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Gouwemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

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14. Jahrgang

Sonntag, 10. Juni 1934

Endlich Anerkennung

Sowjetrußlands

Durch Notenwechsel Beneš- Litwinow   vollzogen

Nr. 134

Giacomo Matteotti  

Zum 10. Juni,

dem zehnten Jahrtag seines Todes Von Oda Olberg  

Rumänien   schließt sich an- Jugoslawien   folgt in kurzer Zeit Deutſchland   und nach Desſterreich getragen.

Prag  , 9. Jnni. Heute haben in Genf   der Volkskommissär Litwinow   und Mini­fter des Aeußeren Dr. Beneš gleichlautende Schriftstücke untereinander ausgetauscht, durch welche normale diplomatische Beziehungen zwischen der Tschechoslowakischen Republik und der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken eingeführt werden.

Schriftstücke gleichen Wortlautes hat mit Litwinow   auch der rumänische Außenminister Titulescu   ansgetauscht, wodurch die diplomatischen Beziehungen auch zwischen Sowjet­rußland und Rumänien   angeknüpt wurden.

Die jugoslawische Regierung wird über ihr Vorgehen nach dem Referate des Außen­ministers Jevtič nach der Rückkehr von seiner Reise nach Paris  , welche er heute angetreten hat, ihre Entscheidung treffen.

Der Anstausch dieser Dokumente erfolgte nach mehrtägigen Verhandlungen aller Mit­glieder des Ständigen Rates der Kleinen Entente mit dem Volkskommissär Litwinow   nach cinmütigem Beschlusse des Ständigen Rates und auf Grund der Entscheidungen der zustän­digen Regierungen.

für immer normal und freundschaftlich"

Der Wortlaut des Briefwechsels

Der Tert der von den Ministern Dr. Beneš und Titulescu an den Bolts­Lommissär Litwinow   gesandten Dokumente ist folgender:

Genf  , am 9. Juni 1934. Herr Volkskommissär!

Ich habe die Ehre, Ihnen folgendes mit

suteilen:

wollte, und alle Versuche der Linksparteien und der vernünftigen Elemente auch im bürgerlichen Lager; diesen lächerlichen Widerstand zu brechen, blieben vergebens. Erst der Austritt der National­demokraten aus der Regierung im Gefolge der Kronendevalvation machte endlich auch für die Anerkennung Rußlands   die Bahn frei.

Zehn Jahre sind es her, und sein Tod ist noch ungerächt. Zehn Jahre, und der Fascismus, der unter der Schuldlast dieses Mordes zusam menbrechen sollte, hat die Fahne der Diftatur Eine unübersehbare Reihe Ermordeter, die für ihre Ueberzeugung hingeschlachtet wurden, folgt unserm Toten. Von den Richtstätten, aus den Sterkern, aus den Konzentrationslagern ertönen letzte Worte der Treue, Schreie des Protestes und der Jammer der Gefolterten. Gewalt stampft über die Länder alter Kultur. Alle Welt rüstet

zum Striege: die einen, um die Barbarei zu brin gen, die andern um fie abzuwehren.

Daß die Anerkennung so lange hinausge schoben wurde, so daß selbst das stodrealtionäre Ungarn   uns mit einer Nasenlänge geschlagen hat, Müssen wir nicht, angesichts dieses Bildes, hatte offenlundig schwere, nicht wieder gut zu das Opfer Matteottis für vergeblich halten? machende Folgen. Das Russengeschäft, das zwar Sollte nicht das grelle Licht, das das an ihm be­Wechsel auf lange Sicht bringt, die aber bisher gangene Verbrechen über den Fascismus und noch immer pünktlich bezahlt wurden, ist in die sein Wesen warf, der Welt zeigen, was sich in ſen Jahren zum allergrößten Teil von anderen Stalien vorbereitete, und sie aufrufen zur Ab. Staaten gemacht worden, die nicht so lange 3öwehr gegen die drohende Schlammflut? Wo gerten, und viele Arbeiter haben diese national- bl demokratische Staprize mit dem Verlust ihrer wirt- den Auftakt geben sollte? bleibt die Abwehr, zu der ein so gewaltiges Opfer schaftlichen Eristenz bezahlen müssen.

Wir haben das Recht, voll Trauer, nicht Es ist sicher ein großes Verdienst unseres Außenministers, bezwv., der gesamten Regierung, aber mit Sleinmut auf dies Jahrzehnt zu sehen, Ich bin fest überzeugt, daß die so angeknüpf- daß sie wenigstens jetzt die Schlußverhandlungen das seit Matteottis Tode verflossen ist. Daß es ten Beziehungen für immer normal und rasch beendet und nicht erst auf den dritten Part- Italien, Deutschland   und Desterreich vorbehalten freundschaftlich bleiben und unsere Naner aus der Seleinen Entente, auf Jugoslawien   sein würde, durch diese Hölle der Dual und Er­tionen auch in der Zukunft für ihr gegenseitiges gewartet haben, das sich dem Beispiel der Tiche- niedrigung zu schreiten, hat niemand voraus. Wohl an der Erhaltung des Friedens in der Welt choslowakei und Rumäniens   erst in einigen Wo- sehen können. Als sich der ganzen Welt das ita­zusammenarbeiten werden. chen anschließen will, denn sicher hätte in der lienische Regime als eine Verbrecherorganisation zwischenzeit von vornierter nationalistischer zeigte, konnte man den Wahn hegen, daß es diese Seite wieder ein reges Quertreiben eingesetzt.

