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Samstag, 17. Feber 1934
Die Opfer des Bürgerkrieges
Die Zahl der Toten und Verwundeten ist weit größer als man ursprünglich angenommen hat und vor allem viel größer, als jie Dollfuß weitergeben läßt.
An Toten werden 2500 an Verwundeten 5000
an Gefangenen 4000 gezählt
85 Kinder wurden bei dem Massenmorde n der christlichen Fascisten umgebracht und 50 Frauen ermordet. Die christliche Presse auch hierzulande aber inbelt, das Dollins mit. fobiel Schneid und schweren Haubigen die marxistischen Nester" gesäubert hat.
Protest der tschechischen Genossen bei Dollfuß
Der Parteivorstand der tschechoslos bemokratische Verfassung und slowakischen Sozialdemokratie hat an den das Geset; diese kämpfen gegen Aufrührer, denen österreichischen Blutkanzler folgenden ein feine seivaltfame ufurpierung einen Schimmer von drucksvollen Protest gerichtet: Legalität geben kann; diese kämpfen gegen die Vergewaltigung der Demokra „ Dr. Engelbert Dollfus, Bundeskanzler der tie, zu deren Idealen sich die Mehrheit der ziviliRepublik Desterreich! sierten Menschheit bekennt..
Wir können die Dual nicht länger ertragen, die ans die Nachrichten von dem Unglück verursachen, das in diesen Tagen Oesterreich heimgesucht hat. Unser ganzes Bolk bebt in Entsetzen über die Ereig nisse, zu denen es unter Ihrer politischen Berant
Sagen Sie nicht, Herr Kanzler, daß wir uns in die inneren Angelegeheiten eines fremben Staates einmischen. Wir tun es schon zum zweiten Malc. Das erste Mal war es damals, als wir für eine un
bertmillionenanleihe Ihres Staa es eintraten, votierten und garantierten, um dem österreichischen Volk Freiheit und Leben zu erhalten, zwei Menschenrechte, die Sie nun vernichten. Was fich icht bei Ihnen abspielt, ist geeignet, die Nuhe
ihres Baterlandes und weiterer Teile Europas zu bedrohen.
Ohne jede diplomatische Reserve warnen wir Sie, im Bürgerkrieg weiter fortzufchreiten.
wortung gekommen ist. Die Hinrichtung schwer verwundeter Gefangener rufen in unserem Volt und in uns ein Grauen vor der Grausamke it hervor, die kein Beispiel im Leben der zivilisierten Menschheit hat. Das ist weder Justiz noch Politit,.das ist Nach e! Wir und sicherlich niemand glaubt, daß Sie die geschliche Ordnung gegen bolschewistische Aufstände verteidigen. Wir bezeugen vor der ganzen Welt, das es in Desterreich beinahe überhaupt keine Bolschewiken gibt und daß die Philosophic, die Politik und das Fühlen der österreichischen sozialdemokratischen Bartei immer scharf antibolschewistisch war. Gesetz und Ordnung, auf die Sic, Herr Kanzler, Ihren Eid Herr Kanzler, vielleicht ist es noch Zeit, daß geleistet haben, wurde von den österreichischen Arbei- nach der großen Schuld die große Neue, Befriedung tern nicht gestört. Diefe kämpfen für die und ein neues Leben komme. Für die Tschechoslowakische sozialdemokratische Arbeiterpartei Antonin Hampl , Vorsitzender Vojtech Dundr, Sekretär
österreichischen
Wir sind solidarisch mit dem Volt und fühlen uns verpflichtet, dies vor aller Welt zu bekennen!
Marodeure und Lumpen
Die Rolle der kommunazischen Apparatschiki
Es ist bereits gezeigt und an dieser Stelle belegt worden, daß die kommunistische Presse ihrer Tradition auch in diesen Tagen treu geblieben ist. Bährend zehntausende Arbeiter fiebernd den Kampf der österreichischen Genossen verfolgen, zu jedem Opfer der Solidarität bereit, haben die Burschen, die im Solde Moskaus die Politik der Spaltung und Verhebung der Arbeiterschaft besorgen, auch jetzt keine anderen Sorgen, als die Sozialde motratie zu beschimpfen und mit fauſtdiden Lügen den Heldenkampf der Wiener Arbeiter als kommu nistische Parteisache zu reklamieren.
