9t. 208
DonnerStag, 30. August 1034
(Bette 5
Hutes Ergebnis in Reichenberg  Die Meffe war ein Erfolg Ueber das Ergebnis der diesjährigen Reichen« berger Meffe bringt dieGewerkschaftliche Rund­schau" in ihrer Nummer von 26. August, einen Be­richt, dem wir folgende Ausführungen entnehmen: In der Zeit der groben Konjunktur war ein Reffefieber auSgebrochen. Nicht nur versuchte jedes Land, mit großen Kosten verbundene Messen und iluistellungen zu veranstalten, jeder gröbere Jndu« striebezirk begab sich auf diesen Weg. Die vernich­tende Krise hat hier ernüchternd gewirkt. So war eS sicher ein Wagnis, die Reichenberger Messe auch Heuer im alten Umfange durchzuführen. Erfreulicher­weise waren die Messehallen in Reichenberg   der be­deutungsvollen Jndustriemetropole NordböhmenS, bereit- nach kurzer Zeit der Ausschreibung bis- auf den letzten Platz ausverkauft. Hier zeigt sich ein energischer Wille zur Selbstbehauptung. Darin zeigt sich vor allem eine starke Eigeninitiative unserer hei­mischen Industrie, die wir an dieser Stelle gern an­erkennen wollen. ES kommt hinzu, daß die Reichen­berger Messe sich selbst helfen muß, also auf keine geldliche Unterstützung seitens des Staates oder der -Stadt rechnen kann. Das Wagnis kann als gelun­gen gelten, allgemein wird über den BestevungSein- gang günstig berichtet, die Fabriken können ihre La­ger verringern und neue Ordereingänge in gröberer Zahl in Arbeit nehmen. Die Arbeitslosigkeit kann durch solche gelungene Veranstaltungen wirksam be­kämpft werden. Nach anerkennenden Worten Über die Leistun­gen der heimischen Industrie und ihrer Arbeiter­schaft fährt der Bericht fort: Wer die Messen in Rei­ chenberg   seit 16 Jahren besucht, der hat einen le­bendigen Anschauungsunterricht genossen, wie sich trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Zahl der Firmen, die ausstellen, auf ansehnlicher Höhe hält, Zahl und Art der ausgestellten Erzeugnisse immer reichhaltiger werden und die Güte der Waren immer besser und besser wird. Man hat hier eine Entwick­lung vor sich, die uns die Ueberzeugung vermittelt, das; die Industrie unserer Heimat nicht untergehen wird, sondern in immer neueren Formen den Willen kund gibt, sich zu behaupten, und ihren Platz im Räderwerk der Industrie unserer Lande- und schließ­lich im Rahmen der großen Weltwirtschaft zu be­haupten. DaS schreiben wir mit einer gewissen Ge­nugtuung nieder. Nach einem längeren Ueberblick über Art, Men­ge und Qualität der in Reichenberg   ausgestellt ge­wesenen Erzeugnisse schließt dieGewerkschaftliche Rundschau" ihren Bericht mit folgender Betrachtung: Es war eine reichhaltige Schau Lester Qualitäts­arbeit, die sich in Reichenberg   den in- und auslän­dischen Besuchern präsentierte. Alle werden sie im Gedächtnis behalten. Doch nicht auf die Ströme der Sehleute" kommt«s, an, sondern auf die Einkäu­fer, die schließlich hier, konzentriert.Gelegenheit er­halten sollten, die Waren zu sehen und ihre.Bestel­lungen aufzugeben-. Und wir glauben, daß die Rei­chenberger Messe in dieser Beziehung ein Erfolg war und manchen braven Arbeiter seinen Arbeitsplatz er­hält und neuen Arbeitskräften Raum schafft. Nur ein bitterer Tropfen fiel dem aufmerksamen Be­schauer in den Freudenbecher: Warum hat nicht je­der Bedürftige der breiten Masse das Geld, um all diese schönen Sachen zu erwerben, die hier in so vorzüglicher Ausstattung und so reichlicher Fülle dar­geboten wurden? Dieses Problem zu lösen ist daS große Werk der allernächsten Zukunft, und wir hof­fen, daß die Gewerkschaften hier di« nötige Hilfe erhalten.
