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Nr. 95

Protest der christlichen Arbeiter von Innsbruck  

Die christlichsozialen Arbeiter in Innsbruc haben beschlossen, gegen die Besetzung der Man­bate in den Verivaltungsfommissionen der Arbei terfammern durch Angehörige der Heimwehren öffentlichen Protest einzulegen.

In dem Proteste wird erklärt, sie könnten nicht begreifen, was in einer reinen Standes­forporation die Vertreter einer militärischen Organisation zu suchen hätten und wenn sie schon an ähnliche Stellen berufen werden sollten, war um man dann nicht in erster Reihe Rücksicht auf den Freiheitsbund, eine christlichsoziale militärische Organisation nehme. Die Tiroler Arbeiterschaft sei von dem besten Willen bestrebt; an dem Aufbau der Arbeiterorganisationen im neuen Staate mitzuarbeiten. Aber die Art, wie man dies tue, mache eine Zusammenarbeit unmöglich. Die christlichsozialen Arbeiter lehnen jede Verantwortung ab, falls der Aufbau neuer Arbeiterorganisationen an dem Widerstand der Arbeiterschaft scheitere.

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Dienstag, 24. April 1934

Blendend weiß

sind Ihre Zähne

eine Freude, sie anzusehen! Wer seine Zähne regelmäßig mit

Kalodont pflegt, der sorgt für ihre Gesundheit und reinen, frischen Atem. Durch Kalodont bleiben Ihre Zähne gesund, denn es enthält als einzige Zahncreme in der Tschechoslowakei   das wirksame Mittel gegen den Zahnstein: Sulforizin- Oleat nach Dr. Bräunlich.

KALODONT

Explosion einer Bombe, die Herrn Fey zugedacht war

Drei Schwerverletzte in einer Salzburger   Heimwehrversammlung

Wien  , 23. April. Wie erst heute aus Salzburg   mitgeteilt wird, explodierte während der am Samstag von den Heimwehren im Salzburger   Festspielhaus abgehaltenen Versamm­lung, gerade als der Wiener   Bürgermeisterstellvertreter Major i. R. Lahr in Vertretung des Vizekanzlersey sprach, auf der Tribüne eine Bombe, die unter Blumen verborgen worden war.

Durch die Explosion wurden drei Heimwehrlente und der Kapellmeister der Militär­musik schwer verletzt. Alle Verlegten mußten in das Krankenhaus eingeliefert werden. Die Polizei hat bisher eine Person verhaftet.

Die Bombe war offenbar dem Herrn Feh zugedacht, der ursprünglich in der Ver­sammlung hätte sprechen sollen, der aber durch einen Zufall in Wien   zurückgehalten worden

war.

Die Bombe war in einem Blumen topf verborgen, welcher auf der Estrade unter dem sonstigen Saalschmuck stand. Nach der Er­plosion hüllten Rauchschwaden, die von Schwarz­pulver herrührten, die ganze Bühne ein, auf der das Präsidium saß. Als sich der Rauch verzogen hatte, sah man auf der Bühne große Trümmer von Fensterläden und andere zerfetzte Holzteile, untermischt mit Mörtel und Gips. Der gange Saal war mit dickem Staub bedeckt.

21 Uhr 15 ausgelöst wurde. Um diese Zeit hätte Fe y gerade sprechen sollen, wenn er nicht zu fällig abgehalten worden wäre. Obwohl das Uhrwert bei der Explosion zerstört wurde, hat man nach den Resten dennoch feststellen können, daß es deutschen   Ursprunge 3 ist. Die Explosion hätte sicher noch größeren Schaden an­gerichtet, wenn die Sprengwirkung sich nicht mehr fegelförmig nach oben ausgewirkt hätte.

Weiters erfährt man erst jetzt, daß auch das Die Bombe wurde mittels eines Beit fürzliche Zugsattentat bei Marchtrent gegen zünders gezündet, die durch ein Uhrwert um Fe y gerichtet war, der sich in diesem Zuge befand.

,, Unser Bürgermeister ist Seitz!"

Stürmische Diskussion des Bürgermeister- Stellvertreters Winter mit der Wiener   Arbeiterschaft

gegen Zahnstein

aufgefordert werden, zu den Kommunisten überzu gehen. Dieser Passus wurde vielmehr erst eigen mächtig hinzugefügt, nachdem die Leute unter schrieben hatten!

