Seite K Sgmstag, 18. ugiill 1934 9k. 192 Psychologie des Nationalsozialismus Ma spanische Krise nicht gelöst Bilbao , 17. August. Der Konflikt Maische» den baskischen Gemeindeverwaltungen und der Madrider Regierung ist bis jetzt noch nichterle- digt. Der hiesige-Gouverneur hat viele Strafen verhängt. So bestrafte er u. a. ein Blatt mit 7500 Peseten, weil sich das Blatt in zu aktiver Weise an der autonoinistischen Bewegung betei­ligt hatte. Auch einige Mitglieder der Stadtver­tretungen, u. ztv. sowohl die sozialistischen, als auch die nationalistischen, wurden mit Geldstra­fen belegt. Die Gerüchte über.die Ausrufuna eines allgemeinen Streikes erhalten sich hartnäckig. Auch die Verhandlungen mit dem Vatikan sind bis jetzt noch nicht gelöst. Die innerpolitische Lage ist um so verworrener, da die agrarische Bolkspar- tei, die die Situation beherrscht, der Regierung Sainper nicht besonders günstig gesinnt ist. Ihnen, Genosse Dr. Bauer, und anderen Genos­sen in der Einigration wissen will, die angeblich durch Ihre Stellungnahme zum Naziputsch ver­anlaßt wurde. Auch das ist natürlich eine lächerliche Er- findung. Wir alle sind selbstverständlich einer Meinung, daß es mit den Nazis keinerlei Ge- meinschast, keinerlei BundeSgenossenschast, auch nicht einmal eine gelegentliche Kooperation ge- ben kann. Aber wir sind auch alle einer Mei- nung, daß eS unsere Pflicht ist, ebenso wie es die Pflicht aller Kulturmenschen wäre, gegen die unmenschliche Bestialität zu protestieren, die die Heimwehrbanditen deS AustrosascismuS nach der Niederwerfung des Aufstandes begangen haben. Wir sind alle einig darin, dagegen zu protestie­ren, daß ein Major des Bundesheeres beim Kampf um den Pyhrnpaß den Befehl gegeben hat, keine Gefangenen zu machen, sondern alle Personen, die de» Truppen in die Hände fallen, niederzumachen, was dazu gestihrt hat, daß nicht nur die gefangenen Nazis ermordet wur­den, sondern auch bei der Einnahme deS Gast- Hauses am Kalkofen eine Frau mit dem Kind am Zirm niedergeschossen und drei an den Kämp­fen völlig unbeteiligte Zivilisten getötet wurden. Wir sind alle darin einig, dagegen zu protestie­ren, daß gefangene Nazis von den Heimwehr, banditen in den Gefängnissen tagelang geprü­gelt und mißhandelt, einzelne schwer verstüm­melt und einige ermordet worden sind. Wir sind einig darin, dagegen zu protestieren, daß man Angestellte, Beamte, Lehrer, Rechtsanwälte, Aerzte und Professoren nur wegen ihrer Gesin­nung um Arbeit und Brot bringt, ohne daß ihnen eine strafbare Handlung vorgeworfen wer- den kann. Wir sind einig in der Ueberzeugüng, daß nran kein Recht hat gegen die Barbarei des HitlerfascismuS zu protestieren, wenn man sie selbst sklavisch nachahmt. Wir sind einig in der Ueberzeugung, daß für uns kein Bündnis mit den Nazis geben kann und geben wird, daß aber die von der klerikalen Diktatur bedrückten In­tellektuellen, Kleinbürger und Bauern, an dem Tag, an dein sie sich von dem Hitlerschen FasciS - muS emanzipieren, um init der Arbeiterschaft für die Ueberwindung aller faseistischen Bar­barei zu kämpfen, uns willkommen sein werden, als Mitkämpfer für die Wiederherstellung des allerelementarsten Menschenrechtes, deS Rechtes auf Freiheit und Gesinnungl DI« Ercigniffe des SO. Juni haben eine in­nerhalb und außerhalb Deutschlands vielbespro­chene