Der Brand von Lampana Buenos Aires. Der durch die Explosion zweier Petroleümbehälter hervorgerufene Brand der Stadt Campana hat sich weiterau»- gedehnt. Infolge einer Winddrehung sprang das Feuer auf weitere Oelbehälter Mer. Unter ungeheuerem Getöse flogen 14 OeltankS
Bom Taler zum Dollar Die Art auS Tirol der Name tut* Böhmen  . Bekanntlich hat der Taler seinen Na­men nach der alten Silbermünzstätte in JoachimSthal   im böhmischen Erzge­ birge   erhalten. Zuerst geprägt worden aber sind SilLermünzen dieser Art in Tirol. Wer hätte das noch vor ein paar Jahren dem braven Dollar angesehen, daß er, bisher Sinnbild der Beständigkeit» auf die schiefe Bahn der Wert­verminderung käme und seinen Besitzern Sorge zu bereiten verMnde? Ein beträchtliches Stück ist, wie man weiß, der Dollar-schon hinabgerutscht, und in den letzten Tagen wird von einer neuerlichen Dollarentwertung gesprochen: Dollar Tiroler Erftdung? Wissen Sie Mrigens, daß der Dollar sozusa­gen als eine Tiroler Erfindung gewertet werden könnte? Bor allem müssen Sie wissen, daß der Bor­läufer des Dollars, der wie schon die Aehnlich- ieit der Namen aufweist der Taler ist. Und daß die ersten Taler eben in Tirol geprägt worden sink Allerdings hörten die ersten Tiroler Taler noch nicht auf den schönen Namen Taler, sondern nannten sich bescheidenGuldengroschen" oder -großer Pfennig"., Herzogliche Geldschwulitäten und was daraus ent. entstand. In der zweiten Hälfte de» fünfzehnten Jahr­hunderts regierte in Tirol der Herzog Sigmund don Oesterreich, ein Herr, der sich andauernd in
in die Luft. Da» Feuer hat einen Teil der Stadt vollkommen zerstört.' Die Stadt Eampana zählt 16.000 Einwoh­ner. Der Großteil von ihnen ist Lei der ersten Ex« plosion in Panischem Schrecken aus der Stadt ge­flohen. Außer drei Todesopfern werden bereits jetzt etwa 60 Schwerverletzte gezählt.
Stalin   will die Türkei   besuchen. Eine Pri- vatagentur meldet au» Jnstanbul, daß, Stalin  Ende September der Türkei   einen. Besuch abstat­ten wird, um an den Feiern des zehnjährigen De- I standes der türkischen   Republik   teilzunehmen. ES l wird dies die erste Auslandsreise Stalin  » sein.
Rapides Ginko« des Bierkonsums Abnahme gegenüber 1929: mehr als ein Drittel Vernichteter Bierexport
Die Wirtschaftskrise erweist sich, wie au» denMitteilungen b/d Etat. Staatsamtes" her­vorgeht, al» Schrittmacher der Alkoholbekämpfung wenigstens auf dem Gebiet des B i e r k o n« sums. Gegenüber dem Jahre 1020 wurde im Borjahr in den inländischen Brauereien insge­samt um 3,660.163 Hektoliter Bier weniger au-gestoßen ein sehr beträchtliche» Quantum, wenn man in Betracht zieht, daß der GesamtauSswß im Jähre 1033 an a ch t Mil­li o n e n beträgt(genau: 7,061.614 Hekto­liter). Gegenüber dem Jahre 1020 sank 1030 der Bierausstoß um 1.7 Prozent; im Jahre 1031 um 10.6 Prozent; im Jahre 1032 um 17.7 Prozent und 1033«Hlich um volle 31.6 Prozent. Im vergangenen Jahr ist die Bierproduk- tion also gegenüber 1020 um fast em Drittel zurückgegangen, wie der Begleittext ausdrücklich bemerkt, äl»Folge der sinkenden Kaufkraft der Bevölkerung." Wie betechtigt diese Schlußfolgerung ist, er­gibt sich bei Prüfung der Kolonne, die über die tatsächlich konsumiert-e Menge der einzelnen Biersorten Auskunft gibt. Der Konsum der teuerenSpezialbiere" ist im letzten Jahrzehnt(seit 1024) auf ei» Böertel zurückge gange», (von 103.418 Hekwliter auf 61.107). Der Konsum de»2 a g e r b i e r e S" erleidet seit 1020 eine Einbuße von mehr al» einem Drittel(von 2,810.186 auf 1,701.022 Hek­toliter). Da»-S ch a n k b i e r", die billigste Biersorte, weist gegenüber 1020 einen Minder- konsum von mehr al» einem vier­
