132 Mann wurden untertags eingeschlossen. Die Rettungsarbeiten stoßen auf die größten Schwierigkeiten, da alle Zn­fahrtsschächte durch die Explosion demoliert wurden.

Bis in die späten Nachtstunden gelang es nur, aus der Grube vier Tote zn ber­gen. Vier Berglente haben sich durch einen entfernten Schadt retten fönnen. Die übrigen sind in der Grube cingeschlossen, die derart von Explosionsgafen erfüllt ist, daß selbst die gut ausgerüsteteten Rettungsmannschaften mit den größten Edwierigkeiten zu kämpfen haben und gegen 11 1hr nachts die Rettungsarbeiten sogar vorübergehend eingestellt wer­den mußten.

Im Mitternacht erscheint die Lage so fritisch, daß für die Eingeschlossenen das Schlimmste befürchtet werden muß.

Die Grube Nelson, die aus dem Hauptförderschacht ,, Nelson III" und einigen Wet­terschächten besteht, erstredt sich von Ossef in der Richtung gegen Neudorf und Herrlich; auf ihr wird Sohle besonders guter Qualität gefördert, doch sind die Förderbedingunges hin

Der Förderschacht fliegt in die Luft

Teyli Schön a 1, 3. Jänner. ( Eigen­bericht.) Am Nelson III- Schacht der Brüger Rohlenbergbaugesellschaft, welcher zwischen Offet und Herrlich bei Dug liegt und der gegenwärtig einen Belegschaftsstand von 500 Berglente auf weift, ereignete sich heute nachmittags um 345 Uhr ein entfetliches Unglüd. Von einer fürchter­lichen Detonation begleitet, die in den eine Stunde entfernt liegenden Dur die Fensterschei ben erflirren und die Türen zuschlagen lief, schon eine ri ef engroße Stich flamme aus dem Förderschacht hervor, die für einen Augenblid den Himmel rötete und die Menschen in der ganzen Umgebung in panischen Screen versetzte. Die Sirenen heulten, die Lokomotiven pfiffen und die Signale dei Feuer wehr riefen Alarm. Die ganze Gegend wurde von Schreden erfaßt, ahnten doch die Menschen, daß sich hier etwas Furchtbares ereignet haben Sofort eilten Feuerwehren, Rettungs- und Sicherheitsmannschaften, sowie Polizei und Gendarmerie- Abteilungen an die Stätte des Grauens, die schon in weitem Umkreis durch die emporziehenden Gasschwaden gekennzeichnet

müffe

war.

Die Wirkungen der Explosion

etwa drei Kilometer vom Hauptschacht entfernt i, arg mitgenommen wurde. Dort vermochten die Nettungsmannschaften mit der Förderschale nur bis zur ersten Etage vorzubringen, da der von dort fchräg abgehende Förderstuhl ebenfalls vollständig demoliert worden ist. Diefchwe ren Solzbalken sind wie Streich­hölzer zusammengedrückt und die Eisenschienen mit unerhirter Gewalt verborgen.

Rettungsve suche

geborgen. Auch obertags zwei Tote

fct, Oegg: Anton Solanka, Herrlich; Fer­dinand 2 inke, Riesenberg: Josef Neboral, Offcgg: Karl S of manu, Offcag; Johann Jarolimet, Herrlich: Anton Soude Offcan.

An eine der ersten Tage des neuen Jah. res wird die gesamte Oeffentlichkeit und beson. ders die Arbeiterschaft von der Schreckenskunde einer schweren Bergiverkskatastrophe heimgesucht. Zwei Verunglückte, und zwar Siba aus 132 Berglente sind, in der Stunde, da wir dies Serrlich und Verner aus Offegg konnten nach schreiben, von der Welt abgeschnitten, mehrere der ersten Hilfeleistung das Krankenhaus ver- Tote sind bereits geborgen, um das Leben der laffen. übrigen Verschütteten muß man bangen. Sum. Never das Schicksal der eingeschloffenen 132 derte Frauen und Kinder harren in der fürch Bergarbeiter kann zur Stunde noch nichts Be- terlichsten Aufregung der nächsten Stunden, be. stimmtes gefagt werden. Wenn man aller gleiten die Arbeit der heldenmütigen Rettungs dings weiß, das: alle Versuche, mit den einige| mannschaften, die alle Augenblife von den gif­hundert Meter tief eingefchloffenen Menschen we figen Gasen, die dem Bergwerk entſteigen, be­nigstens telephonisch in Verbindung zu treten, täubt werden, mit augsterfüllter Anteilnahme, erfolglos geblieben sind, dann muß man die schwersten Befürchtungen hegen. Hoffnungen und Befürchtungen schütteln sic und Die Mettungsarbeiten dürften längere Zeit in drohen sie um allen Berſtand zu bringen. Vor Anspruch nehmen. ein paar Tagen mögen sie noch ein ärmliches, aber doch von ein wenig Freude und Familien­glück erfülltes Weihnachtsfest gefeiert haben und jetzt die entsetzliche Ungewißheit, vielleicht schon der falte Tod.