Vermutung zur Tatsache werden lassen: den starken' Einfluß der Homosexualität innerhalb der nationalsozialistischen Belvegung. Sie haben aber, auch noch eine zweite Vermutung zur Ge­wißheit reifen,lassen: Die Brutalität, um nicht zu sagen Sadismus,'mit dem die nationalsozia­listische Rachejustiz vollzogen wird, ist die Befrie­digung dunkler Triebe aus tiefen Seelenschichten. Manche leichtfertige Beurteiler glauben, zwischen diesen beiden Eigenheiten der nationalsozialisti­schen Seelenverfaffung einen direkten Zusammen­hang herstellen zu müssen. Eine Gleichung in die­ser Primivität wäre falsch. Dagegen ergibt eine Analyse gemeinsame soziale Voraussetzungen, auf deren Beet beide Anlagen zu gedeihen vermö­ge», zumal dann, wenn die schwüle und dichte Atmosphäre einer, von Blutsmystit beladenen Be- wcgung sic hoch aufschießen läßt. Die Analyse muß wie im CinzeUeben, so auch bei dieser Massenbewegung auf ihre Ju­gendperiode zurückgehen. Sie ivurde geboren aus dem Krieg und aus der Rot der Nachkriegszeit. Ihre quälenden Traumata(seelischen Verwun­dungen) waren die Niederlage und der Wandel innerhalb der sozial und politisch privilegierten Schicht. Junge Menschen kamen von der Schulbank oder aus den Kadettenanstalten an die Front und fanden sich, ohne die seelischen Erlebnisse einer normalen Erotik genossen zu haben, hineinver- setzt in die für sie häufig gefährliche Atmosphäre des Schützengrabens und der Offizierskasinos. In gelvissen Regimentern der alten deutschen Ar­mee war jener eigentümliche Freundschaftsgeist als dessen Poet Ernst von Wildenbruch in seiner Novelle»Das edle Blut" gesprochen hatte, schon m der Vorkriegszeit zuhause und aus diesen feu­dalen Offizierskreisen stammten auch jene Pala­dine Wilhelms, die durch denEulenburg"prozeß zu einer eigenartigen Berühmtheit gelangt sind. Das dort herrschende»Vice allcmand"(deutsche Laster) fand in der frauenlosen Kriegsatmosphäre einen günstigen Boden und alle Beobachter des großstädtischen Lebens in Deutschland wußten in den ersten NachkriegSjahren von einem starken Anwachsen der Homosexualität in Deutschland zu berichten. Allein in Berlin zählte man in jener Zeit über 40 Männerlokale und zwei oder drei vielverbreitete Zeitschriften. Während im allgemeinen dort, wo es sich nicht um eine angeborene Homosexualität han­delte, die KriegSallüren einem normalen sexuel­len Leben wichen, erhielt sich diese Atmosphäre, am stärksten in jenen Jreiwilljgeß-Veebändqn.'die im Baltikum und im deutschen Osten das Kriegsleben in der verrichten Form des LandSknechtötreibenS fortsetzten. Mag auch sein, daß grade solche Na­turen, die sich im Leben des MännerbnndeS wohl­fühlten und nicht nach einem familiären Heim Sehnsucht hatten, sich dort zusammenfanden. Je­denfalls steht' fest, daß. dasFiihrer-Gefolg- schaftsverhältnis" in den weitesten und bekann­testen Freikorps auf einer homoerotischen Basis aufgebaut war. Indem die nationalsozialistische Bewegung Führer und Angehörige der Freikorps von Anfang an für sich zu gewinnen vermochte, erhielt sie sofort ihren invertierten Einschlag. Daß die nationalsozialistische Ideologie auf diese Kreise so stark zu wirken vermochte, lag anderer­seits daran, daß das, was der NationalsozialiS« fmuS als Sozialismus predigte,- nichts anderes war, als eine Uebertragung des