r. 51

Freitag, 2. März 1934

Oesterreichs Arbeiter

sammeln sich in der Jllegalität

Wien , 1. März.( Eigenbericht.) Der Kampfgeist der österreichischen Arbeiter ift ungebrochen. Das änßert sich nicht nur in Unterredungen mit den nichtverhafteten Män­nern und den Frauen, sondern auch in der rasch nach der Parteiauflösung begonnenen ille­galen Arbeit. In allen Arbeiterbezirken Wiens hingen in den letzten Tagen Flugzettel, die mit der Feststellung schlossen, daß die österreichischen Arbeiter zwar besiegt, aber nicht über wunden sind. Mit Waffen hat man uns geschlagen. Die Idee ist nicht besiegt. Wir leben, mir arbeiten, wir werden siegen!" Diese Botschaft der Partei hat in allen Arbeiterbezirken begeisterte Zustimmung geweckt.

Die Regierung befindet sich in mehr als einer Hinsicht in einer peinlichen Situation. Sie sicht sich, trots allen hendlerischen Bemühungen um die Arbeiter, einer gej d) Iosse. nen Ablehnung gegenüber. Die Spekulation, daß es gelingen werde, die Arbeiter von ihrer Partei und ihren Führern zu trennen, ist fehlgeschlagen. Der Versuch, die Arbei terpreise zu farnen, indem man in den gestohlenen Zeitungen Opposition spielte, schlug auch in Tirol nnd Vorarlberg fehl: der Genosse Linder, der in der Innsbruder Volkszeitung" einen Aufruf zur Bernhigung der Gemüter veröffentlicht hatte, ist in die Emigration gegan gen und leitet von der Schweiz ans die illegale Arbeit.

Tirol unter der Knute

Aus Tirol wird uns geschrieben:

Thurner aus der Dienstwohnung heraus und Die Heimativehr hat schon wochenlang vor befahl dem Wehrlosen, sich zu entfleiden! Und dem Sieg in Innsbrud Gegner unmenschlich vers dann verprügelten die Tschekisten den vermeint­prügelt, ihnen Autoölingrößeren Wenlichen Arrangeur vichisch... gen(!!) mit brutalster Gewalt eingeflößt. Und Weil die Heimatwehrler aus Wildschönau jezt ist sie ständig auf der Suche nach politischen in Wörgl und Umgebung den sozialdemokratischen Verbrechern". Erwischt man den Sohn nicht, ver­prügelt man den alten Vater findet man den Vater nicht, verbleut man grausam den blutjun gen Sohn! Wer darüber spricht, wird genau so wie im nahen Hitler- Bayern wegen Ver­breitung von Greuelnachrichten" äußerst strenge bestraft.

Zum Protest gegen die Unchristlichkeiten und Unmenschlichkeiten der Heimatwehrtschetisten haben Leute der verschiedensten Parteirichtungen vom Dorfe Hötting( bei Innsbruck ) aus die hohe Nordkette nächtlich erstiegen und unter unsäglichen Mühen in etwa zweitausend Meter Höhe unweit des Frau- Hitt- Felsens der Heimwehr einen

Boſſen gespielt. Seimatwehrler hatten nämlich in vielſtündiger Arbeit tags vorher in den herrlichen Winterſchnee ein riesengroßes eil H. W. ge­zeichnet. Die nächtlichen Bergtrarler machten aus den Riesenbuchstaben ein Pfui H. W. Diese Arbeit in Nacht, Schnee und Eis war keine Klei nigkeit. Eine solche Blamage während der Sie ges" tage hätte sich wohl keiner der Tschekisten träu­men lassen.

Die H. W. Tichela machte ihrem Namen alle „ Ehre". Sic holte sich den Betriebsleiter der Nordkettenbahn( Hafelaker Bahn) Ingenieur

0

Landtagsabgeordneten Ast I nicht fanden, schlugen sie alle, die ihrer Meinung nach den Aufenthalt des„ Aufrührerführers" wissen konnten. Man fönnie noch viele solcher Ungeheuerlichkeiten hier berichten.

stochen! Die Archive des Gesangvereins, des Rad­fahrervereines und überhaupt aller Vereine, die dort ihren Sitz hatten, wurden zerrissen und zerfetzt, alle Fahnen und Standarten besudelt, zerfetzt, zerbrochen. Als die Heimattwehr in Fünfhaus( Arbeiterviertel) eingedrungen war, wurde ebenso vandalisch gehaust und sogar Diebstähle verübt..."

