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Nr. 35
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Mittwoch, 7. März 1934
Die Rippen eingeschlagen
b. b. Ein der Organiſationsleitung zu geben. Als er nicht ordentlich zuhieb, wurde, genauestens bekannier, zuverlässiger Ge- ihm das gleiche Schicksal angedroht. nosse, der seit einiger Zeit im Ausland wohnt, hat in diesen Tagen einen Bericht über die scheußlichen Vorgänge im Mordlager Papenburg, in dem er längere Zeit als Gefangenter weilte, zu Protokoll gegee ben. Wenn wir vorläufig seine Personalien verschweigen, so tun wir es aus guten
Gründen.
Las abgegebene Protokoll enthält u. a. folgende Schilderungen:
Seite 5
Am 12. Oktober geschah dann der Mord an Otto Eggerstedt . Wir tamen nachmittags gegen 3 Uhr von den Moorarbeiten zurück. Um 4 Uhr wurden wir wieder herausgeholt. Wir sollten Baumstämme, die in einer nahen Hölzung ges ausgegraben werden. Die Genossen ans AI e- Transport hieß es, es brauchten nicht mehr alle fällt worden waren, hereinholen. Beim zweiten yander und Lüdemann lagen in Bas mit, da nicht mehr genügend Stämme vorhanden rade 5, die zu ungefähr 60 Prozent mit Schleseien. Darum wurden nur die Bonzen und neun fiern belegt war.
Sozialdemokraten werden am schlechtesten behandelt
Am Montag wurden wir zur Arbeit beordert. Wir sollten das Lager, das erst neu errich tet und noch nicht fertig war, in Ordnung brin gen. So haben wir Erde geebnet, Gräben für die Wasserleitung gezogen usw. Die Arbeitszeit ging Außer den schon genannten Genossen waren von morgens 7 Uhr bis abends 6 Uhr. Dazwi- noch einige Bürgermeister, ein Arbeitsamtsdirek telstunde und eine große von 2 Stunden. Beson- viel schlechter behandelt als die übrigen Lagerschen lagen zwei kleine Pausen von je einer Vier- tor und ähnliche Genossen im Lager. Sie wurden ders schlecht waren die Juden und Bonzen dran. infassen. Die Wahrheit verlangt festzustellen, daß ,, Der Abtransport der 195 Gefangenen ge- Vongen waren alle, die irgendeine Funktion in in unserem Lager die Sozialdemokraten viel schah in Vichwagen. Die Viehwagen wurden ver- der Arbeiterbewegung ausgeübt hatten und die schlechter behandelt wurden als die Kommunisten. schloffen. Die Ventilation wurde von kleinen Intellektuellen. Nadi Feierabend mußten wir Eines Tages wurde beispielsweise der ArbeitsLöchern, die mit starkem Drahtgewebe versehen Steine abladen, Stiefel für die SS puzen usw. amisdirektor wie ein Tier stundenlang über den waren, besorgt. Auch Otto Eggerstedi In den ersten vierzehn Tagen haben wir über Lagerhof gehezt und mit Knüppeln geschlagen. wurde mit uns verladen. Er war schon arg zuge- haupt keine Nuhe bekommen. Viele Gefangene Dann trug man ihn ins Lazarett. Dort schrieb richtet und hinkte stark, weil ihm ein Fußinöchel wurden grundlos mißhandelt. Der Lagerleitung er zwei Briefe einen an den Lagerkomman zerschmettert war. Gegen drei Uhr nachts fuhren wurde in solchen Fällen gemeldet, daß die Ge- danten, einen an seine Frau. Dann schlug er eine wir ab. Vedürfnisse mußten im Wagen verrichtet schlagenen nicht gearbeitet hätten. Nach den Miz- Flasche entzwei und schmitt sich mit den Scherben werden. Die in Papier gewickelten Exkremente Handlungen mußten die Betroffenen weiter schuf die Pulsadern auf. Ein hinzukommender Arzi wurden durch die Luftlöcher entfernt. Das meiste ten. Waren sie nicht dazu imstande, so wurden sie verhinderte sein Verbluten. Als Aerzte fungierten