Fitl.

lnická akademie

II.

Praha Hybernská ul. 7.

Goruwemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII. FOCHOWA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFONI 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WHELM NESSWER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14. Jahrgang

Sozialdemokratischer

Samstag, 30. Juni 1934

Wahlerfolg auf Island   Scharfe Note

Eintritt in die Reglerung?

aus dem Weissen Haus

Hitler- Regime für den Bankrott verantwortlich

Die Ber­

Kopenhagen, 29. Juni. Nach aus Rejtjavil eingegangenen Meldungen lassen die Ergebnisse der Alting- Wahlen vom letzten Sonntag nunmehr den Schluß zu, daß im Alting, der jetzt 49 Man­date umfaßt, die Konservativen mit 20, die demo­Washington, 29. Juni. Das Staats- vielleicht auch zu einer Verminderung der deut­tratische Fortschrittspartei mit 15, die Sozial- departement überreichte am Donnerstag dem Leischen Transfer Fähigkeit geführt hat. Die Ver­demokraten mit 10 und die erst kürzlich gegrün- ter der deutschen   Botschaft die Antwort auf die einigten Staaten rechnen damit, daß Deutschland  dete Bauernpartei mit drei Mandaten vertreten deutsche   Note über das Transfer- Moratorium. In sein werden, wozu noch ein Unabhängiger kommt. Dieser Antwort heißt es u. a.: Im alten Alting, das 42 Mandate zählte, waren die Konservativen mti 20, die Fortschrittspartei mit 17 und die Sozialdemokraten mit 5 Abgeord neten vertreten.

Man erwartet nunmehr die Bildung einer Koalitionsregierung aus Fortschrittlern und So­zialdemokraten, die allerdings eine sehr snappe Mehrheit im Alting haben würden.

alles tun wird, um seinen Zahlungsverpflichtun gen nachzukommen.

Den Vereinigten Staaten   sind die finanziel len Schwierigkeiten Deutschlands   bekannt, doch ist Staatssekretär Gull fügt in der Note hinzu: die Regierung der Vereinigten Staaten der An- Das Moratorium erhöht die Dislokation der inter­ficht, daß die deutsche Regierung für die Lage, in nationalen Finanzen und des Handels und wird die Tendenzen zur internationalen Zusammenar die Deutschland   nun infolge der von dem beit, durch welche die wirtschaftlichen Schwierigkei­Sitler Regime betriebenen Boten der Welt gelöst werden sollen, unterbinden. litik geriet, in hohem Maße ver antwortlich ist. Die deutsche Regierung weiß zweifellos, daß diese Politik in zahlreichen Teilen der Welt Wi­derstand hervorrief, der sich in ver­Ein Sonderberichterstatter des Lon- schiedenen geschäftlichen Konflikten äußerte und der doner Daily Herald" meldet aus Wien  :

Ernste Anbiederungs­versuche?

wiajor a. D. Alerander Eiffler, der ge= wesene Oberfommandant des verbotenen Republi fanischen Schutzbundes, wurde anfangs dieser Woche aus dem Untersuchungsgefängnis des Lan­desgerichtes unerwartet in das Büro des Poli­zeivizepräsidenten gebracht. Zu seiner Ueberraschung erklärte ihm der Polizeivize­präsident:

,, Wir wissen, daß Sie der militärische Organisator des Schutzbundes in Wien   gewesen find. Wären Sie bereit, ihn auf neuer Grund­lage zu organisieren, um der Regierung gegen die Nazi zu helfen?"

Eifler antwortete furz, da müsse ihm erst die Möglichkeit gegeben werden, mit den Führern der verbotenen sozialdemokratischen Partei und na mentlich auch mit Otto Bauer   zu sprechen, bevor er sich dazu überhaupt äußern fönne.

Hull erwähnt die Informationen, denen zu­folge den Gläubigern anderer Länder in den zwi­schen diesen Ländern und Deutschland   zu treffen den Abkommen eine Vorzugsbehandlung zuteil werden soll, und protestiert energisch gegen das unterschiedliche Vorgehen Deutschlands   gegen Amerika  .

Die täglichen Attentate

Vier Eisenbahnlinien, zwei Kraftwerke, ein Stauwerk Wien  , 29. Juni. Auch heute werden einige den Wassermassen überflutet Bombenattentate und andere Sabotogcafte der wurde. Nationalsozialisten gemeldet.

Im 16. Bezirt, an der Ede Thaliastraße und Habergaffe explodierte heute Vormittag eine Bombe, wodurch beträchtlicher Schaden ange­richtet wurde.

In Hirtenberg   in Niederösterreich   wurden durch eine Bombenexplosion die Eisenbahngeleife beschädigt.

In Borarlberg wurden unweit von Dorn birn durch eine Explosion die Eisenbahnschienen beschädigt.