Dazu erfahren wir noch, daß der Hauptworts führer der Unterzeichner ein Mann namens Hütter ist, der schon in früherer Zeit aus der österreichischen Partei und seiner Gewerkschaft ausgeschlossen worden war.

Ein Brucker Schutzbündler berichtet uns, daß Hütter bei der dortigen Arbeiterschaft schon seit dem Herbst als Vertrauensmann ausgespielt hatte, weil er auf eigene Faust die Arbeiter der Nitlas­dorfer Papierfabrit in einen völlig aussichtslosen Streit hineingehetzt hatte. Auf mehrfache An­fragen von Bruder Schutzbündlern hat Hütter bis zu seiner Abfahrt teine Auskunft dar­übergeben können, ober überhaupt am Kampf beteiligt war. Hütter war bereits früher einmal bei den Kommunisten ge­wesen und von ihnen zu einem Agitationskurs nach Moskau   entsendet worden; nachher ging er wieder zur Sozialdemokratie zurüd, ohne dort mehr eine Rolle zu spielen!

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Dänischer Schifferstreik belgelegt

Kopenhagen  , 23. April. Gestern wurde in einer gemeinsamen Sizung von Vertretern des Dampfschiff- Reederverbandes und der Seeleute beschlossen, den Schiffahrtsstreit heute früh zu be­enden. Zwischen den beiden Parteien werden heute neue Verhandlungen über die Lohnforderungen, die den Ausgangspunkt des Konfliktes bildeten,

Exterritorialität

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oder Protektorat?

Eine Notiz, in der wir die Intervention des österreichischen Gesandten Mar ef gegen die Starifaturenausstellung im Mánes zurüdiveisen, überdies uns mit seinem höheren Beamten­charakter" beschäftigen, der es ihm, der von Bauer und Renner als Vertreter der Republit Oesterreich nach Prag   geschickt worden war, er­laubt nun dem Bundesstaat" der Dollfuß und Konsorten zu dienen diese Notiz nimmt die Deutsche Presse" vom 22. April und die ihr geistesverwandte Wiener   ,, Reichspost" vom gleichen Tage zum Anlaß, uns mit einer läppi­schen Polemit zu beehren. Wir schrieben, daß vir Herrn Marek nach Erlöschen seiner Erterritoria­lität ein Ereignis, das gleichzeitig mit dem Sieg der österreichischen Linken eintreten dürfte,

besuchen wollen. Das regt die Schwarzen mächtig auf. Sie reden von einem hinterlistigen Angriff auf den Vertreter eines Nachbarstaates". stärkster Befremdung und Empörung" und for dern am Ende gar ein Einschreiten des Außen­ministeriums gegen uns, zumal" wir das Organ einer derzeitigen Regierungspartei sind.

Wir haben nichts dagegen einzuwenden, wenn die Deutsche Presse" polemisiert, sich also selbst lächerlich macht und uns damit wenigstens einen weniger wichtigen Teil unserer Arbeit abnimmt. Die Angelegenheit hat aber eine recht ernste Seite. Es ist in letzter Zeit Sitte ge­worden, daß die Gesandten der fremden Staa­ten einen Teil ihrer Zeit dazu verwenden, gegen Aeußerungen des öffentlichen Lebens bei uns cinzuschreiten". Die Herren Diktatoren und ihre diplomatischen und journalistischen Vertreter, wol­len auch bei uns gleichschalten. Unser Außenmini­ſterium wird allen diesen Interventionisten" einmal eine Generalabfuhr geben müssen. Die C. S. R. ist ein demokratischer Staat, in dem das freie Wort noch nicht verboten ist, damit müssen sich auch die Herren Gesandten abfinden. Keinesfalls sind wir ein Kolonialland, das unter dem Protektorat des diplomatischen Korps steht und sein öffentliches Leben nach dessen Wünschen einrichten müßte. Das sei auch den Vertretern Polens   und Italiens   gesagt, die nun auch gegen die Mánesausstellung protestiert haben. Schon gar nicht gefallen lassen darf man sich die Anmaßung des Herrn Marek, der eine Be­schäftigung mit seiner Person durch seine " Deutsche Presse" mit der Drohung diplomati­scher Verwvidlungen beantworten läßt.( Was für ein schlechtes Gewissen muß er übrigens haben, wenn er die Anfündigung eines Besuches nach Erlöschen seiner Exterritorialität als Drohung empfindet!) Wenn die Gesandten sich von uns beleidigt fühlen, sollen sie uns flagen. Das Ge richt wird sie darüber aufflären, was eine Belei digung und was ein sachlicher Angriff ist.

