14 JahrgangDienstag, 28. August 1S34Nr. 200ri-rnak'*’. al£ a<l«ail eTEHTRALORGANPER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEIIN PER TSCHECHOSIOWAKISCHEN REPUBLIKERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH.««»AKTION UND VHWAUUNG FM» XII.3OCHOVA>«a. WKM SW7. AMMNMUlinNIMDN 53076.HERAUSGEBER! SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR! WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEURi DR. EMIL STRAUSS, PRAG.Erpressungsversuchin GenfDu österreichischeGefängnisWien 2V. August. In den Heiden Landes-geeichten Wie« befinden sich derzeit noch insgesamt 56 Feber-Häftlinge unter diesen im Straf.LandeSgericht I aufirr den Schutzbündlern auch dieehemaligen Mitglieder deS sozialdemokratischenParteioorstandeS Krau Gabriela Prost, HellaPostranerky, General Körner, Dr.Danneberg und Helmer. Die beidenletztem waren vorübergehend in ärztlicher Behandlung und wurden nun wieder dem LandrS-gericht überstellt.Der ehemalige Bürgermeister von Wien,Seitz, der ebenfalls im Landesgericht I unter-gebracht war, wurde in das Sanatorium auf demSemmering überführt, Frau Anna S e v e r aufdie pftzchiätrifche Klinik. Das Schicksal dieser 56verhafteten wird sich in der nächsten Zeit ent.scheidensEugen Reichsverweserstatt Niklas?Das Haus Habsburg schmiedetkiftue PUineParis, 27. August. Dar„Exzelsior"bringt einen ausführlichen Bericht über den Familienrat der Habsburger in Mariazell, welcherin den letzten Tagen unter dem Vorsitze des ehemaligen Erzherzogs Eugen stattsand. Es wurdeüber verschiedene HeiratSpläne Ottos, vorzugsweise mit einer italienischen Prinzessin, beraten.Der in Ungarn wohnende Friedrich Habsburg soll darauf verwiesen haben, daß in derletzten Zeit eine Abkühlung unter sehr zahlreichen ungarischen' Monarchisten zu verzeichnenist, da Zita und Otto der Restaurierung der Habsburger. in Oesterreich den Vorzug vor jener inllngarn geben. Der Sohn Friedrichs, Albrecht,soll zwar freiwillig zugunsten Ottos zurückgetre-ten sein, doch sollen die Monarchisten in Ungarneinen anderen Thronkandidaten aufgestellt haben,und zwar den in Ungarn sehr beliebten Sohn desehemaligen Erzherzogs Joseph.Die österreichischen Monarchisten denke«' daran, daß nach dem Präsidenten Mitlas. Eugen von HabSburg dessen Nachfol ger mit dem Tttel eines ReichSverwe»’ fers«erden falle. Dieser würde Otto denWeg ebnen.Der Korrespondent deS„Exzelsior" machtfemer ans die Propaganda aufmerksam, welcheder ehemalige König von Spanien AlfonSXHI. in verschiedenen europäischen Länder«' zugunstm der Habsburger untemimmt.Ne Nazi-Protektorenmüssen gehenWien, 26. August. Die Firma Giemens-Echuckert hat ihren Wiener Generaldirektor GeorgReinhardt in die Zentrale nach Deutschland abberufen und wird ihn durch einenOesterreicher ersetzen. Am Mittwoch wird in einerSitzung der Alpine-Montangesellschaft, an derauch ein Bevollmächtigter des deutschen Stahl-konzernS teilnehmen wird, das Schicksal des Generaldirektors der Alpine, Apold, entschiedenwerden.'Gestern wurde eine Konferenz der StaatS-kommissärS für Privatunternehmungen in Kärnten mit den Vertretern der amerikanisch-österreichischen Magnesitwerke Radentheinabgehalten, die sich ebenfalls mit den vorzunehmenden Maßnahmen, die eine Säuberung desBetriebes von nationalsozialistisch belasteten Angestellten zum Zwecke haben, befaßte, und in dereine Einigung erzielt wurde, die in den nächstenTagen effektuiert werden wird.