nická akademie

II.

Praha Hybernská ul. 7.

Vosuwemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14. Jahrgang

Freitag, 4. Mai 1934

Ein ,, Volksgerichtshoft der deutschen   Tyrannis

Ein beispielloses Blutgesetz der Hitlerregierung

Der Reichsanzeiger" des deutschen   Fascis­mus hat zum 1. Mai ein neues Reichsgejes publi­ziert, das gegen Hoch- und Landesverrat" ge­richtet zu sein vorgibt, in Wahrheit aber dazu geeignet( und wohl auch bestimmt) ist, den letzten Rest von Meinungsfreiheit, den letzten Rest von Möglichkeit, sich über die Regierung und ihre Maß­nahmen zu äußern, vollends zu erdrosseln. Dieses Gejeb ruft einen Volksgerichtshof  " ins Leben, das aus fünf vom Reichskanzler über Vorschlag des Justizministers ernannten Richtern besteht, und zwar aus zwei Berufs- und drei Laien- Richtern. Diefer Voltsgerichtshof" wird über drei Para graphen furzerhand zu urteilen haben und das Urteil soll in jedem Falle und inappellabel voll­zogen werden. Es gibt feine Berufung und es gibt f a st nur Todesst r a fc. Die drei Paragraphe lauten:

Mit dem Tode wird bestraft, wer es unter­nimmt, mit Gewalt oder durch Androhung mit Ge walt das Reichsgebiet ganz oder teilweise cinem frem den Staate einzuver leiben oder ein zum Reiche gehöriges Gebiet vom Reiche I o szureißen.

Mit dem Tode oder lebenslänglichem Zucht­haus oder Zuchthaus nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer es unternimmt, den Reichspräsiden ten oder den Reichskanzler oder ein anderes Mit glied der Reichsregierung feiner verfaf. fungsmäßigen Gewalt zu berau ben oder mit Gewalt oder durch Androhung von Gewalt oder mit einem Verbrechen und Vergehen zu nötigen oder zu hindern, seine verfassungs­mäßigen Befugnisse überhaupt oder in einem bestimmten Sinn auszu üben; ferner wer zur Vorbereitung eines hochwer räterischen Unternehmens zu einer ausländischen Regierung in Beziehung tritt oder die öffentliche Macht mißbraucht oder Wannschaften anwirbt oder in den Waffen einübt.

Mit dem Tode wird bestraft, wer es unter: nimmt, cin Staatsgeheimnis zu ver raten. Als Staatsgeheimnisse im Sinne dieser Bor. schriften gelten dabei Schriften, Seichnungen, an dere Gegenstände, at fa chen oder Nach richten darüber, deren Geheimhaltung vor einer ausländischen Regierung für das Wohl des Reiches, insbesondere im Interesse der Landesver teidigung erforderlich ist.

§ 1 ist zweifellos als unerhörte Drohung gegen alle jene gedacht, die in der Saarfrage anderer Meinung zu sein sich erlauben als die braunen Herren; wer sich in 3 citungs­artikeln oder vielleicht auch nur in mind­licher Aeußerung jedem Versuch einer durch Terror in ihrer Freiheit gefährdeten Ab stimmung im Saargebiet entgegenstellen sollte, risfiert nunmehr seinen Kopf!

§ 2 entzieht sich überhaupt jeder Möglichkeit einer Interpretation, die nur annähernd alle Delikte nennen könnte, die nach dieser gesetzlichen Bestimmung zu mindestens fünf Jahren, eventuell aber lebenslänglich und natürlich auch mit dem Tode bestraft werden können. Und vollends der dritte Paragraph bedroht schlecht­weg jeden Bürger mit dem Tode, der irgendetwas, irgendwo und irgendwie äußert, das der Volksgerichtshof  " als Staatsgeheimnis erfennen will. Wer etwa erzählen wird, daß in der Munitionsfabrik in X. oder 3. Hundert neue Arbeiter eingestellt wurden, kann nach dieser Be­stimmung mit dem Tode bestraft werden. Alles und jedes kann vor diesen Voltsgerichtshof ge= bracht werden! Und wir brauchen nicht hinzuzu fügen, daß vor diesem Gericht nicht Recht gespro= chen werden, sondern nur den jeweiligen Bedürf= nissen der nationalsozialistisen Tyrannen entspro chen werden wird. Man kann sich denken, wie die Berufs- und wie die Laienrichter dieses Bluttri­bunals beschaffen sein werden! Der grausamsten Willfür, der beispiellosesten Verfolgungswut, einem in der Geschichte einzig dastehenden Versuch der Unterdrückung jedes Sanches fritischer Gesinnung ist hier ein juristisches Mäntelchen umgehängt,

