Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEIN MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., POCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14. Jahrgang

Rückgang der

deutschen   Ausfuhr

Freitag, 19. Jänner 1934

Frankreichs Forderungen Parias

1933 gegen 1932 um 15 Prozent an Deutschland  

überschuifes.

Der Inhalt des französischen   Memorandums

Paris  , 18. Jänner. Hier wurde der Inhalt des am 1. Jänner von Frankreich   an Deutschland  überreichten Memorandum über die Abrüstungs­frage bekannt.

Berlin  , 18. Jänner.  ( Tsch. P. B.) Im Jahre 1933 hat die deutsche   Ausfuhr von 5739.2 Millionen RM im Vorjahr auf 4871.4 Millionen RM abgenommen( d. i. um 15 Pro­zent). Der Rüdgang ist teils auf geſuntene Preise, teils auf niedrigere Mengenumjäße zu rüdzuführen. Die Einfuhr verminderte sich von 4666.5 Millionen RM, im Vorjahre auf 4203.6 Die franzöfifche Regierung stimmt in dem Millionen RM. Mengenmäßig hat die Einfuhr Memorandum dem deutschen   Vorschlage zu, den Vorjahresstand nur wenig unterschritten. Nicht angriffspakte mit den Nachbarn Der Ausfuhrüberschuß war mit 668 Millionen abzuschließen, die eine weitere Stärkung der Raum mehr als ein Drittel niedriger als im Sicherheitsgarantien sein und auch den Zwed ha­Vorjahr und um drei Viertel niedriger als im ben müßten, die Einmischung in die inneren Ver­Jahre 1931, dem Jahre des größten Ausfuhr- hältnisse anderer Länder zu verhindern. Die Rü­tungsfontrolle joll nach dem franzöſi­ schen   Vorschlag an Ort und Stelle vorgenommen Die Arbeitslosigkeit werden, und automatisch, periodisch und für alle in Beutschland steigt gefragt, ob sie bereit ist, den von der Abrüstungs­Staaten gleich sein. Die deutsche Regierung wird In der Entwicklung der Arbeitsschlacht" fonferenz beschlossenen Maßnahmen beizupflichten des Dritten Reichs ist, wie die ,, Sopade- Informa- 3ur Rüstungsforderung Deutschlands tion" feststellt, eine bemerkenswerte Wendung ein- bemerkt das Memorandum, daß sich diese Forde getreten. Erst türzlich bezeichnete der Leiter der rung im Widerspruch mit dem Geiste der Abrü­Nommiſſion für Wirtschaftspolitik der NSDAP  . Stungskonferenz befindet, deren Zweck es im Ge­die Unterdrückung des jahreszeitlichen Anstiegs der genteil ist, eine allmähliche und allgemeine Abrü­Arbeitslosigkeit als strategische Musterleistung". ſtung durchzuführen. Der britische Plan habe für Kaum war das gedruckt, als die Reichsaastalt für Deutschland   nur ein Heer von 200.000 Wann Arbeitsvermittlung mitteilte, daß die Arbeitslofig- vorgesehen, die deutſche   Forderung, repräſentiere aber bei weitem nicht die Gesamtheit der militäri­schen Kräfte Deutschlands  , die es in jedem Augen­blick ohne Mobilisierung zur Verfügung hat. Hier auf wird auf die militärisch organisierte dentiche Polizei und auf die Wehrverbände verwie sen, die nach dem Muster der Reichswehr   aufge­baut sind. Diese Wehrverbände haben sich unter dem gegenwärtigen Regime in beunruhigendem Maße vermehrt. Jedes Abkommen über die Ein­schränkung der Rüftungen müſſe dieſe militärischen Formationen berücksichtigen.

teit im Dezember um 343.000 gestiegen sei. In Wirklichkeit ist die Arbeitslosigkeit noch stärker gewachsen. Das ist aus den Zahlen der Reichsanstalt deutlich zu erkennen. Wie sie mit teilt, ist auch die Zahl der Notstandsarbeiter um 123.000 gefunken. Seit einigen Monaten sind die Notstandsarbeiter in der allgemeinen Arbeitslosen­statistik nicht mehr enthalten. Die 123.000 Not standsarbeiter, die im Dezember arbeitslos gewor­den sind, müssen also den 343.000 gewöhnlichen Arbeitslosen hinzugerechnet werden. Das ergibt eine Zunahme von insgesamt 466.000. Sic ist höher als im Dezember 1932, wo fie nur 418.000 betrug.

