Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

14. Jahrgang

Freitag, 18. Mai 1934

Einzelpreis 70 Hoffer

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 115

Deutche Sozialdemokratie Vertagung der Abstimmung Arbeiter und Bauern

und Präsidentenwahl

Der Beschluß der Koalitionsparteien, der dem Ministerpräsidenten, wie wir bereits gestern gemeldet haben, übermittelt wurde, und der da­hin lautet, daß alle in der Regierung vertre tenen Parteien, bei der Wahl des Präsidenten der Republik ihre Stimme für T. G. Masaryk abgeben werden, ist eine Tatsache von besonderer Bedeutung, welche von allen Anhängern des demokratischen Gedankens erfaßt werden sollte. Die Gegner der Demokratie behaupten, daß die Demokratie zur Zersplitterung und zum Chavs führt und daß die Parteien, die es in der Demo­fratie notwendigerweise geben muß, sich über die wichtigsten politischen Fragen nicht einigen fön­nen. Wie unwahr dieses Argument ist, lehrt nicht nur die Stetigkeit der gegenwärtigen Regierungs­foalition, sondern dafür ist ein besonderer Beweis der einmütige Eintritt aller Koalitionsparteien

wegen des Nazi- Terrors an der Saar? in der Krise

Saar - Regierung hält freie Abstimmung für unmöglich Genf , 17. Mai. ( Tsch. P.-B.) Der Völkerbund hat hente abends in geheimer Situng die Verhandlungen über die Saarfrage fortgesetzt.

Ueber das Ergebnis derselben kann gesagt werden, daß der Optimismus über die Möglichkeit einer Einigung zwischen Deutschland und Frankreich in dieser Angelegenheit nur bis zu dem Zeitpunkte andauerte, als die Mitglieder der Saarregierung dem Völker­bundsrat eine Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse im Saargebiet gaben. Die Lage im Saargebiet sei viel ernster, als bisher angenommen wurde, und entspreche; insbesondere überhaupt nicht den Voraussetzungen, die für eine freie Abstim­mung der Saarbevölkerung bei dem Plebiszit im Jahre 1935 vorhanden sein müssen.

für Mafaryt, wozu noch tritt, daß auch einige Goebbels letzte Hetzrede Teil der Saarbevölferung, sondern auch gegen die

Oppositionsparteien einmütig den bisherigen Bräsidenten wiederwählen werden. Berücksichtigt man insbesondere die Stimmen, die in den letzten Tagen in der tschechoslowakischen Agrarpartei laut geworden sind und die sich für die unbe­dingte Aufrechterhaltung der demokratischen Staatsverfassung aussprechen, fo ersicht man, daß der Beschlußt der Koalitionsparteien, für Maja ryf zu stimmen, ein Bekenntnis zur Demokratie iſt, daß der Beschluß den Willen ausdrückt, die Demokratie in der Tschechoslowakei auch weiterhin aufrecht zu erhalten. Wer Masaryk ist und welche politische Auffassung er in bezug auf Demokra=

als Bewelsmaterial auf Grammophonplatten

Sozialdemokratie und Bund der Landwirte

Innenminister Dr. Černý erklärte in seinem vielbemerkten Vortrag vor den Agrar­akademikern: es sei das wichtigste Staats­problem, Arbeit zu geben und die Arbeit entsprechend zu entlohnen.

Das Arbeitslosen problem habe aufgehört, nur eine Angelegenheit der Arbeiter. parteien zu fein. Die Wirtschaftskrise könne nicht enden, solange hunderttausende Arbeiter, die ohne Schuld um ihre Beschäftigung gekom men sind, feine landwirtschaftlichen Produkte fan­fen können und solange die Landwirtschaft deshalb Teine Industrieprodukte abnehmen kann.

Zur Verminderung der Arbeitslosigkeit werde die produktive Arbeitslosenfürsor ge der Selbstverwaltung beitragen, sobald die Sanierung der Selbstverwaltung durchgeführt sein werde.

Die Kommiffion zitiert mehrere Passagen aus der Kundgebung des Ministers, hauptsächlich die, welche sich auf diejenigen deutschen Emis granten beziehen, die sich im Saargebiete Diese Außerungen verdienen im Lager der Genf , 17. Mai. Das Völkerbundsekretariat niedergelassen haben. Der Vorsibende Knor stellt Arbeiterschaft mit aufrichtiger Genugtuung | veröffentlichte heute abends den Brief des Vor- dem Völkerbundrat außerdem den Briefwechsel fizenden der Regierungskommission des Saarge zur Verfügung, der zwischen ihm und Reichs- quittiert zu werden. Sie stellen im Zuſammen­bietes en or, in welchem die Regierungsfom- außenminister Freiherrn von Neurath bezüglich hang mit den jüngsten demokratischen Pronun mission mit Nachdruck auf die Kundgebung des des Problems der deutschen Emigranten im Saar - ziamentos des republikaniſchen Generalsekre. Reichspropagandaministers Dr. Goebbels vom gebiet stattgefunden hat.