Zwei

Der

Seite 3

Internationale Frauentag naht!

Genosfinnen, denkt daran!

Roosevelt

will die Zölle senken

Kanonenchristen denten die Ermächtigung zum Abschluß von Zoll­

Ja, wird der Leser meinen, so geht's in Tirol zu, wo von jeher heißer Bürgerkriegs­boden, das Territorium des H. W.- Führers Steible, war. Im übrigen Oesterreich wirds nicht Das Bild zeigt die freche Fraße des jungen so schlimm sein. Dieser Einwand ist leider Starhemberg neben dem„ würdigen" Herrn Mit falsch. Die Heimatwehr haust überall, wo sie in las. Der erste ist ein verantwortungsloses Bürsch der Uebermacht ist, grauenhaft brutal. Als einschen, den das mit dem fascistischen Putsch verbun­ziges Beispiel sei da nur das Städtchen Möddene gute Geschäft von seinen drückenden Schulden ling bei Wien genannt. Den Blättern der dor- befreit; in dem Bestreben, sich zu sanieren, ist ihm tigen Preise nach gab es an den Siegestagen" jede Schurterei recht. Der zweite ist Bundesprä­keine besonderen Unruhen, feine größeren Reibe- fident, fatholisch und Vater von dreizehn Kindern. reien. In Wirklichkeit ist hier wie fait überall- Er hat nicht nur nichts zum Schußze der Verfassung die H. W. in echt fascistischer Weise vorgegangen. getan, sondern auf deren Verteidiger und ihre Ein feiner politischen Partei angehörender alter Frauen und Kinder mit Kanonen schießen laſſen Mann schreibt in seinem Briefe an bürgerliche und dann die für den Bruch der Verfaſſung und Verwandte wörtlich: das Blutbad Verantwortlichen mit Auszeichnun

Die Heimatwehr drang auch ins Arbeiterheim gen und Belobungen versehen. ein, delogierte die Bewohner und wütete wie ajiaiisaje Mitlas und Starhemberg sie werden in Sorden. Die Gläser wurden mit den Gewehren von der Geschichte eingehen als blutbefleckte Fascisten. der Schankbudel gestreift und zerschlagen, ebenso alle Stein Gebet und feine Beichte fann sie wieder rein­Flaschen. Ins Klavier wurde mit Bajonetten gewaschen.

Die drei Bulgaren

Durch die Haft körperlich ins Krankenhaus

und seelisch entkräftet

Kabinettskrise

Washington, 1. März.( Reuter.) Prä­fident Roosevelt und die Führer der demokratischen Partei sind übereingekommen, den Kongres in nächster Zeit aufzufordern, er möge dem Präfi abkommen mit anderen Staaten auf Grundlage der Gegenseitigkeit gewähren. Nach diesem Plane soll der Präsident ermächtigt werden, die 3 o11. sähebis auf 50 Prozent zu senken, und dies auf eine Dauer von drei Jahren; er wird jedoch nicht ermächtigt sein, eine Erweite rung oder Einschränkung des Verzeichnisses jener Waren vorzunehmen, die ausserhalb der Zolltarife stehen.

Die Hilfsbereitschaft für die Wiener Opfer

Die ungeheuere Protestbewegung in der gan­zen Welt gegen die Regierung Dollfuß- dey ge winnt stets weitere Kreise. Ebenso stark wie der Protest gegen Dollfuß ist auch die Hilfsbereit schaft der Arbeiter und der aufrechten Demokraten in allen Ländern für die Opfer der Wiener Fever­schlacht.

Die englischen Gewerkschaften und die Arbei terpartei haben bereits mehrere tausend Pfund dem österreichischen Hilfskomitee überwiesen. Außer diesen Beträgen hat die Erefutive der Ge­werkschaft der im Handel beschäftigten Arbeiter 1000 Pfund gespendet, die Gewerkschaft der Eisen­bahnbeamten 500 Pfund, zahlreiche andere Ge werfschaften haben Spenden in der gleichen Höhe bereits beschlossen. Unter den vielen tausend Bei­trägen, die in London eingehen, sind auch solche, die von Nichtsozialisten stammen.

Große Beträge sind gleichfalls in Schiveden, Dänemark , Norwegen , Frankreich , Holland , der Tschechoslowakei , Vereinigten Staaten, Polen und in Spanien gesammelt worden. Selbst aus Deutschland sind achtbare Summen eingegangen.

Du sollst nicht iügen!

