Mr. MO
Mittwoch. Juni 1084
«eite 9
Regress vorgelegt In Jahresraten von 6 Present zahlbar Prag , 5. Juni, lieber dir heute aufgelegte Regierungsvorlage„über den Regreß und über die W o h n u» g S w i r t f ch a f t der Gemeinden und genieinnützigen Baugenossenschaften", die selbst für anerkannte Fachleute eine harte Nutz ist und für den Laien vollends ein Buch mit sieben Siegeln darstellt, hat Fürsorgeminister Dr. M e i tz n e r de« Parlamentsberichterstattern heute Informationen gegeben, die Zweck und Inhalt des Gesetzes gemeinverständlich erläutern. Wir entnehmen ihnen folgendes:
Der Entwurf des Regreßgesetze» regelt den Ersatz, welchen die Bauherren zahlen sollen, welche nach den BaubewegungSgesetzen au« den Jahren ISIS—1024 eine staatliche Unterstützung erhalten haben. Diese Unterstützung erfolgte entlveder in der Form eines StaatSbeitrageS, wo sich der Staat verpflichtete, durch 28 Jahre einen bestimmten Prozentsatz de» Bauaufwandes zu zahlen, oder dadurch, daß der Staat die Zinsen und Amortisation der Bauanleihe garantierte, die mit einem bestimmten Prozentsatz des Bauaufwandes berechnet waren. Die Höhe dieser garantierten Anleihe Ivar nach den verschiedenen BaubewegungSgesetzen und je nachdem verschieden, ob der Bauherr eine Privatperson, eine Gemeinde oder eine Baugenossenschaft war. Der Bau eines Hauses war damals sehr riskant, weil die Preise der Baumaterialien rasch gestiegen waren, ebenso der Zinsfuß. Mit Rücksicht auf diese« Risiko tväre die Baubewegung ohne Unterstützung des Staates überhaupt nicht möglich gewesen. Einzelne der BaubewegungSgesctze haben schon damit gerechnet, daß die Bauherren in Z u k u nf t dem Staate einen Teil dessen ersetzen werden, was er für sie in Form der Garantie zahlt. Dabei haben diese Gesetze und die zuständigen Verordnungen damit gerechnet,»aß die Beträge, die bi« Ende 1028 vom Staat gezahlt werden, nicht vom Bauherrn zurückverlangt werden, und daß nach diesen: Termin der Ersatz so bemessen wird, daß die Mietzinse der gesetzlichen Höhe für jene Wohnungen angepaßt werden, die unter dem Mieterschutz stehen. Die Regierungsvorlage unterscheidet genau zwischen Häusern, die mit Staatsgarantie, und solchen, die mit einem Staatsbeitrag gebaut wurden. Im Falle de« Bauen« mit StaatSgarantie ist der Regreß gleich dem Betrag, um den die garantierte Anleihe einen bestimmten, im 8 4 de« Gesetzes festgelegten Prozentsatz des Bauaufwandes überschreitet. Dieser Prozentsatz, der dem kapitalisterten AnfangSwert der bisherigen staatlichen Leistungen entspricht, ist je nach den Baugesetzen, nach denen der Bau durchgeführt wurde, und je nach dem ob der Bauherr eine Privatperson»der eine Gemeinde, bezw. Genossenschaft ist oder ob ev stch um Fami- lienhiuser oder um Miethäuser handelt, verschieden. Er beträgt bei Privatpersonen 18,66 bi« 46,52 Prozent, bei Gemeinden und Genossenschaften 33,48»iS 62,03 Prozent de» gesamten Bauaufwandes. Die Differenz z« der garantierten Anleihe soll al» Regreß der Staatskasse znrückgezahlt werden. Ein Beispiel: Familienhäuschen eine« privaten Bauherrn lGesehe 100/81 und 48/22): Bauaufwand 100.000 KL, garantierte Anleihe 60 Prozent, d. s. 60.000 KL. Anfangswert der staatlichen Leistungen 46,82 Prozent des Bauaufwandes, d. f. 46.820 KL. Der Regreß beträgt daher 18.480 KL. Bei Gemeinde- und Genossenschaftshäusern ist der Anfang-wert im allgemeinen höher, der Regreß daher geringer. Bei Miethäusern ist dagegen der Anfangswert geringer bemessen, der zu leistende Regreß daher viel höher und kann nach den angeführten