tel auf(6,124.401 Hektoliter gegenüber 8,370.665). Die Zahl der Brauhäuser im Staatsgebiet ist seit 1024 um 160 gesunken, teils infolge Zu­sammenlegung, teils infolge Auflassung unren­tabler Kleinbetriebe. Gegewärtig existieren 421 Brauereien, von denen der Großteil auf Böh­ men   entfällt(886). In Mähren  -Schl e- s i e n sind 60 Betriebe, in der S l o w a k e i 16, in Karpathorußland eineinziger. Da» größte BräuhauS der Republik   ist die S m i- chower Aktienbrauerei mit einem Ausstoß von 620.884 Hektoliter im Jahre 1088. Weitere neun Bräuhäuser stoßen mehr als 100.000 Hektoliter im Jahre aus. Das Hauptkontingent stellen mittlereBetriebe, die k l e i n st e Brauerei weist einen AuSswß von nur 40 Hektolitern für 1088 au». DeS weiteren ist seit 1020 ein katastrophaler Rückgang des Exportgeschäfte» festzustellen, der gleichfalls vom Anbruch der Weltkrise an datiert. Gegenüber dem Jahre 1020 vollzieht sich dieser Rückgang in stet» gesteigertem Fortschreiten. Bereit» im Jahre 1030 betrug der Ausfall des Exportquantums 13.3 Prozent ge- genMer 1020; im Jahre 1031 bereits 44.7 Pro­zent; im Jahre 1032 nicht weniger al» 62.5 Prozent und für 1033 schließlich 72.5 Prozent. Man kann also nahezu von einer Vernichtung unseres Bierexporte» sprechen, deren, Ursachen nach den Worten de» Begleittexte» vor allem in den Autärkiebestrebungen der Ausfuhrländer zu suchen sind. ES zeigt sich u. a. auch, daß die Aufhebung der amerika­ nischen   Prohibition, die verschiedentlich al» bedeu­tungsvoller Faktor derAnkurbelung" un­sere» Braugewerbe» hingestellt wurde, völlig un­wirksam geblieben ist.
111 Pflaumenknödel et» Hungertod Wir genießen in unserem demokratischen Staat« in vollen Zügen die Pressefreiheit. Bunt und vielfäl­tig, mit allen Licht- und Schattenseiten, mit allem Für und Wider spiegelt sich da» öffentliche Leben in den Spalten der vielen und verschiedensten Zeitungen unsererRepublik, soweit sie es mit ihrer journalistischen Pflicht ernst nehmen. Welche Vorzüge wir damit er­fahren. daS demonstrieren uns täglich die Zeitungs­berichte über die Verfälschungen, die Tatsachen und Ereignisse au» der ganzen Welt in der aleichgeschalte» ten Maulkorbpreffe unseres großen Nachbarlandes er­fahren. Während der deutsche ZeitungSlcser heut« selbst bei der größten Uebung, zwischen den Zeilen di« Wahrheit zu finden, nur ein sehr mangelhaftes West­bild erhält, gelingt uns bei gutem Studium der ver­schiedensten Tatsachenmeldungen und unserer Arbei­terpresse eine umfassende Information auf allen Ge­bieten gesellschaftlichen Lebens. Wir dürfen nicht nur unseren Wissensdurst befriedigen, unseren Gesichts­kreis erweitern, unsere Bildung vertiefen, sondern wir haben auch die Möglichkeit, mit Hilfe unserer täg­lich neu erworbenen KennMisse neue Waffen zu schmieden zur Verteidigung dieser Demokratie, zur Verbesserung der sozialen Lage unserer Klasse, zur Vorbereitung einer besseren Zukunft. Dieses Bewußtsein unseres Vorzugs soll un» nicht nur leichter atmen, ruhiger schlafen, fröhlicher arbeiten lassen, als cS unseren Brüdern und Schwe­stern in den Diktaturen vergönnt ist. es soll un» auch doppelt und dreifach