blieb in den Drahtgeflechten hängen. Gegen erneut geschlagen. Ein Jude, der Röhren tragen im Lager givei Gefangene, ein Sozialdemokrat 10 Uhr morgens famen wir in Dörben bei Papen sollte und diese Arbeit angeblich nicht zur Zufrie- und ein Kommunist. Ihr Vorgesetzter ist ein SA burg an. Wir wurden wie Vieh aus den sechs mit denheit ausführte, wurde mit dem Gewehrlauf Student, der noch keine Arztprüfung abgelegt ie 32 Mann beladenen Waggons getrieben. Die bearbeitet. Dabei wurde ihm eine Nippe zer hat. Ein besonderes Kapitel ist der Arreſt. Diese Schwerkranken wurden auf einen Wagen geladen. trümmert. Troßzdem mußte er weiterarbeiten. Bei Strafe wird bei den fleinsten Verstößen gegen die Wir anderen mußien, von einem Kordon schuß der Arbeit wurden wir auch nußlos schikaniert. Lagerordnung( verbotenes Rauchen) verhängt. bereiter Gewehre umgeben, 28 Kilometer durch Wenn wir in dem leichten Sandboden Gräven In den Arrestzellen befinden sich feine Betten tiefen Sand marschieren und dazu singen. Vor aus hoben, so durften die Grabenwände nicht ab- oder andere Einrichtungsgegenstände. Wenn die mir ging ein alter Mann, der schiver fußleidend gestreift werden. Dadurch facien oft ganze Gru- SS- Leute besoffen waren, so fühlten sie ihr sadiwar und deshalb nicht mittommen tonnte. Er venstreden weg und begruben die Gefangenen itisches Mütchen an den Arrestierten, die sie mit wurde mit Fußtritten und Schimpfereien bedacht. unter sich. Dann mußten sie mit großem Hallo Schsenziemern mißhandelten. Ein preußischer Landtagsabgeordneter( der Name steht im Protokoll), mußte auf dem ganzen Wege einen schiveren Koffer tragen. Als ihm Mitgefangene dabei helfen wollten, wurde ihnen das verboten. In unserem Beisein wurde der Abgeordnete unerhört beschimpft. Das wirkte auf uns um so abstoßzender, als wir wußten, daß der Mann als Striegsfreiwilliger an der Front gestanden batte und Schwerkriegsbeschädigter war. Der Dienst für das Vaterland hatte ihm 5 Beinschüsse eingetragen.
Die Ankunft im Lager
Fünf Morde
waren, wurden wir zur Moorarbeit fommandiert. Nachdem die Arbeiten im Lager beendet Dabei mußten wir singen. Wer nicht sang, wurde irbeit leidlich. Später aber wurde ein Pflicht geschlagen. Die ersten 10-15 Tage war die penjum eingeführt, wonach jeder Gefangene pro Tag 18 Meter Graben, 80 Zentimeter breit und 90 Zentimeter tief, ziehen mußte. Vor allem Otto Eggerstedt hatte bei diesen Arbeiten viel zu leiden. Man mishandelte ihn seelisch auf das geNachmittags gegen 5 1hr kamen wir im meinste. Oft mußte er allein mit SS- Leuten zu Lager an. Die SS stand zu unserem Empfange rückbleiben und wurde dann höhnisch gefragt: mit Sinüppeln bereit. Bildes Geheul bildete unje- Ditochen. Du glaubtest wohl, wir wollen Dich erren Willkommensgruß im Lager. Geschlagen schießen?" Wenn er dann antwortete:„ Mein, von wurden wir jedoch nicht. Der Lagerkommandant weiter:„ Glaubst Du es denn von unseren Sta Ihnen glaube ich das nicht!" so fragte man ihn verhinderte es. Einzelne SA- Leute versuchten, uns die Uhren zu flauen. Auch das wurde vermeraden?" Fand er darauf keine befriedigende hindert. Dann mußten wir mit hundert Mann in Antwort, so wurde er geschlagen. Einmal mußte cine Barade. Da die Varadentür nur einer niederfnien und wurde mit einer Latte furcht ivar, entstand ein großes Gedränge. Dabei wurbar zugerichtet. den wir von den Wadjmannschaften furchtbar ge= schlagen. Wir teilten Schränke und Betten ein. Die Betten