academie

h

Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEIN MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGL.CH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076.

14. Jahrgang

Suvich fährt

HERAUSGEBER  : SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG.

auch nach Budapest  

Rom  , 29. Jänner. In der zweiten Hälfte

Dienstag, 30. Jänner 1934

Einzelpreis 70 Heller

( einschlieblich 5 Heller Porto)

Nr. 24

Erst Gleichberechtigung Ein Jahr fifler

des Monates Feber wird sich der italienische Un- Die sozialdemokratische Antwort an Dollfuß

terstaatssekretär im Außenministerium Suvich nach Budapest   begeben, um die Besuche zu erwi­dern, die der ungarische Ministerpräsident und der Außenminister Mussolini   abgestattet haben.

Balkanpakt

noch diese Woche

Belgrad  , 29. Jänner. Am 2. Feber werden in Belgrad   der rumänische Außenminister Titus lescu, der türkische   Außenminister Te to fit Ruchdi Bey, der griechische Außenminister

Marimos und der jugoslawische Außenmini­ster Jevtic zusammentreffen, um sich über den Ballanpatt zu einigen.

Doch Völkerbundaktion? Paris  , 29. Jänner. Petit Parifien" zufolge ist, wie die lebten Meldungen besagen, Großbritannien   doch der Ansicht, daß Desterreich ſeine Beschwerden gegen Deutſchland   dem Böl­ferbundsrat unterbreiten soll.

Der römische Berichterstatter des Temps" meldet: Die italienische Regierung scheint der Absicht zuzuncigen, gleichzeitig mit der briti fajen Regierung in Berlin   eine diplomatische Des marche in der öſterreichischen Frage zu unter­nehmen. Die italienische Regierung will aber nicht selbst die Anregung zu einem solchen Schritt geben und würde entschieden eine freundschaftli­the Regelung der ganzen Angelegenheit vorzie­hen. Im Rom   hofft man immer noch, daß die deutsche Antwort auf die österreichische Note der Biener Regierung die gewünschte Beruhigung geben werde.

Dollfuß   selbst erklärte Montag in einer Rede nuf dem niederösterreichischen Bauerniag, er werde, falls die deutsche Antwort nicht eine ent­sprechende Klarheit und Sicherheit bringe, die

Stonsequenzen ziehen".

Dollar- und Pfund­stabilisierung?

New York  , 29. Jänner.  ( Savas.) Mel­dungen amerikanischer Zeitungen zufolge, beab­sichtigt die Regierung der Vereinigten Staaten   so fort nach der definitiven Annahme des Roosevelt  schen Finanzplanes die Verhandlungen mit der britischen   Regierung über die endgültige Stabi­lisierung des Dollars und des Pfund Sterling   aufzunehmen.

Ein schwerer Schlag

Wien  , 29. Jänner. Der Parteirat der sozialdemokratischen Partei, dem bekannt­lich weder Mandatare noch Angestellte der Partei oder der Gewerkschaften angehören, hat gestern zu dem Appell" des Bundeskanzlers Dollfus   vom 18. Jänner, dem alsbald das Kolportage- Verbot der Arbeiter Zeitung  " folgte, Stellung genommen. Es ist bezeichnend, daß dieser Beschluß in der heutigen ,, Arbeiter- Zeitung  " zu zwei Dritteln tonfis­ziert wurde, und zwar gerade an jenen Stellen, in denen erklärt wird, daß die Arbeiter­schaft zur Mitarbeit nur unter der Zusicherung ihrer verfassungs­mäßigen Freiheitsrechte bereit ist.

Wir veröffentlichen nachfolgend die ganze Resolution:

Krise mitzuwirken. Der Barteirat er­

Dersuch einer Bilanz

Am 30. Jänner 1933 ist in den Gemä­chern des Reichspräsidenten   und des Herrn von Papen die Entscheidung über das fünftige Schicksal Deutschlands   gefallen, von dem wir somit genau ein Jahr absondern und der Ver. gangenheit zuweisen können. Welcher Bruchteil dieses Jahr einmal in der Gejamtära des deut­ schen   Fascismus darstellen wird, das wire wesentlich von dem Grad der Erkenntnis abhän­gen, mit der wir das Wesen des Fascismus zu durchdringen und die Voraussetzungen zu seiner Ueberwindung zu schaffen verstehen. Darum ſei versucht, nüchtern und ehrlich die Bilanz eines Jahres zu ziehen.