Von Bedeutung ist, daß nach der Angabe der Reichsanstalt in der Landwirtschaft nennenswerte Entlassungen von Arbeitskräften nicht stattgefun­den haben. In einzelnen Gegenden hat die Land­wirtschaft sogar neue Arbeitskräfte aufgenommen. Die gewaltige Zunahme der Arbeitslosigkeit ist also allein auf das Baugewerbe und die Indu= strie zurückzuführen. Sie ist weit weniger die Folge des außergewöhnlichen Kälteeinfalls", wie man amtlich angibt, als der zunehmenden Schwierigkeiten konjunktureller Art.

Das französische   Memorandum zählt hier auf die verschiedenen Herabjegungen und Ein­schränkungen der Rüstungen auf, welchen Frank reich beizupflichten geneigt ist.

1. Frankreich   würde, namentlich für die ersten

Einzelpreis 70 Keffer

( einschließlich 5 Heller Parto)

Nr. 15

Die neue Sklaverei

Fünf Millionen Stlaven soll es bisher noch, einem Bericht der„ Anti Slavery So­ciety" in London   zufolge in den dunkelsten Ge genden unseres Erdteils geben. Ihre Zahl wird Jahre, der Durchführung des allgemeinen Abri- fich mit dem Inkrafttreten des neuen„ Geſetze stungsabkommens, dem modifizierten englischen Plan zur Ordnung der nationalen Arbeit" um die zustimmen, der bekanntlich vorsicht, eine Herabfet schätzungsweise zwanzig Millionen Arbeit: ch­zung des franzöfifchen Effektiv Rüstungsstandes, mer erhöhen, die zurzeit das Unglück haben, eine Aenderung der deutschen   Reichswehr   in eine unter der Tyrannei des Dritten Reiches   leben einheitliche Verteidigungsarmee mit furzfristiger zu müssen. Dienstzeit und allmählicher Annäherung der Effet. tivbestände beider Armeen an die Barität, sowie Satten noch am 1. Mai vorigen Jahres eine gleiche militärische Streitmacht für Frankreich   furzsichtige Menschen geglaubt, auch der Natio­und Deutschland die Zukunft nur für die unerläßnalsozialismus werde nicht umhin können, dem fiche Landesverteidigung beſtimmt iſt. verlockenden Schlußteil seines Firmennamens 2. Frankreich   würde auch der Einstellung der irgendwie Geltung zu verschaffen, so mußte sic geiamten Rüstung auf Grund des ienigen Standes der Raub der Gewerkschaften, die Vernichtung Kriegsmaterial schweren Kalibers vber hoher Ten Auffüllung der Konzentrationslager mit politisch zustimmen. Es wäre bereit, jede Produktion von der Arbeiterpresse und der Arbeiterparteien, die nage zu verbieten, allerdings unter der Bedingung, miliebigen Proletariern, die Einsetzung der so­daß auch die übrigen Staaten gleiche Maßnahmen genannten„ Treuhänder der Arbeit“, die Bern­treffen würden. Gleichzeitig würde aber Frankreich  fung der größten wirtschaftlichen Scharfmacher für diese erste Periode eine allgemeine Kontrolle an Ort und Stelle, eine automatische, veriodische und in führende Stellungen des Dritten Reiches  , ja für alle Staaten gleiche Kontrolle fordern. Diese jedes neue Gesetz und jede neue Verordnung, die Kontrolle würde auch den Truppenſtand, die Pro- erschienen, eines besseren belehren. buftion der Waffen und ihre eventuelle Einfuhr be Aber selbst diejenigen, die durch den natio treffen. Erft in der zweiten Beriode der Durchfüh naliſtiſchen Phraſendrusch, durch das inzwischen rung des geplanten allgemeinen Abrüstungsabfom­mens värde Frankreich   der Zerstörung eines be auch in Deutschland   weitgehend zerstörte Mär stimmten Materials zu Lande oder in der Luft veichen von der gewonnenen Arbeitsschlacht und pilichten, und zwar vor allem der schweren Ge- ähnliche Propagandakunststücke des Herrn Goeb­schütze und der Bombardierungsflugzeuge bis zu 50 bels sich hatten foppen lassen und die vielleicht Prozent, allerdings auch unter der Bedingung, daß noch am vergangenen Sonntag nicht ohne sans­alle übrigen Staaten in gleicher Weise vorgehen ten Druck von oben zu„ Dank" Rundgebungen würden. erschienen waren, werden jetzt merken, daß das versprochene große Osterei, das man ihnen heute schon für den Frühling verheißt, nichts anderes ist als ein bösartiges Kuckucksei. Das Leben, das aus den Schalen dieses Gesetzes bricht, wird mit Zwangsläufigkeit jedes Recht auf Eigen­Dasein neben sich verdrängen, so wie die Stuf fucksbrut die anderen aus dem Nest zu werfen fucht.