waren rohe Gestelle von alten Bret- Wenn im Lager gesoffen wurde, trieb man fern, ohne Decken und Strohſäcke. Die ersten drei die Prominenten zuſammen einmal waren es Bochen mußten wir auf diesen nackten Brettern 30 Mann und mißhandelte sie vichisch. Am schlafen, ohne einmal die Kleidung ablegen zu 2. September 1983 wurde ans Alexander lönnen. Später befamen erst die Aelteren und draußen im Moor niedergetnallt. Er durfte am dann die Jüngeren je einen Strohsack und eine Feierabend beim Abmarsch sein Zeug nicht mitWolldecke. Als die letzten im Bejizz dieser begehr nehmen und wurde später allein abkommandiert, ien Gegenstände kamen, waren fünf Wochen ver um die zurückgebliebenen Sachen zu holen. Dabei ſtrichen. Am Tage nach unserer Einlieferung ist dann der Mord geschehen. Schon am Morgen mußten wir antreten. Der Lagerfommandant des Mordtages herrschte unter uns eine gedrückte Naßmann und sein Adjutant Faust schricen uns Stimmung. Wir wußten, daß etwas passieren on: Schufte, Antifa und Rot- Front , raus- würde. Während wir an den andern Tagen treten!" Die Herausgetretenen wurden schwer Wanderlieder fangen, mußten wir an diesem Tage mißhandelt. An demselben Tage wurde ein Vaterlandslieder" fingen. Als Mterander niederfommunistischer Gefangener gezwungen, Otto geschossen war, mußten ihn acht Mann auf die Eggerstedt 18 Schläge mit dem Gummifnüppel! Bahre legen und tragen. In das Lager wurde er
Die Frau,
die nicht enttäuscht
Das klingt nach Stolportage, ist aber der Titel cines( in vieler Hinsicht wertvollen) Romans von Mar Brod( crschienen im Verlag Allert de Lange in Amsterdam ).
Die Geltung, die May Brod als der weitaus befannteste unter den deutschschreibenden Autoren Brags genießt, und die Tatsache, daß er, der Zio nist, seinen Weg als deutscher Schriftsteller gemacht hat, lassen es über den Kreis derer, denen durchschnittlich gute Belletristik ein sehr wichtiges Ding ist, als interessant erscheinen, was denn War Brod in diefer bedeutendsten Zeit und am Vorabend noch) nicht vorstellbaren Weltgeschehens zu sagen hat wenn er etwas zu sagen hat und was er nunmehr etwa über Deutschland , Deutschtum, Judentum und deren Beziehungen zu einander zu sagen hat.
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Hans Alexander
Enttäuschung und Einsamkeit, aber eine Art geläuterter Trauer, die wir wohl( der Schluß des Buches scheint mir symbolhaft untlar zu fein) in einer noch erweiterten Distanz" des jüdiſch- deutschen, nun noch mehr nach Palästina hinneigenden Schriftstel lers zum niemals ganz zu erreichenden deutschen Wesen ertennen und würdigen sollen.
Nicht aber diese Handlung ist das Wesentliche an diesem Buche, sondern eben die philosophischen, politischen, psychologischen Gedankengänge, die der Autor wandelt. Brod jagt über die Judenfrage und über ihre Verquidung mit dem deutschen Geist sehr viel flug Durchdachtes, viel Nachdenkliches; und über das Wesen des Weibes und der Liebe viel allgemein Gültiges, in solcher Offenheit nicht oft Geäußertes; er sagt es auch in einer manchmal zwingenden Spra che, in fünstlerisch überzeugender, knappster Form ( zu der nur das miserable Deutsch eiiva der ersten dreißig Seiten in einem unverständlichen Gegensatz steht: übrigens aver auch gewisse Plattheiten, die sich durch das ganze Buch ziehen, wie eiva die Mädchendame", eine Begriffs- und Worterfindung, in der sich der Autor mit einer auch sonst immer wieder zutagetretenden Eitelfeit sonnt).
