Dělnická akademie

Praha II.

Hybernská ul.7.

Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

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14. Jahrgang

Suvich inkognito

in Wien  

Dollfuß   bei ihm zu Besuch

Wien  , 24. Feber. Der italienische Unter­

Sonntag, 25. Feber 1934

Wallenstein  

staatssekretär Suvich ist auf seiner Rückreise aus Zum 300. Jahrestag seiner Ermordung

Budapest   nach Rom   inkognito in Wien   angekom men und nahm hier einige Stunden Aufenthalt, den er auf der italienischen Gesandtschaft zu­brachte. In den Nachmittagsstunden besuchte ihn Bundeskanzler Dr. Dollfus.

Der intognito- Gast beging die Geschmacks Yojigkeit, nachher mit Dollfus im Auto cine Runds fahrt auf die Stätten der Stämpfe der Vorwoche zu unternehmen. So bejichtigte er u. a. das Ar­beiterheim in Floridsdorf   sowie den Goethe- und den Schlingerhof.

Abends setzte der Unterstaatssekretär Suvich seine Reise nach Rom   fort.

Als Sproß eines bereits reformierten und mit ihm wieder zum Statholizismus zurückkehren denböhmischen Adelshauses hat Wallenstein   bis in das fünfte Jahrzehnt seines Lebens teine ge­schichtliche Rolle gespielt, sondern all die Dinge getrieben, die ein Edelmann in jenen Läuften unternahm, um die Zeit und ein paar Rivalen toizuschlagen, die Welt zu sehen, zu Geld und Ruhm zu kommen und seinen Anteil an der civigen Seligkeit zu erwerben. Also studierte Albrecht Graf von Waldstein, nachdem er bei den Jesuiten   studiert hatte, noch an der hohen Schule zu Landshut  , diente im Heere Mathias von Desterreichs und in dem seines späteren Herrn und Widersachers Ferdinand von Steiermark, heiratete reich, fuchie sein Vermögen planmäßig zu

ertveitern, beschäftigte sich mit Astrologic  , dem Mode- Aberglauben der Zeit, der so dicht neben ernster Wissenschaft, wie sie Tycho de Brahe   und Johannes Kepler   repräsentierten, gedeihen konnte, modernen Erwerbsmöglichkeiten nach. und ging zwischen Kriegen und Studien allerlei

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industrieller und Rüstungsfinanzier großen Stils, sein eigener Lieferant und Produzent. Selvjivers ständlich gab er den Grundjaß, daß der Krieg den Strieg ernähren müsse, nicht auf. Aber fein Syftent Ivaren nicht planlose Brandschaßungen, sondern große Kontributionen und konfiss kationen, mit denen er zugleich sein Geschäft nährte und die übermütigen Reichsstände an der empfindlichsten Stelle traf. Da sein Heer nicht zu plündern brauchte, um versorgt zu sein, fomnie Wallenstein   auf strenge Mannszucht halten und diese wiederum machie seine Armee zu einem Kampfinstrument, das im ersten Jahrzehnt des großen Krieges seinesgleichen nicht hatte. Erst die schwedischen Bauernladel, die beutelüftern, frumm und blutfrisch unter Gustav Adolf   nach Deutsch  land famen, waren den Wallensteinern gewachsen. Zudem war ja Wallensteins   zweite Armee, mit der er sich gegen die Schweden   schlug, der ersten nicht mehr gleichwertig.

Für die deutsche   Geschichte ist Wallenstein   eine Episode, aller­dings eine höchst charakteristische. Ein Condot tiere, der zugleich ein Stapitalist und Händler war, versuchte die Fundamente eines modernen Staates zu schaffen und die Wüstenci des feudalen Ura walds in Deutschland   auszuroden. Er mußte schei tern, weil die feudalen Verhältnisse mit einer mur militärischen Gegenfraft nicht zu meistern waren. Er mußte scheitern, weil der Mann, für den er focht, Ferdinand der Andere", selbst ein Gejan gener mittelalterlicher Ideologien war und die Ideen seines Generaliffimus nicht begriff, ſeine Macht aber fürchtete. Richelieu   konnte die Sugenotten, Mazarin   konnte den Auffiand der und die Grundlagen für den meriantiliſtiſchen Adelsfronde niederwerfen. Gegen das deutsche  Staatsfapitalismus in Frankreich  , für den Kolo- Fürstentum, das Franzosen  , Dänen, Schiveden niallapitalismus in England schufen, erwiesen und Türfen zu Hilfe rief, als Wallenstein die sich die deutschen   Fürſten  , dem reinen von der elende„ teutsche Libertat", die Privilegien der Grundrente zehrenden Feudalismus   verbunden, schmaroßenden Landesherren, antajtete, konnte ein als unfähig, die Produktivträfte zu emanzipieren. noch so weitblickender Staatsmann, fonnte ein In dieser Zeit des Rückfalls in den Feudalismus noch so energischer Organisator und Soldat allein ist Wallenstein   einer der wenigen und zu nicht aufkommen.