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 103

Ende einer deutsch­bürgerlichen Illusion

Kein Ständestaat

in der Tchechoslowakei

der deutsche Bürger von 1934 gegen die Gefahr, als Hochverräter unter Hentershand zu kommen. Was dieser Volksgerichtshof anrichten wird, wird die nächste Zukunft lehren. Daß aber dieses Tribunal errichtet wurde, beweist doch, daß es um die Herrschaft des Hitlerfascismus schon sehr frag­würdig bestellt ist und daß er seine Sicherheit mit jedem Tag mehr wanken fühlt! Das glauben wir, Es ist einer der größten Fehler im Den gegen das das Gewand des griechischen Dralon aussprechen zu dürfen, ohne irgendwelche Illuſio­fen eines großen Teiles der sudetendeutschen  geradezu zum Sinnbild der Wilde und Zartheif nen von einem bevorstehenden Sturz des Fascis wird. Was je Neronen ersonnen haben fönnten, mus eriveden zu wollen. Aber ein Regime, das die Bevölkerung, jedes politische Schlagwort, das wird hier zum Gesetz! Voltsgerichtshof? Jawohl! Zügel fest in der Hand hat, das die große Mehr im Auslande entsteht, das dem besonderen Nämlich ein Gerichtshof gegen ein heit der Nation nicht nur hinter sich, sondern be- Milieu entspringt, in welchem Deutsche   außer ganzes Volt! Die Goerings haben es nicht glückt zu haben glaubt, braucht feine solchen Blut- halb unserer Grenzen leben, aufzugreifen, es in verwunden, daß sie im Reichstagsbrandprozeß doch gefeßze. Sie sind vielmehr die Ausgeburt der den Mittelpunkt aller politischen Erörterungen noch wenigstens teilweise an die Geseze eines Angst und des Bestrebens, den fühlbar immer zu stellen und von ihm alles Heil zu erwarten. zivilijierten Staates gebunden waren. Nun stärker werdenden Widerstand der Nation gegen Ein solches Schlagwort ist das des Stände­tann jeder hingerichtet werden, ihre Vedrücker durch die weithin sichtbare Aufrich- itaates. Fast alle deutschbürgerlichen Par­der einem der deutschen   Zwingherren als Hochver- tung neuer Galgen einzuschüchtern. Ein solcher teien haben in den letzten Monaten im Stände. räter erscheint oder aber zu erscheinen beliebt. Versuch ist noch nie in der Geschichte geglückt. Hofstaat das Seil des Deutschtums der Tschecho. Die Frauen des Mittelalters cricheinen uns cher fentlich scheitert er in Neudeutſchland   raſcher, als slowakei   gesehen und wollten eine Ständeorga vor der Gefahr bewahrt geweſen zu ſein, als Heren das ſeine Gewaltmenschen selbst in ihren schreck- nisation des Sudetendeutschtums ſchaffen. So verrufen, verurteilt und verbrannt zu werden, als listen Träumen sich vorstellen!

Sprengstoffanschlag auf die Teplitzer Maikundgebung verhindert

Dynamit und Glasätz- Tinte

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Zwei Hakenkreuzler verhaftet

Die Burschen, von denen der eine Gebiets­leiter der nationalsozialiſtiſchen Jugend und die anderen Zellenleiter für den Distrikt Teplitz­Schönau Ost" waren, hatten das Muster einer solchen Bombe bereits im Feber 1. J. aus Deutsch­ land   erhalten.

Der Gendarmerieabteilung in Teplitz  - Schö| Teilnehmern an dem Umzug das Augenlicht und nau ist es gelungen, den Vorbereitungen eines die Haut zu zerstören. Naziverbrechens auf die Spur zu kommen. In der Nacht von Montag auf Dienstag wurden in der Prager Straße in Teplit Schönau Hafen­frenze aufgemalt. Montag früh fonnten von der Gendarmerie drei neunzehnjährige Burschen ver haftet werden, die an dieser Aktion beteiligt waren und es darauf abgesehen hatten, einen Spreng= stoffanschlag gegen die sozialdemokratischen De­monstranten zu unternehmen. Daß die Sache sehr ernst war, geht vor allem aus dem Verhör der Gendarmerie und den sofort vorgenommenen Hausdurchsuchungen hervor.