färs Beran einen achtbaren Versuch dar, die

6. Mai in Zweibrücken ( Pfalz ) aufmerksam Sowohl die Beschwerde des Vorsitzenden tschechische Bauernschaft und ihren Nachwuchs macht, die auch durch den Rundfunt verbreitet Snor gegen die Angriffe des Ministers Goebbels auf die Bahn einer konstruktiven De tie hat, weiß man und gerade die Tatsache, daß wurde. Die Regierungskommission hat die ganze als auch die Korrespondenz zwischen der Saar - mokratie und einer schöpferi­ein fo entschiedener Berfechter des demokratischen Sundgebung des Reichspropagandaministers auf und der Reichsregierung zeigen, daß sich die schen Zusammenarbeit mit dem Staatsgedankens, der die Demokratie als voli: Grammophonplattenaufnehmen deutsche Regierung in unberechtigter Arbeiterlager zu führen. Bei den tsche­Berfallung der Humanität bezeichnet hat, verleiht laffen und dem Rate mitgeteilt, daß sie zahl Weise in die inneren Verhältnisse des Saarge- chischen Agrariern sind gewiß auch Gegen. dem Beschluß der Koalitionsparteien die richtige reiche ungerechtfertigte Anschuldigungen und bietes einmische und so die diesbezüglichen Klau- kräfte am Werke. Wir haben aus ihren Reihen schwerwiegende Angriffe nicht nur gegen einen feln des Versailler Vertrages verletzte.

tische Form der Menschlichkeit, als die politische

Bedeutung.

Für die deutschen sozialdemokratischen Ab­geordneten und Senatoren konnte es bei dieser Beschlußfaffung gar keine Diskussion geben, ein­mütig sind die deutschen sozialdemokratischen Mit­glieder der Nationalversammlung ohne Ausnahme und mit der ganzen Kraft ihrer Ueberzeugung bereit, ihre Stimmen für Masaryk abzugeben.

Auch drei deutsche Oppositionsparteien für Masaryk

Ebenso die tschechischen Gewerbetreibenden

Goering , wer sind die Toten?

Leichenfunde in Stettin

Man schreibt der Deutschen Freiheit" aus Die Erregung in Stettin ist groß. Ich habe mit Stettin :

Von dem aufgelösten Privatkonzentrations­lager des abgesetzten Stettiner Polizeipräsidenten - er hat sich ja inzwischen erhängt werden neue grauenhafte Vorgänge befannt. In der Nähe dieses Lagers befindet sich ein Gewässer. Eine ganze Woche lang hat die Wasser- und Kriminal­polizei in Booten mit Neßen und Greifstangen

Prag , 17. Mai. Amtlich wird gemeldet, daß auch noch die tschechoslowakische Gedas Wasser abgesucht. werbepartei dem Vorsißenden der Regie­rung namens ihrer Abgeordneten- und Senatoren­flubs mitgeteilt hat, daß sie am 24. Mai ein­mütig den bisherigen Präsidenten T. G. Maja= rhk neuerlich zum Präsidenten der Republik wählen werden.

Es sind fünf an Händen und Füßen gefef= selte Leichen, die um den Hals einen schwe= ren Stein hatten, gefunden worden.

Wie die Prager Preſſe" mitteilt, wurden Hungerstreiks

zwei Seeleuten gesprochen, die das Absuchen beov­achteten. Den mit der grauenhaften Arbeit be= schäftigten Beamten, die wahrlich schon viel er­lebt haben, sind die Tränen über das Gesicht gelaufen. Den Zeitungen ist jede Veröffentlichung über die Leichenfunde verboten.

Wir fragen den preußischen Ministerpräji denten, der für die Schandtaten seines Stettiner Polizeipräsidenten die Verantwortung trägt, wer die Toten sind. Warum wird nicht volle Auftlä­rung über die Greuel von Stettin gegeben? Was gibt es zu vertuschen?