Beispielen weit über 80 Prozent deS Bauaufwandes erreichen. Bei dem Staatsbeitrag, der gewöhnlich in Form von staatlichen Zuschüssen auf 28 Jahre evrteilt, an jene Bauherren gewährt wurde, die keine Anleihe benötigten, wird die Bestimmung deS Regresse» auf andere.Weife durchgeführt: Ausgangspunkt ist der gegenwärt ige Schät- zungswert des Hause«, der amtlich festgestellt wird. Ter Regreß ist dann gleich dem Betrag, um den der AnfangSwert der staatlichen Leistung größer ist alü die Differenz»wischen dem Bauaufwand, von dem der Beitrag bemessen wurde, und dem niedrigeren Schätzungswert de» Hause». Ist der gegenwärtige Schätzungswert des Hauses viel geringer alü der seinerzeitige Bauaufwand, so wird also überhaupt kein Regreß, bzw. ein kleiner Betrag bezahlt. Ist jedoch da» Hau » heute noch «beiso viel wert als seinerzeit der Bauaufwand betrug, so ist der volle kapitalisierte Wert de» StaatS- zuschusse» zu vergüten. Die Zahlung de» Regresse» erfolgt in jährlichen Raten von 6 Prozent, wobei 5 Prozent auf die Zinsen und ei» Prozent auf die Amortisierung entfällt, so daß in etwa SS Jahre» der Regreß obgestattet sein wird, da die BerzinsungSquote mit der Zeit abnimmt und die Amortisierung»,uote daher entsprechend wächst. Für Kleinfamilienhäuser mit bloß einem Zimmer und Küche wird jedoch überhaupt kein Regreß bezahlt werden, bei Familienhäusern mit zwei Einzimmerwohnungen oder einer Zweizimmerwohnung wird der Regreß um 80 Prozent Hera b- g e s e tz t, bei Miethäusern im Besitz von Gemeinden und Genossenschaften ebenfalls um 80 Prozent, wenn e» sich um Einzimmerwohnungen handelt, und um 28 Prozent, wenn auch Zweizimmerwohnungen vorhanden sind, in denen Minderbemittelte wohnen. Dieser völlige, bezw. teilweise Nachlaß de» Regresses gilt aber nicht für Familienhäuser, die al» LuxuSobjekte anzusehen sind, die nur vorübergehend zu Wohnzwecken benützt werden oder de
ren Eigentümer nicht als minderbemittelt anzusehen sind. Weitere Bestimmungen besagen, daß völlig Arbeitslosen die Ratenzahlungen auf den Regreß für eine bestimmte Zeit eingestellt werden, wenn sie nachweisen, daß sie den Regreß nicht ohne Schaden für den angemessenen Unterhalt bezahlen können. Auch für sonstige Eigentümer von Familienhäusern sind bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten Stundungen der Raten vorgesehen. In Sachen der Genossenschaft-- und Gemeindehäuser nnißte das Gesetz zwischen Häusern unterscheiden, welche sich im Privatbejitz befinden und zwischen den genannten GenoffenfchaftS- und Ge- meindehiinsern, denn bei Häusern, welche sich im Privatbesitz befinden, kann der Regreß höher sein, weil daS Haus allmählich abgezahlt wird, trotzdem sich die Regie erhöht. Das Eigentum des Hausbesitzers ist also im Wachsen begriffen. Ander» verhält sich die Sache bei Zinshäusern von Baugenossenschaften und Gemeinden. Dort läßt sich der Re- greß nur durch ZinSerhöhungen ersetzen, welche von den MietSparteien getragen werden müssen. Dazu kommt noch ein zweite» Moment, daS im zweiten Teil der Gesetzesvorlage durchgearbeitel ist und auf folgende Umstände Rücksicht genommen hat: In Häusern, welche bi» zum Jahre 1024 gebaut wurden, sind die Mietzinse noch ziemlich niedrig und erträglich. Nach dem Jahre 1024 waren die Baubewegungsgesetze jedoch auf anderen Prinzipien aufgebaut. Der Staat gewährte keine Unterstützungen mehr, sondern hat nur Anleihen garantiert, ohne Zinsen und Amortisation zu zahlen. Die Folge hat sich darin eingestellt, daß die Mietzinse in solchen Häusern oft sehr hoch gestiegen sind.
