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Dienste-, 31. 1934
demokratie verantwortlich zu machen. Wie un- sachlich von gewisser Seite vorgegangen wird, dafür ist wohl der beste Beweis, daß von bürgerlicher Seite stets nur von den deutschen So- zialdemokratcn gesprochen, aber daß niemals erwähnt wird, daß schließlich nicht Dr. Czech der einzige deutsche Minister in der Regierung ist und daß es noch einen Herrn Professor Spina gibt, der gleichfalls Minister ist. Die deutsch -bürger- lichen Parteien glauben, daß ihre einzige Aufgabe auf dem Gebiet deS Schulwesens darin bc- steht, alle- von der deutschen Sozialdemokratie zuverlangcn. Bezeichnend ist in besonderem Maße das Benehmen des Bürgermeisters von Arnau, der christlichsozialen Senators Reil. Wenn sich der Herr Bürgermeister von Arnau in besonderem Maße als Vorkämpfer des deut- schon Schulwesens aufspielt und gegen die deutsche Sozialdemokratie loSzicht, so kann cS ihm passte- ren, daß auch wir über seine Unterredungen mit den beiden deutschen Ministern Näheres er- zählen und insbesondere die von ihnt in den Ver- sammlungen herumgeschleiften ministeriellen Aeußerungen auf doS richtige Maß zuriickfüh- ren werden. Das deutsche Bürgertum hat Hoch, wie eS selbst glaubt, gegenwärtig eine große politische Bewegung, die Sudetendeutsche Heimatfront, die jüngst in Schluckenau eine große Kundgebung veranstaltet hat. Warum hat Konrad Henlein in der Schluckenauec Der- sammlung nicht von der deutschen Schule gespro- chen und warum mobilisiert er seine Hunderte von Ortsgruppen nicht, damit diese mit aller Kraft, deren sie sich rühmen, den Kampf für das deutsche Schulwesen führen? Während in der letzten Nummer des Henlein-Organs, der„Rund- schau" über die Schluckcnauer Tagung ganze Spalten zu lesen sind, wird die für das sudetendeutsche Volk wichtigere, augenblicklich aktuelle Schulfrage mit wenigen Zeilen abgetan— um den Eindruck der Loyalität Henleins dein Staat gegenüber nicht abzuschwächen. Welche Demagogie in der ganzen Frage getrieben wird, lehrt auch das Verhalten der Kommunisten, die an dem Tage, nachdem Dollfuß ermordet worden war, auf der ersten Seite nicht die Ereignisse in Oester- reich gebracht haben, sondern ihre Anhänger zuin Kampfe gegen die nationale Unterdrückung in der Tschechoslowakei aufgerufc» und die auch eine große Versammlung in Reichcnberg abhalten und sich dabei mit der Lage des deutschen Schul - wesens befassen wollte». Kein Mittel ist den Christlichsozialen, de» Heimatfrontlern und Koni- munisten genug schlecht, um nicht daraus Kapital gegen die Sozialdemokratie zu schlagen und die Sparmaßnahmen auf den: Gebiete des deutschen .Schulwesens bedeuten sür die Gegner der Sozialdemokratie vor allem auf die große antisozia- listischc Trommel zu schlagen. Die deutsche Sozialdemokratie ist sich be- wußt, in den letzten Jahren für das deutsche Schulwesen außerordentlich viel getan zu haben. Sie wird diese Arbeit unbeirrt fortsehc» und das deutsche Schulwesen wird an keiner Partei einen besseren Freund finden als an der deutschen Sozialdemokratie. Wir können nicht immer darüber im einzelnen berichten, wieviel Schulen und Schulklassen die deutsche Sozialdentokratie vor dem Zugriff nationaler Chauvinisten gerettet hat.
weil wir nicht dem Gegner das Material liefern können, damft er dem deutschen Schulwesen noch größeren Schaden antue. Auch in den kommenden Wochen werden wir auf der Wacht stehen und jede deutsche Suse und jede Schulklasse mit aller Kraft verteidigen. Aufgabe der übrigen deutschen Parteien ist eS, uns in diesem Bestreben zu un- terstützen, sofern eS ihnen wirklich um die deutsche Schule und l«m nichts anderes geht.
