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Mit Gottes Hilfe.. Desterreichische Politik.

Samstag, 20. Jänner 1934

Bismarck  

Treffend charakterisiert das gestrige České Slovo" die österreichische Politik mit dem Hinweis darauf, daß der Entwurf der neuen österreichischen Ständeverfassung in der Einleitung sich auf den lieben Gott beruft: Es entspricht der altösterreichischen Tradi­tion, daß die österreichische Regierung in dieser Not zum lieben Gott flüchtet und sich anschickt, in seinem Namen eine neue Verfaſſung zu ver­fünden, welche das Land in einen christlichen Ständestaat verwandeln soll. Mit Gottes Silfe wurde, wie wir uns erinnern, in Desterreich schon manches begonnen, was nicht gerade glücklich ge- Preußen und Bayern   bleiben endet hat, und auch eine neue Verfassung von der Gnade Gottes birgt nicht die Garantie gegen Bei dieser Gelegenheit soll eine Reform des bisherigen preußischen Ministerpräsidenten Ge­den Widerstand der Hitlerianer in sich.. Mit staatlichen Organismus des Deutschen Reiches neral Goering. Reichskanzler Sitler wird Hilfe der Sozialdemokraten und überhaupt aller verkündet werden, die die bisherigen Länderein allerdings auch weiterhin formal preußischer antihitlerischen Strömungen ließe sich, wie es richtungen beseitigen soll. Der ursprüngliche ra- Statthalter bleiben. scheint, etwas mehr ausrichten als mit Hilfe dikale Plan dieser Reform mußte start abge= Was die Sonderstellung Bayerns   betrifft, Gottes, allerdings unter der Vorausseßung, daß ändert werden. Es wird fast als sicher an- ist die Erklärung cher in dem allgemeinen politi­der Widerstand der Heimwehren gegen die Sit- gesehen, daß die bisherige onderstellung schen Programm der Nationalsozialisten zu suchen. Yerianer nicht geringer sein wird als gegen die Preußens und Bayerns   gewahrt Die nationalsozialistischen Kreise rechnen nämlich Sozialdemokraten. Dem Willen Gottes sich hin- werden, dagegen alle übrigen deutschen   Länder zu zugeben, ist sicher nicht die einzige Möglichkeit in einem Ganzen zusammengeschlossen werden. der heutigen Situation, besonders wenn wir er­Die Erhaltung des preußischen Staates er wägen, was von diesem Willen einſt Herr Papen   lärt sich aus persönlichen Rüdjichten, u. zw. bei Beginn des Regimes Hitler   gesagt hat. Die einerseits aus der Rücksicht auf den persön Wege des Herrn sind, wie das Sprichwort sagt, I ichen Wunsch Hindenburgs, anderer unerforschlich und niemand weiß, was aus sei- seits aus der Rücksicht auf die starke Position des nem Willen entspringen kann oft nicht cin mal derjenige, der sich ihm anvertraut.

in der Rumpelkammer

Reichsgründungstag wird nicht mehr gefeiert

Berlin  , 18. Jänner. Der auf den 18. Jän- jfür notwendig, irgendeine Kundgebung ner fallende 63. Jahrestag der Reichsgrün- über die Bedeutung der Bismarckschen Taten für dung war in früheren Zeiten ein großer Na- die gegenwärtige Zeit zu veranstalten. Die Er­tionalfeiertag in Deutschland  , wobei besonders die klärung dieser Absenz ist nun nicht schwer. Erst Verdienste Vismards gefeiert wurden. Heuer der 30. Jänner als Jahrestag der Kanzlerschaft ging dieser Jahrestag fast unbemerkt vor Hitlers   wird in Deutschland   als großer Na­über. Die offiziellen Hauptpersönlichkeiten des nationalfeiertag begangen werden. tionalsozialistischen Regimes hielten es nicht

Die Staatsbahnen im Monat Oktober 1933

Als die Hitlerregierung bald nach ihrem Beginn das Aufgehen der deutschen   Länder im Reich ankün­digte, erntete fie dafür helle Bewunderung, sogar bis weit hinein in die Linte! Dort erinnerie man sich, Ein Bericht des Eisenbahnministeriums über wie man selbst 1919 in der Jugend der Republit das die Betriebsführung der Eisenbahnen im Otto- gleiche Streben hatte, das aber am Partikularismus ber des Vorjahres führt an: Die Betrieb der Länedr scheiterte. Gerade die bayrische Revo­einnahmen betrugen im Oktober 1933 321.8 Millionen, das ist um 25.5 Millionen ( 7.33 Prozent) weniger als im Oktober 1932. Die Einnahmen aus der Personenbeför derung sanken um 8.22 Prozent, aus der Güter beförderung um 9.24 Prozent, die übrigen Ein­nahmen stiegen um 2.15 Prozent.