Zum Schluß erklärt das franzöfifche Memo randum, daß, Frankreich   sehr wünscht, daß Deutschland   wiederum zur allgemeinen Abri­ſtungskonferenz in Genf   zurückkehre, da die Durch beratungen dieser Angelegenheiten nicht bloß Frankreich   und Deutschland   betrifft, sondern eine Angelegenheit internationaler Zusammenarbeit ist.

Suvich mit Gasbomben empfangen

Nazikrawalle in Wien  

In einem Telegramm Dr. Leys an Adolf Hitler   wurde das Gesetz als„ Durch brud) des Gedankens der sozialen Ehre" gefeiert. Noch weiter ging Dr. Goebbels  , der sich auf den furzen Beinen seiner Lügen spreizte und im Berliner   Lustgarten ausrief:„ Wir sind gekommen, um dem Arbeiter sein Brot und der Wien  , 17. Jänner.  ( Eigenbericht.) Seit die Innere Stadt   ohne Licht. In der Dunkelheit Nation ihre Ehre zurüdzugeben. Die deutsche dem frühen Morgen sind in den Straßen war es den Hakenkreuzlern möglich, ihre Revolution ist eine Revolution des Volkes gewe­Wieder drei Todesurteile Wiens Tumulte zu verzeichnen, wie sie seit Jah- Streitkräfte" aufs neue vor dem Hotel Impe­sen, und das Bolt soll auch nun in den Genuß ren nicht zu beobachten waren. Trotzdem die Po- rial" einzusetzen, um den Skandal fortzuführen. Hamburg  , 18. Jänner. Am Donnerstag lizei ganze Stadtviertel abgesperrt hatte, gelang Die Polizei versuchte zwar, die Nazis vom Hotel der Früchte dieser Revolution fom­Iten." nachmittag wurde unter startem Andrang der es tausenden Hakenkreuzlern, zum Bahnhof zu abzudrängen, doch dauerte der Kampf zwischen Deffentlichkeit und in Anwesenheit des Reichs- ziehen, um bei der Ankunft Suvichs mit einem ihr und den Demonstranten von halb 6 bis An ihren Früchten sollt ihr sie statthalters im Prozeß wegen der Ermordung unerhörten Strawall einzusetzen,.gegen den die halb 10 Uhr, erst dann trat einigermaßen Ruhe erkennen! Wahrlich), Herr Dr. Goebbels   hat des Hamburger Hitler  - Jungen Otto Bloeder das Polizei vollständig machtlos war. Gleichzeitig ein. Die Hakenkreuzler wollen aber Freitag den Recht! Elf arbeitsrechtliche Gesetze, darunter das Urteil gefällt. Der Hauptangeklagte Fischer wurden Gasbomben geworfen, welche die Stra- Nadau fortsetzen. Betriebsrätegeset, die Tarifver­wurde wegen gemeinschaftlichen Mordes, wegen en vernebelten und so den Nazis ermöglichten, Dr. Alberti verhaftet tragsordnung, die Schlichtungs­gemeinschaftlich versuchten Mordes und wegen Papierhakenkreuze zu streuen und Verwirrung bersuchten Totschlages zum Tode und zu einer beim Empfange des italienischen Staatssekretärs Wien  , 17. Jänner.  ( Eigenbericht.) Sente verordnung und die Stillegungs­Gesamtstrafe von 15 Jahren Zuchthaus ver- anzurichten. Auf dem Wege zum Hotel Impe- abends wurde der gleiche„ Graf" Dr. Alberti, verordnung werden aufgehoben. Alles, ab­urteilt. Ferner wurden die Angeklagten Detimer rial" mußte Suvich ein dichtes Spalier von den Dollfuß   noch vor acht Tagen als Justizmi gesehen von dem nur in einem wahrhaften Volks und Helbig wegen gemeinschaftlich vollendeten Hakenkreuzlern passieren, die ihn mit Seil Hit- nister haben wollte, verhaftet und in das Konzen staate tragbaren Schlichtungswesen, das trotz sei­Mordes zum Loke und zu einer Zuchthausstrafe ler!" und„ Es leve der Anschluß Desterreichs an trationslager Wöllersdorf gebracht. Den Zeiner zumeist arbeiterfreundlichen Entſcheidungen von je acht Jahren verurteilt. Drei Angeklagte Hitlerdeutschland" begrüßten. Die Polizei ging tungen wurde noch gestern Nacht mitgeteilt, daß allzusehr nach der längst verstaubten und zerbro­fourden freigesprochen. Zwei Angeklagte erhielten mit Säbel gegen die Demonstranten vor, doch die sensationelle Meldung über die Rusammen chenen Zentralarbeitsgemeinschaft" der ersten Gefängnisstrafen von drei, bzw. zwei Jahren. setzte sich der Krawall bis zur Ringstraße fort. arbeit Dr. Albertis mit Starhemberg nicht ver- Nachkriegswochen und nach dem halbfascistischen Die übrigen 20 Angeklagten bekamen Zuchthaus  - Er steigerte sich abends gegen halb 6 Uhr, als öffentlicht 1. eden dürfe. Die Provinzblätter, die Solidaritätsgedanken schmeckte, Ansäße einer, strafen von 4 bis 12 Jahren. von der Meldung Notiz genommen hatten, wur- wenn auch bescheidenen Mitbestimmung und den beschlagnahmt. So versucht die Regierung Sicherung der Arbeiter im Betrieb und im so­Dollfus, Starhemberg und seine Freunde zu zialen Leben. decken.

