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Katastrophale
Samstag, 16. Juni 1934.
Unsere Parlamentsfraktion verlangt
Hilfsmaßnahmen
Prag , 15. Juni. Die Genossen Leibl, Schweichart, Jaksch und Hackenberg haben heute im Parlament eine Interpellation eingebracht, in der sie die Aufmerksamkeit der Regierung auf die voraussichtliche Miernte und namentlich auf die katastrophale Futtermittelknappheit lenken, die in vielen Gegenden bereits besteht, und die Regierung fragen, welche Maßnahmen sie zu ergreifen gedente, um den gefährdeten Kleinlandwirten Hilfe zu bringen.
Die Interpellanten selbst schlagen vor, das diese schleunigst zu ergreifenden Silfsmaßnahmen vor allem in der Beschaffung von billi gen Futtermitteln und Saatgut be stehen müßten, die aus den Interventionsbestän den entnommen werden. Soweit die inländischen Vorräte nicht hinreichen, müßte die Einfuhr cricichtert und durch zeitweilige Suspendierung der Zölle verbilligt
werden.
Außerdem wäre zur Milderung des Notstandes der Kleinlandwirte und Häusler notwendig:
1. Die Getvährung zureichender Steuerabschreibungen und angemessener Unterstüßungen aus dem Elementarschäden- Fonds.
2. Maßnahmen gegen spekulative Preissteigerungen bei Futtermitteln.
3. Die Wiederherstellung des Kündigungs schutzes für die Pachtverträge von landwirtschaftlichen Meinpächtern.
4. Schaffung und Vermehrung der Arbeitsgelegenheiten für Kleinbauern und Häusler , die infolge der Mißernte aus ihrer zum Lebensunterhalt ohnedies nicht zureichenden Landwirtschaft teinen Ertrag erwarten können.
5. Bereitstellung von Streu und Futtermitteln aus den staatlichen Wäldern und Großforsten.
6. Gewährung von Frachiermäßigungen für den Transport von Futtermitteln in die Notstandsgebiete.
Zur Begründung wird u. a. angeführt, daß die Saaten jeglicher Art und besonders die Klee - und Futterbestände stellenweise furchtbar schütter, ja oftmals ganz ausgebrannt oder abgefroren sind.
Diese Umstände bringen es mit sich, daß jetzt zur Zeit der Heuernte und der Grünfütterung in vielen Gebieten Futtermangel besteht und Futtermittel zugekauft werden müssen. Die wirtschaftlichen Organisationen und die Genossenschaftsverbände werden mit Anfragen und Futtermittelbestellungen überhäuft. Der Zentralverband der deutschen Kleinbauern und Häusler hat in den letzten Wochen bei mehreren Mühlen für feine Mitglieder weber fcie noch Futtermehle auftreiben fönnen. Eine Futtermittelknappheit sondergleichen droht. Die Breise für Futtermittel steigen daher von Tag zu
Tag.
Die materielle Lage der Kleinbauern und Häusler ist durch die Wirtschaftskrise ohnedies in erschreckendem Maße beeinträchtigt worden. Sie werden infolgedessen nicht in der Lage sein, die notwendigen Futtermittel zu kaufen, und werden da her gezwungen sein, ihr Vich zu ver äußern, was infolge des großen Angebotes voraussichtlich zu einem neuen Preissturz des Viches und der tierischen Produkte führen wird. Damit aber wäre die Er istenz tausender Kleinlandwirte vollständig vernichtet.
Mildes Standgericht
Das Hirtenberger Arsenal schon über der Grenze
Baris, 15. Juni. Der heutige sozialistische ,, Populaire" fehrt in einem ,, Italien rüstet Ungarn aus" betitelten Leitartikel zu der Hirtenberger Angelegenheit vom Jahre 1932 zurück. Das Blatt erinnert daran, daß die auf dem Schmuggelweg über Desterreich nach Un garn transportierten und in Desterreich angehaltenen Waffen nach Italien zurückgebracht werden sollten. Diese Waffen verblieben jedoch in Desterreich, wo sie im Arsenal von Kaiserebersdorf unweit von Wien hinterlegt worden sind.
Nun hat Mussolin: in der letzten Zeit Bundeskanzler Dr. Dollfuß gedrängt, diese Waffen nach Ungarn zuschicken, was denn auch im Laufe des vergangenen Monates geschehen ist.
