Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077." ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14. Jahrgang

Bernaschek   dementiert

seinen Uebertritt zu den Nazis

Linz  , 13. April. Die drei Führer des ober­österreichischen republikanischen Schutzbundes Bernaschet, Houska und Schladin, die vor nicht langer Zeit aus der Haft des Landes­gerichtes in Linz   flüchteten und jetzt in München  weilen, dementieren im Linzer Bolts blatt" das Gerücht, daß sie zu den deutschen   Natio­nalfozialisten übergegangen feien.

Heimwehrschießstätte

mit Dynamit gesprengt

Die Schießstätte der Heimwehren in Stein bichl im Salzkammergut  , die erst vor furzer Zeit errichtet wurde, wurde Donnerstag abends zum größtenteil durch die Explosion einer Dyna­mitpatrone, die unbekannte Täter in der Um­gebung der Schießstätte vergraben und zur Er­

Samstag, 14. April 1934

Rußlands   Bedingungen

für den Völkerbund  - Eintritt

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Vatikan  

Nr. 87

kontra Hitler

In einer Ansprache des Papstes an die Delegierten der katholischen Jugendverbände an­läßlich ihres Aufenthaltes zu Ostern in Rom  . Meldungen einiger Blätter, daß die Regierung der werden könnten, wenn Großbritannien  London  , 13. April.  ( Reuter.) Zu den Schweiz   und andere Länder, leicht überwunden die erst jetzt in ihrem vollen Wortlaut befannt Sowjetrepubliken für den Eintritt in den Völker- und Fraufreid gans flar erklä" wird, hat das Oberhaupt der Kirche in unge­bund einige besondere Bedingungen ren würden, daß die Sowjetunion   wöhnlich energischer Weise in den Streit der aufstelle, erfährt das Reuter- Büro, daß die Frage i in Völkerbund   begrüft werden katholischen Kirche mit dem nationalsozialistischen des Verhältnisses Sowjetrußlands zum Völker- würde. Sowjetrußland wollte feine Anwesen- Regime eingegriffen. Peinvoll sei die Stunde. bund noch nicht in das Stadium der Debatte über heit nicht dort aufzeigen, wo es nicht genehm wäre, täglich) fämen leider nicht gute Nachrichten und die praktischen Bedingungen gekommen sei. und würde nicht über Vorschläge erwägen, durch viele der katholischen Jungmännerverbände in Informierte sowjetrussische Kreise glauben, welche es in eine untergeordnete Situa Deutschland   hätten schon Beweise wahrhaft mär­daß die untergeordneten Schwierigkeiten, wie die tion im Hinblick zu anderen Mächten gelangen fyrermäßigen Glaubens und ihrer Treue geben Nichtanerkennung Sowjetrußlands durch die würde. müssen. Für alles, was die geliebten Söhne" in Deutschland   schon leiden mußten und vielleicht noch leiden würden, gratulierte ihnen der Papit herzlichst und versicherte ihnen: Wir werden, wo immer es nötig sein wird, für sie fämpfen". Und weiter: Wir werden, was es auch immer fosten wird, seien Sie sicher, immer die Wahr­heit sagen und die Wahrheit verteidigen und damit Ihre Rechte, die die Rechte des Gewissens sind" und der Papst sprach mit Beziehung auf das, was der Nationaliozialismus erstrebe: Nicht nur ein falsches Christentum, sondern Deutsche   Note ,, rechtfertigt" Erhöhung des wahres Heidentum". Seine Rede flang in die Rüstungsbudgets Aufforderung zum Ausharren im Kampje gegen den Naziterror aus.

Der Anschlag

Unter den Linden  

ploſion gebracht hatten, vernichtet. In der Nähe Unter den

wurde noch eine zweite Dynamitpatrone gefunden, die aber nicht explodiert war.

