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Der deutsche Hauptverband der Industrie

gegen die Sympathiekundgebungen für Desterreich.

Die großzen tschechoslowakischen Gewerk­schaftszentralen haben, wie erinnerlich, am 15. Februar eine allgemeine Arbeitsruhe von fünf Minuten zum Zeichen der Solidarität mit den österreichischen Arbeitern proflamiert. Von diesem Beschluß verständigte die Zentralgewerkschafts­fommission in Reichenberg telephonisch die Ar­beitgeberhauptstelle des deutschen Hauptverbandes der Industrie. Diese gab jedoch ihren Mitglieds­firmen die Weisung, die Kundgebung zu verbie­ten, worauf in einem Teil der Betriebe den Ver­trauensmännern mitgeteilt wurde, daß alle Be­schäftigten, die die Arbeitsruhe einhalten, entlas­sen werden würden. Insbesondere geschah dies in Betrieben, in welchen Reichs deutsche als Betriebsleiter oder Ingenieure wirken. Trotz die­ses Verbotes des Industriellenverbandes leisteten jedoch die Arbeiter der Gewerkschaftsparole Folge.

In einem Schreiben an die Zentralgeierf schaftskommiffion erklärte die Arbeitgeberhaupt­stelle, daß sie sich gegen die Verquickung von Ar­beitgeber und Gewerkschaftsangelegenheiten mit solchen der Politik" verwahre und darin eine Ein­mischung in die politischen Verhältnisse anderer Länder sehe. Als Aniwort erklärte die Zentral­gewerkschaftsfommission, daß sie darüber mit der Arbeitgeberhauptstelle nicht polemisieren werde.

INT

Dienstag, 27. März 1934

ZAHNSTEIN

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sitzt hinter den Zähnen,

zeigt der Mundspiegel

Versteckt hinter den Zähnen sitzt der Zahn­stein und verrichtet langsam, aber sicher sein Vernichtungswerk: Er lockert die Zähne, ja, bringt sie oft zum Ausfall. Beugen Sie vor schützen Sie Ihre kostbaren Zähne durch Kalodont. Denn einzig und allein Kalodont enthält in diesem Lande das wissenschaftlich anerkannte Sulforizin- Oleat nach Dr. Bräunlich, das den gefährlichen Zahn­stein entfernt und seine Neubildung verhin­dert. Ein paar Minuten tägliche Kalodont Pflege ein Leben lang gesunde Zähne!

KALODONT

gegen

Zahnstein

USA - Arbeiter

erringen Koalitionsrecht

Selle

Gleichschaltung Lüdemanns

oder: Der Mann mit der Maske.

In Breslau war vorige Woche das Ges rücht verbreitet, Genosse Lüdemann, der frühere Oberpräsident von Schlesien , sei aus dem Konzentrationslager, in dem er seit nahezu einem Jahr gefoltert wird, in Freiheit gesegt worden. Wie besonders gut unterrichtete Leute wissen wol­Len, hatte sich Genosse Lüdemann die Freiheit mit einem vollständigen Gesinnungswechsel erfauft. Er sei nicht nur zu den Nazis übergegangen, son­dern er dokumentiere seine Fahnenflucht aus dem marristischen Lager auch dadurch, daß er sich nicht scheue, in S.-A. Uniform Breslauer Lokale ab­zuflappern, um mit der Blechbüchse für seine braunen Parteigenossen zu sammeln.

Diese Gerüchte erscheinen deshalb völlig un­glaubhaft, weil der frühere schlesische Oberpräjis dent bei den Nazis ganz besonders verhaßt ist. Wie noch erinnerlich sein dürfte, war Genosse Lüdemann im Sommer vorigen Jahres unter be sonders erschwerenden Umständen verhaftet wor= den. Man hatte den bejahrten Wann zu Fuß durch die Hauptstraßen Breslaus zu dem weit von der Stadt liegenden( inzwischen aufgelöften) Lager Durrgop geschleift, während der Fememör der Polizenpräsident Heines im schnittigen Dienstwagen nebenher fuhr. Eine johlende Menge begleitete damals diesen barbarischen Triumph­zug. Im Lager selbst war Lüdemann aufs demi­tigendſte und verfideste mißhandelt worden. So hatte man ihm u. a. drei Pfeile in den Hosen­boden genäht, und wenn der Gefangene bei den schweren Erdarbeiten, die er verrichten mußte. sich bückte, brachen die bewachenden Sadisten über diesen gelungenen Wis in wicherndes Gelächter

Der Erfolg der Streikdrohung in der Autoindustrie aus. Und dieser Mann, der so Grausames erdul