verpflichten. Verpflichten zu stündlichem, täglichem Kampf für einen anderen wirt­schaftlichen Unterbau dieses unseres Staates. Wie sehr notwendig eine Vervielfachung unserer Anstrengung für eine soziale Demokratie sind, beweisen uns die Schlußfolgerungen, die un» die Pressefreiheit ziehen läßt. Auf einer einzigen Nachrichtenscite einer Tageszeitung boten sich dem Leser dieser Tage unge­fähr folgende zwei Meldungen: In Neubidschow   beginnen Studenten ihr all« jährliche» Fest mit einem Pflaumenknödel- Wettessen. Für 80 Teilnehmer wurden 8000 Knödel zubereitet. Die meisten brachten e» aber nur auf die Hälfte ihre» Anteil», auf 50 Stück. Der S i e g e r. ein Abiturient, verschlang 111 Stück Er wurde zum König der Pflaumenknödclcsser ge­krönt. In einer Scheune in der Nähe von Mährisch Schönberg   fand man den 24jährigen Ar­beitslosen K. R. bewußtlos auf. Im Krankenhaus wurde festgestellt, daßR. durch Hun­ger ganz entkräftet war. SeinBefindenift hoffnungslos. R. konnte in letzter Zeit keineArbeit finden: seine Versuche, bei Land­wirten ein Stück Brot zu erbetteln, scheiterten meist. Er hat drei Kinder.
... rr:»n> c i-»-£ wtrru'X gehüllt vor. Gs^hätte mit Zündhölzern gespielt
N Monnte M- eine LMNerllM X: M Lerechter MisMch, Prag  , 20. August. Da» Leben eiirer Laädarbci'-
terin, die ihre Arbeitskraft bald hier, bald dort zu Markte tragen muß. bald' zur Getreideernte auf einem mittelböhmischen Grundstück arbeitet, bald zum Drusch in Mähren  , dann wieder zur Rüben­ernte in eine andere Gegend verschlagen wird usw., ist an sich schwer genug. Doppelt schwer, wenn eine solche Arbeiterin ein Kind hat, da» Pflege und Wartung braucht. Vor zwei Jahren, im Jahre 1982, diente die 82jährig« Marie H a v l i i e k auf einem Einöd­hof bei Rieder-Sandau im Egerland  . Die tschechische Landarbeiterin hatte ihr fünfjähriges Töchterchen Libuscha bei sich. Da»Kind er­krankte an einem schweren Katarrh und konnte nun von der Muster nicht mehr mitgenommen werden^ wenn diese zur Arbeit ging. Die Kleine mußte in der Kammer zurückbleiben, wenn die Mutter frühmorgens ihr schwere» Tagewerk begann. Eines Morgen» hatte die Havliiek zeitig ihre Stube ver­lassen und da» kranke Kind blieb ohne Aussicht zu­rück. Um acht Uhr früh wurde da» Gehöft durch umrkerschütternde» Schreien au» der Dienstboten­kammer alarmiert. Man sprengte die verschlossene Tür auf und fand da» Kind in Flammen
und seine Kleider hatten Feuer gefangen. Auf dem Wege in» Spital erlag da» arme kleine Mädel seinen schweren Brandwunden. Gegen die Mutter wurde die Anklage wegen fahrlässigerTötung durchVernachlässi­gung der pflichtgemäßen Obsorge" erhoben. Zur Verhandlung kam e» freilich nicht sobald. Denn die' angeklagte Mütter muß ihren Lebensunterhalt verdienen bald hier, bald dort, je nach der Sai­son. Erst vor kurzem hat sie eine längerdauernde Beschäfttgung auf einem Gut unweit'Prags   gefun­den.-Und da man ihr doch nicht zumuten wollte, sich wegen dieser Verhandlung zum zuständigen Kreis­gericht in Eger   zu begeben(der Fahrpreis fiir Hin- und Rückfahrt bedeutet für sie einen Monats- verdienstl), ordnete da» Obergericht in Würdi­gung ihrer Notlage die Delegierung des Prager   Kreisgerichtes an. Heute stand Marie Havliiek sie ist übrigens Analpha­betin vor dem Strafsenat M a r e i e k. Der Gerichtshof prüfte den Sachverhalt, er­wog die Lage der angeklagten Mutter und fällte einenFretspruch. rb.