Vie„Deutsche Presse“ treibt Geschichtsfälschung! Wir haben vor einigen Tagen berichtet, daß der Sekretär der Christlichen Gewerkschaftsinternationale das System Dollfuß energisch«übgelehnt hat. Auf dem christlichsozialen Parteitag trat auch ein Redner auö Oesterreich auf, der dem Parlamentarismus das Wort redete., Ja, auch Herr Hilgenreiner selbst, der christlichsoziale Parteivorsitzende, ist vom Ständestaat des Herrn Dollfuß als von einer unchristlichen Einrichtung abgerückt. Dieser Wandel der Gesinnung war, was unsere heimischen Christlichsozialen betrifft, van vornherein nicht sehr ernst zu nehmen. Wie' wenig von den österreichischen Christlichsozialen angenommen werden kann, daß ste wirklicher Vernunft zugänglich sind, haben wir an dieser! Stelle schon dargelegt. Immerhin hätte nian eine solch unglaubliche Geschichtsfälschung, wie sie die „Deutsche Presse" wenige Tage nach der Rede HilgenreinerS begeht, kaum für möglich gehalten. Sie veröffentlicht nämlich ohne jeden Kommentar eine Rede, die der Vorsitzende des„Ge- werkschastSbundeö österreichischer Arbeiter und Angestellter", ein gewisser Johann S t a u d, auf dem Kongreß deS Internationalen Bundes christlicher Gewerkschaften(nicht unwidersprochen) gehalten hat. In dieser Rede befinden sich auch folgende Sähe: „Die verfehlte Politik der österreichischen Sozialdemokratie, die der Regierung auch im Eri- stenzkampf gegen den Nationalsozialismus in denRückenfiel, führte zur Ausschaltung des Parlaments und in der weiteren Folge zur Ausschaltung der Sozialdemokraten aus den Ar- beiterkmnmern. Der blutige Feberaufstand de» Schutzbundes zwang die Regierung zur Anwendung aller Machtmittel. Die enge Verbindung mit der sozialdemokratischen Partei und des Schutzbundes brachte die Auflösung der Freien Gewerkschaften, durch die tausende Arbeiter und Angestellte obdachlos wurden die gewerkschaftliche Unterstützung und Interessenvertretung verloren." Man halte sich demgegenüber vor Augen, wie sich die Dinge in Oesterreich wirklich abspielten! Anfangs März 1083 führte Dollfuß seinen bekannten Parlamentsputsch durch. Er regierte autoritär und reizte die österreichische AÄeiterschaft bis aufs Blut. Sie hat, trotz den Provokationen durch Dollfuß , Ruhe bewahrt, um de» Kampf gegen die Nationalsozialisten nicht zu erschweren, ja, sie hat dem Dollfuß mehr als einmal die DundeSgenoflenschaft im Kampfe gegen die Hakenkreuzler angeboten. Dollfuß hat jedesmal mit neuen Provokaftonen geantwortet. Er hat, durch seine anfänglichen„Erfolge" ermutigt, späterhin entscheidende Bestimmungen der Verfassung außer Kraft gesetzt und den Eid, den er auf sie geschworen hat, auch durch die Unterdrückung der österreichischen Arbeiterbewegung schnöde verletzt. Die Arbeiter aber haben in de» Febertagen keinen„Aufstand" durchgeführt, sondern die Verfassung gegen die gewissenlosen Ber- fassungSbrecher im Lager der Regierung verteidigt.