..Revolutionärer Generalstreit und bewaff neter Aufstand in Desterreich" heißt es im Titel der Kommunistischen Zeitungen am 13. Feber, aber im selben Atem werden die Partei und die Gewertschaften, werden die Führer und Vertrauensleute, die den Kampf begonnen und vorbereitet haben, des Verrats bezichtigt. Im Leitartikel der mosfowitischen Blätter finden sich folgende ungeheuer
liche Stellen:
.... der französische Block schließlich stützt sich auf die österreichische Sozialde mokratie, die er auch mit Waffen versorgt hat, nicht zu dem zwede, um den österreichischen Arbeitern den Kampf um ihre Freiheit zu ermöglichen, sondern um so weit als möglich die imperialistischen Interessen dieses Blods zu schützen."
Man fragt: dumm oder gemein? und muß feststellen, daß die moskowitische Polemit beides in stärtstem Maße ist. Der Verüber des Bubenstücks, der angesichts eines in der Geschichte beispiellosen Heldenlampfes dredige De magogie treibt und nicht vergessen kann, daß es seine Aufgabe ist, die Interessen Italiens , der mit Rußland befreundeten Macht, wahrzunehmen, der Marodeur also fährt fort:
,, nicht umsonst hat gerade in den letzten Wochen die bürgerliche und insbesondere die sozialdemo kratische Presse die Frage des Einmar sches in Desterreich in aller Deffentlichfeit behandelt. Es genügt, in diesem Zusammenhang an den bekannten Artikel Dr. Franzels zu erinnern...
ob
sozialdemokratische Presse int jetzt so, als der revolutionäre Widerstand der österreichischen Arbeiter das Wert der SPDe
wäre...
Diese Manöver der sozialdemokratischen Parteien und ihrer Presse in der Tschechoslowa lei haben nur den Sinn, die tschechoslowakischen Arbeiter von einer wirklichen Unterſtügung des österreichischen Proletariais zurückzuhalten und sie für jene imperialistischen Pläne ausaunüßen, über deren Gefährlichkeit heute fein Biweifel mehr möglich ist... Vielleicht wird die tschechische Bourgeoisie samt ihren sozialfascistischen Lakaien...
und in diesem Tone weiter bis zu dem revolutio närem Ende, daß Kundgebungen, Aufmärsche. Demonſtrationsstreits gefordert werden. in deren Durchführung sich die Apparatſchili ja ſeit Jahren als die lächerlichsten Phraſendrescher und Versager
eriviesen haben.
Wallisch fälschlich totgesagt
Bei Bruck an der Mur verteidigt sich noch immer Koloman Wallisch heldenmütig gegen die Uebermacht der Regierungstruppen. Die Prämie, die von der Regierung auf seinen Kopf ausgesetzt wurde, ist von 1000 Schilling auf 5000 erhöht worden.
munistische Partei Oesterreichs und teine Losung aus ihren Reihen. Alles erlogen! Alles Gerede und albernes Geschwäß, um von der entscheidenden Tatsache abzulenten:
In diesem größten Kampfe des europäischen Proletariats seit der Pariser Kommune hat die österreichische Arbeiterschaft von der Komintern und von Sowjetruẞland nicht eine Patrone, nicht eine Pistole, nicht einen Papierböller erhalten!
Wir wissen alle, was die österreichischen Arbeiter hätte retten können: moderne Waffen, Flugzeuge vor allem und Munitionsnach s ch u b. Was hat Nu I and, was hat die Komintern dazu getan, es den kämpfenden Wiener Arbeitern zu schaffen? Nichts. Die verblutenden Wiener Proleten hätten einen Bombenflie ger gebraucht. Die Komintern gab ihnen eine Parole und in Wahrheit nicht einmal die!
Vor
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Das Pack aber, das die heroischeste Unterneh mung der Arbeiter seit 60 Jahren als das Feuer ansicht, an dem es seinen demagogischen Dred aufwärmen fann, fomunt uns mit der Einheitsfront. Eines verdienen die freiwilligen Zutreiber und Klopffechter der Mussolini , Fen und Sitler und das sollen sie haben: den Subtritt Das
jedes ehrlichen Proleten. Wer den Marodeuren und Reichenfledderern die Hand reicht, schändet das Andenken der Toten von Wien !
Beneš bei Doumergue und Barthou
Paris, 16. Feber.( Havas.) Minister Doktor Benes hatte heute vormittags nach 11 Uhr eine Unterredung mit Ministerpräsidenten Doumerque, der auch Außenminister Barthou beiwohnte. Ministerpräsident Doumergue empfing vorher in Anwesenheit Barthous den Generalsekretär des VölTerbundes Avenol.
Das neue Wohngesetz
Prag , 16. Feber. Im Parlament wurde heute am späten Nachmittag noch die neue Mieterschutzvorlage vorgelegt, nachdem sie nochmals die politischen Minister passiert, aber nur zwei unbedeutende Aenderungen erfahren hatte. Herr Dubicly hat bereits angekündigt, daß er seinen Widerstand im Ausschuß fortzusetzen gedenkt.