Der Weg zur Macht

" Der Bundeskanzler hat am 18. Jänner des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes ge­einen Appell an iene Kreise der Bevölkerung" wählte Körperschaften im Bunde und in den Län­gerichtet, die aus klassenlämpferischen Grünben dern und das freie Koalitionsrecht der Arbeiter bisher noch abseits stehen." Er hat den Wunsch und Angestellten gewährleistet, dann wird die Ar­ausgesprochen, daß seine Argumente von der Arbeiter und Angestelltenschaft sicherlich zur Mit­beiterschaft beachtet werden. arbeit an der Schaffung einer solchen Berfassung Die sogenannte nationale Revolution" bereit sein. hat nicht durch einen Aufstand der Massen, nicht Der Parteirat erinnert daran, daß die öster­reichische Sozialdemokratic, insbesondere auch in Die sozialdemokratischen Arbeiter und Ange- einmal durch einen Putsch), ja zum Unterschied ben Beschlüssen bes Parteitages vom 3. Dezemberſtellten stehen zur Unabhängigkeit Desterreichs und von Mussolinis Aufstieg, nicht einmal durch eine 1933, ihre Bereitschaft erklärt hat, an einer find bereit, fie mit allen Mitteln zu drohende demonstrative Geste, einen Marsch nach friedlichen und verfassungsmä- verteidigen. Sind doch die Arbeiter und An­isen Entwirrung der politifm en fafciamus, her, buie Dentſchland zeigt, die Arbei- Sturz Brünings und mit dem Staatsstreich vom gestellten die erbittersten Feinde des National Berlin etwa, über die Republik   gesiegt. Mit dem flärt, daß die ſozialdemokratische Arbeiterschaft erniedrigt. Aber der Kampf gegen den Rational: widerſtandslos hinnahm, hatte sich die altpreu im Staat wie im Betrieb zu rechtlosen Sklaven 20. Juli 1933, den die demokratische Linke auch jest in jebem Augenblicke zu dieser Mit- fascismus, der die Unabhängigkeit Desterreichs be- ßische Junkerklaffe, verbündet mit der Schwer wirtung bereit ist. droht, fann nur dann wirksam geführt werden, industrie und den Großbanken, in den Besit wenn die Propaganda aller dem Nationalfafcis der Reichsexekutive und der preußischen Staats­mus feindlichen Parteien von beengenden Schran- macht gesetzt. Zunächst versuchten die Junker, ken befreit wird; wenn der Arbeiter- und Ange- allein zu regieren. Dieser Versud) scheitert an stelltenschaft die Gewähr geboten wird, daß sie ihre eigene Freiheit schütt, indem sie die Unabhängig­der Unfähigkeit, der materiellen wie der gei. feit verteidigt, und wenn alle demokratischen Kräfte ſtigen, des Herrn von Papen und ſeiner Stun im Lande, unbeschabet ihrer sonstigen Gegenfäke, vane, die Söldnerbewegung der Nationalsozia im Stampfe gegen jedweden Fascismus und zur listen loszuwerden. Sie läßt sich nicht mit Brot planmäßigen Erneuerung der Wirtschaft, zur Ein­dämmung der Arbeitslosigkeit zusammenwirken.

Der Parteirat stellt aber feft, daß jowohl der seit dem März planmäßig immer weiter geführte Abbau der Freiheitsrechte des Boltes und der so­zialen Rechte der Arbeiter, Angestellten und Be­amten, als auch vieles, was man bisher über die Verfaſſungspläne der Regierung gehört hat, jene innere Bereitschaft" der Arbeiterschaft zur Mit­arbeit, die der Bundeskanzler in seiner Rede vom 18. Jänner gefordert hat, nicht aufkommen laffen. Die neue Notverordnung behält die Ar­beitsstellen bei den Arbeiten für den Bund den Angehörigen der den Regierungsparteien partei­mäßig zugehörenden Organisationen vor. Der Bundeskanzler kann nicht die ,, innere Bereitschaft" zur Mitarbeit von Menschen fordern, die, feit Jahren arbeitslos, jetzt erfahren, daß sie ihrer Ge­sinnung, ihrer Ideale wegen von der Arbeit aus­geschlossen werden. Mitarbeiten, mitwir fen können nur Gleichberechtigte.