In den flerifalen„ Lidové Listy" veröffentlicht ein gewisser Herr Doležal einen Leitartifel, in dem neven anderen hanebüchenen Behauptungen über die österreichische Sozialdemokratie auch fol gende Lüge steht:

„ Und noch ein großes Verbrechen der öster reichischen Sozialdemokratie: der Mord an dem Kanzler Seipel. Die Kugel gegen Seipel schoßs zwar der schwachsinnige Mörder Jaburel, aber den Revolver hatte ihm die beispiellose Hestam pagne der Sozialisten gegen den großen Kanz in Spanien fer und Retter Desterreichs in die Hand gedrüdi Welsungen des Papstes .... Kangler Seipel hat übrigens einigemale an die katholische Partei den Sozialisten den Eintritt in die Regierung Mostau, 1. März. Heute früh untersuchten[ Popow leidet an allgemeiner starker Unter­direkt angeboten, aber es waren gerade Leute die Professoren Burmin, Rossijstij und Metallikow ernährung und Erschöpfung des Nervensystems mit Madrid , 1. März. Der spanische Mini­wie Bauer und Deutsch , die ablehnten..." den Gesundheitszustand der drei Bulgaren Dimi- Anzeichen von Blutarmut und eines schweren Masterpräsident Lerrour hat am Donnerstag irow, Popow und Tanew. Ihre Konsultation hatte gen- und Darmfatarrhs. Er bedarf strenger mittag dem Staatspräsidenten den Gesamtrück- Die Behauptung, daß die Sozialdemokratic folgendes Ergebnis: ärztlicher Behandlung in einem Sana tritt des Kabinetts überreicht, da der Präsident schuld sei an dem Attentat gegen Seipel, hat nicht Dimitrow leidet an allgemeiner starker Er- torium. den Rücktritt des Finanzministers und des In- einmal die gleichgeschaltete Presse der österreichi schöpfung des Nervensystems, an einer Uebermü- Tanem leidet an allgemeiner starker Er- nenministers abgelehnt hatte. Diese beiden Mischen Fascisten aufzustellen gewagt. Der Kanzler dung und Schwächung der Herztätigkeit mit An schöpfung und Ueberreizung des Nervensystems, niſter, die dem linken Flügel der Radikalen an- ohne Wilde, der seinen Lebenszwed in der Ver­zeichen von Herzerweiterung: er leidet ferner an an beschleunigter Herztätigkeit- 120 Bulsschläge gehören, hatten ihre Demission angekündigt, da nichtung der österreichischen Sozialdemokratie ers starken Muskel- und Gliederschmerzen rheumati in der Minute sowie an Gliederzittern, Kopf sie mit den Beschluß des radikalen Klubs, mit blickte, war weit davon entfernt, die Sezialdemo schen Charakters sowie an einem Katarrh der obe- schmerzen und Schlaflosigkeit bei allgemeinem den Rechtsparteien zusammenzuarbeiten, nicht traten an der Regierung teilnehmen zu lassen. ren Atmungsorgane. Sein Zustand erfordert eine Verlust der Arbeitsfähigkeit. Sein Zustand erforauſtimmten. Aber er war bei allem Sazz gegen die Arbeiter langwierige und strenge Heilbedert eine sehr langwierige Kranken- Präsident Zamora hat die Beratungen mit doch ein Mann von Format. Seine Nachfahren handlung. behandlung. den einzelnen Politikern aufgenommen. Man und die, die sie loben, sind aber nur ganz eine glaubt, daß erroug wieder beauftragt wer Lügner. den wird; er dürfte ein Kabinett mit Rechts­radikalen, fatalanischer Liga und Agrariern zu bilden versuchen.

Paris läßt sich nicht drängen

Erst sorgfältige Ueberprüfung der Vorschläge Edens

Paris, 1. März. Ueber die Unterredung des englischen Ministers Eden mit dem französischen Ministerpräsidenten und dem Anßenminister wird folgende amtliche Verlant­barung veröffentlicht:

Spenden für Desterreichs Arbeiterhelden. Das Personal des Konsumvereins Teichstatt hat für die österreichischen Freiheitsfämpfer eine Sammlung veranstaltet, die 1150.80 Kč ergab. Die Arbeiter und Angestellten des Konsumvereins nes an den Oesterreich- Fonds abzuführen. Das hatten beschlossen, fünf Prozent ihres Monatsloh­schöne Beispiel verdient Nachahmung.