Nach dieser Vorlage soll der Mieterschutz bis Ende 1935 verlängert werden.
Die Dreizimmerwohnungen sollen bereits mit 1. Jänner 1935, falls sie ganz oder zum Teil zur Ausübung eines Berufes verwendet werden, Zu dem Empfang. Dr. Beneš' beim franzö jedoch erst mit 1. April 1935„ nach den Bestim sischen Außenminister meldet die Agentur Havas , mungen des bürgerlichen Rechts" behandelt, d. H. day Minister Dr. Benes den französischen Außenminister über die in den letzten Tagen in London aus dem Mieterschutz ausgeschieden werden, even so zum 1. April 1935 die mittleren Betriebsstattgefundenen Verhandlungen des engeren Präs sidiums der Ab r istungskonferenz instätten. Die Kündigung kann bereits ein Duartal formierte und die Nebereinstimmung der Ansich früher erfolgen. ten der beiden Regierungen hinsichtlich der dort Ebenfalls mit 1. Jänner 1935 scheiden aus besprochenen Abrüstungsfragen sowie auch hin- dem Mieterschutz- ohne Rücksicht auf die Großze sichtlich des Inhaltes des nach Berlin übermittel- der Wohnung jene Mieter aus, deren steuerten französischen Memorandums konstatierte. Ge- pflichtiges Einkommen 36.000 Kč übersteigt. genstand der Besprechungen bildeten auch die Saben sie jedoch für einen Angehörigen ge österreichischen Ereignisse, bei denen feßlich zu sorgen, so wird diese Grenze auf Dr, Beneš einen mit den Prager amtlichen Stel- 24.000 Kč herabgesetzt. Falls der Mieter jedoch len fonformen Standpunkt einnahm. Der tsche Tatsachen nachweiſt, aus denen geschlossen werden choslowalische Außenminister besprach mit dem kann, daß sein Einkommen seit dem letzten Zahfranzösischen Außenminister und hierauf auch mit lungsauftrag unter die angeführte Grenze gedem Chef der politischen und Handelsabteilung funfen ist, so wird die Kündigung nicht wirksam. des Quai d' Orsay die Währungsmaß= nahmen der tschechoslowakischen Regierung.
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Die Sündigung bei der 36.000 StronenGrenze bezieht sich auch auf solche Fälle, in denen der Vermieter nachtweisen kann, daß das Gesamtcinkommen des Mieters und seiner bei ihm wohmenden Familienangehörigen diese Grenze über
schreitet.
Aenderungen erfahren haben auch die Bes unentgeltliche Arbeits- und Dienſtvermittlung in ſtimmungen über die Kündigung von Wohnungen Nordböhmen waren im Jänner 7152 Arbeits- und zugunsten des Hausbesitzers, ferner die Beſtim Am Donnerstag nun setzt die MoskowiterDienststellen und 186.636 Bewerber und Bewer- mungen über die Zulässigkeit der Mietzinserhö presse den Feldzug fort, und zwar mit der altbeberinnen angemeldet, wobei 5754 Vermittlungen hung, die bei Betriebsstätten an die Höhe der Erlannten Parole der Einheitsfront". Sie schreibt: erzielt wurden. Eine bessere Erfassung des Ar- werbsteuer gebunden werden. Bauunterſtüßungen beitsmarktes war leider nicht möglich, weil die nach dem letzten Bauförderungsgesetz werden bis ,, Die kommunistische Partei der Tschechoslodirekte Nachfrage der Bewerber und Bewerberin- Ende 1936 gewährt werden können. Der wakei wendet sich in diesem ernſten Moment nen bei den Arbeitgebern ständig steigt. Von den 1931 zur Wohnungsfürsorge bewilligte Beitrag neuerdings an alle sozialistischen Arbeiter Vermittlungen erzielte die Anstalt in Brüg 634, wird um weitere 300 Millionen erhöht. Das neue mit dem Angebot der EinheitsTepliß- Schönau 581, Gablonz a. N. 500, Somo- Gesez soll am 1. März in Kraft treten, weil das front und des gemeinsamen Kamp- tau 461, Auſfig a. E. 409, die städtische Anstalt Zweimonate- Provisorium des Wohngefeßzes Ende in Reichenberg 378 usw., den Berufsgruppen Feber außer Straft tritt. Es sollen also die Sozialfascisten", die nach handelte es sich um 1047 Tagarbeiter( meiWir kommen auf die Vorlage noch ausführ= Imperialisten", die Lalaien" und, wie man uns stenteils furzfristige Arbeit). 654 Metallarbeiter, licher zurüid. gestern noch beschimpft hat, in die Einheitsfront 647 Hausgehilfinnen u. dgl., 555 Personen im mit jenen eintreten, die endlich das richtige Mittel Dienste bei der Landwirtschaft, 531 Textil- und für Desterreich gefunden haben. Denn 519 Hilfsarbeiter usw.
fc8."