Wa» sollen diese Kinder einst von einer Ge­sellschaftsordnung halten, die ihnen den Vater so früh raubte? Wie werden seine vielen tausend ArbeitSbrü- der Mer solche Zustände empfinden, die einem ähnlichen Schicksal stündlich in die Augen schauen? Die« und rekordsüchtigen Studenten müsse» nicht unbedingt alle Söhne der besitzenden Klasse sein. Junge-Menschen essen gern viel, und ihre älteren Vor­bilder und die kapitalistischeKultur" haben sie für den Rekordfimmel empfänglich gemacht. Interesse für unsinnige Wettkämpfe aller Art lenkt ab vom Studium der sozialen Verhältnisse, vom Mitgefiihl für die Not­leidenden und Unterdrückten, vom vernunftgemäßen Erfassen der Wirklichkeit. Alle unsere Kinder gehen an dieser Gefahr öffentlicher Verdummungseinrichtungen vorüber. Auch der arbeitslose Vater war noch sehr jung. Die Jugend des Arbeiters ist heute grau und freu- delos. Aber in der Demokratie, die uns die politische Freiheit gibt, sind wir alle einzeln verantwortlich für' den Widersinn dieser Gesellschaftsordnung. Dies« Verantwortung heißt uns arbeiten an ihrer Beseiti­gung. Daß eS in Zukunft an der Wachsamkeit aller Streiter für politische und soziale Demokratte schei­tere, daß hier junge Menschen sinnlos viele Knödel in ihren Magen zwingen, um einen Pflaumenkönig zu krönen, während d o r t der junge Arbeitslose nicht drei Knödel zur Verfügung hat. um den Verfall sei­ner Kräfte aufzuhalten, daß aus dem Hunger nicht der Hungertod werde dies sei für uns erneuertes Gelübde im Angesicht solcher Zeitungsmeldungen. A. W.
Geldkalamitäten befand und dem eine spätere Ge­schichtsschreibung Ironie der Geschichte! den Münzreichen benamste. Sigmund lernte e» Zeit seine» Leben» nicht, sparsam zu sein und haushäl­terisch mit dem Gelde, da» er au» den Tirolern herauSzog, umzugehen. Seine Hofhaltung und seine noblen Passionen, vor allem die Lust an Prachtbauten, verschlangen ungeheure Summen, und trotz der großen Einnahmen(die Tiroler wa­ren in jener»guten, alten Zeit" schwer mit Steuern und Abgaben belastet) waren in der Re­gel die Staatskassen und wa» damals da» gleiche bedeutete, die herzoglichen Kaffen, leer. Da verfiel nun der Herzog, um au» der Schlamastih herau»- zukommen, auf den Gedanken, S i l b e r g e l d zu prägen, an Stelle der damals Mlichen Goldmün­zen, die al» Goldgulden, Dukaten oder güldener Pfennig in Umlauf waren. Die Goldwährung wurde damals abgelöst durch die Silberivährung, al» im Jahre 1484, also vor genau 450.Jahren, von Tirol au» die ersten großen Silberstücke in die Welt gingen, die dem Wert der bisherigen Gold­gulden gleichkamen. I» Schwa» gefördert, in Hall geprägt. In den großen Silbergruben bei Schwaz  wurde da» Metall gefördert, da» dann in der Münze in Hall, An deren Tätigkeit noch heute der Haller Münzturm erinnert, zu Silbergulden ge­schlagen oder geprägt wurde. Der Taler hatte da­mit von Tirol au» seinen SiegeSzug in die Welt getan, Urahne einer langen MUnzenreihe, an de­ren Ende eben der Dollar steht. Zum Taler wurden die neuen Silberstücke aber erst etwa ein Vierteljahrhundert später, al» d i e b ö h m i s ch e n Grafen Schlick dem Beispiel de» Tiroler
