Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSŁOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUM. REDAKTION UND VERWALTUNG PRING XII, SOCHOMA. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSWER. VERANTWA

14. Jahrgang

Beneš Litwinow

Zusammenkunft in Marienbad  

Montag, den 3. September trafen, wie amt­lich gemeldet wird, in Marienbad   der rus­fifche Volkskommiffär für auswärtige Angelegen­heiten Magim Litwinow und Außenminister Dr. Edvard Beneš   zusammen.

Zwed der Zusammenkunft war der Aus­tausch der Ansichten über die allgemeine politische Situation im Zusammenhang mit dem Dit patt und den bevorstehenden Debatten in Genf  .

Minister Dr. Beneš ist Montag nachmittag nach Prag   zurückgekehrt.

Dr. Beneš nach Genf   abgereist

Am Mittwoch reiste Dr. Beneš in Begleitung des Legationsrates Dr. Vladimir Kučerna zur Session des Völkerbundes nach Genf  .

Frankreichs  Saarforderungen

Barzahlung von 2 Milliarden Francs

N- 53077. ADMINISTRATION- TERFOR 53676 REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

Donnerstag, 6. September 1934

Der große Streik in USA  

Wird Roosevelt  

Ausbreitung der Streikbewegung Selbsthilfe gegen Streikbrecher

vermitteln?

Der große Streik der Textilarbeiter hat anscheinend nicht sogleich mit voller Wucht ein­gefekt. Zwar scheint es dort, wo die Parole aufgenommen wurde, wenig Streikbrecher zu geben, dagegen hat der Streik bei weitem nicht alle Staaten der Federation erfaßt. Nach Ha­vas- Meldungen find insgesamt 200.000 Arbeiter in 15 Staaten( also in ungefähr einem Fünftel der ganzen Union  ) in den ersten beiden Streiktagen in den Ausstand getreten, doch soll die Zahl der Streikenden dauernd wachsen. So ist für morgen der Streikbeginn in der Seidenspinnerei Peterson im Staate New Jersch angekündigt, der weitere 20.000 Arbei­ter in den Kampf führen würde.

Gegen die vorgekommenen Fälle von Streifbruch haben sich die Arbeiter insbesondere in den Südstaaten durch Selbsthilfe gewehrt, wobei allerdings an einzelnen Stellen die Poli­zei mit Waffengewalt gegen die Streifenden vorging. In Nord Carolina   haben die Arbeiter in 100 Fabriken den Streik erzwungen. In Fallriver fand eine regelrechte Belagerung von 300 Streifbrechern durch 10.000 Streifende statt. In Kings Mountain sollen die Streifen­den in drei Baumwollspinnereien eingedrungen sein und 900 Streikbrecher verjagt haben. Einer Rentermeldung zufolge wird Präsident Roosevelt   über Ersuchen des natio­nalen Arbeitsausschusses eine dreigliedrige Kommission einsehen, die cinen Vermittlungsvorschlag ansarbeiten und vorher die Ursachen des Streifs untersuchen soll. Unterdessen will Roosevelt   nichts unternehmen. Es scheint nach wie vor, daß Roosevelt   und die NRA   unter dem Drnd der Unternehmer stehen, die man für die kom­mende Wahlkampagne nicht reizen will.

Paris  , 5. September. Gestern abends wurde das Memorandum veröffentlicht, das die franzöfifche Regierung bezüglich des Saargebietes am 31. August an den Völkerbund gerichtet hat. Frankreich   ersucht darin, schon jetzt den genauen Zustand festzustellen, der entweder durch den An­fchluß des Saargebietes an Deutschland  , bezw. Frankreich   oder durch Aufrechterhaltung des Sta­tus quo entstehen wird. Für den Fall, daß die Abstimmung für Deutschland   ausfällt, verlangt Frankreich   Bräzisierung der Bedingungen über den Rückkauf der Saargruben durch Deutschland  und Bar bezahlung des zwei iPapierenes Recht gegen Menschenrecht Mit liarden Francsbetragenden Geld= umlaufes sowie die Sicherung der Rechte und des Eigentums der franzöfifchen Staatsangehöri­gen. Sollte der Status quo aufrecht erhalten blei­ben, so verlangt Frankreich  , daß im Saargebiet bas demokratische und das Berfassungsregime nen geregelt werde.