Wir erfahren darüber folgendes: In sehr langen Beratungen und Besprechungen der Nazis wurde der Blan entworfen, am 1. Mai Papier bomben zu werfen. Sie hatten Rezepte für eine Sprengstoffmischung, die von der Gendarmerie beschlagnahmt wurden. Es bestand die Absicht, diese Papierbomben mit Dynamit und blechernen Hafenfrenzen zu füllen. Ein anderes Rezept den tet darauf hin, daß man auch mit der sogenann­ten Glasä tinte arbeiten wollte, um den

Die Nazi- Niederlage in den Betrieben

Berlin  , 3. Mai.  ( Inpreß.) Von der Wahl der Vertrauensleute" in den Betrieben werden einige weitere Resultate bekannt, die die große Niederlage der Nationalsozialisten bei der Arbei­terschaft erneut bestätigen.

Im Ullstein- Verlag wurden von etwa 4100 Arbeitern und Angestellten 2070 gültige Stimmen für den Vertrauensrat abgegeben: 2030 Stimmsettel waren durchstrichen und damit ungültig. Die Wahl wurde unter Auf­sicht der Personalabteilung durchgeführt.

Bei der Berliner   ,, Volkswohlversicherung"

erzielten die Nazis 175 Jaſtimmen bei einer Belegschaft von rund 500 Mann. Bei der Deutschen Hollerith- Gesellschaft stimmten von etwa 500 Beschäftigten ebenfalls nur 175 mit Ja. Bei Pitus, Berlin   SD., lehnte die Beleg schaft die Wahl überhaupt ab, so daß der

Unternehmer sich an den Treuhänder wenden

mußte. In der Berliner   Jabrit von Holz stimmten von 1000 Mann nur 300 für den Nazikandidaten. In der Schuhfabrik Simson, Köpenickerstraße  , erhielt der Nazi- Vorsitzende des Vertrauensrates von der 73 Mann starken Belegschaft 36, die nächstfolgenden Kandidaten der Liste, die keine Nazis sind, erhielten 59, 63 und 69 Stimmen.

In Glauerburg, an der holländischen Grenze, beschäftigen die Textilwerte Povel 1. Co. 2300 Mann. Davon wählten unr 1351. Von dieser Hälfte der Belegschaft wählten wie der nur 700 Mann für die Naziliste.

Es war beabsichtigt eine Bombe von der Königshöhe in die Mühlstraße zu werfen, die zweite sollte von der Eichwalderstraße und die dritte von der Graupnergasse aus in die Kundgebung am Marktplatz geschleudert

werden.

strebt Konrad Henlein   an, in seiner Heimatfront das deutsche   Volk schön nach Ständen geordnet zu erfassen, die Gewerbepartei hat sich rasch als Der offizielle Gewerbestand erflärt und auch der Herr Minister Spina ist eine zeitlang als Wan­derredner umhergezogen und hat den deutschen Bauern das Evangelium des Ständeſtaates ver­fündet. Um nicht den Anschluß zu verpassen, hat der Bund der Landwirte sofort einen Landstand gegründet und nach österreichischem und reichs. deutschem Muster den Herrn Minister Spina zum Führer erfürt. Ebenso erblicken unsere Christlichsozialen im Ständestaat ihr politisches Ideal, schon deswegen, weil es ihnen der Papit in der Enzyklifa Quadragefimo anno" anbe fohlen hat und weil sie das Beispiel des Herrn Dollfuß mit seiner Karifatur einer Verfassung, die gerade ins Leben getreten ist, so gern nad). ahmen möchten.

