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Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI
IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFOM: 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
14. Jahrgang
Die Schutzbündler
, 25. April. ( Taß.) Heute sind dreihundert Teilnehmer der Feber- Barrikadenfämpfe in Wien und Desterreich, durchwegs Mitglieder des Republikanischen Schuhbundes, in Moskau eingetroffen. Sie wurden auf dem Bahnhofe von Vertretern der Noten Hilfe und des Zentralrates der Gewerkschaften der Sowjetunion empfangen. Auf dem Bahnhofsplake, wo zahl= reiche Delegationen aus den Fabriken und Betrieben Moskaus mit Fahnen und Musikfapellen Aufstellung genommen hatten, wurde eine Kundgebung veranstaltet, in denen auch die Vertreter der Emigranten das Wort ergriffen.
Sozialistischer Wahlsieg in London London
, 25. April. ( Reuter.) Bei den Ergänzungswahlen in der Londoner Vorstadt North Hammersmith wurde der Labourist West mit 14.263 Stimmen gewählt. Der konservative Parteigänger Davis erhielt 10.747 und der Kommunist Framleh 614 Stimmen. Der konservative Kandidat erhielt bei den letzten allgemeinen Wahlen eine Mehrheit von 6977 Stimmen. Deutschland
gegen die Randstaaten
Donnerstag, 26. April 1934
Die vier Toten
Wie die Gewerkschaftsführer am 2. Mai ermordet wurden
Die von uns bereits gestern wiedergegebene Mitteilung der Deutschen Allgemeinen Zeitung" über die Auffindung der Leichen von vier Duisburger Gewerkschaftsangestellten bringt, wie die fozialdemokratische Korrespondenz Sopade mitteilt, die restlose Aufklärung über eines der scheulich sten Verbrechen, das im Frühjahr 1933 von Nationalsozialisten an Funktionären der sozialistischen Arbeiterbewegung verübt worden ist. Die Ermordeten sind der Angestellte des Metallarbeiterverbandes Schlösser, der Bezirksleiter des Verbandes der Binnenschiffer Birk, der Angestellte des Verkehrs bundes und Vorsitzende des Duisburger Reichs= banners No den stock und der ehrenamtliche Funktionär des Zentralverbandes der Angestellten Schmal han 8.
schung durch die SA erfolgte und den man vichisch mißhandelte, als er es wagte, den Angestellten des ZDA. zu Hilfe zu kommen.
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Nr. 97
In einem für Europa bedeutungsvollen Augenblic trifft Frankreichs Außenminister Louis Barthou in Prag ein.
Seit dem Frühjahr 1933, da das große Deutsche Reich dem Fascismus verfallen ist, haben sich die Aussichten für den Frieden Euro pas und den kulturellen Fortschritt des alten Erdteils verschlechtert. Nicht nur verbanden sich der deutsche mit dem italienischen Fascismus, auch die Demokratie in Desterreich wurde beseitigt, Mitteleuropa bis auf die vom Böhmerwald , dem Erz- und Riesengebirge umschlossene Insel der Demokratic, wurde fascistisch). Aber damit begnügt sich der Fascismus nicht. Deutschland hat eine aggressive Außenpolitik begonnen, die lebhaft an die„ aktive" Außenpolitik Achrenthals erinnert, die in dem kurzen Zeitraum von
In der amtlichen Meldung wird behauptet, daß noch nicht festgestellt werden konnte, wie diese Leute zu Tode gekommen sind". Das ist eine glatte 2üge. Bereits am 11. November 1933 hat die Deutsche Freiheit" einen genauen die übrigen Gewerkschaftsführer, mit roten und Aufregungen, welche die Annexion Bosniens Am Nachmittag des gleichen Tages mußten sechs Jahren, 1908 bis 1914, Europa von den Bericht über die Ermordung veröffentlicht, in dem schwarz- rot- goldenen Fahnen drapiert, mit erho= hervorgerufen hat, schnurstraks in den Weltgeschildert wird, wie am 2. Mai 1933 in Duis benen Händen durch die Straßen Duisburgs mar- frieg führte. Deutschland rüstet, wie wir erst burg wie im ganzen Reich gegen 10 Uhr vormit schieren, und mit Reitpeitschen, Stahlruten und gestern hier gezeigt haben, mit aller Macht, es tags alle Gewerkschaftsbüros von schwerbewaff- Gummiknüppeln wurden sie gezwungen, die ist aus dem Völkerbund ausgetreten, es hat der neter SA und besetzt wurden. Die in den Internationale zu singen. leber diesen Aufzug Abrüstungskonferenz einen schweren Stoß verBüros anwesenden Gewerkschaftssekretäre wurden berichtete am nächsten Tag die gleichgeschaltete setzt, und wenn die heutigen deutschen Machtverhaftet und in das Büro des Deutschen Metall- Preſſe, und sie teilte gleichzeitig mit, daß die Ge- haber auch nicht die Schrecken eines neuen Weltarbeiterverbandes in der Ruhrortestraße gebracht. werkschaftsführer Schlösser, Birt, Rodenstock und frieges in ihrem Programm haben, werden sie Dort wurden die Verhafteten mit Reitpeitschen und Schmalhans einem Spezial ber hör durch die Kräfte bändigen können, die aus dem mili Stahlruten be stialischmishandelt. ten Führer der NSV D, Mult