Und die wahren Putschisten sind immer noch frei!

Oesterreichische Justiz

Die Militärgerichte in Steiermark   und Kärnten   haben Mittwoch in fünf Fällen Kerter­Strafen von insgesamt 27 Jahren zehn Monaten verhängt. Unter den Verurteilten befindet sich eine Hebamme aus Stainz  , die zwei Jahre er­hielt, weil sie die SA.- Leute zur Ermordung gefangener Geifeln aufgefordert haben foll.

In Salzburg   fällte zum erstenmal ein Schwurgericht ein Todesurteil wegen Be­fites von Sprengstoffen. Ein gewiffer Harlander wurde zum Tode, fein Mitangeklagter zu zehn Jahren schweren Kerkers verurteilt, beide legten Berufung ein.

Die Bürokratie im Kampf gegen die Arbeitslosen

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Elmstpreis 78 Hefter

( einschließlich 5 Hetter Pertol

Nr. 208

Klarheit tut not!

11. Minderheitspolitik

und Totalitätsanspruch

Das Wesen der Demokratic ist Zusammens arbeit. Das Wesen des Fascismus ist das P a r teimonopol, die rücksichtslose Ausrottung jeder politischen Konkurrenz. Die Alleinherrschaft einer Partei ist nur aufzurichten mit Gewalt, sezt einen Zustand der Rechtlosigkeit vors aus. Damit schon ist Klargestellt, daß das Prins zip der Ausschließlichkeit, wie es der Hitlerismus über Deutschland   aufgerichtet hat, von den deut­ schen   Minderheiten nur kopiert werden kann um den Preis ihrer politischen und wirtschaftlichen Vernichtung. Eine selbständige Politit nationaler Minderheiten ist überhaupt nur in einem de mos tratischen Staatswesen denkbar, denn im totalen Staat gibt es weder einen Einfluß, noch einen Schuß der Minderheiten. Neben einer andersnationalen Staatsgewalt läßt sich kein Parteimonopol aufrichten. Wer in die Politik einer Minderheit seinen Totalitätsanspruch hineinträgt, muß an einem gewissen Punkt in Konflikt mit der Staatsgewalt kommen. Die Deutschen   in I n= garu, Jugoslawien  , Rumänien  , im Memelland   haben schon die Zeche des natio nalsozialistischen Wahnwißes bezahlt. Ihre Orga nisationen verboten, ihre Positionen vernichtet oder schwerstens bedroht, die irregeführten Men schen in den Gefängnissen, das ist die Bilanz.

Für die Sudetendeutschen war das Ueber­greifen des Hitlerismus über die Grenzen eine Existenzbedrohung schlechthin. Hätte sich der braune Ungeist der Führung der sudetendeutschen   Politik bemächtigt das ganze Volf wäre in Konflikt mit der Staatsgewalt ver fallen, von dieser Staatsgewalt zermalmt wor den, ohne daß die neudeutschen Rundfunkschwäber zu seiner Hilfe einen Finger gerührt hätten. Ges wiß, wir Sozialdemokraten haben den Kampf gegen den Nationalsozialismus aus politischer ieberzeugung leidenschaftlich geführt, als sittliche Abwehr gegen die braune Barbarei. Dieser Kampf war aber zugleich ein Ringen um die politisch­nationale Eristenz des Sudetendeutschtums. Unser Verdienst ist es in erster Linie, daß der Gegenhieb der Staatsgewalt nicht die ganze deutsche   Minder=