Seit dem großen Unglück am Frisch- Glück Schacht" im September 1900 hat das Revier feine solche entschliche Statastrophe erlebt.

Fest steht jedenfalls, daß das Sentrum derkohlenstaubexplosion in der unmitelbaren Nähe des Hauptschachtes liegen muß. Wenn nan befannt ist, wie gerade in die­fer Grube alle technischen Errungenschaften aus­gewertet wurden, muß man dem ,, Iid anf", Man dente nur, welches Leben die einge. dem Organ unserer Bergarbeiter, Recht geben, schlossenen Vergarbeiter und ihre zitternden der bereits in feiner Nummer vom 16. Novem Frauen, ihre weinenden Kinder hinter sich ha. ber auf das dort herrschende Antreibesystem und ben. Jeden Tag muß der Mann in den finsteren die dadurch erhöhte Unfallsgefahr aufmerksam Schacht, jeden Tag ins Ungewisse, jeden Tag, gemacht hat. Der Arbeiter bei der Seilbahn da der Bergarbeiter in die Tiefe ſauſt, iſt er oder im Abbau, so schrieb damals das Blatt, ist erfüllt von der Befürchtung, nie wieder ans durch die eingeführte Nationalisierung zum Licht des Tages zu gelangen. Unten aber cine Sklaven der Maschine geworden. Infolge der ungenügenden Sicherheitsvor- mühevolle, die Augen und Muskeln, den gan­kehrungen hat nun diese Warnung in der fürchen Körper schwer anstrengende Arbeit und dazu terlichen Katastrophe ihre traurige Bestätigung ein Lohn, der tief unter dem Eriftenzminimumt ist, schon deswegen, weil der Bergarbeiter nur gefunden. drei Schichten in der Woche verfährt. 120 stro­nen bringt er in der Woche nach Hause-- und davon soll er Zins zahlen, soll er Frau und zwei. Drei, vier oder gar noch mehr Kinder er­nähren und bekleiden! Aber das ist ja das Grauenhafte unserer Zeit, diese Menschen, die jolcherart leben, sich blagen, ernähren müffen, werden von den anderen noch bencidet, benn Amilich liegen über das furchtbare Unglüd fol- ihr Leben ist noch immer, bei aller Gefahr, bei allem Mangel, bei allem Elend freudvoller als das Leben jener tausender Menschen, die nicht einmal das haben, die ein, zwei, drei Jahre ar­beitslos find, die ganz verzweifelt sind von einer jahrelangen vergeblichen Arbeitssuche, zerquält und zermürbt vom Hunger, den sie spüren, der aus den trüben Augen ihrer Frauen und den blassen Gesichtern, den mageren Gestalten ihrer Kinder spricht. Das ist das Schicksal der Ar­beiter in dieser schanderhaften Welt: die einen hungern, sind un tätig, gleichgültig, haben keine fr. beit, keinen Platz in der Welt. die andern arbeiten, sinó je. den Augenblick in Gefahr, bis

Furchtbare Zerstörungen

Auf der sogenannten Alviftushöhe mitten im stillen Wald stehen ängstlich ber­rend hunderte Frauen mit gende Meldungen vor: verweinten Gefichtern und hu

Die Explosion ereignete sich furz vor 17 Uhr derte Männer in crichütternder Unge in den Graben Nelson III", Nelson VII" und wißheit über das Schicfal ihrer Kameraden. Neffon VIII", die durch einen Schacht untertags Denn nur dort erwarten die Angehörigen eine in Verbindung stehen. Das 3echengebäude der Mettung ihrer Lieben. Sier unternagmen unter Grube Nelfon 111" wurde durch die Explosion de­der Leitung des Ing. Ba mbas zwei Rettungs mannschaften den Versuch, zu den eingefchloffenen Grubenarbeitern vorzubringen. Da fie aus den bereits gefchilderten Ursachen nich bis zur Sohle des Schachtes einfahren konnten, mußten erst Grsahmotoren und Wetterzugvorrichtungen beschafft werden, um vorwärts zu kommen. Die Opfer

moliert. Bei den Schächten fanden sich sofort Rettungsmannschaften, Feuerwehr, Aerzte und Gen darmerie ein, doch war es nicht möglich, größere Met tungsarbeiten fofort in Angriff zu nehmen, da aus allen drei Gruben Gafe entwichen.