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gefangene A- Leute nochmals abkommandiert. Otto Eggerstedt war der Leyte . Er lief hinter den andern her. Da wurden plößlich die SA- Gefangenen zurüdgerufen, so daß Eggerstedt gana alleine lief. Wie die Untat geschah, haben wir nic richtig herausbekommen können. Der offizielle Bes Bewachung merkte, daß er zirka 50 Meter in tiefes richt, den die Schreibstube erhielt, Yautete: Der Gefangene lief in die Hölzung und holte Holz. Die Gebüsch hineinging. Daraufhin habe sie ihn angerufen. Als er dem Anruf keine Folge leistete, habe ihn die Wache erschossent. Dieser Bericht ist nicht glaubwürdig. Denn uns wurde alle Tage gejagt:„ Wer die geringste Bewegung macht, wird erschossen. Angerufen wird maht!" Sonst wurden die Erschossenen von den Gefangenen hereingeholt. Otto Eggerstedt aber wurde von SS- Leuten Hers eingebracht. Seine Mörder sind der stellvertretende Truppführer Grothenn( Rheinland ) und ESMann Eisenau, Standarte 19. Eisenau war bei allen Mordtaten im Lager 2 beteiligt.
Die Polizei greift ein
Gegend bei Papenburg beigesetzt. Anschließend kam Der Leichnam wurde am 17. Oftober in der Polizei mit schußzbereitem Karabiner und transportierte 30 bis 40 Gefangene in ein anderes Lager. Die SS turde während des Abtranspor tes von der Polizei in eine Barade gejagt. Einem Reichsbannergauführer, dem man schon offen ges droht hatte:„ Du kommift auch noch dran", ist vielleicht durch den Abtransport das Leben ges rettet worden. In einer Barade entstand eines Tages wegen einiger Kommunisten eine Unruhe, die allerdings von der Lagerivache bewußt herbeis Otto Eggerstedt wurde gezwungen, die Leichte ab- alle Baradeninjajſen im Hemd mit Peitſchen auſ später gefahren. Uns jagte man in die Baraden. geführt worden war. Daraufhin wurden nachts zuwaschen, die Juden mußten sie anzichen. Steiner den Hof geiagt. Dieser Vorgang wiederholte sich aufgewahrt worden war. Am nächsten Sonntag er Barade fürchterlich zu leiden. Die oben erwähn durfte in die Arresizelle, in der der Ermordeie mehrere Male. Acht Tage hatte die Belegschaft der foigie der Abtransport. Wir mußten in den Basten SM- Gefangenen waren böse zurechtgemacht. raden bleiben.
Bergmann
als sie in das Lager eingeliefert wurden. Sie trugen Armbinden mit dem Aufdruck SA . Die SS - Leute schricen sie an:" Was heißt das da auf Später wurde im Lager 3 ein früherer Ber - der Binde?" Die SA- Leute, denen dieser Vorliner Polizeibeamter Bergmann crfchoffen. gang scheinbar geläufig war, antworteten: Er soll seinerzeit dienstlich gegen die Nazis vorge Stichit alles!" Mit dieser Antwort waren ihre gangen sein und war in einen Prozeß; verwidelt, Brüder in der schwarzen Uniform zufrieden. In in dem er freigesprochen wurde. Nach meiner Er der Gegend von Papenburg befinden sich fünf 10. September 1933. Dann wurde im gleichen nen bekommen in der Woche 5 Pfund Brot, uns innerung geschah der Mord an Bergmann am Lager mit je tausend Gefangenen. Die Gefanges Lager ein Friseur erschossen, der nichts mit Po- gefähr 50 Gramm Margarine, ein kleines Stüd litit zu tun gehabt hatte. Die Nazis behaupieten, chen Wurst und Käse und etwas Marmelade. er sei ein Hochstapler gewesen und hätte anderer Leute Geld genommen. Er hat, ohne daß er es wußte, sein eigenes Grab schaufeln müssen und wurde dabei von einem Mann in fniender Stellung erschossen. An dieser Mordiat waren die SS- Leute Vogel und Schmidt von der Standarte 19 beteiligt.