Herzogs folgten und ebenfalls aus ihren Silber­gruben in Westböhmen Silber in Massen fördern ließen, um Silbermünzen auf den Geldmarkt zu werfen. Die Silbergulden der Schlick befanden sich, wie die Münzwerkstätten auch, in JoachimS- t a l. Wundern Sie sich, daß man die neuen Mün­zen die I o a ch i m s t a l e r nannte, den Namen bald ablürzte, da»Joachims" wegließ und sich damit begnügte, mit«T a l e r n" in den Taschen zu-klimpern?...- Ueber Schwaz«nb Joachim»tal in die ganz« Welt! Da» Silbergeld erfreute sich bald einer zu­nehmenden Beliebtheit, die Taler wurden fast Mer- all nachgemacht. In S p a n i e n begann man bald Silbermünzen zu schlagen, die den Silberwert des Täler» hatten, den P e s o. In gewaltigen Maffen kam die neue spanische Silbermünze in die über­seeischen Besitzungen der Spanier, nach Ame- r i k a, wo der spanische Taler bald zur allgemein gangbaren größeren Münze Ivurde. In Frank­ reich   prägte man lange Zeit den Frankentaler, der als Fünffrankenstück, in der Schweiz   als Fünfliber, bis in die allerjüngste Vergangenheit hinein Geltung hatte. Italien   kannte den Tal» lero al» Vorläufer de» Fünflirestückes, und in Deutschland   war seit Jahrhunderten der Ta­ler zweifelsohne die volkstümlichste Münze, ver­ewigt ist- Sprichwörtern und im Volkslied. Offiziell ist auch in Deutschland   der Taler schon lange ver­schwunden. Im Bolksmunde aber lebt er als Be­zeichnung für das Dreimarkstück, das jetzt auch eingezogen wird, immer noch iveiter. In Oesterreich   werden heute noch Taler geprägt. In der Hauptmi'mzanstalt in Wien   werden heute noch, wie. erstmals im Jahre 1735, Taler
geprägt. Allerdings nicht Silber-, sondern Gold­taler: Maria-Thercsien-Taler, die heute noch, zwar nicht in Oesterreich  , wohl aber in Arabien  , Abessinien und in anderen Teilen Afrikas   als all­gemein gebräuchliche Handelsmünze im Verkehr stehen. Heute bat der österreichische Taler in diesen Ländern allerdinas, angesichts der italienischen Währungökonkurren», nicht mehr ganz die Bedeu­tung wie noch vor wenigen Jahren, wo Jahr um Jahr in der Wiener   Münze Millionen Stück Dka- ria-Theresien-Taler geprägt worden waren. So prägte man in Wien   im Jahre 1925 noch 15 Mil­lionen solcher Taler Bom Taler»um Dollar. Eine grandiose Wiedergeburt erlebte der Ta­ler aber, als im Jahre 1785 die Vereiniaten Staa­ten von Amerika   den bisher spanischen Taler oder Daler, wie er richtig hieß, zum Dollar umtauf­ten und ihn für das ganze Gebiet der Bereiniqten Staaten zur allein gültigen Währung erhoben. Die Dollarwährung wurde, besonder» nach vem Weltkrieg, zur uneinnehmbar und unbesiegoar scheinenden Währungsfestung, inmitten der zu­sammenbrechenden Währungen anderer Länder, und eS gab in Europa   viele, die mit ihren Motte­ten in den Dollar flüchteten, in der Meinung, nu» könne ihnen und ihrem Mammon nichts mehr Pa,- fieren. Diese Hoffnung hat sich als Trugschluß er­wiesen. Auch der Dollar ist bereits schon gerutscht, und wenn sich die Meldungen aus London   untz Neu-Dork betvahrheiten, steht noch eine weitere Senkung des Dollars bevor, des letzten Gliedes i» der Ahnenreihe der Taler, die im Haller Münz­turm zuerst das Licht der Welt erblickten.kg