Ueber die Unterredung wurde fein Kommu­niqué herausgegeben. Aus informierter Quelle verlautet jedoch, daß es sich um eine Besprechung der Zusammenkunft Mussolini Dollfuß-­Gömbös in Rom   sowie um die Frage Deutsch­ land Oesterreich   und das Habicht- Ultimatum gehandelt hat. Desterreich nimmt das Ultimatum Die Gestalt Albrecht von Waldsteins ist durch offiziell nicht zur Kenntnis, eine Stellungnahme Siller und in jener Prägung, die Schiller ihr entfällt deshalb. Um aber einer lleberraschung gab, in das Denken des Bolles eingegangen. Der vorzubeugen, verstärkt man bereits den Schuß der Wallenstein  , den man heute feiert, das ist der Held österreichisch- bahrifchen Grenze, um dem Men der Schillerschen Triologie und als Trachtenjejte fchens, Propaganda- und Sprengstofffchmuggel im Stil von Wallenstein's Lager" werden sich die Der deutsche   Frühkapitalismu entgegenzuivirken. In Italien   will sich Defter Feiern vor allem abspielen. E3 wird im Grunde war zufammengebrochen. Und wäh­reich eine stärkere ,, moralische" Rüdendedung teinem Menschen, der an einer der mannigfachen rend in England und Frankreich   der Landadel und Gedenkstätten, die vom Wirten Waldsteins zeu= das Königium die Wirtschaft in die Hand nahmen In einem Preſſe Interview erklärte gen, seinen Schatten heraufbeschwört, ernstlich ein­Starhemberg zu den Verhandlungen mit fallen, für oder gegen Wallenstein   Partei zu neh Italien  : men, den Mordprozeß gegen Ferdinand von Es gebe nur zwei Möglichkeiten: Entweder Steiermart neu aufzurollen oder die Hochverrats den Anschluß an Deutschland   oder Kooperation aften gegen Waldsteins nochmals zu überprüfen. unter der Acgide Italiens  . Er sei entschieden Es wird eine sehr sonderbare Feier sein, ein Fest gegen den Anschluß; es bleibe nichts anderes um seiner selbst willen oder besser, um der vielen übrig, als eine österreichisch ungarisch  - italienische Leute willen, die daran verdienen, sich dabei wich tig machen, reben und vor allem irinten können. Wallenstein   ist der höchst unwichtige Anlaß dieser Heimatfeste.

holen.

Kombination.

Starhemberg   schloß die Unterredung mit den Worten: Die engere wirtschaftliche Bindung der Sleinen Entente zivingt uns zu raschem Handeln."

Die Untersuchungsergebnisse des Richters Prince bekannt?

.:: der bedeutendste Vertreter staais: tapitalistischer Tendenzen, die er freilich zunächst nur im Rahmen seiner Güterber­waltung durchsetzen lann. Sein Herzogium Fried­ land   ist nachmals eine der bestorganisierten mer- fee zum deutschen   Meer machen, Italien   unterwer fantilistischen Wirtschaftsprovinzen geworden.

Seine ersten Erfolge hatten Wallenstein ves rauscht. Wie alle kapitalistischen Gründer hatte er cine ausschweifende Phantasie. Er wollte die Osts fen, Stonstantinopel erobern. Aber vor Stralsund  versagte seine Striegskunst und auf dem Regens burger Reichstag siegten intriganic Betbrüder und jämmerliche Duodezfürsten über den Herzog von Friedland und Mecklenburg  .