Der Populaire" führt das Datum des 8. Mai an, an welchem Tage um 14 Uhr in 10 Lastautomobilen 200 Risten zu je 24 Gewehren und 21 Risten zu je zwei Maschinengewehren, demnach 4800 Gewehre und 42 Maschinengewehre, aus Kaiser Ebersdorf an die ungari sche Grenze transportiert wurden. Bis zur ungarischen Grenze hin begleitete diefen Waffentransport eine österreichische Militäreskorte unter dem Kommando cines Offiziers. Im 11. Mai ging eine weitere Sendung von 5000 Gewehren, am 15. Mai ebenfalls von 5000 Gewehren ab, dann folgten Sendungen am 18. und 22. Mai. Im ganzen gingen außerdem 438 Maschinengewehre nach Ungarn und die Sendungen wurden fortgesetzt.
Im gegenwärtigen Augenblick kann man damit rechnen, daß das gesamte Waffenmagazin bereits nach Ungarn gesandt worden ist.
Das Blatt wirft nun die Frage auf, welchen Standpunkt die Großmächte zu dieser ausgesprochenen Verletzung der Friedensverträge und der im Vorjahr übernommenen Verpflich= tungen der beteiligten Regierung einnehmen.
Noch zwei Tote
Goebbels braucht Blut, um einen Zuhälter reinzuwaschen Deutsche Justiz am Scheideweg
Berlin , 15. Juni. Im Horst- Wessel - Prozeß wurde am Freitag nachmittag unter großer Spannung das Urteil verkündet.
Die Angeklagten Sally Epstein und Hans Ziegler werden wegen Mordes zum Tode und zu lebenslänglichem Ehrverlust verurteilt. Der Angeklagte Peter Stoll erhält wegen Beihilfe zum Mord siebeneinbalb Jahre Zuchthaus und zehn Jahre Ehrverlust.
In der Begründung des Urteils führte der Vorsitzende aus: Durch das Ergebnis der Beweisaufnahme ist festgestellt, daß sich die Angeklagten Epstein und Ziegler im Sinne der Anklage des gemeinschaftlichen Mordes schuldig gemacht haben. Das Gericht konnte keine Rücksicht auf die Strafen nehmen, die das Gericht während des ersten Horst Wessel - Prozesses im Jahre 1930 verhängt hatte. Wir hatten, so erklärte der Vorsitzende, nach dem Eindruck zu urteilen, den diese viertägige Verhandlung vermittelt hat.
Die Hintergründe des Prozesses
Wessels erbracht werden, die man angeblich erst jetzt ausfindig gemacht hat. Es handelt sich um
eben die drei Angeklagten, von denen zwet jetzt zum Tode verurteilt wurden.
Der Berliner Rechtsanwalt Dr. A pfel, der vor deri Jahren Horst Wessels Mörder Ali öh Um die Schmach ganz zu begreifen, die die er verteidigte, hat vor furzem über die Hinter deutsche Justiz mit dieſem ungeheuerlichen Urteil gründe des eben zu Ende geführten Prozesses ge- auf sich geladen hat, muß man bedenten, daß die schrieben. Aus den Darstellungen Dr. Apfels geht jetzt Berurteilten, die die Teilnahme an der Tat hervor, daß die zu hälterrolle, die Horst überhaupt leugnen, zum Unterschiede vom wirt Wessel gespielt hat, in dem Prozeß gegen Ali lichen Täter wegen vorsäblichen Mor Höhler flar erwiesen worden ist. Zahlreiche Natio- des vier Jahre nach dem Verbrechen und nach nalsozialisten haben sich nach Beendigung des abgeschlossenem Prozeß! angetlagt worden Prozesses bei Dr. Apfel dafür bedankt, daß er den find. Mit diesem Urteil, das in der Rechtsgeschichte peinlichen Beruf Horſt Weſſels vor Gericht mit folcher zurückhaltung behandelt hat. Ali Höhler wurde seinerzeit nicht wegen Wor de s, sondern wegen Totschlages zu sechs Jahren Zucht haus verurteilt. Selbst der Staatsanwalt, der den Antrag auf Verurteilung wegen Totschlags stellte, war der Ueberzeugung, daß es sich bei dieser Mordtat um einen Streit zwischen zivei Zuhältern gehandelt hat und daß die Politik mit dem Mord nicht das geringste zu tun hatte.
aller Länder einzig daitchen dürfte, hat die deutsche Juſtiz selbst ein Verbrechen begangen, das alle bisherigen Schandtaten der Hunnen weit übertrifft. Denn dieses Urteil wird als Nets= findung bezeichnet, wurde von Menschen im Talar gesprochen, die Gelegenheit hatten, sich von dem Tatbestand der schon durch den ersten Prozeß festgestellt worden war, zu überzeugen.
