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Saarpresse in Deutschland verboten!

Berlin , 17. Juli. Die Rückwirkung ber Ereignisse des 30. Juni, und namentlich die Er­schießung führender Männer des deutschen Natho­lizismus auf die katholische Saar sind außer­ordentlich ungünstig. Der Stimmungsumschwung, der im freien Saargebiet sich namentlich auch in der Presse unverhüllt zeigt, läßt auch auf die mahre Stimmung der Bevölkerung im übrigen Deutschland , das noch unter der Hitlerfuchtel sicht, fichere Schlüffe ziehen.

Nach dem Verbot der ansländischen Bei­tungen in deutscher Sprache ficht sich die Neichs­regierung nunmehr gezwungen, auch die gesamte faarländische Bresse, mit Ausnahme der Saar­brückener Zeitung", deren Aktienmehrheit sich in thren Händen befindet, zu verbieten, weil sie sich bei der Beurteilung der Morde keinesfalls gleich­schalten ließ.

Die nichtſozialdemokratische Saarpreffe hatte bis zum 30. Juni immer noch für die Abstim­mung die Rückkehr zu Deutschland propagiert. Das beginnt jetzt unter dem Eindruck der schreck­lichen Morde anders zu werden. Dadurch finfen aber auch beträchtlich die Aussichten, daß fich die Saar bei der Abstimmung im Jänner 1935 für Deutschland entscheiden könnte, und es wird die Möglichkeit immer wahrscheinlicher, daß sich bei der Abstimmung eine Mehrheit für die Beibehal­tung des gegenwärtigen Regimes ergeben wird. Hitlerfeindliche Kundgebungen in England

London , 15. Juli. Samstag ereigneten sich

vor der deutschen Botschaft in London neuerlich große Demonstrationen, als es der deutsche Vot­schafter ablehnte, eine Deputation zu empfangen, welche die Freilaffung der politischen Häftlinge in Deutschland forderte. Die Polizei mußte von dem Gummifnüppel Gebrauch machen, um die Mani­festanten zu vertreiben. Mehrere Personen wurden

verhaftet.

Konstituierung

der Monopolgesellschaft

Dienstag, 17. Juli 1934

Riesenstreik

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San Francisco lahmgelegt Strelk­posten verhindern Lebensmittelzufuhr

an der Pacific- Küste

San Francisco , 16. Juli. Seit heute früh 8 Uhr wird in San Francisco und cini­gen anderen Hafenorten an der vazifischen Küste der Generalstreit durchgeführt, der vom Streitausschuß Samstag abends nach erfolglofen Vermittlungsversuchen des von Präsident Roosevelt eingefchten Schlichtungskomitees befchloffen worden war. Von den stimmberechtigten Gewerkschaftsvertretern hatten sich 63 für den Generalstreit und nur drei_dagegen auß­

gesprochen..

Neben 65.000 gewerkschaftlich organisierten Arbeitern in San Francisco und 40.000 in Dalland sind noch etwa 47.000 unorganisierte Arbeiter direkt oder indirekt beteiligt, so daß der Generalstreit insgesamt über 150.000 Arbeiter umfassen wird. Es ist dies der größte Streit in den Vereinigten Staaten seit dem Pullmann- Streit, der sich vor 14 Jahren in Chi­ cago ereignete.

Der Generalstreit begann pünktlich um 8 Uhr

In alle Teile der Stadt wurden Polizisten

Henlein ,

Seite 3

der Gottgesandte

Der Deutsche Turnerbund ist die Erziehungs­organisation der Henleinfront. Darüber hinaus unterstützt er ihre Werbung. Es kann nicht oft genug betont werden, daß der Totalitätsanspruch, den der Deutsche Turnverband für die Erziehung der sudetendeutschen Jugend erhebt, parallel gehi dem Totalitätsanspruch Henleins auf politischem Gebiet. Wie sehr der Deutsche Turnverband als ein Werkzeug der Henleinfront zu bezeichnen ist, das geht aus einem in der 27. Folge der Rundschau veröffentlichten Artikel hervor, in dem zur Frage der sudetendeutschen Führerschaft Stel­lung genommen wird.

In diesem Artikel macht sich jemand darüber Iustig, daß bei dem Leimerißer Fest des Bundes

Was will diese Jugend denn eigentlich, wird man erstaunt fragen, heute, da die Zustän= digkeit des Turnverbandes in der Jugenderziehung doch völlig flargestcIIt

ist?"