Das freisprechende Urteil gegen den volnischen Schriftsteller Staszycki aus Stratau und Professor Seulisiewicz aus Polnisch- Teschen ist rechtsfräftig geworden. Die beiden waren bekanntlich wegen Bergehens gegen das Schußgesch angeklagt wor den, was mit Anlaß zu der polnischen Kampagne gegen die Tschechoslowakei   gab. Der Senat des Streisgerichtes in Mähr.- Ostrau hatte sie jedoch freigesprochen.

Die tapfere Frau eines tapferen Mannes

Bürgermeisterstellvertreter der veranstalteter derartiger Bortragsabend mußte beginnen. Stadt Wien   Dr. E. St. Winter veranstaltet wegen der lauten Zwischenrufe, mit denen die in der letzten Zeit in Wien   Vorträge über die Teilnehmer die Ausführungen Winters begleite Stellung der Arbeiterschaft im neuen Desterreich. ten und die in einer Demonstration Zu seinen Vorträgen lädt er auch die Angehörigen für Sei gipfelten, vorzeitig abgebrochen der aufgelösten Parteien, ehemalige Sozialdemo- werden. Zahlreiche Anwesende riefen: ,, Unser fraten nicht ausgenommen, ein und diskutiert Bürgermeister ist Seiß!", worauf Bürgermeister­mit ihnen über aktuelle Fragen. Diese Diskus- stellvertreter E. K. Winter erklärte, daß er fünf­sionen pflegen einen bewegten Verlauf zu neh| tig eine strengere Auswahl(!) der men. Ein Samstag im Volfsheim im 16. Bezirk| Teilnehmer dieser Diskussionen treffen werde.

286 Schutzbündler

nach Rußland   unterwegs

Ein plumper Schwindel unserer Kommunisten

Brinn, 23. April. Heute um 17 Uhr haben 178 österreichische Schutzbündler, die bisher in Brünn   Zuflucht gesucht hatten, mit dem Oder berger Schnellzug die Reise nach Sowjetrußland angetreten. Der Gruppe schließen sich auch wei­tere 18 Emigranten aus Sternberg   und 90 aus Chocerady und Zbraslav an.

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Paula Mallisch vor den Geschworenen

Wir haben bereits über das schändliche Urteil lisch seine Frau, die vor Ermüdung in einer Por­berichtet, welches von dem Schwurgericht Leoben   tierloge eingeschlafen war und teilte ihr mit, daß gegen die schwertrante Frau des gehenkten Ge- sich die Schutzbündler zurückziehen müssen. Paula nofen Wallisch und die Genoffin Fertner Wallisch gab ihm wieder zur Antwort: Wo du aus Brud   a. d. Mur   gefällt worden ist. Selbst aus dem Berichte eines gleichgeschalteten Wiener   Blat­tes geht hervor, daß sich beide Frauen bei der Ver­handlung glänzend benommen haben.

Frau Wallisch wurde, gestützt auf einen Stock und auf eine Gefängnisbeamtin mehr in den Saal getragen als geführt. In Brünn   kam es wenigstens nach den Meldungen des Pressebüros auf dem Bahnhof Der Gerichtsvorsißende mußte ihr erlauben, wäh= zu keinen Demonstrationsversuchen von fom- rend der ganzen Verhandlung zu ſizen. In schlich­munistischer Seite. Hier hatten die einheimischen ten, einfachen Worten bekannte sich die schwerge= Kommunisten andete Formen für ihre demago- prüfte Frau mit rührender Liebe zu ihrem hin­gische Heße ausgewählt, die sie seit der Ankunft gerichteten Gatten. der ersten geflüchteten Schutzbündler aus Dester­

Am 12. Feber, so sagte sie zusammenhän

Wo du bist, will ich auch sein"

bist, will ich auch sein." Sie machte die ganzen Mühsalen des Rückzuges durch die winterlichen Berge mit... Ich habe mich für meinen Mann ge­fürchtet und war so aufgeregt. Ich hätte ihn nie und nimmer verlassen..." So endet der Bericht über Frau Wallische Aussage. Genossin Fertner, eine einfache Arbeiters frau, verantwortete sich wie folgt:

Wir Frauen waren im Prinzip immer gegen eine gewaltsame Auseinandersetzung. Um 1 Uhr habe ich Frau Wallisch auf der Straße ge­troffen, da haben wir die ersten Schüsse ge­hört. Später ist dann ein verwundeter Heimat­schützer in den städtischen Betrieb gebracht worden und ich habe ihm erste Hilfe geleistet. Lebensmittel habe ich nur verschafft, um Plünderungen zu ver­hindern. Es sind auch nirgends Plünde= rungen vorgefommen!"

reich systematisch betreiben. Den Gipfelpunkt er- gend aus, sagte ihr Wallisch, er müsse nach Bruck reichte dieses unverantwortliche Treiben in einer fahren, weil der Generalstreit ausgebrochen sei. In Sowjetrußland sollen die Emigranten angeblichen Erklärung" des Brünner La Sie hat ihm darauf gesagt: in vier Gruppen u. zw. nach Charkow  , Legers der Schußbündler, in der mitgeteilt wurde, ningrad, Moskau   und Stalingrad   daß diejenigen Schutzbündler, die nach Rußland  aufgeteilt werden. fahren, aus der sozialdemokrati- und fuhr mit. Während der Kämpfe wurde in Die Prager Gruppe in der Stärke von rund ichen Partei in die kommunistische Brud Frau Wallisch von den Schußzbündlern an= 50 Mann, die bisher im Emigrantenheim in übertreten. gegangen, sie solle Essen besorgen, da sie sonst plün­Zbraslav untergebracht war, fuhr von Prag Mon- Eine sofort angestellte Umfrage im Brünner dern gehen müßten. Das teilte sie ihrem Manne tag nachmittags mit dem Oderberger Schnellzug Lager ergab, daß dessen Insassen von dieser Er- mit. Koloman Walliſch  , den seine Mörder später ab. Sie wird sich an der polnischen Grenze mit flärung nicht das Mindeste gewußt ha- als eine Art Näuberhauptmann hinstellen wollten, der Brünner Gruppe vereinigen. Auf dem Wil  - ben. Sie erklärten übereinstimmend, daß iene, erklärte aber kategorisch: sonbahnhof hatten sich etwa 50, meist deutsche die auf der Erklärung unterfertigt sind, von Das darf nicht geschehen! Lieber schieße Kommunisten eingefunden, welche aus diesem niemandem ermächtigt waren, eine Er­ich jeden tot! Wir sind ja keine Räuberbande!" Anlaß einen Agitationsrummel veranstalten flärung abzugeben. Die Erklärung stammt viel­Sodann hat Frau Wallisch mit der Genossin wollten. Zwei hiesige Kommunisten, die eine An- mehr von Leuten, die durchwegs in der österrei­sprache halten wollten, wurden von der Polizei chischen Arbeiterbewegung eine Rolle gespielt Fertner aus dem Konsumverein Lebensmittel ge= verhaftet. Die Schutzbündler grüßten bei der Ab- haben und von denen die meisten sich überdies an holt. Auf offener Straße wurde sie von Frauen ge= fahrt bis auf drei Ausnahmen- drei österrei- den Feberfämpfen gar nicht aktiv beteiligt haben! fragt, ob sie beim Kochen helfen sollen. Das Essen Das Gerichtsgebäude war während dieser chische Kommunisten durchwegs mit lauten Aber selbst die Unterzeichner der Erklärung wuß- wurde in der Waschküche eines städtischen Betriebes denkwürdigen Verhandlung von einer riesigen " Freundschaft!"- Rufen. ten nichts von einem Passus, in dem die Arbeiter zubereitet. Dienstag um 5 Uhr früh weckte Wal  - Menschenmenge umlagert.

Der Eindruck der Verantwortung der beiden Frauen muß ein gewaltiger gewesen sein, denn der Staatsanwalt selbst beantragte dem Gerichtss hof, nur die M in de st strafe zu verhängen. Aber die gut christlichsozialen Geschworenen spra­chen trotzdem ein hartes schuldig" aus und so wurden Paula Wallisch   und Marie Fertner wegen der Labung von Schußbündlern zu je einem Jahr schweren Kerkers verurteilt. Genossin Fertner be­fam drei Monate Strafaufschub, Genossin Wal­lisch bleibt angeblich bis zu ihrer vollen Genesung auf freiem Fuß.