Die„Prager Preffe" beschäftigt sich in ihrer SonntagSauSgabe sehr ausführlich mit der Henleinfront. Wir entnehmen den bemerkenswerten Ausführungen die folgenden Stellen: Konrad Henlein verfügt nach seinen Angaben über zehntausende namenloser Mitkämpfer. Er hat also Zulauf. An den Evolutionsetappen demokratischer Parteien gemessen sogar einen abnyr» malen Zulauf, der lebhaft an die sprunghaften Erfolge der deutschen Nationalsozialisten erinnert. Henlein glaubt sich mit einem Wort auf dem besten Wege, der deutsche Lodgmann deS Jahres 1934 zu werden. Der selbsternannte Landeshauptmann Tr. Lodgmann hatte nach dem Umsturz im deutschbürgerlichen Lager nicht weniger Schwimmsand vorgefunden wie derselbster- nannteFührer Konrad Henlein . Mit Lodgmann ging der ganze politische Schwimmsand, der sich nach dem Zusammenbruch der Monarchie in der Tschechoslowakei entweder nicht zurechtfinden konnte öder wollte. Führerlose Leute, die in Unkenntnis der Dinge jedem Gefolgschaft leisteten, der ihnen nach dem Mund sprach. Auch Dr. Lodgmann war kein Gegner der Männer des Schützengrabens, die sich das Ende ganz anders vorgestellt hatten. Und er konnte auch mit den jugendlichen Kräften der Sudetendeutschen rechnen. Waren sie ja doch im Geist des Alldeutschtums erzogen! Was soll damit bewiesen sein? Die nachweisbare Tatsache, daß sich historiMe Umgruppierungen im deutschen Lager der Tschechoslowakei im engsten Anschluß an die außen- und innerpoli- tischcn Ereignisse in Deutschland vollziehen oder vorbcreiten. Nach dem Umsturz war die deutsche Einheitsfront in der Tschechoflowakei das politische Produkt des engen geistigen Zusammenhanges mit dem NachkricgSzustand des deutschen Reiches. Dr...Lodgmann konnte' sich jedoch nur solange behaupten, solange bei'Umschwung zur Politik oeS Aufbaus und der Pazifizierung auf sich warten ließ. Als Stresemann die Verständigungslinie ergriff und in vielen Belangen durchsetzte, begann die von Lodgmann geführte Einheitsfront zu zerfallen. StresemannS Erfolg, die Locarno - Politik, fand in der Tschechoslowakei ihren Reflex in einem innerpolitischen Locarno : es kam 1928 in der politischen Niederlage Lodgmanns, seinem Austritt aus der aktiven Politik zum Ausdruck und führte ein Jahr später zum Eintritt der zwei stärksten deutschbürgerlichen Parteien in die Regierung. Einen besonders starken Reflex fanden dann bei einem Teil der deutschen Landsleute die Bor-
Eln Erfolg unserer Partei 9n feen letzten Tagen wurde die Ritteilnng verbreitet, daß sich unter de» Mittelschulen, denen die staatlichen Lehrkräfte entzogen werde« solle«, auch daS Mädchen- Reform* Realgymnasium in Karlsbad befinde. Wir haben erfahre«, daß eS den Bemühungen der leitenden Genossen der Partei gelungen ist, die Abba«.Maßnahmen von dieser Schule abzuwehren.
gänge, die zur Hitler-Revolution führten. Der offensive Geist, den die vor bald Jahresfrist aufgelösten deutschen Nationalsozialisten in der Tschechoslowakei 1982 zur Schau trugen, ist sattsam bekannt. Die Vorgänge im Volkssport spielten sich in einer Zeit ab, wo die reichsdeutschen Nationalsozialisten auf der ganzen Linie den Entschei-
Nle sollst Du mich befragen I Dr. Otto Strasser , der Bruder des von Hitler gemordeten Gregor Strasser , hatte in seiner Zeitschrift einen offenen Brief an Henlein gerichtet, in dem er sich mit der Behauptung der „Rundschall" auScinandcrsetzte, am 30. Juni seien in Deutschland lediglich ein paar Verbrecher„gerichtet" worden. Der Brief an Henlein tvar in durchaus sachlichem Tone gehalten und gipfelte in einigen dem Adressaten allerdings unangenehmen Fragen. Die Antwort, die Henlein ertellt, ist seiner würdig. Er läßt in der„Rundschau" einen gewissen f. c. eine derart zynische Erwiderung schreiben, daß sie als daS stärkste Bekenntnis zu Hitler und seinen Methoden wirtt, das man bisher von den Henleinleuten hörte. Zunächst beruft sich die Henlein -„Rundschau" darauf, daß das Asylrecht Herrn Dr. Strasser eigentlich zum Schlveigen verpflichte. Es sei selbst die Meinung unseres Ministerpräsidenten, haß der Genuß des Asylrcchteü zum Respekt vor allen innerpolitischen Institutionen und Faktoren verpflichte.