Kameradschafts­verhältnisses der Kriegszeit auf die Nachkriegs­zeit. Die von ihm geprieseneVolksgemeinschaft" entsprach ganz jenem bewußten oder unbewußten erotischen Verhältnis, unter den auch der Frei­korpsführer den jungen Proleten als seinesglei­chen zu empfinden trachtete, Ivobei er eher an eine ausgesprochene oder unausgesprochene LiebeSge- meinschaft, denn an eine soziale und ökonomische Verbundenheit dachte. Es tvar, wenn man so sa­gen will, einAminaliSmuS", der in der äußeren Form den PatriarchalimuS ähnelte, nur daß des­sen Güte erseht wurde durch ganz andersgeartete Gefühlsmomente, über die sich allerdings mancher scheute, sich selbst Rechenschaft zu geben. Er ver­barg vielmehr diese Motive Hütter einem Schleier von Gefühlen, von Worten, die jener altpreu­ßischen und katholischen Romantik entlehnt wa- rcn, deren bedeutendste Träger nach der Zeit der Freiheitskriege einem ähnlichen Liebessehnen nicht fremd gewesen waren(Kleist, Plate», No­ valis usw.) AuS ähnlichen Motiven- fühlten sich Kreise zum Nationalsozialismus hingezogen, denen die männliche" Weltanschauung, und der.starke Zug von AntifeminiSmuS sympathisch war, den die Bewegung noch jetzt verrät, wenn zu»t Beispiel an der Trauerfeier in Tannenberg im engeren Kreise um das Grabmal nur Männer anwesend sein dürfen. Diejenigen, die zur nationalsozialistischen Bewegung stießen, kamen auch vielfach aus der deutschen Jugendbelvegung, über die Ernst. Blü- her, selbst ein Wegbereiter nationalsozialistischer Ideen, vor dem Kriege bereits ein aufsehenerre­gendes BuchDie Wandervogelbewegung als ero­tisches Phänomen" geschrieben hatte. In diesem Buche und in seinem anderen WerkeDie Rolle der Erotik in der männlichen Gesellschaft" wicö er auf die politische Bedeutung sogenannter Männerbünde" hin, die von derheiligen Schar" Griechenlands und den Insassen der Männerhäuser der Primitiven bis auf unsere Tage einen bedeutsamen Einfluß gehabt hatten. Diese Bücher wurden von den Jugendlichen, ins­besondere in dem ambivalenten Alter der Puber­tät, lange Zeit verschlungen, denn was in den In­ternaten, in den Jugendbünden und teillveise auch in einer dekadenten Grohstadtjugend, in der noch diefin-dc-sieöle"-Lyrik eines Wilde, eines Rimbaud und die Strophen eines Walt Withan »achzitterten, heimlich und halbbewuht geübt wurde, fand hier eine Art offizielle Rechtferti­gung und wurde von nianchcm älteren Jugend­führer, der sich in diese Bewegungen hineinge­schmuggelt.hattq? bewußt als Evangelium do­ziert. Schließlich darf auch nicht vergessen werden, daß die wirtschaftliche Rot der Nachkriegszeit man­chen jungen Menschen die Anbahnung normaler ständischer Liebesbeziehungen materiell unmög­lich machte und daß die Angst vor den Krankheiten und die Abneigung vor der Enttvürdigung durch die Prostitution Auswege finden ließ, die nichts anderes waren, als ein über die Zeit hinaus beibehaltenes Verharren in jugendlichen Irrun­gen. Immerhin wäre es falsch, aus bekannt­gewordenen Einzelbeispielen verallgemeinern zu wollen. Insbesondere als die Hitlerbewegung an Umfang zunahm, dürfte sich der Prozentsatz in­vertierter Kreise verringert habend Aber, ba sie sich vorzugsweise unter denalten Kämpfern" befanden, die zu den Notabein deS Dritten Rei­ ches erhoben wurden, kann eS nicht Wundernehmen, daß sie zu einer Macht