Sogar die Sportplätze werden gestohlen

Wie der Telegraph" mitteilt, wurde am Freitag der Spielplaß des aufgelösten sozialdemo­fratischen Sportvereins Red Star" im 16. Wie ner Bezirk in die Verwaltung und Benützung des bürgerlichen Sportklubs Austria  " vom Wiener  Magistrat übergeben. Auch der Sportflub des aufgelöften sozialdemokratischen Sportvereins Favoritener AC wurde am Freitag zur Benüßung dem Sportverein Favoritener Sportklub übergeben. Nazi- Propagandamaterial

beschlagnahmt

Handgranate von einem Hausdach aus geworfen

Für Löhne und Gehälter wurden 173 Mil lionen, für soziale Abgaben 10,390.000 Mart verausgabt. Ende des Jahres 1933 betrug die Zahl der Angestellten 112.571, während für Löhne und Gehälter in diesem Jahre 176 Mil­lionen und für soziale Abgaben 10,370.000 Mart ausgegeben wurden.

Ein Kunststück

Berlin  , 13. April. Der Polizeipräsident in Berlin   gibt bekannt: Der Maler Erwin Schulze, der sich unter dem dringenden Ver­dacht, den Handgranatenanschlag Unter den Linden   am 21. März 1934 ausgeführt zu haben, seit dem 1. April 1934 in Haft befindet, hat die Tat e ingestanden. Das Geständnis bestätigt die in den Berliner   Morgenblättern vom 12. April bekanntgegebene Veröffentlichung, daß die Handgranate aus dem Dachgeschoß des Hauses Unter den Linden 75/76 geworfen worden ist. Nähere Einzelheiten können im Interesse der wei wird. teren Untersuchung noch nicht bekanntgegeben

werden.

Reich

London  , 13. April. Die deutsche Antwort an die britische   Regierung betreffend die Erhö­Bei dieser offenen Kampfansage erinnert hung des vorläufigen deutschen   Heeresbudgets be­findet sich bereits in den Händen der Abrüstungs man sich daran, mit welcher Eilfertigfeit sich der subkommission des Kabinetts. Es ist noch nicht Batifan bei Hitlers Machtantritt   dem neuen dif. bekannt, ob die deutsche Antwort eine neue Note tatorischen Regime anzupassen verstand, man hat seitens Großbritanniens   erforderlich machen auch nicht daran vergessen, wie jubelnd unsere politischen Erponenten der vatifanischen Poli­In der deutschen   Antwort wird nach einer tif, die deutschen   Christlichsozialen, die Herr. Reuter- Meldung die Erhöhung gerechtschaft des braunen Banditentums, solange ſich fertigt und dargelegt, daß fie mit dem Ver­jailler Vertrag in Uebereinstimmung(?)

feht.

Neue Inlandanleihe

der Sowjets

Löhne und Gehälter Linz  , 13. April. In der Nacht zum 12. April im Dritten Reich haben sich bei Ramshofen bei Braunau am Inn  Personen unter bedentlichen Umständen herum- Der Rückgang der Gehälter und Löhne in getrieben. Durch die von der Gendarmerie ein Deutschland   im letzten Jahr wird in der eben ver­geleiteten Erhebungen wurde festgestellt, daß in öffentlichten Bilanz des großen deutschen   Konzerns einem leerstehenden Keller im sogen. Buch der JG. Farben anschaulich vor Augen ge­wald 55 Patete mit verschiedenem nationalsozia- führt. Die Zahl der Angestellten der Firma stieg Berlin  , 13. April. Die Sowjetregierung listischen Propagandamaterial im Gewichte von im verflossenen Jahre um 15 Prozent, während plant, wie DNV aus Tallin   meldet, die Auf­240 Kilogramm und zwei Pakete mit 46 Papier  - der Gesamtbetrag der Ausgaben für die Gehälter legung einer neuen Inlandsanleihe in Höhe von böllern samt den dazugehörigen Zündschnüren und Löhne bloß eine Erhöhung um zwei Prozent 6 bis 8 Milliarden Rubel. Mit Hilfe der Anleihe lagern. Auf jedem Paket war die Ortsbezeich- erfahren hat. Zu Ende des Jahres 1932 beschäf- soll ein Fonds zur Deckung der Kosten des zwei­nung ersichtlich gemacht. Die Papierböller waren tigte der Konzern 97.405 Personen. zum großen Teil in reichsdeutsche Zeitungen ein­gewidelt. Das gesamte vorgefundene Material wurde beschlagnahmt.