Riga, 25. April. Die lettische Telegraphens Einige der Mißhandelten belasteten die noch ha up t, unterzogen worden seien. Die Angehöri- tarisierten Deutschland herauswachsen und die agentur verbreitet folgende Mitteilung: Die nicht verhafteten Gewerkschaftsführer in der siche- gen erhielten nie wieder eine Nachricht, und die gesamte europäische Kultur bedrohen? deutsche Regierung hat der lettischen Regierung zur ren Hoffnung, daß es den noch auf freiem Fuß Polizei weigerte sich, Nachforschungen an- Angesichts dieser furchtbaren Gefahren, die Kenntnis gebracht, daß die Regierung der Sowjet- Befindlichen gelingen würde, zu entfliehen. Dar zustellen. Zwei Wochen später meldete die Zeitung Kultureuropa vor Sein oder Nichtsein stellen, ist union , um eine Besserung der Beziehungen atiſchen Deutschland und der Sowjetunion zu mani Angehörigen der noch in Freiheit befindlichen giert wurde, daß die verschwundenen Geverf Fortschrittes im Augenblick auf schen Deutschland und der Sowjetunion zu mani- aufhin fuhren sofort einige Nazikolonnen zu den der NSBO, die damals noch von Multhaupt redis die Sache des Friedens und des festieren, Deutschland den Vorschlag gemacht hat, Funktionäre und verhafteten sie als Geiseln. Einige schaftsführer sich ihrer Verhaftung durch die die europäische Demokratie ge. ein Brotokoll zu unterzeichnen, das die Unabhängigkeit und Unantastbarkeit der Baltischen Staaten fen fid) in einem fleinen Lofal und erfuhren dor ihre Leichen bei Nacht und Nebel verscharrt Schicksal Europas , seiner Freiheit, seiner Kul. der noch nicht verhafteten Gewerkschaftsführer tra- I u cht entzogen hätten. In Wahrheit waren ste II t. Das Schicksal der Demokratic ist das garantieren würde. Die deutsche Regierung wisse, von der Festnahme ihrer Angehörigen. Sie be worden. daß die Unabhängigkeit und Unantastbarkeit der schlossen darauf, sich freiwillig zu stellen, tur, der zivilisatorischen Errungenschaften von Baltischen Staaten nicht bedroht sei und daß ein aber nicht den Nazis, sondern der Polizei. Der Die verantwortlichen Machthaber in Jahrhunderten. Der Führer dieser demokratiDeutschland kennen seit langem die Mörder solches Protokoll die Beziehungen zwischen Deutsch - Nazi- Bolizeipräsident lieferte aber die Führer den land und der Sowjetunion nicht bessern fönnte. Nazis aus, und sie wurden zur Vernehmung in Deshalb hat sie die Anregung der Sowjetregierung das Metallarbeiterhaus in der Ruhrortestraße geabgelehnt. bracht.
Furcht vor Mal- Aktionen
Berlin. ( Inpreß.) Die Reichsregierung hat eine besondere Pressekonferenz über die Tätigkeit der Berliner Schußpolizei am 1. Mai durchgeführt, dic beweist, daß sie mit etwaigen Aktionen der Arbeiterschaft rechnet. Der Polizeioberst Dillinger er flärte: Da die Befehlsbefugnis bei einer Stelle fonzentriert seinmuß, werden dieSA - Formationen in diesem Bereich der Polizei unterstellt sein. Auch Reserven werden zur Verfügung stehen. Ueber das Feld zieht sich ein Befehlsnes, nämlich Wachtürme, die untereinander telephonisch verbunden sind." Aber diese Maßnahmen genügen noch nicht: Die Polizei umgibt das Aufmarschfeld, um nötigenfalls helfend( 1) einzugreifen, wenn etwa ein ordentlicher Unfall oder ein 3 wischenfall das erfordern sollte."
Die Furcht der Nazi wird durch einen Bericht der Deutschen Allgemeinen Zeitung" noch deutlicher:" Zum Schluß richtete der Kommandeur der Berliner Schußpolizei eine unmißverständliche Warnung an unbotmäßige und ver brecherische Elemente( in der D. A. 8. fett gedruckt), die sich vielleicht dem Glauben hingeben könnten, daß ihnen ein solcher Tag gewisse Chancen für lichtscheue Betätigung gäbe."