Nach weiteren Meldungen über die große Gx plosion auf der Grube Nelson" befanden sich in her Grube 116 Personen, n. zw. 107 Arbeiter und ! Ausscher, es war dies die Nachmittagsschicht. Durch Am Hofe des Nelson- Schachtes seigte sich Nach der Ausgabe der Grubenlampen sind die Explosion wurde obertags die Kohlenfortieran- bem: Beschaner ein fürchterliches Bild mit dem Nachmittagsdrittel der Belegschaft in lage demoliert, wobei vier Perfonen verlebt wurden. der Tag kommt, an dem der der Zerstörung. Der Förderschacht war den Hauptschacht ungefähr hundert, am Nelson 7 Auch der neben dem zertrümmerten Zechengebäude ammer eines unerbittlichen vollkommen zerschmeiert, die etwa 30 Bergleute eingefahren, von denen bis des Nelsonschachtes befindliche Wasserschacht Schicksals sie erbarmungsies großen Eisenkonstruktionen wie ein Draht 9 Uhr abends nur 5 Mann durch den Wann- wurde teilweise zerstört. Die beiden Schächte sind niederschlägt. geffecht verbogen, die Fenster der gan schaftsschacht bei Nelson 3 herausgelangen nicht befahrfähig. Infolge der Explosion versagten Wir haben nicht die Möglichkeit im gegen­zen Umgebung durch den furchtbaren Luftdruck tonnten. Einer von ihnen stürzte die Ventilatoren auf den Wetterschächten Nelson eingeschlagen Mauern. Eisentraversen und kraftlos knappvor der erfehn- VI, VII, VIII, und IX", die nicht zur Förderung, wärtigen Augenblick unmittelbar nach Emp­Holzpfeiler umaelegt. ten Rettung wieder in den sondern nur zur Entlüftung der Schächte dienen. Die fang der ersten Nachrichten von dem furchtbaren Der Dachstuhl des Maumes, wo die Sortie Schacht zurück. Diese Lente dürften in Lüftungsanlagen wurden aber bereits wieder in- Geschehen zu prüfen, inwieweit es sich hier rung der Koyle erfolgt, war vollkommen unmitelbarer Nähe des Förderschachtes gearbei- tigkeit gefekt. Die ersten Rettungsarbeiten sielten unt eine Naturkatastrophe oder um eine ſtrai­demoliert; Ranch- und Feuerzugen quollen tet haben und sind vielleicht einige Sekunden vor darauf ab, der Mettungsmannschaft das Einfahren liche Vernachlässigung der im Bergbau noi­aus seinen Innern. Die Förderschale des Mann den schleichenden Gafen zu Tage gekommen. zu ermöglichen. Durch den Förderschacht und durch wendigen Sicherheit oder gar bestehender Vor­war dies nicht möglich, aber schaftsschachtes wurde bis in die Seilscheiben Durch die Explosion beim Förderschacht fa- den Wasserschacht schriften handelt. Die montanistische Wissen­Hausgeschleudert und ebenfalls unbrauchbar men zwei Obertag beschäftigte fließlich gelang es nach Ueberwindung großer Schwie­schaft ist heute soweit, daß Bergwerkskatastro­gemacht. Die Wetterführung des Schachtes ist ums Leben, und zwar Wertmeist er rigkeiten, durch den Luftschacht Nelson VIII" un. unterbrochen, da üherell die gefährlichen Gase Schmidt und die in der Sortierung beschäf- tertags zu gelangen und die Verbindung zwischen den phen, wie sie in früheren Zeiten so häufig wa ren, zu den größten Seltenheiten zählen sollten. anssirimen. Der Eingang zum Förder- tigte Frau Havelka, die beide aus den Schächten VIIL und KX herzustellen. facht wurde durch die Explosion voll- Trümmern als Leich en geborgen wurden. In der Nähe der Gruppe Nelson VIII" Freilich schreitet nur allzu oft über die von der ändig verschüttet, so daß ein Eindrin- Dem Bezirkskrankenhaus in Dux wurden wurden die Leichen von vier Bergar bei- Wissenschaft geschaffenen Sicherheitsvorkehrun gen der brutale Egoismus profitlisterner e gen von dieser Seite aumöglich erschien. folgende Grubenarbeiter, die am Schachthof be- tern gefunden. Die Rettungsarbeiten nehmen einen sehr lang- triebsleitungen hinweg, die ihrem Bermaltunge. Welche Wirkung diese Explosion ausgelöst schäftigt gewesen sein dürften und zum größten haben muß, gebt am besten daraus hervor, daß Teil Vergiftungen, Knochenbrüche und leichtere famen Fortgang und sind mit ungeheuren Schwie- rat Extratantièmen und ihren Aktionären der Nelson VI.Schacht. der einen Teil der Verlegungen erlitten haben, eingeliefert: Nu- rigkeiten verbunden, da das ganze Grubentroß Krise- unverminderte Divibruden brin Mannschaftsfä: besorgt umbuftlinic bolf Sohotta, Herrlich; Bohumil Kara= ( Schluß auf Seite 2)

gen wollen. Es i bie bringenbe