(Für deren wesentlichen Teil sich die Henlein -Fascisten halten.) ' Mali ' sehe sich einmal diesen Henlein genau' an!. Er. lobt den Hiller, weil dieser seine Kameraden killte. Und wenn ihn jemand stellt, der zumindest ob des persönlichen Verlustes, der ihn traf, eiil menschliches Anrecht darauf hat, wenn ihn also Otto Strasser fragt, warum Henlein Strassers ermordeten Bruder einen Verbrecher schimpft und den Mord gutheißt, dann benifen sich die Ehrabschneider und Hitlcrknechte auf— unseren Ministerpräsidenten und verweigern unter Berufung auf ein Asylrecht die Antwort, das von der Hit- lerei unter hcnleinscher Tarnung mit fröhlichem Gottvertrauen in Anspruch genommen wird. Man glaube aber nicht, daß die„Rundschau" nicht doch das Bedürfnis fühlt, eine sachliche Bemerkung z» macken:
Rr. 176 dungSkampf um die Macht entfesselt hatten. Jung und der später nach Deutschland geflüchtete K r e b» riefen zwar die Demokratie an, aber erst dann, als sich die Demokratie gegen iAe staatsgefährlichen Umtriebe zur Wehr zu«HAi begann. A.' Mit der deutschen nasioncklsozinlistischrnMr- beiterpartei ist aber nicht auGder-Weist'vWVer politischen Bildfläche verschwusstzei^dem^tz^hren Aufstieg zu verdanken hatte, der ideelle Zusammenhang mit dem reichsdeutschen Nationalsozialismus. Bei dieser Blickrichtung hatte Henlein ein verhältnismäßig leichtes Spiel, als er sich bald nach der Manifestanten Turnerheerschau in Saaz zum Führer der sudetendeutschen HeimatSfront proklamieren ließ, nach denJntentionen seiner Hintermänner einer Bewegung, die nichts mehr von einer Einheitsfront wissen wollte, sondern in Analogie zu den Vorgängen im Reich diesmal aufs Ganze loSging, auf eine sudc- tendeutsche Einheitsbewegung. Trotz aller Politik scheu Bindungen, die man Henlein abgerungen hat, läßt er von seinem Ziel nicht locker und will eine geschloffene Volksbewegung aus dem Boden stampfen. Der neueste BelveiS dieser Absichten war Schluckenau . Die Analoaie mit den Zielen der politischen Gleichschaltung ist also lückenlos.
Die Schriftleitung der„Rundschau" ist der festen Ueberzeugung, daß sie mit Rücksicht auf dar sudetendeutsche Volk und die deutsche Sprache überhaupt mehr als genug tut, wenn sie mtt Bedauern feststellt, daß der bisher in nnserer Heimat der deutschen sozialdemokratischen Presse vorbehaltene Mißbrauch der Sprache Goethes zu nichts anderem, als zu Angrsften gegen völkisch empfindende Sudetendeutsche nun neue ebenbürtige Förderer gefunden hat. Wir müssen allerdings Zweifel hegen, ob der Anspruch Dr. Strassers auf soviel Freizügigkeit zu recht besteht. Denn Dr. Straffer hat nur einen Bruder verloren, Henlein aber liefe Gefahr, um die Sympathien Hitlers zu kommen, wenn er, der sich aus Goethe zu berufen nicht müde wird, einen Mord Mord hieße und sich auf die Seite derer schlüge, die um der Kultur Goethes willen den Mörder auf dem Kanzlerstuhl Haffen. Wir können nicht in den Verdacht kommen, mit den Ideen Otto Strassers übereinzustimmen. Aber gerade das verpflichtet uns, die elende Niedertracht der Henlein -Leute aufzuzeigen. Sie billigen— in der Sprache Goethes— einen Massenmord und berufen sich, zur Rede gestellt, auf ihre hohe Kulturgesinnung, die es ihnen nicht gestatte, den Frager auch nur eines Wortes zu würdigen. Sie bekennen sich zu deni Mörder und denunzieren jene, die nach dem Warum fragen wegen angeblichen Mißbrauchs des Asylrechtes. Und weisen schließlich die' Frager an, sich ihre Wißbegier von den— Ministern der Tschechoslowakischen Republik stillen zu lassen. Die„Rundschau"„kann aus ihrem politischen und kulturellen Verantwortungsgefühl heraus nicht anders und nicht besser handeln, als dem schlechten Beispiel einer persönlichen Anrempelnng und eines hochnotpeinlichen politischen Verhör» das gute Beispiel nachsichtig lächelnder Zurückhaltung entgegen zu stellen". DaS Lächeln wird nachgerade zum vergnügten Grinsen über eine Demokratie, die sich solche Schurkereien gefallen läßt und der Pflege der hunnischen Mördergesinnung den organisatorischen Rahmen zubilligt. Wie lange noch?