örtlicher Zeit( etwa 16% Uhr mitteleuropäischer entfandt. Auch Tankwagen und Truppen befin- der Deutschen einer der Führer der Bundesjugend Zeit). Im Augenblick war das gesamte öffent- den fich auf dem Marsch nach San Francisco . Aus an der Spitze einer Schar Getreuer marschierte, liche Leben und jeglicher Verkehr in den Straßen der Stadt Salinas in Kalifornien wurde Feld- die sich noch nicht dem Verlangen Henleins gefügt zum Stillstand gebracht worden. Es herrschte artillerie nach San Francisco entfandt. Aus Los haben. eine unheimliche Stille; das Geschäftsleben ruht Angeles wird gemeldet, daß etwa 1000 National­bereits fast vollständig. Der gefamte Straßen- garbiften in Sonderzügen nach ch San a Francisco bahnverkehr ist eingestellt. Alle Vergnügungs- entfandt wurden. plätze, Theater und Kleinverkaufsläden bleiben gefchloffen. Mit der Schließung der Warenhäu­Die ersten Zusammenstöße fer wird jeden Augenblick gerechnet. Sämtliche Nach einer Reutermeldung eröffnete die im Also fragt die Rundschau". Und macht sich Reſtaurants find gefchloffen mit Ausnahme der Hafen von San Francisco Wachedienst verschende dann lustig über einen in Bodenbach ſizenden 19 Lokale, die der Generalstreikausschuß zur Militärgarde das Feuer gegen eine Gruppe, die Jugendführer," den das Horoſtov zum fünf­Speifung der Tausende von Einwohnern be- sie mit Steinen bewarf. Ein Mann wurde durch tigen fudetendeutschen Führer bestimmt hat". Und stimmt hat, die regelmäßig in den etwa 2000 einen Bajonettstich verwundet, als er einem Gar- die Rundschau", der das Horoskop dieses Speisehäusern San Franciscos ihre Mahlzeiten disten das Gewehr zu entreißen versuchte. Zehn Jugendführers nicht zur Rechtfertigung seines Streitende wurden verhaftet. Tuns genügt, fährt wörtlich fort: Bürgermeister Rossi ernannte einen aus In Oakland zerschlugen Streikende die Aus­500 Persönlichkeiten bestehenden Notausschuß, Tagescheiben mehrerer Geschäfte, wobei sie den der die Aufgabe hat, für eine gerechte Verteilung Versuch unternahmen, Lebensmittel zu stehlen. der noch vorhandenen Lebensmittel zu sorgen. Das Bundesheer übernahm unverzüglich nach Die Borräte an frischem Gemüse und Frischfleisch Verkündung des Generalstreites die Aufsicht über sind bereits erschöpft. Die Lebensmittelgefchäfte die Stadt. müffen nach den Panifeintänfen der letzten Woche

einnehmen.

ihre verbleibenden Vorräte rationieren. Die Eingreifen Roosevelts? Großhändler bewerten die bei ihnen lagernden Lebensmittelvorräte nur noch auf 10 Millionen Die Geschäftswelt hofft, daß das aus Was Dollar. Dazu kommt, daß die Verteilung dieser shington kommende Gerücht sich bewahrheite, wo­Nahrungsmittelbestände durch den Fuhrleutestreit nach Präsident Roosevelt , der sich gegenwärtig auf See auf einer Ferienfahrt befindet, persön= unmöglich gemacht wird. ich in San Francisco eingreifen wolle, um eine Vermittlung herbeizuführen.

,, Es gibt noch Leute, denen die Anhänglichkeit von hundert Jungen( sind es überhaupt noch fo viele?) so in den Kopf gestiegen ist, daß sie mit Gott und der Geschichte hadern, die Konrad Henlein um politischen Führer des fndeten deutschen Stammes be stimmt hat."

Zivar fann Henlein tveder vom lieben Gott, noch von der Geschichte" ein Ernennungsdekret vorweisen, aber er hilft sich dadurch, daß er das Wesen wahren Führertums" umschreibt:

1. Ueber die Berechtigung irgendeines Füh­reranspruchs entscheidet heute allein die Leistung. und zwar die positive, nicht die negative, die sich bei W. R.( dem erwähnten Bodenbacher Jugend­führer. D. Red.) ausschließlich in dem Versuch äußert, die Einigung unserer Jugend mit allen Mitteln zu hintertreiben.