Enteignung der Aermsten heit getroffen hat, sondern zwei Parteien, die mit

Feldzug gegen die wilden Schächte Lösung der sozialen Frage durch Gendarmerie? Wenn die Menschheit in den Greuet des Krieges und der Nachkriegszeit nicht so phantasies los geworden wäre, dann müßte jedem, der noch satt zu essen hat, täglich und stündlich die Frage

quälen:

Wovon leben die Arbeitslosen?

ihrer Eristenz Hasard gespielt hatten. Ohne die­sen grundsätzlichen Widerstand wäre das mühsam aufgebaute Vertrauen zwischen Deutschen   und Tschechen   völlig zerstört und dem tschechischen Fascismus eine große Chance geboten worden. Dieser Kampf hat das Volksschicksal der Sudeten deutschen   von der Katastrophenpolitik des Hitleris­

der Arbeitslosen beobachten. Er hat in jeder Landschaft seine besonderen Formen angenommen. Im Waldland werden Holz und Pilze oder Bee­ren gesammelt, hier im Kohlenrevier sammeln die Arbeitslosen eben Kohlen. Zunächst haben sie die Halden, die Verladerampen, wo sie zugänglich mus gelöst. waren, die Bahnstrecken abgesucht und ein paar Dann kam die Heimatfront. Angeblich Pfund, wenn es hochging einen kleinen Sad wurde sie zu dem Zwecke geschaffen, den obdach­Sohlen gesammelt. Aber dieses Sammeln der Ab- losen Anhängern der aufgelöſten Parteien cin fälle verlohnt die Arbeit nicht und noch weniger neues Asyl zu bieten. Gegen die Schaffung einer die Zeit. Es wird wenig Kohle gefördert, wenig Kohlenzüge rollen über die Bahnstrecken, daher ist auch der Abfall spärlich.

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Wovon leben die Hunderttausende, die aus gesteuert und auf die Lebensmittelfarte angewie­sen sind? Da und dort gibt es eine Gemeinde, die noch die Mittel hat, auszuhelfen, dann und wann neuen demokratischen deutschen   Partei fönnte ein fann in schlimmsten Fällen eine soziale Hilfs­demokratisches Regime nichts einwenden. Die organisation einspringen. Aber es bleiben in jedem deutschen   Regierungsparteien müßten sich in offe Bezirk Tausende Menschen übrig, die nichts haben Ein paar mutige Burschen fingen an, es nem Wettbewerb mit ihr auseinandersetzen, wie als die Lebensmittelfarte, um die sie noch dazu anders zu betreiben. In einem verlassenen Tag- ctiva mit den deutschen   Christlichsozialen und den immer von neuem kämpfen, um deren Verlust sie bau legten sie verschüttete Strecken bloß, gruben sonstigen fleineren Gruppen. Unser Verhältnis ständig bangen müssen, da eine einsichtslose und sie kleine Schächte, holten Kohle dort, wo der Ka- zur Heimatfront wird nicht durch Konkurrenzneid Bemerkenswert ist der echt österreichische Zu- hartherzige Bürokratie ihre Zeit und das Geld pitalismus sie übrig gelassen, weil die geringe Er- bestimmt. Wir bekämpfen sie schonungslos, weil stand, daß es in einem Land von wenig mehr als des Staates damit vergeudet, immer neue Schi giebigkeit oder die mindere Qualität nicht genug fie den politischen Totalitätsanspruch des bankrot­fechs Millionen Einwohnern mun dreierlei fanen auszusinnen und mit der Berufung auf Profit sicherten. Bald fanden die Pioniere Nachten Nationalsozialismus in anderer vorsichti Strafgerichte für Staats- und schwere einen toten Paragraphen hungernden Menschen ahmer. Immer fühner wurden die wilden Berg- gerer Form weiter vertritt. Verbrechen gibt. Es urteilen Standgerichte, Mi- das Lekte zu nehmen, das sie vor dem Untergang leute. Sie täuften allerorten zivischen Komotau   Es ist die alte fascistische Mes litärgerichte und in den Ländern, wo kein Aus- bewahrt. Aber von der Lebensmittelfarte fann zur und Karbiß ihre kleinen Schächte. Sie begannen thode, welche da in die Politit eines Minders nahmezustand herrscht, ordentliche Schwurgerichte. Not für einen sehr fleinen Haushalt das drin- regelrecht zu fördern, mit Krampen und Schau- heitsvolles hineingetragen wird, wenn ein Flug­Die Strafausmaße werden zwar nach den glei- gendste angetauft werden: Kartoffeln, Brot, feln rangen sie der Erde ab, was sie ungern gibt. blatt der Heimatfront sagt: chen Gefehen, aber unter ganz verschiedenen Vor- Malztaffee, Fett oder Margarine für die Erd- Sie fordert ihre Opfer. aussetzungen bemeffen, vor allem aber find die äpfel, 3uder in den Kornfaffee herauszuschlagen, Rechtsmittel der Angeklagten gegen die Urteile das ist schon ein Rechenexempel, das kaum eine ganz verschiedene. Gegen Schwurgerichtsurteile Frau lösen kann. Nun gibt es aber selbst im lann berufen werden, bei den anderen Urteilen Hauswesen eines Bettlers gewisse unumgängliche gibt es nur die Möglichkeit der Begnadigung. Ausgaben, die bestritten werden müssen. Wovon Aber Desterreich ist eben ein Rechtsstaat... bedt der Arbeitslose sie?