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Der deutsche Industriellenverband ist die einzige Arbeitgeberorganisation, welche die Soli­daritätsfundgebung zu verhindern versuchte. In einem zweiten Schreiben beflagt sich die Haupt­stelle darüber, daß ihre Weisung an die Mitglie derfirmen wahrscheinlich durch einen Vertrauens bruch der Zentralgewerkschaftskommission bekannt geworden sei. Die Weisung beruhe aber auf einem Washington , 26. März. Der Non- jeder Angestellte das Recht besigen, der Ge­gemeinsam mit dem tschechischen Industriellen- flikt in der amerikanischen Automobilindustrie werkschaftsorganisation oder einer verwandten verband gefaßten Beschluß vom 6. Oftober 19271 uurde gütlich beigelegt, und zwar durch den Organisation anzugehören. Es ist ver bo Dieses zweite Schreiben hat die Haltung der Abschluß eines Kollektivvertrages zwischen den tengegen Angestellte wegen der deutschen Unternehmerorganisation wahrhaftig Unternehmern nud den Arbeitern. Zugehörigkeit zu Arbeiterorga nicht erklärt, denn weder der tschechische Indu- Ferner soll in Detroit ein Ausschuß gebil- nisationen oder ans irgend striellenverband noch ein anderer Arbeitgeberver- det werden, der aus je einem Vertreter der Ar- welchen anderen ungerechten band hat sich gegen die Sympathiekundgebung ge beiter, der Arbeitgeber, sowie einem Unpartei- Gründen vorzugehen. stellt und eine Aktion dagegen ist eben nur den ischen besteht. Diesem Ausschuß werden die Lohn deutschen Unternehmern vorbehalten geblieben. Der erwähnte Ausschuß, der sich ans Ver­listen und die Mitgliederlisten der Arbeitervertretern der Angestellten und Arbeitgeber, sowic tretungen zugänglich sein. Die Regierung be- aus einem nentralen Vertreter zusammensett, tout, daß sie keine dieser Bertretungen bevorznjoll unter der Patronanz der NMA organisiert gen werde. Zn dieser Uebereinkunft ist man werden und wird bei Beschwerden, Entlassungen lediglich durch das Eingreifen des Präsidenten usw. zu entscheiden haben. Scine Entscheidung Roosevelt gelangt. wird eine endgültige sein und sowohl Arbeitneh­mer, als anch Arbeitgeber müssen sich derselben fügen.

Einer Meldung aus dem Weißen Hause anjolge wird im Sinne dieser levereinfunft

Polen setzt die Ausweisungen fort?

den mußte, sollte plöblich seine Liebe zu den Hen­ferstnechien entdeckt haben...??! Grundlage. Und doch entbehrt das Gerücht nicht jeder schiedenen Breslauer Kaffeehäusern und Restau ranis erregte es vorige Woche begreifliches Auf sehen, als unter den zahllosen Sammlern, die die Gäste auf mehr oder minder exprefferische Weise brandſchaßten, ein S.-A. Mann auftauchte, der tatsächlich der frühere Oberpräsident zu sein schien. Aber dieser Täuschungsversuch war nur metri der Nazis. Man hatte einen braunen ein ebenso niedriger wie verzweifelter Rella= Sitlerjüngling, der in der Gestalt dem gefangenen Lüdemann entsprach, einen granen Vollbart in die Schinderphysiognomie geklebt, um mit Hilfe dieses Bluffs der ausgepowerten und gebemüden Bevölkerung noch ein paar Mart aus den Taschen 3 foden. Zum lleberfluß trug der falsche Lüde­mann ein Blakat um den Hals mit der Inschrift:

Svendet für die S.-A.,

damit solche Kreaturen nicht wiederkommen. Große Wirkung hatte diese teuflisch origi nelle Idee nicht. Denn diese neueste Gemeinheit der Nazis sprach sich rasch herum.

Wahlen" in Italien

Rom , 26. März. In Jhalten haben gestern

Wahlen" stattgefunden, die dem Wähler allerdings nur die beiden Möglichkeiten liegen, die vom Fascistenrat vorgeschlagene Kandidatenliste für die Abgeordnetenkammer anzunehmen oder abzulehnen.