Nehmen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner Hochachtung entgegen.

M.Litwinow.

OPP

Günstige Aufnahme in Genf  

Nun ist die Tat, nach der die Linksparteien Enthüllung, diese Bloßstellung nicht überleben Bei der Konferenz der Kleinen Entente   in seit so viel Jahren unablässig gerufen haben, würde. Erschien es doch als ein frankhaftes Ge­Zagreb am 22. Jänner 1934 beschloffen die drei An Herrn Dr. Ed. Beneš.( N. Titulescu). endlich gesetzt. Ein neuer Abschnitt in den Be- bilde, das dem Nachkriegschaos entstiegen war, Minister für auswärtige Angelegenheiten, daß ziehungen zu Rußland   setzt ein. Versäumtes wird eine Schöpfung einzelner Individuen, die einzig der geeignete Zeitpunkt gekommen ist, damit dic Die endliche de jure- Anerkennung Sowjet- sich hoffentlich wenigstens zum Teil noch nachholen in Italien   Gestalt gewinnen konnte. Die Welt Mitgliedstaaten der Kleinen Entene normale rußlands durch die Tschechoslowakei  , die bereits lassen. Wir hoffen ehrlich, daß diese Beziehungen durfte erwarten, daß der Fascismus der Bela­diplomatische Beziehungen mit der Union   der so durch die gestrige Meldung aus Genf   als ummit- für immer normal und freundschaftlich" bleiben stung durch die Matteottitrise nicht gewachsen zialistischen Sowjetrepubliken anknüpfen, fobalb telbar bevorstehend bezeichnet wurde und mit dem werden, wie es in dem beiderseitigen Notenwech- fein würde. hiefür die notwendigen diplomatischen und politi- heutigen Tage nunmehr Wirklichkeit geworden ist, sel vorausgesetzt wird. Was die Sozialdemokra schen Bedingungen bestehen werden. Heute wissen wir mehr über den Fascismus, wird nicht nur von der gesamten Arbeiterschaft der tie dazu beitragen kann, wird sie fun! Nach meinen, mit Ihnen, Herr Volkskommif- Tichechoslowakei, sondern bis weit in die Kreise des mehr als der Fascismus damals von sich selbst fär, in den ersten Juni- Tagen gepflogenen Unter­wußte. Vor allem wissen wir, daß er nicht die Bürgertums hinein herzlich begrüßt wer­rebungen hat der Ständige Rat der Kleinen den. Die Anerkennung ist sicher in politischer wie Schöpfung einzelner Führer ist und auch kein Entente in Genf   festgestellt, daß die politischen in wirtschaftlicher Beziehung ein überaus wichti Genf  , 9. Juni. Die heute in Genf   verbrei- italienisches Nationalproduft, sondern eine inter­und diplomatischen Bedingungen nunmehr gestat­ten, daß ein jeder der Mitgliedsstaaten der Kleinen ger Schritt, der allerdings durch die betrübliche tete Nachricht über die Einführung normaler di- nationale Form der Abwehr des Kapitalismus Tatsache etwas entwertet wird, daß er um plomatischer Beziehungen zwischen der Tschecho- gegen den Vormarsch des Proletariats. Dieje Entente im geeigneten Momente im Sinne des reichlich ein Dukend Jahre zu flowatei, bzw. Rumänien   und der Sowjetunion   Abwehr, deren erste Geldgeber bekanntlich die Zagreber   Beschluffes vorgehe. wurde sowohl bei den Staatsmännern, die noch nordamerikanischen Trusts waren, konnte freilich Ich bin glücklich, daß im Hinblick darauf die spät lommt. Die Arbeiterparteien der Tschechoslovakei zu der am Vormittag stattgefundenen Abrüstungs­tschechoslowakische Regierung nach meinen mit Ihnen geführten Berhandlungen befchloffen hat, tragen daran keine Schuld. Sie haben immer beratung in Genf   verblieben waren, als auch in nicht unter den Enthüllungen zusammenbrechen, normale diplomatische Beziehun- wieder mit größtem Nachdrud die Anbahnung nor den Streifen des Völkerbundes selbst durchwegs die den italienischen Regierungschef als Auftrag­gen mit der Regierung der Union   der sozialisti- maler Beziehungen zu dem großen Sowjetstaat günstig aufgenommen. Es wird namentlich her- geber der Mörder Matteottis zeigten. Für dic­fchen Sowjetrepubliken anzuknüpfen und einen gefordert, die auch vom rein wirtschaftlichen vorgehoben, daß dies der beste Beitrag der Staa sen Fascismus als den geschichtlichen Botengän­außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Standpunkt unseres Staates aus gesehen seit jeher ten der Kleinen Entente   zur politischen Konsoli- ger des Stapitalismus galt das damals von einer Minister zu ernennen. Ich bin vollauf überzeugt, von eminenter Wichtigkeit war, aber eine Gruppe dierung und zur größeren Befriedung in Südost- italienischen Zeitung geprägte Wort, das die Er­daß die so angeknüpften Beziehungen für des tschechischen Bürgertums, vor allem die Na- europa ist. Außerdem halten die Freunde Ruß- mordung unseres Genossen als eine gaffe" be­immernormal und freundschaft- tionaldemokraten mit Dr. Kramář lands, die dem vorbereiteten Eintritt der Sowjet- zeichnete. An einer moralischen Frage" konnte I ich bleiben und daß unsere Nationen auch in an der Spize, hat über ein Dusend Jahre diese union in den Völlerbund günstig gegenüberstehen, eine soldje Bewegung nie zugrunde gehen; für Hinkunft für ihr gegenseitiges Wohl an der Er- Anerkennung mit den lächerlichsten Gründen" diese Annäherung Rußlands   an die Staaten der sie gab es überhaupt dergleichen nicht, sondern haltung des Friedens in der Welt zusammen zu verhindern gewußt. Herr Dr. Kramář trämte Kleinen Entente   für eine positive Politik, die die nur Mißgriffe. Und über diese trug sie die Welle immer noch seinen panslawistischen Traum, in natürliche Entwidlung der europäischen   Ereignisse der geschichtlichen Konjunktur hinweg. Eine den ein Rußland der Sowjets nicht hineinpassen mit lugem Verständnis verfolgt.