73jähriger Priester Hock muß in den Kerker
Budapest , 25. April. Mittwoch fand vor dem Kurialgericht in Budapest die Berufungsverhandlung gegen den seinerzeit wegen Sch mähung der Nation" von der föniglichen Tafel zu einem Jahr schweren Kerker verurteilten Priester od statt. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil und übergab es dem ordentlichen Gericht zur Vollstreckung. Hock wird troß seines Alters und seiner förperlichen Verfassung er konnte infolge schwerer Serantheit nicht bei der Verhandlung er scheinen in den Kerker kommen und wird dort nach Ansicht der Aerzte voraussichtlich sein Leben beschließen. So will es Horthy und seine Schergen!
von Duisburg , aber ihre einzige Bergeltungsschen Staaten im Westen und im Norden Konti maßnahme bestand darin, daß sie den Anführer nentaleuropas ist Frankreich und man hat der Mörderbande, den Leiter der NSBO, Mult im Feber 1934 gesehen, was eine zeitweise haupt, nicht mehr in den Reichstag vom 12. Schwäche Frankreichs für Folgen gehabt hat. Schon auf dem Wege dorthin wurde November schickten. Sie allein hat Italiens Uebergewicht in Desterder Angestellte des Metallarbeiterverbandes Man versteht daher die Warnung der Boli- reich und damit die Niederwerfung der DemoSchloffer in der fürchterlichsten Weise mi zei, an die Leichenfunde ,, feine überflüssigen tratie daselbst möglich gemacht. Vom Standhandelt. Dann schleppte man den Bewußtlosen Kombinationen zu knüpfen und so die Bevölke- punkt der Demokratie und das Interesse der in den Heizungsfeller des Metallarbeiterhauses. cung zu beunruhigen". Von einer beispiellosen Arbeiterklasse verlangt überall die Erhaltung Dort lagen schon die fürchterlich zerschlagenen Niedrigkeit der Gesinnung zeugt es ferner, wenn der demokratischen Verfassungen, wo diese noch Körper des Bezirksleiters der Binnenschiffer die amtlichen deutschen Stellen in voller Kenntnis bestehen muß man daher wünschen, daß Birl, des Angestellten des Verkehrsbundes des wahren Sachverhaltes die Meldung über den Frankreichs Einfluß in Europa nicht weiter ge Rodenstock und des jungen Funktionärs des Leichenfund mit der Bemerkung versehen, daß mindert wird. Die französischen Politiker beru Zentralverbandes der Angestellten Schmal- man noch Ermittlungen anstelle ,,, ob die Mordtat hand, der nur zufällig auf dem Büro des nicht mit einer Veruntreuung von Gewerkschafts - fen sich so oft darauf, daß sie die Wahrer des Zentralverbandes anwesend war, als die Be- geldern zusammenhänge."
Godal.
Der„ Führer" verhandelt über neue Nichtangriffs- Pakte...
demokratischen Kulturguts eines ganzen Erd.
teils sind, mögen sie gerade in diesem Augenblick nicht vergessen, was sie der europäischen Kultur schuldig sind. Kommt Louis Barthou mit einer solchen Gesinnung nach Prag , so wird sein Aufenthalt nicht nutzlos sein.
nur
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Der französische Außenminister hat allerdings noch eine zweite Aufgabe zu erfüllen. Er fommt von Warschau , wo er nicht nur Klar. heit in das französisch- polnische Verhältnis bringen, sondern auch die Wogen der hochgehenden Bewegung gegen die Tschechoslowakei zu glätten hatte. Der Pakt, den Polen mit Hitlerdeutschland abgeschlossen hat, sollte für die Polen nicht wenigstens für kurze Zeit eine gewisse Erleichterung an seiner Westgrenze sein, die neue Großmacht, als die sich Polen fühlt und als die sie auch von ihrem bisherigen Verbündeten, eben Frankreich ), gewertet werden will, wollte zeigen, daß sie in ihren politischen Entschlüssen frei und von der französischen Außenpolitik unabhängig ist. Beim Besuch Warschaus hat Barthou Polen als Großmacht anerkannt, aber gleichzeitig die Versicherung empfangen, daß es eine Geheimflausel in dem deutsch polnischen Vertrag nicht gibt. Polens Bündnis mit Frankreich bleibt aufrechterhalten, was in Berlin als kalter Wasserstrahl auf die erhitzten Gehirne: vohltuend gewirkt hat. Polen wird auch nicht den Völkerbund verlassen, in den Fragen der Abrüstung