„.oder uhlen. Die Eintreibung deS Schadenersatzes fürdie durch den Juli-Putsch verursachten Schädenwurde nunmehr auch auf Kärnten ausgedehnt,wo der Sicherheitskommissär gestern den drei ehemaligen Führern der nationalsozialistischen Bewegung eine Geldentschädigung in der Gesamthöhevon 150,000 Schilling vorschrieb, und zwar50.000 Schilling dem Besitzer des Schlosses Hornstein, Freiherrn Sterneck, und 100.000 Schillingtzeg Brüder« Fimder. Lnwsjtrieöe m Mölblmg.Das Blatt Schuschniggs urglertEuropas„Dankbarkeit**Wien, 27. August. Finanzminister Dr.Bnresch und Präsident der Oestrrrrichischen Rationalbank Kienböck werden sich Ende derWoche nach Genf begeben, um an den Beratungen des FinanzkomiteeS deS BölkrrbnndeSteilzunehnien, dir am 2. September beginnen. Fürden 6. September ist die Sitzung des Kontroll»komitreS angefetzt worden.Bon der österreichischen Delegation wirdzunächst über die Entwicklung deS Budgets undüber die Finanzgebarnng Bericht erstattet, sowieschließlich über die Konversion derBölkerbnndanleihe verhandelt werden.DaS offiziöse„ReuigkeitSbla t t"deutet ganz offen an, daß die derzeitigen öfter,reichischrn Machthaber die Herbsttagung deS Völkerbundes zu einer kleinen finanziellen Erpressungbenutzen werde«. DaS Blatt schreibt nämlich:Ehrenbreitenstein bei Koblenz, 27. August.Gestern veranstaltete die„Deutsche Front" inEhrenbreitenstein eine Kundgebung für den Anschluß der Saar an Hitler-Deutschland, die vomReichspropagandaniinifterium in der großzügigsten Weise ohne Rücksicht auf die Kosten alsSchau- und Spektakelstück allerersten Rangesaufgezogen worden war. Nach Meldungen desDNB schätzte mmr die Zahl der Teilnehmer auf400.000, die zum großen Teil in Sonderzügenu m s o» st aus den anschließenden deutschenGebieten an den Ort der Kundgebung befördertworden waren.Hitler selbst war als Redner aufgeboten. Ersprach viel von dem Beispiel einer„unvergleichlichen Einigkeit", das das deutsche Volt gegeben habe, und skizzierte dann die Richtlinien despolitischen Programmes seiner Regierung.Außenpolitisch sei dies die Wahrung desFriedens(?), jedoch auch die Sicherung derGleichberechtigung Deutschlands und die Verteidigung der Freiheit und Ehre des deutschenVolkes. Jnnerpolitisch sei trotz allen Schwierigkeiten, auf die er stoße, der Erfolg seiner Politik unermeßlich(I). Wenn die Weltsie trotzdem«'greife, so seien das nur„böswillige Ehrabschneider".Sodann protestierte Hiller— angesichtsder 400.000 katholischen Saarwähler— gegendie dem Nationalsozialismus gemachten Borwürfedaß er die christliche Kirche in Deutschland verfolge. DaS Dritte Reich respektiere die Religionund habe keine Maßnahmen gegen die Kirchengetroffen. Deutschland» rief Hitler aus, erachtetdas Saargebiet als einen indirekten Bestandteilseines großen Vaterlandes. In dem Augenblick,l>is ihr in die große deutsche Familie zurückkehrt,werden wir in Euch keineParteiman-ner sehen, Ihr alle 800.000 werdet für unsebenso solche Deutsche sein» wie wir sind.MachtvolleGegenkundgebungDagegen hatten die Linksparteien unterFührung der Sozialdemokratie zu einer Ge-genk und g e b n n g nach