Nun sind aber Baugenossenschaften vorhanden, welche Zinshäuser nach beiden Kategorien M BaufördernngSgesetze gebaut haben. Die Mieter in den alten Häusern zahlen nur sehr geringe Zinse, während die Häuser, die in den letzten Jahren gebaut sind, unter der Kalamität leiden, daß die Mietsparteien sehr oft nicht die hohen Mietzinse zahlen können. Dadurch ist die Gefahr vorhanden, daß der Staat für Zinsen und Annuitäten aufkoni mrn muß. DaS Finanzinteresse des Staates verlangt ee nun, daß die Zinse innerhalb der Häuser einer Baugenossenschaft ausgegllchen werden. DaS ist ohne Zweifel ein Opfer, da» von den MietSpar- tuen gefordert wird, die in älteren Genossenschaftshäusern wohnen. Da» Gesetz gibt dem Fürsorgeminister die Möglichkeit an die Hand, Baugenossenschaften und Gemeinden den Auftrag zu erteileu, die Mietzinse in solchen Genossenschaft-Häusern an»zuglei- ch en. Die sozialen Rücksichten verlangen e» in erster Reihe, Wohnungen bis zu zwei Zimmern zu schützen. Deshalb wurde in das Gesetz eine Bestimmung auf- ginommen, welche in GenosfenschaftS- und Gemein dehäusern Zweizimmerwohnungen schützt. In solchen Häusern wird der Regreß bei Einzimmerwohnungen auf 60 Prozent herabgesetzt, bei Zweizimmerwohnungen um 25 Prozent und außerdem darf der MietzinS nicht jenen Mietzins übersteigen, welcher bisher in geschützten Wohnungen gezahlt wird. Bei den Genossenschaften würde sich der Regreß sehr verschieden auswirken. Wenn er l i n e a r durchgeführt würde, so würden in manchen Häusern die Mieten bis auf 800 Prozent gesteigert werden müssen. Daher ist neben den erwähnten Ermäßigungen des Regresses um 50 und 25 Prozent noch eine weitere Schutzbestinunung vorgesehen, daß der MietzinS infolge deS Regresses nicht die Höhe deS ZinfeS übersteigen darf, der in Häusern unter Mieterschutz gezahlt wird. Müßte diese Grenze überschritten werden, so wird der Regreß entsprechend gekürzt, bezw. die Zahlung bis zum Aufhören des Mieterschutzes aufgeschoben. Außerdem wurde als zweite Schuhklausel in das Gesetz die Bestimmung aufgenommen, daß in Aenossen- schaftS- und Gemeindehäusern, wo die Mietzinse ausgeglichen werden, keine doppelte Erhöhung eintreten kann, sondern nur eine solche, welche durch den Regreß selbst herbeigesührt wird.
Herrn Stand gefällt e», die Dinge auf den Kopf zu stellen und den— offenbar christlichen — Grundsatz zu verfechten, daß alles, was von politischen Verbrechern im Namen Gottes getan toird, als geheiligt zu betrachten ist.„So du einen Schlag bekonrmst auf die rechte Wange, so reiche auch die linke hin". DaS wäre Arbeiterpolitik nach dem Geschmack deS Herrn Stand und seiner„Deutschen Presse". Erst saufen die katholischen Politiker Blut, dann vergießen sie darüber Krokodilstränen und versuchen ihr Getviffen zu beruhigen, indem sie die Geschichte fälschen. Ein vergebliches, ein verächtliches Beginnen!