Die deutschen Parteien einschließlich des Herrn Ministers Spina, worauf wir hier beson ders nachdrücklich hinweisen möchten, haben alle diese Parolen im luftleeren Raum geschmiedet Das geplante Verbrechen ist durch die Maß Sie haben die Ideologie des Auslandes fritiflos nahmen der Gendarmerie verhindert worden. Die übernommen, ohne auch nur einen Augenblic Verhafteten werden auf Grund des Gesetzes vom darüber nachzudenken, daß es bei der Verwirf­27. Mai 1885, Zahl 134, über die Anordnung lichung des Ständestaates doch nicht nur auf die gegen gemeingefährlichen Gebrauch von Svreng Sudetendeutschen ankomme, sondern daß man mitteln angeflagt werden. Bei den durchgeführten Hausdurchsuchungen wurden auch verschiedene beim Nachjagen hinter solchen Phantasien doch Schriften und Korrespondenzen und eine ganze auch berücksichtigen müßte, wie sich das tschechische Riste nationalsozialistischer Bücher aus Deutsch  - Bolf zu einer derartigen Ideologie ſtellt. Da land beschlagnahmt.

,, Miesmacher"

fann man nur sagen, daß außer dem einen Flügel der Tschechisch Klerifalen kein Mensch im tschechischen Volfe sich um den Ständeſtaat tüm mert und daß man im tschechischen Volfe mit der Idee des Ständestaates faum einen Hund hinterm Ofen hervorlocken kann.

Herr Goebbels   will einen neuen Coup landen. Ab Anfang Mai soll eine umfassende Vor allem muß man feststellen, daß die Versammlungs Propaganda Aktion" gegen größte bürgerliche Partei des tschechischen Vol. die Miesmacher" beginnen. Ein Trom­tes, die tschechischen Agrarier, mit denen doc) melseuer wird, wie die Naziblätter melden, das Bolt gegen diese Landplage" aufrütteln, die, so Serr Minister Spina schon längere Zeit im dekretiert der Propagandachef, ein für allemal Verhältnis der Symbiose lebt, von irgend einer verschwinden" müsse. Bis ins letzte Dorf hin- Ständegliederung nichts wissen wollen und an wortwörtlich, alles bisher Dagewefene weit in dem tschechisch- agrarischen Lager, welche für die ein" werde man diese Attion tragen, die, dies der Demokratie festhalten. Zu den Stimmen aus den Schatten stellen wird!" Die Kampagne foll Aufrechterhaltung der Demokratie sich einfeßen, bis zum 30. Juni hingezogen werden! sind in den letzten Tagen noch zwei gewichtige des rapiden Wirtschaftszusammenbruchs wieder getreten. Die eine ist die des amtierenden Vize­eine Vernebelungs- Atempause, aber was wird präsidenten der tschechischen Agrarier, des Abge dann werden?! Die Wiesmacher"- diese ordneten Beran, der in einer Rede dieser anscheinend schon unheimlich verbreitete Land- Tage gesagt hat, daß die Tschechoslowakei   nur plage" wird man zwar in den Konzentrations auf der Basis der Verständigung zwischen höllen und in den Gefängnissen verschwinden las- Landwirten, Arbeitern, Gewerbetreibenden und fen können, aber was tut man gegen die Wirt Intelligenzlern" leben kann, mit anderen Wor­fächlich von Tag zu Tag micfer" wird?! Da hört schaftslage ,, die, mit und ohne Miesmacher", tat- ten, daß gegenwärtig nur eine demokratische selbst die Reklamebehendigkeit eines Joseph Goeb­ bels   auf!

Da hat also das Regime des Lohnabbaus und

Thomas Trimm verhaftet

Koalitionsregierung in der Tschechoslowakei   mög lich ist. Wir möchten aber insbesondere die Worte des Abgeordneten Veran unterstreichen, wo er davon spricht, daß in Desterreich nicht nur der Marrismus geschlagen wurde, sondern daß dort Berlin  , 3. Mai. Der Chefredakteur, des vom auch die Bauern und Christlichsozialen verspielt Ullstein- Verlag herausgegebenen Wochenblattes Die Grüne Post". Thomas Trimm  , ist verharder den Habsburgern den Boden vorbereitet haben und heute nur Fürst Starhemberg regiert, tet worden. Wie bekannt, veröffentlichte Trimm Im Fascismus ist eben nicht nur eine ſozia­vor einigen Tagen in dem erwähnten Blott einen listische, sondern auch eine Agrarpartei nicht offenen Brief an Minister Goebbels  . möglich. Fascismus bedeutet aud) das Ende der