Iutionsregierung hatte sich vor diesen Partikularismus gespannt, um so die Bauern zu gewinnen und die Hebe gegen die landfremden Heimatslosen" zu ent fräften, die an der Spizze ständen.

In der Vorzeit hatte es große Unterschiede zwi­schen den Ländern gegeben. War Preußen der abso­Tute Polizeistaat, so hielt der Süden daran fest, Die Betriebsausgaben betrugen modern zu sein. Dort hatten auch die Arbeiter ein 324.4 Millionen, das ist um 27.9 Millionen Landtagswahlrecht, dort gab es eine ungleich größere ( 7.92 Prozent) weniger als im Oktober Preßfreiheit und dort fanden Ausländer, die als So­1932. Die Sacheausgaben waren um 14. 2 Mil- zialisten aus Preußen ausgewiesen waren, ein sicheres lionen, die Personalausgaben um 13.7 Mil- Asyl. lionen geringer.

In der Republik   war dieses Verhältnis um Befördert wurden 17.3 Millionen Personen, gefehrt- nun war Preußen der Hort der Demo­um 91.000( 0.52 Prozent) weniger als im Of fratie, während Bayern  , später auch Württemberg, tober des Vorjahres. An Waren wurden 5.4 Wilder monarchistischen und dann der hatenkreuzlerisch lionen Tonnen befördert; der Rückgang beträgt getarnten Reaktion Unterschlupf und Hilfe gewähr­0.5 Millionen Tonnen, das sind 8.5 Prozent.

Die Zahl der Angestellten war um 17.546( 11.11 Prozent) fleiner als im Oktober 1932; sie betrug 140.364.

damit, daß durch die vollkommene Zentraliſierung Deutschlands   ein neues Hindernis für den An­schluß Oesterreichs   an Deutschland   entstehen würde und wollen demnach Bayern   als Land re­servieren, das, da es in vieler Hinsicht Desterreich verwandte ist als die übrigen Teile Deutschlands  , Desterreich in seinen Schoßz aufnehmen würde.

ten. Heute gibt es keinen Unterschied mehr, es ist alles gleichgeschaltet, überall dasselbe.

Wenn es richtig ist, daß neben Hindenburg   auch Goering   der Auflösung Preußens widerstanden hat, so widerholt der Bayer Goering hier das Vorbild des Berliner Juden Eisner, der Bayern   1919 nicht aufgeben wollte, freilich troydem ermordet wurde und bis zum heutigen Tag auf das niederträchtigste be­schimpft wird.

Nach außen hin hat die innere Teilung Deutsch­ land   nie geschwächt. Das hat sich 1870 ebenso

erwiesen wie 1914. Daran ändert die große Sprach­verschiedenheit nichts, von der man z. B. aus dem Weltkrieg erzählt, daß in Oberbayern   die Insassen eines noigelandeten Militärflugzeuges verhaftet und als vermutliche Engländer nach München   transpor tiert werden, weil sie eine fremde Sprache redeten dem Generalfommando in München   wurden die Flie­und feine Verständigung mit ihnen möglich sei. Auf ged allerdings sehr bald freigelassen, denn es waren Offiziere vom sächsischen Garderegiment.

Ob Hitlerdeutschland siebzehn oder dreigeteilt oder gang ungeteilt ist es bleibt eine Schmach der Menschheit und eine ständige Gefahr für den Frieden!

25.000 Kilo

Wäsche

wäscht eine Hausfrau in

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RADION

wäscht allein!

4 Jahrzehnten!

Haben Sie sich jemals ein Bild von der enormen Ge­wichtsmenge der Wäsche gemacht, die eine Hausfrau in die­sem Zeitraum für ihre Familie zu waschen hat? Ist Ihnen je die unge­zählte Zahl der Stunden zum Be­wußtsein gekommen, die sie, ge­bückt über dem Waschfrog, mit dem Rumpeln und Reiben der Wäsche zubringen mußte?