Henlein und die deutschen Agrarier Zierhut gegen Spina. Mehrere tschechische Blätter befassen sich ausführlich mit dem Verhältnis der deutschbürgerlichcn Parteien zur Heiüeinschen»Sudeiendeutschen Hei- mat-front" und registrieren sowohl die Verschärfung de« Verhältnisses zwischen den Christlichsozialen und Henlein , wie den Einbruch, welchen Henlein in den Bund der Landwirte, insbesondere in die Reihen der agrarischen Jugend, vollführt hat. Besondere Beachtung verdienen die Ausführungen der„Lidovö Rovinv", welche die Vorgänge in der deutschen Agrarpartei aufmerksam verfolgen und über die Manifestation der agrarischen Jugend in Bischofteinitz , die am Sonntag stattgefunden hat und die wir in unserer Dicnötag- nuinmer registriert haben, folgendes schreibt: Diese Manifestation ist politisch bedeutsam dadurch, daß sie bestätigt, daß die deutschen Agrarier offen als Protektoren der Henleinbewegung auftreten und daß sie mit ihr zusammenarbeiten wollen. Es ist dies um so interessanter, als bisher nickt geklärt ist, was in der Henleinbewegung geklärt sein sollte, daß nämlich die Zweifel nicht beseitigt wurden, welche die Heimatsfront hervorruft, soweit es sich insbesondere um ihr Verhältnis zu den aufgelösten und eingestellten deutschen Parteien handelt, sowie daruni. ob sie nicht geheime Verbindungen mit den reichsdeutschen Hitlerianern hat. Wir behaupten, daß diese Zweifel berechtigt sind. Dieser ernsten und erschwerenden Umstände ist sich Minister Spina bewußt, der sich vermutlich deswegen ständig einer unentschiedenen Zurückhaltung befleißigt und sich desivegen durch Abgeordneten Zierhut vertreten ließ. Bon Z i e r h u t ist bereits heute bekannt, daß er hinter den Kulissen mn meisten für die Zusammenarbeit mit der Henleinbewegung tätig ist. Mit diesem tziser, der auch in vollkommenem Gegensatz zum Standpunkt KrepekS steht, will er offenbar auch den schlvankenden Spina in den Schatten stellen. Es scheint, daß es notwendig sein wird, die merkwürdige Agilität und Vorliebe des Abgeordneten Zierhut filr manche vertrauliche Bankbekanntschaften und Auslandsfahrten eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Wir hoffen, daß die deutschen Agrarier mit ihrem taktischen Schwanken nicht den politischen Kredit bedrohen werden, welchen sie sich auf unserer Seite als die Vorkämpfer des deutschen AktiviSmuS erworben haben.