Vie Analogie mit«der Gleich
schaltung
Henlein und die Hintermänner
12 /y. FRITZ ROSENFELD: mA dxtutta BIN BOMAN ZWISCHEN TRAUM UNO TAO Nun stand sie dicht neben dem Brunnen. Das Wasser fiel auf ihr Haar, wenn der Wind kam; feuchter silberner Staub. Lange stand sie so, als lebte nichts um sie her, als wäre sie allein mit Sonne und Wind und dem Brunnen, als hörte sie die Männer nicht und nicht den großen Gong. Tann lief einer zu ihr, riß-ihren Kopf hoch, wollte rhr in die Augen sehen. Sie schlug seine Hand weg. Da faßte er ihre beiden Hände, zerrte sie hock), bog sie auseinander; die Helle preßte die Lippen zusammen, schloß die Augen. Ihr Gesicht war fahl und erloschen vor Schmerz. Und da wußte Pal in einem Augenblick, warum er in diesen Garten gekommen, und wo sein Glück lebte, wenn es Glück gab. Er stürzte vor: Nimm dir das Mädchen, das dir gefällt, klang eS ihm im Ohr. Jede kannst du haben, du kannst glücklich sein. Schon stand er neben der Hellen, schon saßen seine Hände an der Kehle des Mannes, der sie bedrängte, schon holte seine Faust aus, schon traf sie den Mann, daß er taumelte, hinrollte wie ein leeres Faß und mit dem Schädel an den Rand des Brunnenbeckens schlug. Nun stand Pal dem Mädchen gegenüber, in den Augen des Mädchens war der Funke Haß erlöschen, Pal trägt keine Lanze, er hat nur eine sichere,' harte Faust, die befreit. Aber immer noch brennt die Sonne trüb, denn dieses Haar ist da, diese Augen find da. Nie sah Pal so heller Haar, nie so helle Augen. Der Mann erhebt sich, blutenden Kopfs, wirft Pal einen bösen Blick zu, trollt sich fort. Bä find genug Mädchen da. Muß er die blonde
Hexe sein, mit den hellen Augen und den hellen Haaren? Er greift eine Dunkle, die sich scheu an den Brunnenrand drückt. Packt sie, nimmt sie. auf den Arm, trägt sie wie ein Kind fort. Sie schreit,, hämmert mit den Händen auf seine Brust, seinen Kopf. Er lacht. Der Gong rollt, erstickt ihren Schrei, zermalmt ihren Schrei, rollt, rollt, ewig, der große Gott dieses Gartens. Pal steht mit dem Mädchen allein, feuchter Hauch weht vom Brunnen, er weiß nicht, was er sagen soll. Er fühlt, daß er da ist, um sie zu beschützen. Bor den Männern, vor dem Garten, vor dem Gong. Er weicht ihrem Aug aus, blickt zu Boden. Dann sieht er Tung-Li, mit seinem Keinen Gott, mit dem bunten Tier an der dünnen Kette. Glücklich sein. Rach so vielen Jahren der Qual, nach einer geschundenen Kindheit; glücklich sein. Da kann er auf einmal das Mädchen ansehen, Aug gegen Aug. Und er glaubt in dieser Srunde an Glück und an einen GlückSgott, der unsichtbar eine gute Hand über seinem Schicksal hält. Ihre Hand liegt auf dem Rand des Brunnen, seine Hand liegt dicht daneben. Er blickt auf diese schmale Frauenhand. Er blickt auf das zer- spellte Wasser, da» auS der Höhe niederstürzt und in zahllose Farben zersttebt. Endlos könnte man in diese» Wasser sehen. Da hört er die Stimme des Mädchen». Sie klingt leise, wie eine silberne Saite: „Ich heiße Axjutta. Wie heißt du"„ „Ich heiße Pal. Bin der Sohn eine» Hirten, jenseits der Berge." «Wo bin ich?" Pal sah in diese hellen Augen: „Ich weiß eS nicht. Jeder fragt, keiner kann Antwort geben. ES ist ein Garten, und die Männer, die ich traf, sagen, der große Gong sei der Gott deS Garten», und sie seien glücklich." Der große Gong rollte, sie verstanden ihre Worte kaum. Da sprachen sie jene Sprache, die kein Gong verschluckt: Me Sprache der Augen.