Wie der in München   herausgegebene herreichische Preffedienſt" meldet, kam vor Leopoldskron bei Salzburg  , dem Som­meraufenthalt des Regisseurs Max Reinhardt  , ein Sprengkörper zur Explosion. Zahlreiche Fen: In Steiermark   wurden zwischen Mürzzusterscheiben wurden zertrümmert. In Aigen   bei schlag und Neuberg die Schienen durch eine Er Salzburg wurde ein Transformatorenhaus ge­plosion so beschädigt, daß der Verkehr unterbro brengt. Ein Teil des Ortes ist ohne Licht. chen werden mußte. Bei Seeboden   wurde durch eine Explosion die Eisenbahnbrücke be­schädigt.

Heute sprach Dollfuß   auf einer vaterlän­In Tellach in Kärnten   wurde gegen den dischen Kundgebung in Feldkirch  . Er gab zu, daß Demnach scheinen die christlichen Herrschaf ten rings um Dollfuß   schon selbst zu fühlen, daß Heimwehrführer Steuer ein Dynamitattentat ver- die Attentate dazu bestimmt seien, den Fremden= sie aus dem allerletzten Loch pfeifen, denn sonst übt, wobei Steuer schwer verletzt wurde. Auch in verkehr zu unterbinden, und daß gewisse Gebiete hätten sie eine solch aussichtslose Anfrage wohl Tirol bei Mutters wurden durch Dynamit drei durch die Vorgänge" vier fünftel ihres Fremdenverkehrs verloren haben. Die Regierung doch unterlassen. Glaubhaft ist diese Meldung Maste der elektrischen Stromleitung zerstört. In Hall wurde ein neues Attentat gegen das sei bemüht, soweit ihre Kraft reiche(!), dafür immerhin, denn zur selben Zeit fommt auch eine Meldung aus Wien  , daß auch Vizebürgermeister dortige Elektrizitätswerk verübt. Der Sachschaden zu sorgen, daß aus der schwierigen Lage des Dr. Winter seine schon so oft handgreiflich zu- is: so groß, daß das Elektrizitätswert etwa zwei Fremdenverkehrs nicht allzugroße(!) rückgewiesenen Anbiederungsversuche an die Ar- Wochen außer Betrieb bleiben wird. Enttäuschungen" entstehen. Er fündigte ferner wieder einmal an, daß es beiterschaft fortsetzt. Diesmal sprach er sogar schon Auch in Kufstein   wurde wiederum ein Anschlag von einem Ausgleich" zwischen der Demokratie gegen das Elektrizitätswerk verübt. In Turer jetzt feine Halbheiten mehr gebe und daß überall von früher und den autoritativen Grundsäßen, zu wurde durch eine Explosion das Stauwerk beschädas Tischtuch zwischen seinen Oesterreichern und dem es fommen müſſe, und stellte zuge it än d- digt, so daß der Ort Kaiferthal von diesen Terroristen zerschnitten werden müſſe. nisse in Aussicht; auf eine Reihe seiner Maß­

nahmen tönne der autoritative Staat allerdings Patrouillenführer

nicht verzichten.

Deutschland   den englischen Forderungen gefügig?

von einem Nazi erschossen

In Fohnsdorf   in Steiermart wurden leiter Mufer gestellt. Der Aufforderung, sich

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 151

Arbeiternot ist Bauerntod

In Deutschland   haben die Angehörigen der landwirtschaftlichen Kreise das Hitler- System mitgeschaffen. Die unerhörte Hetze der jeher reaktionären Führung des Landbundes gegen das System" und gegen die Arbeiterbewegung zeitigten ihre Früchte. Nach dem für Deutschland  Landwirtschaft in ihrer übergroßen Mehrheit ungünstig verlaufenen Weltkrieg wurde die zum Verneiner des Staates. Man verwechselte die Staatsform mit dem Staat. Ohne den inne. ren Gründen nachzugehen, lastete man alle wirt. schaftlichen Nöte der neuen Staatsführung an.

Das schloß nicht aus, daß man nach dem Staat rief. Vielfach war die Einstellung so, daß man nach wirtschaftlicher und politischer Freiheit oder nach der Ausschaltung des Staates da rief, wo es der Landwirtschaft paßte, gleichzeitig aber es als verdammte Pflicht des Staates forderte, bereitzustehen, wenn aus Mitteln der Allgemein. heit irgendeine Hilfe gefordert wurde. Und der Staat, auch der neue Staat, war allzuoft bereit und erfüllte die meist mit recht viel Ge. räusch vorgebrachten Wünsche und Forderungen. Immer in der Erkenntnis, daß eine gut funftio. nierende Landwirtschaft die lebensnotwendige Grundlage für die Existenz der gesamten Nation sichert....

Die unglaubliche Heze der Führung des Landbandes gegen alles Neue, gegen den Fort. schritt, gegen die Republik   und deren freiheitliche Verfassung verfehlten leider ihre Wirkung auch auf den kleinen Landwirt nicht, der unter den. selben Nöten leidet wie der Arbeiter, der beson­ders von der Begünstigungs- und Zollpolitik zu­gunsten der Großzagrarier nichts profitierte. Ein berufsständischer Kampf wurde geführt.