Durch den Dollfuß -Kerker ermordet Genosse Nister gestorben Wien , 8. Juni. Gestern starb hier der gewesene sozialdemokratische Bürgermeister de» 8. Wiener Bezirkes Leopold Nister, der im Zusammenhang mit den Feber-Ereignissen in Wien verhaftet wurde und kurz darauf erkrankte. Er wurde dieser Tage in Freiheit gesetzt, unterlag aber bald daraus seiner Krankheit. In der Haft ist auch kürzlick der gewesene so« zialdemokrat Nationalrat Stein erkrankt, der vor Jahren Redakteur der Wiener „Dilnielö Lisch" und Chefredakteur de» zentralistischen„Dilnickh Dennik" war. Er wurde inS Gefängnisspital gemeinsam mit dem gewesenen Stadtrat Lindner gebracht. Vorgestern wurden beide aus dem Gefängnisspital ins Allgemeine Krankenhaus überführt. <2. November nicht mehr Staatsfeiertas in Oesterreich Wien, 8. Juni. Die„Wiener Zeitung " veröffentlicht heute eine Verordnung des Justizministerium», die bestimmt, daß der 12. November nicht mehr ein staatlicher Feiertag im Sinne de» Wechselgesetzes ist. Hierauf wird aus die Aushebung diese» Feiertages der Republik geschlossen. Bekanntlich wurde auch der 12. November in der neuen österreichischen Verfassung nicht mehr als Staatsfeiertag bezeichnet. Nazi-Druckerei entdeckt Wien , 5. Juni. In Ischl wurde der Nationalsozialist Peter Hofbauer verhaftet. In seiner Wohnung wurden Bomben, drei Gewehre, eine große Menge Munition und viel nationalsozialistisches Propagandamaterial gefunden. In Kla genfurt wurde von den Behörden eine Druckerei nationalsozialistischer Druckschriften, die längere Zeit hindurch in Kärnten in Umlauf gebracht worden waren, auögeforscht. Hier wurde auch die illegale nationalsozialistische Zeitung»Der Vormarsch" gedruckt. Verstärkung der Salzburger Garnison Salzburg, 5. Juni. Blättermclduugen zufolge, wurde die hiesige Militärgarnison vor einigen Tagen verstärkt. II. a. ist das 2. Bataillon der Alpenjäger aus Graz hier eingetrossen. Oester relchlsche SA mit Gendarmen Uber die Grenze München , 5. Juni. (DNB.) Der österreichische Pressedienst meldet: Am Montag, den 4. Juni trafen in München der österreichische Gen- darmeriebeamte Leopold Jauk. der SA-Sturm- sührer Ortmer und der SA-Mann Tiefnig. sämtliche Drei aus Greifenberg in Kärnten , ein. Der Gendarm sollte die beiden Nationalsozialisten in behördlichem Auftrag in daS Konzentrationslager WöllerSdorf überführen, eskortierte sie jedoch nur bis Salzburg und überschritt dort mit ihnen die deutsche Grenze.
Krebs hat In Deutschland Pech Wie die»Lidove Novinh" melden, geht es dem nach Deutschland geflüchteten ehemaligen ha- kenkreuzlerischen Abgeordneten Krebs nicht gut und er ist unter seinen reichsdeutschen Gesinnungsgenossen in Ungnade gefallen. Man mißt Krebs die Schuld an den Mißerfolgen des in Deutschland bestehenden..Sudetendeutschen Kampfüundes" bei. Um nun zu zeigen, was er für ein tüchtiger Kerl ist, hat Krebs in Deutschland eine Tournee unternommen, über die man sich jedoch nur aus bedeutungslosen Provinzblättern informieren kann. In der vergangenen Woche hat Krebs in kleineren Städte» am Rhein über die Sudetendeutschen Vorträge gehalten, in größeren Städten jedoch zu sprechen, erlaubt man ihm nicht, damit nicht Schwierigkeiten mit der Tschechoflotvakei entstehen.
Währungsschutzgesetz verlängert Die Borlage im Senat eingebracht Der Senat erledigte am Dienstag nach kurzer Debatte die Vorlagen über den Impfzwang für Militär« und Gendarineriepersonen, sowie die Steuerbefreiung ausländischer Motorfahrzeuge. Neu aufgelegt tvurde ein Negier»ngsentwurs über die Schiedsgerichte bei derAr- beiter Unfallversicherung, wo nunmehr eine Berufungsinstanz eingeführt werden soll, als welche ein eigener Senat bei dem bereits bestehenden Oberversi^.rungSgrricht eingesetzt wird, und ein RegierungSentwnw üb.r die Verlängerung des ablaufenden WährnngSschutzgeset>eS aus unbestimmte Zeit. Einzelne Bestimmungen deS Gesetzes werden genauer stilisiert; außerdem wird die Regierung ermä>tigt. zu bestimmen, tvelche Erfordernisse zum Stutze der Währung bei der Ein» und Ausfuhr von Waren notwendig und.— Nächste Sitzung Donnerstag 10 Uhr.