Sakzöncheingeladen, an der stch nach Pariser Blättermeldungen 70.000 Personen beteiligten. Im Gegensatz zu den 130.000 Nationalsozialisten auSdem Reiche, die umsonst nach Ehrenbreitensteinbefördert wurden, mutzten die Teilnehmer derGrgenkundgebung für die Kosten der Fahrt natürlich selbst aufkommen. Rund 200.000 Saar-Oesterreich hat in einem Fahr mit Aufbietung aller seiner Kräfte auf seinem Gebiet zweimal den europäischen Frieden gerettet. ES wärenicht- mehr al- eine praktische Anerkennung dieses hervorragenden Eintreten-Oesterreichs für den europäischen Frieden, wen«die Mächte und Staaten Europas sich nicht immerunr ihre- Interesse-, sondern auch ihrer Verpflichtung entsännen. Ist di« Unabhängigkeit undFreiheit Oesterreichs den europäischen Staaten soviel wert, wie e- di« intemationale Oeffentlich-keit bst genug anerkannt hat, dann ist E u r o p azn praktischemD a n k verpflichtet,dann hat«S teilzunehmen an den Lasten, die inOesterreich zu jener Kriegsbereitschaft notwendigwaren, die den Frieden sichern mutzte.katholike«, die einen abwartenden Standpunkteinnehmen, sollen den Kundgebungen ferngebliebe« sein.Papen durch„Krankheit“entschuldigtDer außerordentliche Gesandte Deutschlandsin Oesterreich Vizekanzler a. D. von Papen,der sich zur Zeit auf seinem Gut Wallerfangenim Saargebiet aufhält und am Sonntag auf derSaarkundgebung auf dem Ehrenbreitstein ebenfalls das Wort nehmen sollte, ist an einem altenLeiden wiederum erkrankt und war deshalbam Sonntag am Erscheinen verhindert.Zu der Nachricht, Gesandter von Papen seikrankheitshalber verhindert gewesen, an der ge-strigen Manifestation bei Koblenz teilzunehmenund dort eine Rede zu halten, erklären nach einerHavaSmeldung Bewohner der Gemeinde Wallerfangen, wo Papen auf Urlaub weilt, daß sie denehemaligen Vizekanzler noch am Freitag abendspazieren gehen sahen und daß er einendurch au s g e s u n d on E i n d r u ck gemacht habe.Kühle Aufnahme In ParisPari-, 87. August. Die französische Press«betont in ihren Kommentaren zur gestrigen RedeHitlers in Ehrenbreitstein, haß der StandpunktFrankreichs gegenüber Deutschland weiterhin einabwartender bleibt. Der«Te m p s"sägt: die Rede Hitler- kann den StandpunktFrankreichs in der Angelegenheit des Saarple-| biszitS in k e i n e r Weise ändern. Dieser Standpunkt besteht einzig darin, daß die Wahlfreiheitgesichert werde und die Bestimmungen des Vertrages eingehalten werden. Frankreich bleibt sowohl vor dem Plebiszit als auch nach diesem bereit, alle Reden anzuhören, die zur Festigung desFriedens beitragen wollen. Es wird sie aber nurdann in Erwägung ziehen, tvenn den RodenTa t e n Nachfolgen werden, die sie bestättgen.Uebrigens, sagt der„Temps" zum Schluß, dientedie■ Manifestation von Sonntag nur dazu, umin der Rheinprovinz unter den Katholiken eineKampagne für Hitler zu entfachen, denn bei derVolksabstimmung vom 10. August hat es sich gezeigt, daß der Eifer des Rheinlandes für Hitlernachläßt.Einsiedelnnd OherleutensdorfNicht gegeneinander.sondern miteinander!Das nationale Zusammenleben der Völkerhat manche Aehnlichkeit mit dem Privatdaseinder Menschen. Umso glücklicher ist gewöhnlicheine Ehe, je weniger sie Gesprächsstoff liefert.Ein Ehekrach spricht sich bald in der Nachbarschaft herum. Wächst ein Eheskandal heraus,dann sind alle Einzelheiten der liebevollsten undweitesten Verbreitung sicher.Nun wäre es eine Uebertreibung, die Ehe,welche Tschechen und Deutsche in diesem Staatemiteinander führen, besonders glücklich zu nen-nen. Genau so übertrieben erscheint es jedoch,diese Ehe als hoffnungslos unglücklich zu be-zeichnen. Die nationale Zusammenarbeit leidetirgendwie an einem akustischen Mangel.