und zu einem Einfluß ge­langten, der die Vermutung aufkommen lassen muhte, daß so, wie ein großer Teil der Führung auch die Gesamtbewegung aussehe. Einen solchen Schluß zu ziehen, Ware verfehlt, aber die Fest­stellung, dürfte sich nicht widerlegen lassen, daß es noch nie eine politische Massenbewegung gege­ben hat, in der die Rolle der Invertierten von sol­cher entscheidenden Bedeutung gewesen wäre» wie in dem Nationalsozialismus der Hetz, Rühni, Himmler , Schirach, Heines, und jener vielen an­deren, die heute bereits zu nennen, den Rahmen einer wissenschaftlich gemeinten Analyse zu einer persönlichen Denunziation erweitern würde, die ni"' Aufgabe dieser Arbeit Ft Die Brutalität, ja die Bestialität und. der offenkundige Sadismus, der bei Ermordungen und bei unzähligen Mißhandlungen in den Konzen­trationslagern festgestellt werden mußte, steht mit der Inversion in keinem direkten Zusammenhang. Vereinzelte Fälle liegen vor, in denen aus den Begleitumständen auf eine sexuelle sadistische Komponente bei den Zuschauern und Befehls­gebern von Mißhandlungen junger Menschen ge­schlossen werden muß. Im allgemeinen aber han­delte eS sich um das Austoben brutaler Macht­instinkte(durch Rache an den Repräsentanten des früheren Systems Genugtuung zu fordern stir das eigene, und vermeintlich durch fremde Schuld erzeugte soziale Notdasein in der Vergan­genheit). Teilweise aber auch, gab die unbe­schränkte Macht jener Unterwelt, welche die na­tionalsozialistische Revolution emporgeschleudert hatte, einen Blutrausch den Weg frei, wie ihn Taine in den Anfangsstadien der französischen Revolution ebenfalls konstatieren mußte. Der da­bei zutage tretende Sadismus ist also weniger auf sexuelle Komponenten, als auf einen Macht- trieb zurückzuführen, der in der persönlichen Züch­tigung des Gegners einen Beweis sucht, mit dem er die eigene Minderwertigkeit Niederkämpfen zu können vermeint. Der unwissende Kraftmensch peinigt den schlvache» Gelehrten, der körperlich mißgestaltete den den Kraftstrotzenden, der Lnm- penproletarier den organisierten Arbeiter, der Habenichts den Kleinbürger, der Klassenkämpfer von oben den Klassenkämpfer von unten und sic alle den Juden, als die ihnen gleichgewordene In­karnation des Bösen. Beides, die Verbreitung der Inversion und die sadistischen Untaten des Nationalsozialismus, zeigt, von welcher Bedeutung die Analyse des see­lischen Tiefenlebens auch für die Erklärung be­stimmter politischer Phänomene ist. Wir stehen noch ganz am Anfang der Auswertung der For­schungsergebnisse sich lebhaft bekämpfender psy­choanalytischer Schulen.. Eine Psychologie, die aus den ökonomischen Bedingungen und äiis der so­zialen Umwelt die- politische» Geschehikillc zu er­klären sucht und dabei der Bedeutung der herr­schenden Ideologien gerecht zu werden sich müht, wird auch das lehren die deutschen Ereignisse sehr beredt nicht an den dunklen Trieben Vor­beigehen könne», die das menschliche Selbsterhal- iungöleben in Gestalt sozial nützlicher und sozial schädlicher Erscheinungen entwickelt und Unter denen der Wille zur Machtentfaltung, gleichviel auf welchem Gebiete, der Lebensäußerungen, an erster und entscheidender Stelle zu nennen ist.- Der Nationalsozialismus als Ganzes wird eines Tages auch noch der Analyse bedürfen und e. wird in der Geschichte der menschlichen Massen­psychosen eines der bedenklichsten und bedeutsam­sten Kapitel darstellen. 