Ob die Katholische Voltsaktion für die Re­gierung eintreten wird, erschient fraglich, da ihr Führer Gil Robles noch kein unbedingtes Be­fenntnis zur republikanischen Staatsform ab gelegt hat, was den Staatspräsidenten veranlas­sen tönnte, auf seine Mitwirkung zu verzichten. Andererseits aber hat am Mittwoch der „ Národni Listy" abermals konfisziert Die Papst die spanischen Katholiken aufgefordert, gestrige Ausgabe der„ Národni Listy" verfiel aber vorbehaltlos die Republikanzuer- mals, und zwar wegen eines Berichts über die fennen und ihre Kräfte zu vereinigen, da sie Preisbewegung in der Tschechoslowakei der Kon­fistation. auf diese Weise in Spanien für die Kirche und ihren Prinzipien eine größere Bedeutung zu erzwingen in der Lage sein würden.

Großsiegelbewahrer Eden ist, von Rom zurüdfommend, heute morgens in Paris cin­getroffen und vom Ministerpräsidenten Donmcrgue und Außenminister Barthon empfangen worden, die er über seine Besprechungen in Berlin und Rom in Kenntnis sette. Im Verlaufe dieser Unterredung wurden die grundsätzlichen Richtlinien der britischen Denk­schrift geprüft. Ministerpräsident Doumergue und Außenminister Barthou haben Eden an­gekündigt, da sie diese Prüfungen fortseyen und ihn in nächster Zeit von den, Schluffolgerungen unterrichten werden, die die französische Regierung treffen wird. Vielleicht wird also der Führer der Bolts- Konkurrenz Konkurrenz für Loch Neẞ Von französischer Seite wurde heute darauf Die Unterredung betraf auch das ö steraktion noch in letter Stunde dem Willen des Va- oder ein verirühter Aprilscherz? berwiesen, daß weder der englische noch der italie - reichische Problem. Eden habe mitgeteilt, tifans entsprechend handeln. nische Plan die Rüstungen Deutschlands , ins. daß er in seinen Unterredungen mit Mussolini besondere seine halvmilitärischen Organisationen den Eindruck gewonnen habe, daß Mussolini ent­berücksichtigen. Die französische Regierung ist schieden zur Verwirklichung einer wirtschaftlichen überzeugt, daß nur eine allmähliche Ab- Besserung in den mitteleuropäischen Staaten ge= rüstung, welche von Garantien der Silangen wolle. herheit und einer internationalen Von französischer Seite wurde die mit dem Kontrolle begleitet ist, eine flare Situation Standpunkt der Kleinen Entente übereinstim­schaffen kann. mende Meinung ausgesprochen, daß sich die Groß Außenminister Barthon hat zwar das soge- mächte( d. h. Italien ! D. Red.) mit ihren Inter­nannte italienisch englische Minimalabkommen effen nicht in den Plan der wirtschaftlichen Er­nifta aber erfart, bie fanfic vielmehr tut bahin wirken sollten, bak fish die nicht a priori abgelehnt, aber erklärt, die fran- neuerung Mitteleuropas einmischen sollten, daß

überlegen und auf dem üblichen diplomati- mitteleuropäischen Staaten selbst unterein schen Wege ihre Antwort belannt geben. ander verständigen.

Hoher preußischer Geistlicher eingesperrt

Paris , 1: März. Das schottische Ungetüm von Loch Nes hat seit gestern in Frankreich einen Konturrenten. Auf dem Strand bei Querqueville bei Cherbourg wurde vom Meer der Kadaver cines Niesenungeheuers an den Strand gespült, das von Magdeburg , 1. März.( DNB.) Auf Kopf bis zum Schwanz acht Meter mißt und an Beranlassung des Landrats des Kreises Jerichow derthalb Meter Durchmesser hat. Ein Teil des ist der Superintendent Jordan aus Rumpfes sowie der Kopf fehlen bereits, andere Gommern ( Bezirk Magdeburg ) festgenommen und Teile sind aber vollständig erhalten und mit in das Polizeigefängnis Burg bei schwarzen Haaren bedeckt. Der Tod des Unge­ſchiebentlich, suleht noch am weldengedenktag, von aus einigen beffe bar grit or fur Magdeburg eingesperrt worden. Jordan hat ver- heuers erfolgte offenbar erst vor kurzer Zeit, da der Kanzel aus die Regierung und das Dritte Neich verächtlich gemacht".

Photographen und Fachleute haben sich nach Querqueville begeben.