Prag , 16. Juli. Heute nachmittags fand die fonstituierende Generalversammlung der Tschecho= Der Lebensmittelmangel erstreckt sich auch flowvak. Getreidegesellschaft statt, die das Ge- auf die weitere Umgebung der Stadt, wo ein Roosevelt wird durch Marinefunfsprüche treidemonopol zu verwalten hat. Nach der Er- eiferner Ring von Streit po= öffnungsansprache des von der Regierung ernannten die mit Lebensmitteln beladenen Lastwa- ständig über die Streitlage unterrichtet. Amtlich ten Vorsitzenden Oberdirektor Feierabend gen zurückhält. In zahlreichen Fällen hielten verlautet über sein eventuelles Eingreifen noch sprachen die Vertreter der einzelnen Gruppen, aus Streifposten Privatkraftwagen an, die Lebens- nichts, jedoch wurde auffallenderweise die Abfahrt denen die Gesellschaft zusammengesezt ist. Im mittel mit sich führten, und warfen die Lebens- des Zerstörers Alden ", der am Montag von 2. Führer ist man nicht aus versön= Namen der Konsumentenschichten erklärte Genosse mittel auf die Straße. San Diego aus dem Präsidenten die Post brin- licher Eitelkeit, sondern aus einem ganz Lustig, die von ihm repräsentierte Gruppe Nach den letzten Meldungen wächst die Un- gen sollte, abgesagt. Statt dessen wurde sämtliche großen Verantwortungsgefühl dem Volte gegen über. melde sich zur Mitarbeit im Vertrauen darauf, daß ruhe in der Stadt ständig. Die Fenster zahlrei- Post für Roosevelt nach San Francisco , die Gesellschaft keine weitre Belastung her Lebensmittelläden wurden von den Strei- post I agernd, weitergeleitet. der Konsumenten bedeuten und nicht nur fenden eingeworfen, viele Laftwagen und Fuhr­den landwirtschaftlichen, sondern auch den Kon- werke mit Lebensmitteln umgeworfen. sumenteninteressen einen ausreichenden Schuß ge= währen werde.

Bei den Wahlen wurden vier Vizevorsigende gewählt, und zwar für die erste Gruppe Dr. Josef reta, der Stellvertreter des Oberdirektors der Sooperative, für die ziveite Gruppe Emil Lustig, der Vorsitzende der Großeinkaufsgesellschaft der Ge­nossenschaften, für die dritte Gruppe Ing. plan

und für die vierte Gruppe der Vizepräsident der Prager Produktenbörse Rudolf Zelenka. Außer dem wurden 16 weitere Verwaltungsratsmitglieder und 20 Ersaßmänner, weiters vier Rechnungsrevi­soren und vier Ersaßmänner gewählt. Freie Getreideverkäufe

nicht mehr zulässig

Am Abend trat der neugewählte Verwal­tungsrat zu seiner ersten Sizung zusammen. Da­tei gab der Vorsißende auf Grund einer Ermäch­tigung des Ministerpräsidenten die Erklärung ab, taß die Auslegung des 2. Absages des§ 16 der Monopolverordnung, als ob bis 25. Juli Ge­treide der heurigen Ernte auf Grund der bis 13. Juli d. J. abgeschlossenen Verträge geliefert werden könne, irrig sei. Verträge über diesjäh­riges Getreide, die bis zum 13. Juli d. J. abge­schlossen wurden, sind, sofern dieses Getreide nicht bereits geliefert wurde, eventuell bis spätestens 16. Juli d. J. zur Beförderung übergeben wurde, nach der zitierten Regierungsverordnung ber= boten und es wird mit der größten Strenge gegen alle diejenigen eingeschritten werden, die diesen Bestimmungen zuwiderhandeln. Auch wer­den unverzüglich Kontrollmaßnahmen nach dieser Richtung hin getroffen werden.

Vom Rundfunk Gmpfehlenswertes ans ben Programmens Mittwoch.

Brag, Sender 2.: 6: Gymnastik, 10.20: Deutsche Nachrichten, 11: Schallplatten 12.10: Leichte Musit, 18.20: Konzert der tschechischen Phil­harmonie, 18.80: Arbeitsmarkt, 18.40: Deutscher Arbeitsmarkt, 17.40: Schallplatten, 18.20: Deuts fche Sendung: Attuelle zehn Minuten, 18.30: Arbeitersendung: Paul Malles: Arbeiter und Bauern in Schweden , 18.50: Sosialinforma tionen, 19.10: Konzert aus Baumgarten, 20.15: Sommergewitter, Lonmalerei in der Karilatur, 21.15: Konzert, 22.15: Tanamusit. Sender S.: 14: Liedertonzert, 15: Deutsche Sendung: Ains derftunde, 16: Deutsche Presse. Bränn: 17.45: Konzert- Atademie, 17.55: Tansmufit auf Schall­platten, 18.20: Schallplatten.