Bedingte Zustimmung

der Frontkämpfer

zu den Sparplänen Doumergues.

Paris  , 13. April. Der außerordentliche Kon­greß der ehemaligen Frontkämpfer nahm die Re­gierungsentwürfe und damit die dreiprozentige Herabsehung der Invalidengenüsse, soweit die Er­höhung der Altersgrenze für die Pension der ehemaligen Frontkämpfer, aber erst ab 1934,

an.

Zu den übrigen Entivürfen sprach der Kon­greß seine Vorbehalte aus und lehnte insbesondere die Ausscheidung der Frontkämpfer­Pensionen aus dem ordentlichen Budget und deren Einreihung in die aus dem Reingewinn der staatlichen Lotterie durchzuführenden Zahlungen

ab.

Protestaktionen

Der kommunistische Arbeitsverband hatte für heute die Einstellung der Arbeit auf eine Stunde und im Verkehr auf fünf Minuten zum Zeichen des Protestes gegen die Regierungsdekrete aus­gerufen, mit denen die Gehälter der Staats­beamten herabgesetzt werden. Der Allgemeine Arbeitsverband( CGT.), der die Mehrzahl der Gewerkschaftssynditate in sich konzentriert, hat für Sonntag eine Wolfsversammlung einberufen und will anfangs nächster Woche zu einer Protest

altion schreiten.

ten Fünfjahresplanes gebildet werden.

Die jüdische Ahnfrau

Der Angsttraum des SA  - Führers

sein bestialischer Terror nur gegen die soziali. ftische Arbeiterschaft und die Juden kehrte, be­grüßten. Als die demokratische Verfassung ver. nichtet wurde, als die politischen und gewerk. schaftlichen Arbeiterorganisationen zerstört, zahl. lose Menschen auf der Flucht erschossen", in den Konzentrationslagern zu Tode gemartert oder zu Krüppeln geschlagen wurden, als die Nacht des Grauens über Deutschland   hereinbrach, war von katholischer Seite nicht ein Wort, nicht ein Schrei des Entsetzens und des Protestes zu hören, vielmehr traten die Repräsentanten des Katholizismus ein Jahr später in Desterreich ge­freulich in die Fußstapfen der Hitler und Goe­ ring   und errichteten dort nach einem unter Män. nern, Frauen, Kindern und Greisen angerich teten Blutbade ihr christlich- autoritäres" Regime.

In Deutschland   hat der Katholizismus der Machtübergabe an Hitler   eher in die Sände ge­arbeitet, als ihr einen nennenswerten Widerstand entgegenzusetzen. Wenigstens war dies in letter Zeit vor dem Anbruch der nationalsozialistischen Herrschaft der Fall und es konnte sogar ge­schehen, daß ein Mitglied des Zentrums, Herr von Papen, den man unzweifelhaft als einen Vertrauensmann des Vatikans ansprechen durfte, dem Nationalsozialismus die Wege zur Regie­rung cbnen half. Die Politik des Vatikans, war eben immer eine solche, daß sie sich stets mehrere Eisen im Feuer hielt, für die Weimarer Ver­ fassung   eintrat, solange diese fest im Satte! zit fizzen schien, als diese aber in Gefahr geriet, legte sie offensichtlich auf die Koalition mit der Sozialdemokratie zur Verteidigung der Weima­ rer Verfassung   feinen Wert mehr. Im allge­meinen gilt bei der Politik der Kirche die Re­gel, sich mit jedem herrschenden Regime gut zu stellen, um dabei ihren eigenen Vorteil zu wahren und das glaubte sie auch dem braunen Fascismus gegenüber erreichen zu können. Man rühmt der Kirche ungeheure Klugheit nach, doch Gihr schon im Sommer des Vorjahres abgeſchloſ senes und im Stonkordat zum Ausdruck gebrach ten Bündnis mit dem Nationalsozialismus zeugt von einer für sie blamablen Dummheit, denn sie