Die Sorgen der Opposition. In den i dové Noviny" befaßt sich Per outta mit dem Kampf gegen die gebundenen Kandidaten­listen, den neuestens auch die Nationaldemokraten mit großem Elan in Szene feßen, und spöttelt darüber, daß Dr. Hodač seinen eigenen demago­gischen Fähigkeiten nicht recht traue und zur Sicherheit bei dem bewährten Meister der Dema­gogie, bei Stříbrny, in die Lehre gehe. Peroutka erflärt, wenn jetzt, wo alle unsere Gedanken auf die Milderung der Wirtschaftskrise und auf die Ab­wehr außenpolitischer Gefahren gerichtet sein müssen, jemand einen Streit um die Wahlordnung Warschau , 26. März. Die heutige War- n. a. folgende Personen: Ing. Terla von den pol= entfache, dann sei das nichts anderes als reine De schauer Abendpresse meldet, daß die Verwaltungs- nischen Fiatwerken in Warschau , Hanat, Direttor magogie. Für die Opposition sei es allerdings behörden die Ausweisung einer zweiten Gruppe der nationalen Filmforporation in Warschau . 3. dreimal leichter zu sagen:., Weg mit den gebun- tschechoslowakischer Staatsbürger, und zwar zu Turečel von den Skodawerken in Warschau , der meist von Beamten und Funktionären polnischer Industrielle Hebler in Lodz , Tiran, Vertreter der denen Kandidatenlisten!", als mit einem anstän digen Programm zur Bekämpfung der Krise oder Induſtrieunternehmungen vorbereitet, an denen Zbrojovka in Warschau , der Industrielle Janku mit brauchbaren Anträgen zur Außenpolitik zu das tschechoslowakische Kapital interessiert ist. aus Kralau und die Industriellen Marko, Besitzer Unter den aus Polen bisher ausgewiesenen einer Gerberei in Krakan. fommen. Auf diesen Frontabschnitten um die Existenz des Staates zu fämpfen, überläßt aber 21 tschechoslowakischen Staatsbürgern befinden sich die Opposition bereitwilligst der Regierungsmehr­heit; selbst gefällt sie sich nur in Diskusionen über ein Detail, das auch wenn es noch so gut ge= löst würde niemandem ein Stück Brot zu­gibt und das auch unsere Grenzen um nichts sicherer machen würde. Peroutka hält daher eine Diskussion über die gebundenen Kandidatenliſten Ernannte Beiräte ohne Kompetenz unter den heutigen Umständen für unzeitgemäß und erklärt, man müsse der Oeffentlichkeit raten, Wien , 26. März. Die amtliche Wiener die Regierung zu entlassen oder einzusetzen. Die sich für wichtigere Dinge zu interessieren. Jeßt sei Beitung" teilte gestern die Hauptlinien der neuen Regierung darf Gesete im Verord= nicht die Zeit, politische Aesthetit zu treiben, weil österreichischen Verfaffung mit, die vier gefehnungswege erlaffen. Im Einver= die Gegenwart uns mit elementaren Katastrophen gebende Körperschaften mit Beratungsrecht einnehmen mit dem Präsidenten Wien , 26. März. Das Wiener Schwurgericht bedrohe: mit dem Verlust der Freiheit und des führt. tann fie auch die Verfassung verurteilte am Samstag, einen weiteren Angehöri­Lebensunterhaltes und mit der Abtrennung von ändern. Gebieten. Das seien heute die Hauptthemen und gen des republikanischen Schußbundes, den 30jäh­Das allgemeine Stimmrecht, die Abgeordne- rigen Arbeiter Josef Chmeličet, der an den alles übrige müsse zurückstehen. tenimmunität, die parlamentarische Kontrolle, Stämpfen um den Goethe- Hof im 21. Wiener Be­das Interpellationsrecht der Abgeordneten und zirk feilgenommen hatte, wegen Aufruhrs zu acht andere demokratische Einrichtungen kennt die neue Monaten schweren und verschärften Sterlers. Berfaffung überhaupt nicht.

Gegen die Schlamperet auf den Sowjetbahnen Ein scharfer Erlaß Stalins

Auch eine ,, Verfassung"

Es sind dies ein Staatsrat von 40 bis 50 Mitgliedern, welche vom Präsidenten auf die Dauer von zehn Jahren ernannt(!) werden, der Bundeskulturrat von 30 bis 40 Mit­gliedern, dessen Mitglieder von den kirchlichen und fonfessionellen Gesellschaften, den Schul, Erzie­hungs- und Bildungsorganisationen, von Wissen­schaft und Kunst entsendet werden, der B u n= des wirtschaftsrat, der aus 70 bis 80 Vertretern der wirtschaftlichen Stände beſteht und der 2 and ta g, in welchen die Länder und ebenso Wien je zwei Mitglieder entsenden.

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Unabsetzbare Regierung

,, Sicherheitssteuer"

Letzteres ist nicht wenig riskant, da die Stimmzettel äußerlich leicht voneinander zu un terscheiden sind. Bon etwas über 10 Millionen ab­gegebener Stimmen, lauteten denn auch nur 15.265 auf Nein.