Der Parteirat hat überdies Weisungen für die Fortsetzung des Abwehrkampfes der Ar­beitertiasse gegen alle fascistischen Bestrebungen beschlossen, die unmittelbar den Organisationen übermittelt werden.

reich weiter höchst unflar und voller Spannungen Sicher ist, daß die politische Lage in Deiter Der Bundeskanzler fann ferner die innere und Gefahren bleibt. Der Austrofascismus, dessen Bereitschaft" der Arbeiterschaft zur Mitarbeit an Organisation die Heimwehren sind, verkündet nach der Durchführung von Plänen nicht erwarten, die wie vor als sein Ziel die gänzliche Niederwerfung der Arbeiterschaft noch nicht bekannt sind. Wenn der Marristen". Die Arbeiterschaft muß also aber eine Berfaſſungsreform auf verfaf- weiter bereit sein, sich und die Nevu- fnugsmäßigem Wege geschaffen werden blit, wenn es notwendig wird, mit soll, wenn sie die Gesetzgebung durch auf Grund allen Mitteln zu verteidigen.

ten abspeisen, sondern fordert in richtiger Er­Tenntnis ihrer geschichtlichen Rolle, die bei einer Festigung des Regimes zu Ende gewesen wäre ( der Mohr hat seine Schuldigkeit getan- der Mohr kann gehn"!) die Sicherung ihrer Bente, die ganze Staatsmacht. Selbstverständlich war sie auch damals schon bereit, den Geld- und Auftraggebern ihrerseits die Leistung nicht vor zuenthalten, nämlich die Stabilisierung der kapi talistisch- feudalen Besiz- und Ausbeutungsver­hältnisse.

Die Novemberwahlen zeigen die braunen Söldner zwar zum erstenmal empfindlich ge­schwächt. Zugleich aber wächst die Zahl der NPD- Wähler und damit die, von den Juntern gewaltig überschätzte, bolschewistische Gefahr. Die Wirtschaftsanfurbelung Papens ist zufammen­gebrochen. Das Chaos droht. Da entschließen

Starhemberg   plaudert aus der Schule die Sunker, die Wahrung ihrer Intereſſen

In einer Rede anläßlich einer Führer| stüßung(!) Ieihen könne. In innerpolitischer Be tagung hat Starhemberg   gestern direkt zichung habe die deutsche Regierung oder eine die Bedingungen aufgestellt, die er, der doch deutsche   Partei natürlich in Desterreich nichts überhaupt fein Regierungsamt bekleidet, für dreinzureden. Verhandlungen mit Hitler   stellt:

der Reichswehr  , dem General Schleider, anzuvertrauen.