... Die moderne Frau braucht sich heute mit der Wäsche nicht mehr Waschen einfach geworden... mit

Zusammenstöße auf der Ringstraße abzulegen, denn heute ist das

steigern, in die Tat umgesetzt.

In der Zeit von Jänner bis Otto: ber 1933 betrugen die gesamten Betriebs­Wien, 19. Jänner.  ( Eigenbericht.) Die einnahmen 2532.1 Millionen; jie san­Nazi haben ihre Drohung, die Exzesse anläßlich len gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres um 377.9 Millionen oder 12.99 Prozent. Die des italienischen Besuches in Wien   heute noch zu Betriebsausgaben ohne Abschreibungen) waren um 315.7 Millionen( 11.19 Prozent) Kleiner und betrugen 2822 Millionen. In der Zeit von Jänner bis Oftober 1932 erreichte der Rückgang der Betriebseinnahmen 629.9 Millionen ( 17.80 Prozent), die Betriebsausgaben san fen nur um 184.2 Millionen, das ist 5.54

Prozent.

Die Verschuldung

In der Tschechoslowakei Deffentliche und private Berschuldung 113.4 Milliarden.

In der letzten Nummer des Statisticky obzor" veröffentlicht Dr. Pavel Smutný einen Artikel über die Verschuldung in der Tschechoslo­ wakei  , dem wir die nachstehenden zusammenfassen­den Ziffern entnehmen: Es beträgt die Verschul

Stärke von 400 Mann am Bahnhof zuſammen und drangen auf den Perron, wo sie auf den Ge­leisen Barri fa den errichteten oder sich selbst auf die Geleise legten. Dadurch machten sie die die Abfahrt des Zuges unmöglich und erzwangen schließlich die Freilassung des verhafteten Natio­nalsozialisten.

Schon vormittag begannen die Ausschreitun­gen im Zentrum der Stadt, das die Regierung mit Tausenden Wachleuten zerniert hatte. Troß- Als die Gendarmerie Verstärkung erhielt, dem konnten die Nazi an fünf verschiedenen Stel unternahm sie einen Bajonettangriff len der Ringstraße Spreng för per wer- gegen die Demonstranten, wobei ein Nazi getötet fen, die großen Schaden anrichteten. Vor der tech- und einer schwer verletzt wurde.

nischen Hochschule auf dem Starlsplay zogen die Nazi Hatentreuzfahnen auf. Dabei fam es zu schweren Zusammenstößen mit der Wache, die mit Gummifnüppeln gegen die Demonstranten losging. Der Kampf verbreitete sich bald über die ganze Ringstraße bis zum Nat­haus. Bei diesen Schlägereien wurden zwölf Nazi verletzt. Die Zahl der Verhafteten ist sehr groß, aber noch nicht genau bekannt.

Von der eigenen Bombe erfaßt

In Jals bei Innsbruck   unternahm der Nationalsozialist Eder den Versuch, eine Petarde zu schleudern. Dieselbe explodierte jedoch vorzeitig und riß ihm die Hand vom Leibe; Eder erlitt auch noch weitere schwere Verlegungen.

Landbund gegen Verfassungsreform

Für Mitbestimmung des Volkes.

Der Landbund hat gestern einen Be­schluß gefaßt, in dem es heißt:

Festvorstellung mit Hindernissen Die Unruhen in den Straßen hielten dann schuldung des Staates 38.7 Milliarden, die den ganzen Tag über all. Abends entzündeten Sie der Selbstverwaltung 11.1. zusammen also die Nazi gegenüber dem Burgtheater, wo eine Fest­öffentliche Verschuldung 49.8 Milliarden. Die vorstellung zu Ehren Suvichs veranstaltet wurde, private Verschuldung beträgt 59.6 Milliarden, ein großes atentre u 3. Während die davon entfallen auf die Land- und Forstwirtschaft Feuerwehr noch mit dem Löschen beschäftigt war, 12.8 Milliarden, landwirtschaftliche Industrie explodierten unmittelbar vor dem Theater wieder Die in der Tagespresse mitgeteilten Richt­und landwirtschaftlicher Handel 4.1 Milliarden, drei Sprengförper, die eine große Zahl Industrie und Gewerbe 18.9 Milliarden, Handel von Fensterscheiben des Burgtheaters zertrümmer- linien zur geplanten Verfassungsreform lehnt 4.9 Milliarden, Baugenossenschaften 3.7 Milliarten. Polizei säuberte daraufhin die Ringstraße den, Bautredit Einzelner 9.2 Milliarden, alles und drängte die Demonstranten in die Nachbarbe- der Landbund ab. Eine Verfassungsreform übrige( Konsum, Spekulationstredite etc. 6.0 3irte ab. Dort wiederholten sich die Tumulte vor im ständischen Sinne, für die der Landbund stets Milliarden). Schließlich kommen hiezu noch allem in der Landesgerichtsgasse, wo die Polizei eingetreten ist, kann nur dann zweckentsprechend Steuerrückstände im Betrage von 4 Milliarden, mit blantem Säbel vorging. Einige sein, sofern das Abstimmungsrecht des so daß sich die gesamte öffentliche und private Nazi wurden dabei leicht verletzt. Verschuldung mitsamt den Steuerrückständen auf Die Festvorstellung im Burgtheater fand nur vor geladenen Gästen statt; alle Verkaufsfar

113.4 Milliarden stellt.

ten wurden für ungültig erklärt.

Voltesgewährleistet ist. Der Landbund wünscht angesichts der schwierigen Lage die rascheste Beschleunigung der Vorarbeiten, um die Verfassungsfrise chestens zum Abschluß

Fristverlängerung zur Anmeldung der Um­satzsteuer für die Landwirte. Mit Rücksicht auf die Verhandlungen über die Neuregelung der pau= statierten Umsatzsteuer für Landwirte, hat das Finanzministerium allen Landwirten die Frist für die Einreichung der Anmeldung zur Umsaß- verletzter zu verzeichen sind. steuer für das Jahr 1933 bis zum 31. März ver­längert. Diese Fristverlängerung betrifft das Be­tenntnis zur Umfaßſteuer für den geſamten Erlös und den Wert des eigenen Verbrauches aller land­wirtschaftlichen Betriebe.

Ein Toter in Krieglach   bringen.

Noch ernsteren Charakter hatten die Zusam menstöße in der Provinz, vor allem in Steiermark  , wo in Sriegla dh ein Toter und ein Schwer­

Der Fascist Fey   kriegt einen Orden

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Unterstaatssekretär Suvich hat gestern dem Dort war ein Nationalsozialist verhaftet Vizekanzler Fey das ihm vom Könige von Ttatten worden, der in das Konzentrationslager in Wöl- verliehene Großkreuz des Mauritius  - Ordens über­lersdorf transportiert werden sollte. Die National- reicht und ihm bei dieser Gelegenheit die Glück sozialisten schlugen Marm, rotteten sich in der wünsche Mussolinis übermittelt

RADIO N.

Es ist ja so einfach: A) abends die Wäsche einweichen, B) früh Radion in kaltem Wasser auf­lösen und die Wäsche dann in der Lösung mindestens 15 Minuten kochen,

C) die Wäsche erst warm, dann kalt schweifen, bis das Wasser klar bleibt... und fertig ist die Wäsche! Ohne Rumpeln, ohne Reiben schonend und rasch blütenweiße Wäsche durch Radion.

Plag Dich nicht

numm

RADION

,, Göring   seufzt erleichtert"

Amsterdam  : Het Volk" schreibt zur Hin­richtung van der Lubbes:... Gefährlich, höchft gefährlich, war und blieb dieser holländische Schweiger für die nationalsozialistische Brandstif terbande. Die Möglichkeit, daß dieser armselige Mensch, von der nationalsozialistischen Vergiftung seines Gehirns befreit, einst doch den jetzt ge schlossenen Mund auftun würde, um die wirklichen Reichstagsbrandstifter zu nennen, blieb offen. Von diesem Albdruck hat sich das Hitlertum radikal be freit. Dem letzten Zengen, der das Geheimnis des Brandes hätte entfäneiern fönnen, wurde in eine andere Welt geholfen. Göring  , der die unterirdi­schen Gänge seines Palais für die Nazi- Fackelträs ger weit geöffnet hatte, muß einen erleichterten Seufzer von fich gegeben haben: Gott sei dank, dieser Autläger ist nicht mehr."