Das Bild, das man sich jetzt von der deut schen Justiz machen kann, wird abgerundet durch Horst Wessel wurde von Goebbels mittler den im Zuchthaus vollzogenen Mord an Ali Salzburg, 15. Juli. Das Wiener Standgeweile zum Nationalheres gemacht. Wenn die Höhler. Dieser Hauptzeuge, der ein fraftstroßenricht verurteilte die wegen Werfens einer Rauch- Slänge des Horſt- Wessel - Liedes ertönen, müssen der Mensch war, ist vor furzem plötzlich gestorben. bombe während einer Unterhaltung des Reichssich selbst die Diplomaten von ihren Sißen er- Er hätte über die Zuhälterrolle Horst Wessels am jugendbundes angeklagten Nationalsozialisten Joheben. Obwohl sich die amtliche Propaganda besten und eindruckvollsten aussagen fönnen. Auch sef Fieber zu einer schweren und verschärften eifrigst bemüht hat, das Andenken Horst Weffels eine frühere Mitangeklagte namens Else Cohn, Kerferstraße in der Dauer von sechs Jahren, Pe- reinzuwaschen, ist es in Deutschland allgemein die genau Bescheid wußte, hat man vor fürzem ter Pernegger zu einer Kerkerstrafe in der Dauer bekannt, daß den Nationalhelden sein Zuhälter in Breslau ermordet. von acht Jahren und Rudolf Ortner zu fünfeinberuf zu Falle gebracht hat. So hatte das Propahalb Jahren schweren Kerfer. Bezüglich zweier anderer Angeklagter wurde das Verfahren an das
ordentliche Gericht verwiesen.
Auch Dollfuß meidet die Bundesbahnen
Wien , 15. Juni. Bundeskanzler Dr. Doll fuß ist um 10 Uhr 15 auf dem Flugplatz in Aspern , aus Budapest kommend, eingetroffen.
Stahlhelmabzeichen verboten
gandaministerium das Bedürfnis, neuerdings den Beweis" zu liefern, daß das Geraune über die Zuhälterrolle des Horst Wessel unbegründet ist. Dieser Beweis sollte durch die Verurteilung an geblicher Teilnehmer an der Ermordung Horst
Zwei Menschen werden um des Zuhälters Horſt Weſſel willen auf das Schaffot geschickt, ein dritter wird im Zuchthaus zugrundegerichtet werden. Goebbels wird mit diesem Urteilsspruch das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung erreichen. Das Blut seiner Opfer wird über ihn kommen!
ALPA
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Franzbranntwein
zur Belebung der Nerven
Das Sprengstofflager im Kleiderkasten
23 Bomben zu je 2,6 Kilo Ammonit
Wien , 15. Juni. Bei den letzten Verhaftun gen und Haussuchungen bei Wiener Nationalsozialisten entdeckte die Polizei, wie bereits gemel det, in der Wohnung des 21jährigen Medizinstu denten Alois Weinmann in der SobieskiGasse im 9. Bezirk große Vorräte von Explosiv material, besonders Ekrasit. Wie nun amtlich mitgeteilt wird, wurde bei fachmännischer Prüfung des ganzen Lagers festgestellt,
daß Weinmann 23 adjustierte Höllenmaschi nen bei sich hatte, von denen jede 2.60 Kilogramm Ammonit enthielt. Jede dieser Bomben hätte die Grundmauern eines normalen Wohnhauses durschlagen können. Zu einem be sonderen Zwecke war eine große 6.90 Kilogramm wiegende Bombe bestimmt.
Außerdem wurde bei Weinmann eine große Menge Chemikalien gefunden, was darauf hindeutet, daß Weinmann schon län gere Zeit für die nationalsozialistischen Terroristen Erplosivkörper herstellte und daß in seiner Wohnung weitere Attentate vorbereitet wurden.
Auch das bei diesen Durchsuchungen im Hause des Nationalsozialisten Náměstek in einer Gartenkolonie entdeckte Waffenlager bildete eine ähnliche terroristische Zentrale. Es wurden dort 124 Handgranaten, außerdem zahlreiche Vomben, Zünder, Uhren, Chemikalien usw. gefunden. Der Inhaber dieses Materials ist ein gewisser Friedrich Allmann, der mit zwei Stomplizen ge= flüchtet ist, während sich der Wohnungsinhaber Náměstet in Haft befindet.