Lediglich die Kommunistische ParEnde Jänner waren 152.606 Arbeitslose antei Desterreichs stellt-- gemeldet, was 18.3 Prozent aller Arbeitslosen im ganzen Staate( 835.651) bedeutet. Im Vergleich Waffen zur Verfügung? nein: mit Dezember zeigt sich eine Erhöhung um 5.54 -revolutionäre Stampflosungen auf, Prozent, wogegen im Vorjahre in derselben Zeit gibt dem österreichischen Broletariat- cine Erhöhung um 12.33 Prozent zu verzeichnen Munition? nein: war. Beim Vergleichen mit Ende Jänner 1933 zeigt sich ein Rüdgang um 28.075, d. i. um 15.54 Brozent, gegen Jänner 1932 eine Erhöhung nur um 2052, b. i. um 1.36 Prozent. In 6 politischen Bezirken Nordböhmens werden mehr als 10.000 Arbeitslose ausgewiesen.
revolutionäre Richtung und Ziel und steht in den bordersten Reihen der fämpfenden Arbeiter Desterreichs".
Es ist wohl die frechste und schändlichste Lüge, die in diesen Tagen niedergeschrieben wurde, fte
Polizeiaufgebot am Wenzelsplatz
Die Kommunisten, die sich am Donnerstag oftentativ von der Fünf- Minuten- Arbeitsruhe als Sundgebung der Solidarität mit den österreichis schen Arbeitern fernhielten, hatten für gestern abends eine Versammlung im Lucerna- Saal einberufen. Diese Versammlung wurde jedoch von der Polizeidirektion verboten. Bereits am Don nerstag abends wußte man hier, daß es daraufhin zu kommunistischen Sundgebungen kommen sollte. Die Polizei hatte für gestern abends alle Sicherheitsmaßnahmen getroffen.Von der SmečkaGasse bis zum Museum war die Seite des Wenzelsplages, auf der das Lucerna- Palais, in der die abge= sperrt. Berittene Polizei- Streifen und Stordons in mehrfachen Reihen verteilten sich vom Museum bis Mukden , 16. Feber. In hiesigen japani- zum Graben. Die Passanten mußten zwischen den fchen Streifen wird erklärt, daß die m and fchu Poſtenketten hindurchgehen. Man sah unter den rische Regierung die Zwecklosigkeit von Spaziergängern einen großen Teil der kommuniBerhandlungen mit Sowjetrus ans über den Erstischen Anhänger. An verschiedenen Stellen tourwerb der chinesischen Ostbahn eingesehen und be. den Sistierungen vorgenommen. Sie und da mußte Gerade die österreichischen Ereignisse versucht Die kommunistische Partei gibt den österrei- fchloffen habe, die Bahn auf Grund eines Ge- eine besonders heftige diskutierende Gruppe zum die Sozialdemokratie zu einem gigantischen chischen Arbeitern eine Lojung! Aber nicht ein- fches zum Schuße der Selbständigkeit des man- Weitergehen aufgefordert werden. Zu ernſteren Betrugsman över auszunügen... die mal das ist tv a hr. Es gibt te i'n e fomoschurischen Staates zu beschlagnahmen. Zusammenstößen tam es nicht.
bast in Desterreich seit Monaten auch nicht die
Das wird geschrieben an einem Tage, da das europäische Proletariat nichts so tief bedauern, muß, als die Tallache, daß wir in den demofrati cher und dümmer als die Regierungslügen der dc schen Staaten nicht start genug find, eine Entla- und Dollfuß ! Die geschichtliche Wahrheit ist: ftungsoffensive durchzusetzen, weil ein großer Teil der Bauern und Arbeiter auch der demokratischen Staaten nicht begriffen hat, worum es in dem Heldenlampf der Wiener Sozialdemokraten für ganz Europa gegangen ist. Und die Büberei wird fortgefeßt:
Leifefte Spur von der kommuniit ifchen Partei zu merken war, daß in der ganzen Bewegung tein Sembzipfel eines Kommunisten zu sehen, kein Wort aus kommu
nistischem Munde zu hören ivar!