Die deutschen   Agrarier unseres Landes un­ter Führung des Bundes der Landwirte haben seit der Machtergreifung Sitlers keine ruhige Stunde mehr. Die Erfolge" des großen Adolf berauschen die Führer des Landbundes und teil­weise auch ihre reaktionäre Gefolgschaft. Also übt man sich in marristentöterischer Phraseologic, ruft nach dem Ständestaat und teilt Seitenhiebe aus gegen die antifascistische Politik der Sozial.  demokratie. Jener Teil der Führung des Bun. des der Landwirte, der die Ideologie der Natio. nalsozialisten nachbetet, ahnt nicht, daß sie mit ihrer Gefolgschaft ins Unglück rennt, wenn nicht bald die Besinnung eintritt.

Auf welch unheilvollen Wegen die Land­wirtschaft marschiert, hat ein prominenter Füh rer der deutschen   Landwirtschaft, Schlange. Schöningen   seinen Stollegen ins Stamm­buch geschrieben. In einem Bändchen: Acer   und Arbeit", dessen Leftüre der Führung der hiesigen Landwirtschaft warm zu empfehlen iſt, ſetzt sich Schlange- Schöningen, der alles andere als So. sialdemokrat ist, er ist Deutschnationaler, mit dem Agrarproblem auseinander. Ueber Wirt.

zwei Razi von einem Gendarmen angehalten, der su ergeben, fam er sunächst nach, erklärte dann schaft und Politik schreibt er:

sie untersuchen wollte. Der eine von ihnen, der Bergarbeiter Schager, verwundete den Gen darmen durch einen Pistolenschuß an der rechten Hand und entkam, während sein Begleiter ver haftet werden konnte.

London  , 29. Juni. Der gestrige Verlauf der englisch   deutschen   Verhandlungen in Angelegen­heit des deutschen   Transfer- Moratoriums war Schager wurde im Zuge der Nachforschungen derart günstig, daß man der Ansicht ist, daß Groß­ britannien   das für den Handel mit Deutschland   in der Nähe von Schattenberg vom Patrouillen­vorbereitete Glearinginstitut zweds Sicherung der Zahlungen auf die deutschen   Schulden nicht wird errichten brauchen.

Korruptionsaffäre in Japan  

Totio, 29. Juni. Wie die Blätter mitteilen, sind dem Staatsanwalt Beweise in die Hände ge­langt, durch die der Vertreter de 3 Finanzministeriums und ein chemaliges Kabinettsmitglied der Beteiligung an der Wertpapier- Affäre über­führt werden. Den Blättern zufolge wird im Zu­sammenhang mit dieser Enthüllung das ganze japanische Kabinett seine Demission geben.

Memel  - Präsident

abgesetzt

Wegen nationalsozialistischer Betätigung

Kaunas  , 29. Juni. Der Gouverneur des Memelgebietes hat heute den Präsidenten des Di­rettoriums Schreiber abgesetzt. Zur Begrün­dung wird angeführt, daß Schreiber die national­sozialistische Bewegung auffällig unterstüße.

Bereits im Frühjahr 1933 sind nach einer amt­lichen Darstellung im Memelgebiet apei politische Dr

aber, er wolle mit Mußfer noch sprechen. Diesen Augenblick benüßte er, um in heimtückischer Weise auf den Patrouillenleiter loszuspringen, wobei er mehrere Schüsse auf ihn abgab. Mußker wurde durch zwei Herzschüsse und einen Bauchschuß getötet. Der Täter konnte neuerdings flüchten.

ganisationen gegründet worden, und zwar die christ­lichsoziale Arbeiterpartei und die sozialistisch- natio­nale Gemeinschaft nach dem Muster der national­sozialistischen Partei in Deutschland  . Ihre Tätigkeit war auf die Abtrennung des Me= melgebietes von Litauen   durch bewaffneten Aufstand gerichtet.

Unter den Mitgliedern befinden sich Polizei­beamte, hohe Beamte der Forstverwaltung und auch Richter, ia sogar Mitglieder des Direktoriums. Da auch selbst der Präsident des Direktoriums die nationalsozialistische Bewegung auffällig unterſtüßte, sah sich der Gouverneur gezwungen, Schreiber abzu­jesen

Erfolgreiche Politif kann auf die Dauer nie­mals auf Versprechungen und Wunschgebilden bernhen. Parteimäßig gesehen, mag damit für eine Zeitlang ein Erfolg erreichbar sein, aber einmal bricht doch die Enttäuschung durch, und gerade in einer Zeit, wie der heutigen, fönnen die Folgen in jeder Hinsicht unabsehbar sein Erfolgreiche Wirtschaftspolitif fannnicals ein Ding für sich be trieben werden. Zu eng hängt sie mit den Reibungen und Spannungen innerhalb des eigenen Volkes und im gegenseitigen Verhalten der Völker zueinander zusammen. Sie ragt weit in die eigentliche Politik hinein. Erfolg= reiche Agrar polititist am wenig stenein Dingan sich. Jede Veränderung, die mit ihr vorgeht, greift heutzutage mehr denn je fühlbar in das gesamte Volksleben ein. Werden die Preise für Eisen oder Leder teurer, tann der Konsument sie zur Not irgendwie um­gehen oder einsparen, steigt aber der Fleisch­preis oder der Brotpreis nur um einige Pfen­nige, so fühlt der Konjument in seinem Haus­