Finanzieller Zusammenbruch des Bezirkes Graslitz
Unter den Bezirken, die unter den Folgen des Gesetzes zur Regelung der Finanzen in den autonomen Körperschaften und der Verwaltungsreform am meisten zu leiden haben und die durch die Wirtschaftstriſe vollends um das finanzielle Gleichgewicht gebracht wurden, ist der Bezirk Graslin wohl einer der am meisten getroffenen. Ueber den Zustand der Finanzen dieses Bezirles wurden den Vertretern der Presse in den letzten Tagen vom Bezirkshauptmann in Grastit Mitteilungen gemacht, die den Bezirk in einem geradezu trostlosen Vilde erscheinen lassen. Darnach steht der Bezirk vor dem wirtschaftlichen Zusammen bruch und wird in den nächsten Jahren nur noch die gesetzlich vorgezeichneten Verpflichtungen erfüllen tönnen; darüber hinaus wird er weder für den Verkehr, noch für die Kultur, noch für die sosiale Fürforge irgendwelche Maßnahmen treffen lönnen. Diese Voraussage wird verständlich, wenn man weiß, daß das Erträgnis aus den Bezirksumlagen im Jahre 1930 noc) 1,227.000 Stronen betrug, im Jahre 1933 aber nur noch 492.000 Kronen. Die Gesamteinnahmen beliefen sich 1930 auf 1,856.000 Kč, im Jahre 1933 aber nur auf 689.000 Kč. Die Ausgaben des Bezirtes betru gen 813.000 Kč im Jahre 1929, 994.000 Kč im Jahre 1933. Also während die Einnahmen
um 800.000 Kč zurüdgingen, stiegen die Aus
gaben um fast zweimal hunderttausend Stronen. Dazu kommt noch, daß innerhalb der letzten sechs Jahre der Schuldendienst des Vezirtes von 395.000 Kč im Jahre 1929 auf 595.000 Kč im Jahre 1933 stieg. Es reichen also heute gerade die gesamten Einnahmen des Vezirtes, um den Schuldendienst zu decken.
Die Folge dicies fatastrophalen Zustandes der Bezirisfinanzen wird die Drosselung aller Ausgaben des Bezirtes sein, die nicht auf einem gefeßlichen Titel beruhen. Seine Subventionen mehr für soziale und fulturelle Zwede, feine zeitgemäße Beirenung der Einrichtungen des Bezirkes und der Bezirksstra Berlin, 15. Juni. Die Bundesleitung des Ben mehr. Jetzt schon müssen vier Straßen London , 15. Juni. Der britische Schatz Handel vor dem 1. Juli abgeschlossen werNationalsozialistischen deutschen Frontfämpferwärter entlassen werden, weil die Mitbundes( der frühere Stahlhelm) weist darauf kanzler Neville Chamberlain gab heute im Un- den kann. tel zur Bezahlung der Löhne fehlen, es wird aber hin, daß zur Bekämpfung von Mißbrauch" die terhause seine mit der größten Spannung erwar- Paris , 15. Juni. Der morgige Ravinetts- auch keine Renanlage und feine Verbefferung der alten Abzeichen des Stahlhelm( Bund der deut- tete Erklärung über das deutsche Transfermora rat wird sich mit der durch das deutsche Mora- Bezirtsstraßen geben, weil das Geld hiezu ebenschen Frontsoldaten) nicht verkauft und auch nicht torium ab. Er teilte mit, daß die britische Regie- torium bezüglich der Bezahlung des Zinsendienstes falls fehlt. Weniger Arbeit also und weniger soder Young und der Dawesanleihe geschaffenen ziale Fürsorge bei vermehrter Arbeits unentgeltlich an Dritte weitergegeben werden dürfen. Die Landesverbände sind angewiesen wor- rung demnächst eine Gesekesvorlage einingen Lage befaſſen. Da die franzöſiſch- deutſche Han- losigkeit, sind die schlimmsten Folgen der den, ihren Bedarf an Abzeichen des deutschen wird, um der Regierung zu ermöglichen, ein delsbilanz an 400 Millionen Francs zugunsten Finanzmifere des Bezirtes Grasliv. Alle SoffFrontkämpferbundes beschleunigt beim Stahlhof englisch deutsches Clearing amt Deutschlands aufweist, ist es nicht ausgeschlossen, nung der im Bezirk Grasli tätigen Menschen in Magdeburg anzufordern, um die Bundesmitglieder anstelle des Stahlhelmabzeichen mit dem zu errichten, daß sie jedoch bereit ist, davon ab- daß die Regierung ersuchen wird, die zur Siche- beruht auf einer großzügigen Attion des rung der Forderungen der französischen Inhaber Staates, von der man erwartet, sie werde zuschen, diese Vollmachten auszuüben, wenn eine der beiden Anleihen notwendigen Summen im eine Regelung des Schuldendienstes bringen. Ob neuen Abzeichen zu versehen. Innerhalb der Stadt Berlin ist das Tragen befriedigende Vereinbarung über eine Behandlung Clearingverfahren zurüd zuer- sie fommen wird weiß vorläufig noch niemand, alle aber glauben an sie.
des alten Stahlhelmabzeichens verboten.
=
der britischen Bonsinhaber und den britischen halten.