arbeiten werden.

Nehmen Sie, Herr Volkskommissär, die Ver­ficherung meiner Hochachtung entgegen.

Dr. E. Beneš.

An Herrn M. Litwinow  , Bolkskommiffär für auswärtige Angelegenheiten.

Der Volkskommissär Litvinotvs sandte an den Minister Dr. d. Beneš und den Minister für Titulescu gleichlautende Schreiben folgenden Inhaltes:

Genf  , 9. Juni 1934. Herr Minister,

Pressezensur in Spanien   Mussolini  - Hitler

Madrid  , 9. Juni. Die Regierung erließ eine Verordnung, durch die die Zensur für alle Presse­nachrichten eingeführt wird. Aus Granada   wurde Militär nach der Provinz Jaen   entsendet, um dort die Ordnung wieder herzustellen.

Kuba   souverän

am 14. und 15. Juni In Venedig  

Wirtschaftsordnung, deren Führer beinahe die Existenzmittel der Menschheit in Händen haben, hat Mittel und Wege, mit ganz anderen Dingen fertig zu werden als es die Ermordung eines Abgeordneten im Auftrage eines Regierungs­chefs ist. Heute ist es wohl klar, daß der Fascis Paris  , 9. Juni. Die Begegnung Hitler- mus seinen Weg weitergegangen wäre, auch wenn Mussolini   soll am 14. und 15. Juni 1934 in man damals Mussolini   als Mandanten eines Venedig   stattfinden. An römischen amtlichen Mordes vor Gericht gestellt und verurteilt hätte. Stellen wird hiezu versichert, daß die Unterredun- Dem Vormarsch) der Arbeiter hätte sich dann die gen der beiden Staatsmänner nicht geheim Gewalt der herrschenden Selasse unter einem an­fein werden und daß Frankreich   eingehend infor- dern Führer entgegengestellt.

miert werden wird.

Ich bin glücklich, Ihnen mitteilen zu können, Wenn zehn Jahre nach Matteottis Tod der daß die Regierung der Union   der sozialistischen  Fascismus noch steht und sich ausbreitet, so bc­Von Berliner   amtlichen Stellen wird er deutet das nicht, daß dieser Tod vergebens war. Sowjetrepubliken infolge unserer Unterredungen Washington, 9. Juni. Zwischen den Ver beschlossen hat, normale diplomatische Beziehun- einigten Staaten und Kuba   fand am Samstag der klärt, daß zwar Erwägungen in der Richtung Saben wir damals glauben können, daß sich ein gen mit der Regierung der Tschechoslowakischen Austausch der Pazifikationsurkunden des fürzlich Republik( bes tönigreiches Rumänien  ) anzu- abgeschlossenen politischen Vertrages statt. Damit einer Zusammenkunft Mussolini  - Hitler schweben, Abgrund auftäte, der den Fascismus verſchlin­knüpfen und einen außerordentlichen Gesandten ist Kuba   ein vollkommen souveräner Staat ge- daß aber Abschließendes über Zeit und Ort der gen würde, so zeigt das nur unsere Unklarheit über dessen Wesen und geschichtliche Bedeutung. und bevollmächtigten Minister zu ernennen.

worden.

Busammenkunft noch nicht bekannt ist.