27 /y. FRITZ ROSENFELD: .«k(bcjutta EIN ROMAN ZWISCHEN TRAUM UND TAO »B=a=r ns. t-L. J--- Brach zusammen, wie von einem Pfeil ge­troffen. Osmin trat zu iym, hob seinen Kopf in die Höhe: Narr! Dort ist der See! Mer führt euch irr? Ihr selbst führt euch irr! Schlaff seid ihr und faul." Da biß Pal in seine Hand. In seine eigene Hand biß er mit scharfen Zähnen. Um diese Hand nicht Osmin ins Gesicht zu stoßen. Fremd war ihm diese Hand, diese eigene Hand, er wollte, sie strafen,>vie sie die Stadt trafen sollten, die ihnen fremd war. Axjutta, Axjutta! Mit einem grellen Schrei stürzte einer hin­tenüber. Mit offenen Augen lag er da. tot. Da stemmten die Assassinen sich auf: Ihre Mantel leuchteten wieder, Mann standen sie wieder ne­ben Mann: Wir gehen nicht weiter". Ein halber Tag noch, wir sind am Tee". «Air gehen nicht weiter." '. Da blickte Tula die andern Führer an. Jenseits des Sees liegt der Garten. Hört ihr den Gong?" Die Männer sahen einander an die Manner sahen zum Himmel auf Wir hören nichts." .Ich höre", schrie einer.Ich höre den Gong. Der Garten, der Garten." Und brach, das Gesicht zur Erde, zusammen. Ein Murren ging durch die Reihen. Einen Tag noch? Gut. Sie hatten so viele.Tage gehun­gert und gedurstet, blau waren ihre Lippen, und ihr« Füße wund.-Einen Tag»och. Dann aber... Einen halben Tag noch", rief Tula.Dann sind wir am See."« Stille senkte sich über das Lager der Assassinen . Nur einer wachte, Zogu, der Grieche, den sie von einer Galeere befreit, um ihn nun in der brennenden Steppe verdursten zu lassen. Er hielt die Führer scharf im Auge. In seinem Ohr war nur das Murren der Männer. Als die Füh­rer sich gelegt, als das Murren verstummt war, erhob er sich ein wenig, yersüchte fortzuschleichen. Aber die Augen Amurs waren wachsam. Leise nahm er einen Pfeil aus dem Köcher, leise spannte er den Bogen. Kaum hatte Zogu ein paar Schritte gemacht, da zischte es durch die Luft, wie ein Tier sprang Zogu in einem großen Satz empor, dann wollte, er über den Sand lausen, ganz gleich, wohin, der Wind lag in seinem Rücken und trieb ihn wie ein Segel. Aber schneller als er waren Amurs Pfeile, einer traf Zogus Fuß, der Fuß wurde schwer, der Fuß ließ eine Spur von Blut im Sand, der Fuß trug ihn nicht mehr. Zogu sank hin, die Hand am Schwert. Amur und Omak waren hinter ihm her, kamen näher und näher, schon sah er ihre Schat­ten auf dem Boden, der Mond verriet ihn, der tückisch« Mond. AuS dem Dunkel leuchteten ihre bärtigen Gesichter. Er tvollte das Schtvert heben, tvollte sich wehren, da traf die Lanz« Amur » sei­nen rechten Arm, nagelte ihn an den flammenden Boden. Blut schoß au» der Hand, da» Schwert fiel frei auf di« Erd«. Sie fesselten Zogu , schleppten ihn zum Lager. In der Mitte des Lagers bauden sie ihn an drei in den Boden gerammte Lanzen fest. Sie sprachen kein Wort mit ihm. Als sie wieder beisammen saßen, die drei, Tula, Amur und Omak, schien e», däß sie berieten. Die Rächt aber trug kein Wort zu Zogu . E» war, al» säße er wieder auf der Galeere, die Riemen vor sich, das erbarmungs­lose Ruder: er wußte nicht, was sein Schick- I sal war« Am Morgen zogen sie weiter; der Gefesselte ging zwischen Omak und Amur , Tula führte das Heer. Di« Männer hatten