Unter welchem Druck die Wähler standen, be weist auch die Wahlbeteiligung, die nicht weniger als 96,25 Prozent betrug.

Neue ,, Aufruhr"-Prozesse

Heute fanden zwei weitere Verhandlungen statt. Im ersten Prozesse wurde Karl Ptače f. der an den Kämpfen um den Goethe- Hof im 21. zur Finanzierung der Heimwehr - Bezirf teilnahm, zu 18 Monaten schweren banden

Die Mißstände im sowjetrussischen Eisen­Sterfers verurteilt. im zweiten Prozeß Franz bahnwesen, über die in lezter Zeit häufig berich­Wien, 26. März. Heute hat die Regierung naten und Raimund t'red, zu 8 Mona­Buchwald und Johann How a dt zu 18 W o- tet wurde und die zu mehreren schweren Eisen­Diese vier Beratungskörperschaften entsen durch eine Notverordnung bestimmt, daß die ten schweren Merkers, sämtliche wegen Teilnahme bahnunfällen geführt haben, geben der Moskauer den neun bis zwanzig Mitglieder in den Bun( ficher außerordentlich hohen!) Ausgaben, die ihr Regierung Veranlassung zu einem neuen scharfen de stag, der zum Unterschied von den ernann- durch die Bewaffnung der Heimwehrkontigente er­an den Kämpfen um den Goethe- Hof. Erlaß, der gestern beröffentlicht wurde und in ten vier Beratungskörperschaften beschlie= wachsen, durch eine fogenannte Sicherheits. Die Verteidiger nominiert dem es u. a. heißt: Die Schlamperei, schlechte Bendes Recht haben wird. Alle Behatungs- steuer hereingebracht werden foll, die Einkom­Wirtschaft und Verantwortungslosigkeit müsse auf- förperschaften zusammen werden die Bundes- men von 2400 Schilling aufwärts für die Jahre Wie die ,, Neue Freie Presse" mitteilt, haben hören und die Disziplin müsse von oben wie von unten wieder hergestellt werden. Die Hauptschuld be r jam m I ung bilden, welche u. a. den 1934 und 1935 mit 0.55 bis 6 Prozent belegt; die Berteidigung des gewesenen Bürgermeisters Vermögen, die der sogenannten Krisensteuer Seiß in dem gegen ihn bevorstehenden Prozeß für die Schlamperei und Disziplinlosigkeit trügen Präsidenten der Republik zu wählen hat. Die Gesetzesinitiative ist bei der Re= unterliegen, werden einer Besteuerung in der die Advokaten Dr. Mravlag und Dr. Braun­die kommunistischen Parteiangehörigen, die ob= wohl sie eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen gierung. Die Gesezentwürfe kommen in die Söhe der halben Kriſenſtener unterworfen. Für Szamfest, die Verteidigung des ehemaligen Vize­vier Beratungskörperschaften vertraulich zur Ledige beträgt die Kriſenſtener 20 Prozent der bürgermeisters Emmerling Advokat Dr. sollten sich vielfach durch schlechtere Disziplin Gruder und die des Generals Körner der Ad­auszeichneten, als die parteilosen Bahnangestell- Begutachtung. Auf Grund der Gutachten Einkommensteuer. votai Dr. Steinbach übernommen.

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ten. Diese Saboteure und Feinde des Sotvjettaa arbeitet die Regierung die definitiven Vorlagen Tandlers Lehrkanzel aus, die der an denen er aber nichts ändern aufgehoben

vor Strafe schüßen.

Der Erlaß gewinnt dadurch besondere Be­deutung, daß er außer namens des Rates der Boftskommissare von Molotow auch noch namens des Zentralausschusses der kommunistischen Partei von Stelin selbst unterzeichnet ist.

tann.

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Die neue Verfaffung erweitert, wie die

Im Anatomischen Institut der Wiener Uni­Reich 8 post" meldet, in starkem Maße diversität werden die Lehrkanzeln des Professors Vollmachten der Bundesregierung. Keine Be- Tandler und des Professors Berntopf zu­ratungskörperschaft kann fünftighin die Regierung fammengelegt und unter der Leitung des Profef absetzen. Nur dem Präsidenten steht das Recht zu, fors Pernkopf einheitlich geführt werden.

Angesagte ,, Revolution"

Quito( Ecuador), 26. März.( Reuter.) Zm ganzen Lande gärt es und es besteht kein Zweifel darüber, daß Vorbereitungen zu einer Revolution getroffen werden. Die Regierung ihrerseits trifft Vorbereitungen zu energischen Gegenmaßnahmen.