-Eine seitJahrzehnten durch nationalistische Beeinflussungverkrüppelte öffentliche Meinung reagiert auf dieLebenSvorgänge dieses BölkerstaateS verschieden.Beispiele nationaler Verträglichkeit und Zusanr-menarbeit haben begründete Aussichten, von 90Prozent aller Zeitungen totgeschwiegen zu wer-den. Jeder lokale Zwischenfall von nationalpoli-tischer Färbung beschäftigt hier wochenlang dieBlätter und Blättchen.In Einsiedel haben an zwei Sonnta-gen Deutsche und Tschechen gegeneinander manifestiert.(Auch wenn den deutschen Veranstalternursprünglich jede agressive Absicht fern gelegensein mag, so ist jedenfalls nicht anzunehmen, daßgerade dieses Fest des Bundes der Deutschen inden Dienst der nationalen Versühnung gestelltwar.) Auf beiden Seiten möge» bei den Auszügen einige hundert Personen mitgetan haben.Durch den Zwischenfall mit der Staatsflaggewuchs hier ein Lokalereignis zu nahezu gesanit-staatlicher Bedeutung empor. Wir wollen die imAbflauen befindliche Diskussion über Einsiedelnicht wieder aufwärmen. Ein Vergleich mit einerviel erfreulicher verlaufenen politischen Manife-station sei aber gestattet.Sonntag fand inOberleutensdorfei» wahrhaft imposanter Kreistag der sozialisti.scheu Jugend für das Gebiet Teplitz-Saaz statt.Im Festzuge marschierten 2000 frische Burschenund Mädels, Turner und Turnerinnen, sowieeinige Hundertschaften unserer RepublikanischenArbeiterwehr. 5000 Menschen legten auf dergroßen Festkundgebnng ein Gelöbnis zu den gro-ßen Idealen des Sozialismus, zur demokratischenRepublik und zur freiheitlichen Zusammenarbeitihrer Völker ab. Deutsche und tschechische Jugend,redner ergriffen nebeneinander das Wort, verdolmetschen die gleich eJugendnot unddas gleiche Jugend wollen. Gemein-sam ist ja der tschechischen und deutschen Arbeiterjugend von heute das furchtbare Krisenerleb nis. Der mörderische Druck der Rationalisierung, die Schrecken der Arbeitslosigkeit, dieUnsicherheit des Morgen lasten auf den jungenGenerationen beider Völker. Zwischen der alte-ren Generation steht das Kriegserlebnis. Deutscheund Tschechen haben den Weltkrieg und seine unmittelbaren Ergebnisse von verschiedenen Stand-orten erlebt: die einen als Sieger, die anderenals Besiegte. DasKrisen erleb nisaberhatverbindende Kraft. Mögen dieHärtegrade der Krisenlvirknng auch national verschieden sein— wir haben den größeren Notstandder deutschen Randgebiete stets hervörgehoben—-so sind die arbeitenden Schichten auf deutscherwie auf tschechischer Seite durch den Lauf derKrise iin Wesen doch vor die gleichen Problemegestellt worden. ES gibt keine deutschnationaleKrisenlösung und keine tschechischnationale I ESkann nur soziale, planwirtschaftliche und,wenn die Krisenno: dauernd überwunden werdensoll, s o z i a I i st i s ch e K r i s e n m a ß na h-m c n geben. DaS gilt vor allem für jene Aktiv-Der Kämpf ern die SaarFriedensschalmeien Hitlers