Sehr bald erweist sich dieser Mann und die­ses Instrument als ungeeignet, die Forderungen der Junker zu erfüllen. Schleicher will nicht der gegen das Prestige der Hitler­Man kann sich vorstellen, was Dollfuß   tats Büttel der Strautjunker und Schlotbarone sein, Regierung Adolf Hitler   anerkennt schriftlich die Unab sächlich noch hineinzureden hätte, wenn es dem sondern seinerseits Industrie und Bankfapital, Zum deutsch  - polnischen Balt schreibt hängigkeit Desterreichs; er anerkennt schriftlich. Fascistenhäuptling Starhemberg aus irgendeinem Sunker und Arbeiter in den Dienst des totalen daß der Fascismus in Oesterreich   durch den Grunde doch wieder einfiele, mit Hitler   seinen Wehrstaates stellen. Um die Nationalsozialisten die Moskauer   ,, J 3 westija" u. a.: österreichischen seimatschutz vertres Frieden zu schließen! entscheidend zu schlagen, nähert er sich den freien Starhemberg verriet dann noch, daß vor Ebenso wie Deutschland   durch das West- Lo- ten wird und daß daher eine nationalsozialistische carno die französisch- deutsche Grenze anerkannte, Partei in Desterreich überflüssig ist. Hitler   ver nicht zu langer Zeit Verhandlungen mit Gewerkschaften. Um die Junker faltzustellen, anerkennt es jetzt die polnisch- deutsche Grenze. pflichtet sich schriftlich, niemals den Versuch zu Sitler angebahnt werden sollten( Wir haben duldet er die Enthüllung der großen Osthilfe­Wenn sich diese Anerkennung aufrichtig erwiese, unternehmen, nichtösterreichische Deutsche   in die über diese Versuche vor einigen Tagen berichtet! skandale. Aber er und die als Partner in Frage so würde sie den Verzicht Deutschlands   auf Führung zu bringen. Wenn Hitler   diese Voraus- Die Red.), die aber daran gescheitert seien, daß kommenden Gewerkschaften zögern. Die Junker jene Politik bedeuten, für die es mit der größten feßungen schriftlich anerkennt, sei Starhemberg Hitler, sowohl Dollfuß   wie Starhemberg   die Verhandeln. Außerstande, selbst die Rettung des Kapi­Konsequenz während der ganzen Nachkriegszeit bereit, darüber zu sprechen, in welcher Form handlungen hinter dem Rücken der plädiert hat. Die Tatsache, daß gerade die Hitler- Desterreich in außenpolitischer Beziehung an der en antragen ließ, um sie offenbar gegen- talismus zu besorgen, von Schleicher verraten". Regierung genötigt war, ein Uebereinkommen mit der deutschen   Reichsregierung seine Unter einander ausspielen zu können. müssen sich die Junker zu dem letzten Mittel Bolen zu unterzeichnen, worin sie auf gewaltsame entschließen, den Söldnern die Macht zu über. Aenderungen der Versailler Grenzen im Osten geben. Was der Bankier Schröder seit Wo. berzichtet, zeugt von der tiefen Besorgnis, Erklärung wiederholic, daß er nicht um das Ver-| chen vorbereitet hatte, wird zur Tat: Papen  , bon der der Führer der deutschen   Politik infolge trauen der Arbeiterführer, die er Vaterlands- ugenberg und Oskarvon Hinden­der außenpolitischen Isolierung ergriffen sei. Troß den Begrüßungen seitens der fascistischen Die politischen Reden, die am heutigen Mon- verräter" und marristische Volksverführer" burg machen Hitler zum Reichs­Presse Deutschlands   anläßlich des deutsch  - polni- tag von Dollfuß   und Starhemberg   nannte, sondern nur um das Vertrauen der kanzler. Papen und Hugenberg   selbst, ferner der Stahlhelmführer Seldte  , treten in das Kabi­fchen Vertrages bedeutet er einen ich toeren gehalten wurden, beweisen, wie wenig man dort Arbeiter werbe. Herr Dollfuß   scheint bei dieser nett ein. Man hofft immer noch, den Mohren an Schlag gegen das Prestige der Hit- den Ernst der Situation in Desterreich abschätzen Gelegenheit übersehen zu haben, daß die Ant­wort, die ihm gestern erteilt wurde, keineswegs Ter- Regierung und ruft unvermeidlich kann. eine große Ünzufriedenheit in den Kreisen der Herr Dollfuß hat heute im christlich von Arbeiterführern, sondern von dem Partei- der Kandare halten, Hitler übertölpeln zu kön deutschen   Nationalsozialisten, besonders in Preu- sozialen Freiheitsbund wieder eine Rede gehalten, r at beschlossen wurde, in dem ausdrüdlich Mannen. Diese Rechnung ist falsch gewesen, ebenso Ben hervor. Dies ist der deutschen   Regierung nicht in der er zu der Stellungnahme des Parteirates datare der Partei, ja selbst Parteiangestellte we wie die Spekulation auf ihr Gelingen bei den weniger telannt, als unbeteiligten Beobachtern. tein Wort sagte, hingegen seine berühmte der Siß noch Stimme haben,

Dollfuß   will nicht kapieren.

Demokraten.