Frankreich   kündigt Handels­vertrag mit Deutschland  

der Empfang Dollfus's bei Suvich im Hotel " Imperial" stattfand. Während diefes Empfan­ges zerstörten die Nazis die Sicherungen der Hauptlichtleitung und mehr als eine Stunde blieb

Oesterreichs   Finanzminister nach Prag  

Saarfrage und Völkerbund

An Stelle der Spenglerschen Devise: Paris  , 18. Jänner. Handelsminister Lau­Preußentum und Sozialismus", könnte über tent- Eynac gab heute in der Versammlung des dem neuen Gesetz mit Fug und Recht stehen: Verbandes der französischen   Ausfuhrindustrie be­Nur ,, Austausch amtlicher Anschauungen". Preußentum statt Sozialismus!" fannt, daß Frankreich   morgen den Handelsvertrag Wien  , 18. Jänner. Wie die ,, Reichspost" er= Genf  , 18. Jänner.  ( Havas.) Der Völfer Der übelste Gamaschenknopfdrill hält unter die. mit Deutschland   tündigen werde. Der Handels- fährt, wird Bundesfinanzminister Dr. Buresch am bundrat wird morgen den Bericht des Präsidenten sem neufeudalistischen Staate, der von Volksge­minister erklärte, daß Frankreich   eine Politik der 30. Jänner nach Prag   reisen. Der Finanzmi- der Regierungskommission im Saarlande, Knox. meinschaft spricht, wenn er an Heeresdisziplin Tariffreiheit beginne und mit den fremden Stad- nister leistet einer Einladung des Industriellen entgegennehmen. Der Völkerbundrat wird sich in denkt, in das Wirtschaftsleben seinen Einzug. ten Handelsverträge auf. neuen Grundlagen ab- tlubs Folge. seiner gegenwärtigen Tagung nicht über die Siz schließen werde, weil dies das einzige Mittel zur Finanzminister Dr. Buresch wird dieser Ein- cherheitsmaßnahmen äußern, welche vor dem" Führer" des Betriebes soll, so wie es bereits Besserung der Lage der französischen   Industrie sei. Tadung zufolge einen Vortrag über die österreichi- Saar- Plebiszit im Jahre 1935 werden getroffen Führer" in den Interessenverbänden der Bet­Borläufig bleibe Frankreich   bei dem Kontingent schen Wirtschaftsbeziehungen zu den Nachfolge- werden. Seine Aufgabe wird sich einstweilen auf tenhändler, der Dosenwürstchenfabrikanten und system, aber nicht als Agressive, sondern als Defen- staaten mit besonderer Berücksichtigung der Tsche- den Austausch amtlicher Anschauungen bezüglich der Pianofront" gibt, der Unternehmer werden. fibmittel der Vorbereitungen des Plebisaits beschränken. Endlich also wird der heißeste Wunsch der

choslowatci halten.