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Mähr. Oftrau:

Lange Strelkdauer?

Mit Maschinengewehren ausgerüstete Boli­Der Präsident der amerikanischen Gewerk­zeiabteilungen begannen am Montag den Last­wagenfarawanen einen Weg durch die Streit. faften Green. erklärte in einer Nede in poſtenlinien zu bahnen. Inzwischen hat der Bür- Schranton( Pennsylvanien) er sehe keine Mög­germeister den Gouverneur um Entsendung wei- lichkeit, den Streit in San Francisco bald bei­terer Nationalgardisten gebeten. Militär im Anmarsch

zulegen.

Sabotageakte in Barcelona

3. Führer wird man noch lange nicht wenn man sich von einer Gruppe unreifer Men schen dazu erheben läßt.

Von all diesen Punkten wäre besonders der dritte zu akzeptieren. Zumindest solange, als nicht flargestellt ist, wer denn außer dem lieben Gott und der Geschichte den Henlein gekürzt hat. War es der Deutsche Turnverband? Dann wür den wir begreifen, daß Gott in seinem Zorn über das Hineinpfuschen in sein Wirken dem suheten­deutschen Stamm just den Henlein bescherte.

In politischen Kreifen glaubt man, daf, Barcelona , 16. Juli. In lezter Zeit wurde Waren es die Reiferen", die früher den von falls nicht bald eine Beendigung des Streits ge- die Gesellschaft der hiesigen städtischen Straßen- Gott gesandten und mit einer Elbezille davonge­lingt, die Verwendung von Bundesbahn durch Sabotagealte schiver betroffen, bei schwommenen Führern folgten? War es jene Elite truppen zur Aufrechterhaltung der Ordnung welchen die Transformatorenstationen durch des Sudetendeutschtums, die über gefüllte Geld­Taum vermieden werden kann, zumindest für die Bomben vernichtet und Straßenbahnwagen in schränke verfügt? Aufrechterhaltung des Postverkehrs und möglicher Brand gesetzt wurden. Auf diese Weise wurden Man höre, was die Rundschau" zu diesem tweise auch zur Sicherung der Lebensmitteltrans- 39 Wagen der Straßenbahn in lezter Zeit ver­Thema noch weiter zu sagen hat: porte. nichtet.

добне

Bravo, Goering !

4. Die Elite, die Führerschaft eines Volles, entsteht nicht ohne Zusammenhang mit dem volks politischen Geschehen, durch die Einbildung einer tleinen Schicht, sondern in lebendiger Verbindung mit den Erfordernissen des Ganzen, in Verbun denheit mit der breiten Masse der Geführten. Durch größere Einsicht, hervorra­gende sachliche Arbeit und eine vor= bildliche Haltung hebt sie sich aus der Masse heraus. Diese Elite steht heute im Deutschen Turnverband.

Die Beschäftigung mit tragischen Führer­gestalten ist schon in der Mittelschule ein recht an= ziehendes Kapitel gewesen. Am ergreifenone aber ist die Erzählung von Don Quichote, der sich in die Lektüre von Heldenmärchen vergrub und plößlich Ritter werden wollte. Der Arme! Er wußte nicht, daß er erstens gar nicht die Eignung zum Ritter hatte, und daß zweitens die Beit des Rittertums vorüber war, wie heute für unser Volt die Zeit eingebildeter Füh rungsansprüche vorbei ist. Was Wunder, daß er schließlich dem ganzen Lande zum Gespött diente.

Es ist eine Gleichschaltung großen Stils, die der Herr Henlein im Sudetendeutschtum durch­führen will. Eine Gleichschaltung, die er, dem Sil­genreiner zum Troß, als direkter Abgesandter Gottes durchzuführen bereit ist. Der einzige Trost. der uns bleibt, ist, daß auch die Henleinleute die Geschichte von Don Quichote tennen. Und noch besser ist es, daß sie auch außerhalb der Henlein­front bon etlichen Leuten gekannt wird. Ihnen hat das Gottesgnadentum anderer Kerle nicht im­poniert; das des Henlein aber stimmt sie erst recht zum Lachen. Die Zeit des Rittertums ist tatsäch­lich vorüber! Die Zeit der dittatorischen Führungs­ansprache aber auch. Selbst Hitler hat den An­fchluß an die Weltgeschichte versäumt Es ist nicht anzunehmen, daß ihn sein kleiner Nachfahre der

10.80: Blasmufif, 18.20: Schallplatten, 18.20: Geering: de höher die Not, um so grösser der Führer Führer" Henlein finden wird.

Salbe Stunde Chorlieder.