Danisch
Wenn wir uns ein einziges Mal hätten richtig fatteffen sollen, so hätten wir die Wochenration an Zubrot bequem zu einer Mahlzeit aufeſſen fönnen. Während der ganzen Zeit, in der ich im Lager weilte, haben wir kein Fleisch zu sehen bekommen. Selbstverpflegung war möglich. Wir fonnien in der Kantine laufen und auch Patete erhalten. Briefe schreiben durften wir in den letzten 10 Tagen, Briefe erhalten in den ersten 10 Tagen des Monais. Außerdem durften wir pro Woche drei Mart zugesandt erhalten. Besuchserlaubnis bestand nicht. Wir waren in Baraden zu je hundert Mann untergebracht.
Damit hatte das Lager 3 zwei Morde und unser Lager 2 erst einen( Alerander). Das ging unseren Peinigern anscheinend gegen die Ehre. Darum ermordeten sie Ende September einen Gefangenen Danisch aus Oberschlesien . Als Grund wurde angegeben, er habe seinerzeit gegen Das ist der wahrheitsgetreue Bericht eines die Deutschen gefämpft. Danisch war schon früher Genoffen, dessen Zuverlässigkeit außer Zweifel unmenschlich gequält worden und hatte bei den steht. Er rundet das Bild, das wir aus der Schrift Mizhandlungen ein Auge verloren. Die Nazis be- des Genossen Gerhard Seger über das Konzenhaupteten den Gefangenen gegenüber, er hättetrationslagertreiben der heutigen Machthaber gesich das Auge selber ausgestochen. wonnen haben.
auch als durchaus werivoll erkannt wird, mit allen| Mitteln zu verteidigen. Mar Brod gehört zivar nicht zu denen, die unbewaffnet durch den Wald Seite an Seite mit dem revolverbewehrten Feind gehen; er fucht entferntere Seitenpfade, von denen aus er aber den Mördern zurust: Werfet doch die Mordwaffen weg. Ihr seid ja gar nicht so schlecht, und verzeiht uns Juden, die wir gar nicht so gut find! Und mitt lerweile werden sowohl die lieben Witjuden des Herrn Brod, die feine Gelegenheit zur Distanzliebe" haben, und die Mitarier weiter erschlagen, gefne belt, in onzentrationslager geftedt. Al das will Mar Brod nicht sehen oder nicht sagen. Deutscher Antisemitismus das ist für ihn das einzige Problem. Daß nicht nur Juden, sondern vor allem und in schrecklicher Form und Zahl auch Arier, daß alle Sozialisten, alle Vazifisten, alle Revolutionäre, alle Freisinnigen in dem Deutschland , das Brod nie beim Namen nennt, niedergetreten werden, davon ist in diesem Buche mit feinem Worte die Nede. Und natürlich fommit auch, obwohl im Anfang viel von Arbeitslosigkeit, Krise und Arbeiterverzweiflung in Nun denn, Mar Brod schildert in diesem RoBöhmen die Rede ist, nie das leidige Wörtlein man, in dessen männlicher Hauptfigur der Autor selKapitalismus“ vor, das eben gewiffe Buchlejer abber erfannt werden will( sogar Postbeamier ist dies Doch auch dies sei nur nebenbei vermerft. Entreden möchte, weil sie sich von ihrem warmen fer Schriftsteller Justus gewesen, ehe er seine ersten scheidend ist meines Erachtens, daß Mar Brod zwar Bürgerpfühl aus nur für die Frau interessieren, die großen Büchererfolge erzielie), die Verstörung, die eben sehr viel Beachtliches über Rajſe, Weib, Liebe, nicht enttäuscht. ihn unter dem Neu- Eintauch des deutschen Antisemi - Menschentum zu sagen hat, dennoch aber wohl nietismus und durch den Zusammenbruch der Bindung manden der Löſung jenes Problems, das