„Du bist schön, Axjutta," sagten seine Augen. „Du bist ander-, als die Männer hier," sagten ihre Augen.. «Ich will dich beschützen, Axjutta", sagten seine Augen. »Beschütze mich, Pal," baten ihre Augen. Sie gingen. Ihre Schritte waren klein, aber eS war unendliche Musik in ihrem Gang. Sie gingen an Tung-Li vorüber, der auf den Stufen saß. „Der GlückSgott, Tung-Li, der GlückSgott!" ries Pal in den Gong. Tung-Li sah auf: „Fragst du noch, wo wir sind, wie wir hierher kamen?" Der Gong rollte dumpfer, rollte greller. Die Bäume erzitterten. Gelächter scholl aus den Gebüschen. Ein Kreischen, ein schriller Schrei, der jäh abritz. Starb dort ein Mensch? Zerbrach dort ein Mensch, der sich glücklich wähnte, an seinem Glück? Der Gong fraß alles, der große Gott des Gartens, der ewige Gong, der ewige Gong... Pal führte Axjutta in eines der Keinen Häuschen aus goldenen Stäben und golddurchleuchtetem tiefgrünem Laub, die unter den Bäumen standen wie Menschenhäuser am Fuß eines BergS. Axjutta setzte sich, ihr Haar war wie eine Sonne in diesem kleine^ Raum, und ihre Augen wie Sterne. Aa» zwischen ihnen lag, unüüersteigliche Kluft noch, brandende» Meer, dem niemand Zügel anzulegen vermochte, war das Geheimnis de» Gartens. Beide wußten, daß sie nicht antworten konnten, und beiden lag die Frage auf der Zunge. In allen Blicken war diese Frage: Wer lenkt unser Schicksal, wer baute diese Stadt, pflanzte diesen Garten, gründete diesen ewigen Gong der entfesselten, trunkenen Leidenschaft?' „Gib mir deine Hand, Pal"/ sagte Axjutta. Seine Finger, die schmalen Finger eine» Hirten, der nie ein Schwert erfaßt, lagen in ihrer Hand.
„Du hast eine gute Hand, Pal", sagte das Mädchen.„Ich habe viel böse Hände gesehen, die nur Schwerter führen wnnten". Ihre Augen gingen über ihn hinweg: „Ich habe viel Blut gesehen. Mein Vater, meine Mutter lagen erschlagen vor mir. Meine Brüder fielen in ungleichem Kampf. Der Jüngste ...." Sie hielt die Hand vor die Augen, schwieg. «Ich habe viel Feuer gesehen", sagte ss» dann, ganz langsam.„Es fraß unser Haus, un» ser Dorf. Unsere Tiere brüllten. Es ftatz die Menschen. Mich haben sie fortgeschleift. Wenn du einer von denen wärest, die mich wegge- schleppt haben..." Pal sah zu ihr auf. Blicklos fern Ware« ihre Augen. „Würdest du mich hassen, Axjutta?" Sie sah ihn an. Aufgerissen waren ihre Augen, ganz leer waren sie, ein Abgrund lag hinter ihnen: „Ich würde dich nicht hassen können, auch wenn du wie die andern wärest."— Langsam neigte sich der Tag. Sie merkten e» nicht. Sie faßen unter dem grünen Dach von Laub, sie sahen einander an und sprachen kein Wort. Auch der große Gong erstarb. Rur die Quelle war noch da, die in der Nähe ihre ewigen Wasser geduldig in die steinerne Rinne ergoß. Wenn die Tage ihre» Leben» so verrinnen könnten, mit der gleichen Musik, au» gleichem Ursprung zu einem gleichen Ziel: Glücklich sein. Da»' Wort ging Pal nicht aus dem Kopf. Glücklich sein. Alle sagen, daß sie glücklich find'. WaS ist daS: Glücklich sein?. Und da ftagte er Axjutta, nach lange« Stunden de» Schweigen»: „Was ist da»: Glücklich sein, Axjuttn?" (Fortsetzung folgt.)