Wir finden und wollen es fühn behaupten, daß vielmehr die Feste unwichtig, die Gestalt Der rätselhafte Mord alleniteins aber intereifant ge Die Niederwerfung des böhmischen Adels­nug ist, daß man den Anlaß benüßen und jie und Stände- Aufstandes durch Ferdinand II  . und ins Licht historischer Betrachtung rüden mag. die Konfistationen, die dem Blutgericht von 1621 Wallenstein   gilt der Nachwelt vor allem als folgten, boten Wallenstein   die Gelegenheit zu groß­Paris, 24. Feber. Die Untersuchung bezüg lich der meuchlerischen Ermordung des Oberge großer Soldat. Nichts tann sein historisches zügigen Spekulationen. Durch seine Grundläufe Als Wallenstein   sein zweites Stommando richtsrates Prince hatte bisher trotz der Aus- Bild mehr verdunkeln als diese irrige Auffassung. und seine zweite Heirat mit einer Gräfin Harrach   übernahm, brütete er Rache gegen den Kaiser. schreibung einer Belohnung von 100.000 Franken Wallenstein   war ein großer Soldat, aber eine wurde er einer der reichsten Männer in den habs- Nun wollte er sich von Habsburg   lösen und auf ein Ergebnis. Es liegen im Gegenteile vollstän- Würdigung seiner Persönlichkeit muß sagen: er burgischen Erblanden. Zum Unterschied von den eigene Faust Politif machen. Daß er in diesem dig verworrene und einander widersprechende Aus- war auch ein großer Soldat. Daneben oder zus Feudalaristotraten ging aber Wallenstein   daran, Sinne ein Hochverräter war, ist heute er jagen vor. nächst war er ein großer Unternehmer und fein Stapital arbeiten zu lassen, die Grundrente wiesen. Ferdinand fehlten der Mut und die Straft, Gerichtsrat Lemarchadon, der unmittelbare ein bedeutender Staatsmann. Nur daß man nuybar zu machen. Mit sicherem Vlid erkannte er. den Rebellen zu besiegen und zu richten. So liep Sollege des ermordeten Richters Prince, erflärte, in jener Zeit beides nicht sein konnte, ohne Soldat daß es taum ein besseres Mittel dazu gab, als ein er ihm ermorden, 3000 Messen lesen und sich in die Zeugenschaft, welche Prince Donnerstag in der zu sein. Es ist ja das Jahrhundert, in dem der Beer aufzustellen und Krieg zu führen. Das tat der Beichte die Absolution erteilen. Die katholische Stavisty- Affäre ablegen jollte, jei vollt om schwedische König Gustav Adolf   seinen Hof aus er denn auch. Er hat dann als erster moderner Staatstunst war zu allen Zeiten allen Zwischen­men befannt und sollte nur den schriftlichen dem Palast in das Zelt des Lagerfommandanten General den Krieg nicht auf planlosen Plünderun- fällen gewachsen. Worilaut der mündlichen Zeugenschaft, die Prince verlegen mußte, da der Staatsmann und Kardinal gen aufgebaut, sondern eine systematische Versor­Mit Wallensteins   Abfall und Tod wird der bor   einigen Tagen abgelegt hatte, enthalten. Richelieu  , der andere große Gegner Wallensteins  , gung seines Heeres organisiert, womit er zugleich Der samstägige Kabinettsrat hat beschlossen, die Reiterstiefel anzog und höchst persönlich Gene- eine Reihe größerer Manufatturen, metallver: Dreißigjährige Krieg aus einem Stampf um die neuerdings eine strenge Untersuchung aller Bors ral spielte. Aver das Soldatische ist nicht das arbeitender und Textilmanufakturen ins Leben Aufrichtung einer modernen Staatsgewalt in fälle in die Wege zu leiten, die in lezter Beit die Wesentliche an Wallenstein   gewesen und seine rief. Zugleich unterhielt er die engste Verbindung französische Oeffentlichkeit neuerdings in große rein militärischen Fähigkeiten sind nicht selten mit den großen Finanzleuten, vor allem mit der Erregung versezi haben. überschäßt worden.

Stavisky- Ausschuß In Permanenz Der 44gliedrige Permanenzausschuß zur Untersuchung der Stavisty- Affäre hat den radi­falen Deputierten Guernut, den früheren Yangjährigen Generalsekretär der Liga für Men schenrechte, zu seinem Vorsißenden gewählt. Der zweite Untersuchungsausschuß, der sich mit der Prüfung der blutigen Ereignisse vom 6. Feber be­fassen wird, wählte zum Vorjikenden den De­putierten der Mitte Bonnevah, der seit den Achtzigerjahren der Stammer ununterbrochen an­gehört.

Es wurde beschlossen, daß die Stavisth= Stommission täglich, mit Ausnahme von Sonntag, zusammentreten und tägliche Berichte über die Ergebnisse ihrer Beratungen veröffent Lichen wird.

Gleich zu Beginn will sich die Untersuchungs­fommission mit der Prüfung der Sheds Sta­vistys befassen.

1.6.34

Prager   Judenschaft. So war er ein Rüstungs­

Deutschland eine Balgerei um die Erblande, Reli­gionsprivilegien und Libertäten der Fürsten  . Er endet mit der staatsrechtlichen und machtpolitischen Auflösung des protestantischen Partitularismus, der Aufteilung Deutschlands   in fremdländische Macht und Interessensphären, wobei in wachsen­dem Maße Preußen der Bundesgenosse der Reichss feinde wird.

Für Böhmen   hat Wallensteins   Wert größere Dauer gehabt. Der König der Tschechen", als den der Dichter ihn apostrophiert, ist Albrecht Waldstein   zwar nicht geworden. Aber seine Manu­fafturen blieben bestehen, seine Anregungen wirt ien fort. Der& a pitalismusin Böhmen  , der sich zunächst schüchtern merkantilistisch, später stürmisch und machtvoll entwickelte, der das Er­wachen der tschechischen Nation und die Auflösung des Habsburgreiches ermöglichte und bedingte, hat seine Wurzeln in der Politit des Friedländers. Und so hat, sehr weitläufig und mittelbar Wallen­ stein   doch bei den Zuständen Pate gestanden, die heute in seinem Vaterlande herrschen. G. F.