von ihm mit einer geliebten Frau in ein Sanatorium treibt, selbst Besis ergriffen hat, näherzubringen imſtande wo er, der unter der Zaft des Judentums und der ist. Und das scheint daher zu kommen, daß May unverivelflichen Liebe zum guten Deutſchtum Lei Brod zwar zweifellos ein Ringender ist, aber kein dende, durch eine andere Frau, die so wie die erste Stämpfer; daß er alvar ſehr ernst bemüht ist, das wiederum eine Urierin iſt, Straft au neuer großer Geschehen um die Juden aus dem Wesen des GegLiebe, zu neuem Schaffen und zu geistiger Ausein- uers heraus zu verstehen, sich mit möglichster Obandersetzung über die ihn umflammernden jüdisch- jektivität in den Geist des Antisemiten zu verfeben, deutschen Fragen findet. Auch diese atveite Frau daß ihm aber die Kraft mangelt, das Leben und bringt dem Schriftsteller nach höchstem Glück bittere Wesen Mißachteter und Verfolgter, das doch eben
Politik zu machen, und zu behaupten, man mache gar feine, ist schädigend eben weil jo erst recht Politik gemacht wird, vassive Politif, die dem Geg ner jeden Sieg über Fortschritt, Menschlichkeit, De mofratie, aufrechte Gesinnung noch leichter macht. und gerade von einem führenden Kopf fönnte und müßte man anderes verlangen, so begreiflich es auch ist, daß ein Angeefelter lieber sich in alleinfeligmachende und doch so schtver enttäuschende Liebe zum Weib( und in, natürlich ,, unpolitische". PalästinaGedanken) zurückzieht.
Und deswegen hat dieser Roman, so sehr er auch geistig und seelisch wertvolles enthält, nur einer gewissen Schicht selbst unfämpferischer( wahrscheinlich größtenteils jüdischer) Intellektueller et was au sagen, nichts aber dem Arbeiter, nichts dem kämpfenden, nichts dem Revolutionär, der weiß, daß das ente verändert werden muß, wenn das Morgen so ausfallen soll, daß auch grüblerische, svintisierende, schreibfreudige, wissenverarbeitende Ros mantifer sich darin wohl fühlen sollen. Es ist gut, wichtig und richtig, vor feiner Tiefe im eigenen Wefen zurüdauſchreden, all die Geheimnisse der eigenen Seele ergründen zu wollen; aber das hat für das Seute nur sehr bescheidenen Wert, wenn also ge scheiteste Menschen nicht auch nach außen kompromiglos, mutig und mit dem Einsatz ihrer ganzen In die deutsche Politik sollen die Juden sich Person dem Ungeist fämpferisch an den Leib rücken, nicht miſchen? Ja, iſt denn solch ein Buch wie das wenn ihnen das Leid der Juden nicht Herz und Sien von May Brod nicht durchaus Politit, eben als Bo- für das Leiden aller Entrechieten und Verfolgten litit wirksamer vielleicht denn hundert oder tausend auf die Dauer erschließt, wenn sie nicht rüdZeitartikel im Prager Tagblatt" oder anderswo? fichtslos Stapitalismus und Fascismus Aber May Brod iſt nicht nur ein Distanzdeutscher, beim Namen nennen und sich nicht bedingungslos auf sondern auch ein Distanzpolititer, ein Diſtansläger. die Seite derer stellen, die nicht eine lleine neue Welt Eine Salbheit, durch besondere persönliche Umstände für die Juden, sondern eine große neue freie Welt bedingt, weht einem aus all dem entgegen, ſo ſehr für alle durch Se ampf schaffen wollen! auch eben das Ringen des Menschen um ein Gang2. Goldschmidt. werden anerkannt werden muß. In dieser Zeit halbe