auch schon andere Töne gehört. Man darf sich daher nicht der verfrühten Hoffnung hingeben, daß der Standpunkt der demokratischen Ver­nunft bei den Republikanern schon definitiv die Oberhand gewonnen hat. Darüber wird erst die weitere Entwicklung volle Klarheit schaffen. Zweifellos sind aber die Kundgebungen Berans und Cernys als ein zielbewußter Ber­such zu werten, die staatspolitischen Gesichts punkte Švehlas auf die schwierige Gegen­wartssituation zu übertragen. Švehla war ein bürgerlicher Politiker. Er stand mit beiden ßen auf dem Voden der gegebenen Ordnung. Er hat es aber in entscheidungsvollen Situatio­nen verschmäht, reaktionäre Konjunkturpolitif zu machen, die ihn in die Nachbarschaft von Ha sardeuren und Abenteurern gebracht hätte. Er erkannte, daß im Chaos der Nachkriegszeit die geschlossenen Formationen der Arbeiter und Bauern zwei Grundpfeiler der Stabilität und der demokratischen langen endlich vor ein ordentliches Ge= Arbeit repräsentieren. Die Intelligenz ist richt gestellt zu werden, teilweise sind sie aber wetterwendisch. Das Kleinbürgertum läuft in und unmögliche Behandlung zu diesem Verzweif seiner Verzweiflung gerne den lautesten lungsakt getrieben worden. Ein Polizeihäftling Schreiern nach. Die Arbeiter und seigte feiner Frau beim Besuche seinen total ver Bauern haben hingegen durch schmutzten Körperzustand. Er hat sich die Füße wirtschaftliche und politische Die Nachricht, daß 190 Infaffen des Wölfchondrei Wochenlang nicht waschen dür: Satastrophen am meisten zu ver lersdorfer Konzentrationslagers in den fen. Wahrscheinlich soll dieser Zustand der Poli­lieren. Das verantwortungslose Verhalten Hungerstreit getreten sind, bestätigt die zeigefangenen bis zur nächsten österlichen Fuß­der Nationaldemokraten in der Währungsfrage Schilderungen, welche wir zuletzt über die furcht- waschung beibehalten werden... hat im tschechischen Bauernlager viel zu der Ein­bare Lage der politischen Gefangenen im christia-| nisierten Desterreich gebracht haben. Ein uns zu sicht beigetragen, daß die wirtschaftlichen und so gekommener Privatbrief aus Wien meldet, daß die zialen Probleme der Krisenzeit nicht durch die London , 17. Mai. ( Reuter.) Bei der Er- Polizeihäftlinge in der Hahngasse und auf von nackter Profitsucht getrübte Brille einiger gänzungswahl in& emsworth in Yorkshire der Elisabethpromenade in großer Bankiers und Großindustrieller betrachtet wer­den dürfen, daß man diesem engherzigen In wurde ohne Opposition der Arbeiter- Baht im Hungerstreik verharren. Sie ver­fandidat Griffith gewählt. Die Wahl teressentenklüngel nicht die Führung in Wirt­wurde durch den Tod des Arbeiterabgeordneten, schaftsfragen überlassen darf. Die republifa. der diesen Bezirk vertrat, notwendig. nische Parteiführung hat ihre Einstellung zun Banken und Industriekapital revidiert. Wenn fie sich nun anschickt, auch einen positiven Stand­punkt zur Sozialpolitik und zum Arbeitslosen. problem zu beziehen, so ist damit eine neue Situation in der Innenpolitik geschaffen.

analoge Beschlüsse bereits vor einiger Zeit auch von den parlamentarischen Klubs der deutschen Christlich sozialen und der Deut­ schen Arbeits- und Wirtschafts­gemeinschaft gefaßt; heute hat sich nun auch die deutsche Gewerbepartei der Front der Masaryk - Wähler angeschlossen.

Die siegreiche Arbeiter­partel

Streichers Ritualmord- Nummer wegen Angriffs auf das christliche Abendmahl fonfiziert

Berlin , 17. Mai. Auf Befehl des Reichs­fanzlers wurde die Sondernummer des Stür­mer"-Nürnberg , Mai 1934, betitelt Ritual­mord" wegen eines Angriffes gegen das christ­liche Abendmahl beschlagnahmt.

in Oesterreich ch durch die miserable Berpflegung

Die Gefangenen werden zur Verzwelilung getrieben!

Der Bericht schließt: Mit der Amne= stie ist's nichts! Das steht nur in der Zei tung zur Irreführung des Auslandes." Das Ausland wird sich angesichts der Fülle des An­lagematerials gegen das österreichische Henker Regime nicht länger irreführen lassen.

Mussolini läßt mit sich nicht spaßen!

Hakenkreuzmalerei in Südtirol

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drei Jahre Zwangsverschickung Innsbruck, 17. Mai. Dic Nationalsozialisten im ehemaligen Südtirol unternehmen in letzter Zeit ähnliche Agitationen wie in Oesterreich . So wurden von ihnen in den Gemein­den Kurtinig bei Salurn einige Häuser mit Hakenkreuzen bemalt und beklebt.

Die italienischen Behörden verhafteten einige verdächtige Personen, worauf sich drei junge Leute als die wirklichen Täter stellten.

Alle drei wurden für drei Jahre auf die Lipparischen Inseln in die Verbannung geschickt.

Daraus ergibt sich die Frage, ob diese Hal. tung der tschechischen Agrarier im deutschen La­ger ohne Rückwirkung bleiben kann. Vorläufig geht die Entwicklung des Bundes der Landwirte