kein Auge mehr für den Weg, für den Himmel. Sie suchten den Ho­rizont ab, ihre durstigen Augen spähten nach Wasser aus. Ein grauer Streifen lag vor ihnen, schmal und windbewegt. Da jubelten sie auf, da be­gannen sie zu laufen, da>var wieder Kraft in ihnen. Ein Wetttaus war eS,-zu Pferd und zu Fuß. Die Mäntel und Waffen flogen zu Boden, als sie das Ufer erreicht hatten Mann und Pferd stürzten sich kopfüber ins Wasser. In den Wunden brannte das Wasser, in den Augen brannte das Wasser. Salzig tvar es, wie das Meer. Aber es kühlte. Trinken tvollte» sie eS; da fuhr Tula sie an: ob sie den Tod trin­ken wollten? Am Ufer gruben sie Brunnen. Mit ihren Schwertern tvühlten sie die Erde auf. Einen Stab rammten sie in den Boden, Steine, legten sie in gleichen Abständen im Kreis um den Stab. Der Weg des Schatten» von einem Stein zum andern war das Maß der Zeit. Solange gruben zehn Mann. Dann sprangen sie ins Wasser, zehn an- d«re traten an ihre Stelle. Nach einem Tag aber standen sie alle um die Grube. Gab sie Wasser? Tiefer drangen die Schtverter, endlich stieß man auf Wasser. Schnell füllten sich die Beutel au» Ziegenfell, gierig tranken die Männer. - Schwer war in dieser Nacht ihr Schlaf, kei­ner sang, keiner träumte. Dann befahl Tula, Bäum« zu fällen und Flüße zu zimmern. Mit ihren Aexten, die Schädel gespalten hatten, leg­ten sie die schweigsamen Riesen des Waldes um. Ruder schnitzten sie mit ihren Dolchen.' Scharf waren di« Dolche, ein« Stadt sollten st« strafen. Die Flöße waren fertig, alle Beutel mit Wasser gefüllt. Ein Floß aber Ivurde gezimmert, das war nicht wie die andren: Hoch ragte«in Balken auf diesem Floß, und ein Strick aus festem Roß­haar hing nieder zum Spiegel des See». Bevor die Assassinen abfuhren, ließ Tula die Trommel schlagen. Zogu schleppte man her, gefesselt, schrei­end, blutend aus der Wunde am Fuß. Du hast den Schwur gebrochen, den du Ala Eddi» geschlvoren", sagte Tula.Zu kämpfen bis in den Tod, gehorsam zu sein bi» in den Tod. Feig wolltest du fliehen. Dich trifft als Strafe der Tod." Zu dem seltsamen Schiff schleppten sie Zogu. Ein schwimmender Galgen war«S, fest gezimniert mit festen Aexten. Zugu schrie und krümmte sich. Die Arme Amurs und OmakS aber waren wie Eisen, sie faß­ten den Gefesselten, mochte er mit den Beinen um sich schlagen und mit seinem Geschrei die Vögel deS Ufers ausscheuchen. Bald saßen die Geier auf seinem Floß, und die Fisch« schnappten an den Rändern der Balken. Hoch hing ZoguS Leib über dem See. Ala Eddins Hand erreicht jeden, der feinen Eid bricht", schrie Tula. In den See hinaus trieb da» Floß mit'dem Toten. Zeichen, und Warnung für die schweigen­den Männer, di« dem Floß nachblickten,-das lang­sam, langsam verschwand, Klein und dunkel stand «» noch gegen den.Himmel. Schwarze Vögel krei­sten um den schwingenden Leib. Di« Männer schwiegen. Zogu hatte immer Glück beim Würfeln gehabt, dachte der' eine. Er hat mir einmal ein Mädchen weggenommen, das ich wollt«, dachte der andre. Dann rollte die Trommel wieder, die Fanfare dröhnte. Die Flüße lösten sich vom Ufer, Vögel folgten ihnen, Fische schossen an» Licht, mit den Speeren konnte man sie spießen. Zwei Tage zogen die Flöße schweigend über den See. Dann landeten die Assassinen . In einem Tal, in dem viele Zelte standen, und tiefe Brun­nen gegraben waren.