Privatvermögen konfiszlert

Die wilden Bergleute haben nicht das Meß­gerät, nicht die technischen Kenntnisse, um mit kunstvollen Berechnungen ihr Werk planvoll an­aulegen. Sie haben keine Hilfsmittel, sich gegen Einsturz ihrer Stollen und Schächte, gegen den talten Dunst und andere gefährliche Grubengase zu sichern.

Er versucht es in der verschiedensten Weise. Persönliche Energie, Gewandtheit, Erfahrung Zahlreiche Todesopfer spielen dabei eine große Rolle. Aber es muß einer

Die Wiener   Polizei nahm am Dienstag die schon an Körper und Willen recht zäh und stahl- hat der wilde Bergbau im Braunkohlenrebier Konfistation des gesamten Vermögens dreier hart sein, wenn er jahrelang durchhalten will. schon zu beklagen. Aber der unger ist Wiener   Geschäftsleute vor, die in Hunderte, im Laufe der Krisenjahre schon Tau- starter als alle Bedenken, stärker als die Angst der nationalsozialistisch en Be- sende, gehen vor die Hunde. wegung tätig waren und die weegen Mitschuld am Hochberrat gerichtlich verfolgt werden. Es

Der wilde Bergbau

ist dies die er st e Konfistation des Wer durch das nordwestböhmische Kohlen Gesamtvermögens von Personen in Oesterreich.   revier reist, fann unschwer diesen Existenztamps

um das Leben. Wenn heute zwei verschüttet wur­den, morgen einer erstickte, fo gingen die anderen doch wieder zur Grube. Ihre Kinder wollen Brot, sie selbst wollen nicht betteln und stehlen. ( Fortschung auf Seite 2.),

Wer hetzt Klasse gegen Klasse? Wer hezt Stand gegen Stand? Die Parteibonzen!

Wer bereichert sich auf Kosten des Bolles? Wer führt ein Lugusleben auf Kosten oes Volles? Die Parteibongen!

Wer stellt Parteiintereffen vor die bes Voltes?

Wer hat den Nußen aus diesem Bruderkampf? Die Parteibongen!

er betämpft fic?

Konrad Henlein  !'

Es ist echt nationalsozialistische Verleums dung, die sich auch gegen die deutsche Agrars partei richtet, wenn die letzte Rundschau schreibt:

Die politische Aktion derer, die im Atti­vismus nur ein Profitgeschäft für

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