Nr. 215 Stcitagr 14, September 1934- Seit« 5 Das Rätsel der^Morro Castle" Kapitän eines Hllfsschiffes schwer belastet Funker in Hast genommen Ole Jubiläumsfeiern des ATUS A Im September lind auch Feiern der Partei, der freien Gewerkschaften MB und aller proletarischen Kulturorganisationen. Traget all« das s£ Festabxolchon des ATUS I Erziehungsheime(der Deutschen LandeS- kominission für Kinderschuh und Jugendfürsorge in Böhmen ) für Knaben in Hohenelbe, Ossek (Be­zirk T»x), Schönlindc(Bezirk Rumburg), Spie- gclsberg(Bezirk Aussig ) und Warnsdorf sowie dar Mädchenhcim in Liboch '.Bezirk Wegstädtk) stehe» für alle schulpflichtigen Kinder offen. Ver- Ivaistc, verlassene, vernachlässigte, schwächliche, unselbständige, charakterschwache Kinder, die in ihrer Umgebung nicht gut Fortkommen, werden durch Eingliederung in die Gemeinschaft und liebevolle, fachgemäße, dem einzelnen Kinde an- gepatzte pädagogische und pflegerische Beeinflus­sung auf das gewisienhafteste betreut. Anfragen an die Deutsche LandeSkommission für Kinder­schuh und Jugendfürsorge in Böhmen , Reichen­ berg , Waldgeile 14. Weltrekord in Schlangenbissen. Da Ame­ rika nun einmal dabei ist, auf allen LebenSgebie- tcn sämtliche Bestleistungen der Welt für seine Einwohner zu buchen, wurde dort jetzt auch der Mann entdeckt, der denWeltrekord in Schlan­genbissen" für sich in Anspruch nehmen kann. Es ist dies ein Schlangenforscher namens Douglas March. Er wurde bisher nicht weniger als elf Mal von giftigen Schlangen gebissen. Nach sei­nen Erfahrungen ist der Schlangenbiß um so ge­fährlicher, je näher die Schlange den tropischen Gebieten haust. Douglas March schwebte sechs­mal nach Schlangenbissen in höchster Lebensgefahr; manchmal war er wochenlang ans Krankenlager gefesselt. Einmal biß ihn eine Schlange in den Finger und obwohl March sofort die Wunde auS- sog, brach er nach einigen Sekunden bewußtlos zusammen. Er lag dann siebzehn Stunden hin­durch halbtot mif seinem Bett, bis der Arzt mit seinem Heilserum erschien. Aber auch dann sik- leite durch die Poren seiner Haut noch tagelang Blut durch. Die Wirkung des Schlangengiftes ist verschieden. Bei einzelnen Arten greift das Gift das Nervensystem an. Es gibt ein Schlangengift, das nervöses Zittern der Glieder hcrvorruft und ein anderes, das zu sofortiger Erblindung führt. Tie bitteren^Erfahrungen haben aber Douglas March nicht abzuschreckgn- vermocht und er seht seine Forschungen mit unvermindertem Eifer fort. Eine PetroleumbasiS in der Arktis . Der russi­sche DampferRusanow" sandte nach Moskau eine Radiodepesche, in der er meldet, daß er seine Fahrt in die entlegenen Polargebiete beendet habe. Er Me die Personen mit zurückbringen, die dort über« Sintert hatten, und eine PetroleumbasiS für die arktischen Gebiete in der Nordwick-Bucht anlegen. Ungeachtet ungeheuerer Schwierigkeiten bahnte der Dampfer seinen Weg durch EiS und Nebel und langte in Nordwick ein, wo er die erforderliche La­dung und da- Menschenmaterial auslud, das den Dienst in dieser ersten PetroleumbasiS in den arkti­schen Gebieten versehen wird. Falsche Weichenstrllung. Die StaatSbahndirek- tian in Prag gibt bekannt: Am 13. September 1084 um 4 Uhr 60 Mi», entgleisten beim Verschie­ben in der'Station Vysoöany an der Weiche Är. 7 zwei Waggons und blockierten das Geleise des BLetater und das rechte Geleise im L'kaer Stations­kopf. Der Vöetater Stationskopf wurde für den Verkehr um 6 Uhr 60 Mi», freigelegt. Auf der Strecke Hornk Poöernice Vysoöany wurde der eingleisige Betrieb bis 0 Uhr 60 Min. aufrechterhal­ten. Beim Zuge Nr. 801 wurde umgestiegen. Durch den Unfall wurden die Personen« und Schnellzüge um 30 bis 70 Minuten verspätet. Ursache der Ent­gleisung war die falsche Weichenstellung zwischen den verschiebenden Waggons. Ein ganzes Steueramt strafweise versetzt. Das rumänische Finanzministerium hat strafweise das gesamte Personal der Finanzverwaltung der Hauptstadt der Bukowina Czernowitz trans­feriert. Durch eine spontane Kontrolle wurde» nämlich im Finanzamt von Czernowitz große Malversationen festgestellt. Die Haupt­schuldigen wurden der Staatsanwaltschaft über» geben. Massenvergifinngen in einer japanischen Fa­brik. Nach einer Meldung aus Tokio brachen dort in einer Textilfabrik. Massenvergiftungen unter der Arbeiterschaft aus. Die ganze Belegschaft von 660 Mann ist erkrankt. 360 Mann mußten sofort inS Krankenhaus eingeliefert werden. Ob ein Sabotageakt oder nur ein Zufall vorliegt, wird zur Zeit von der japanischen Polizeibehörde ge­prüft. Hopsenabkommen mit Deutschland verlängert. Am 29. August 1934 kam eS in Berkin zwischen der tschechoslowakischen Gesandtschaft und dem deutschen Außenamt zu einem Notenaustausch, durch welchen das die Gültigkeit der Bestimmun­gen des Artikels 1 und 4 des Zusatzabkommens mit Deutschland vöm 6. Oktober 1932 um ein weiteres Jahr, d. i. bis 31. August 1986, verlän­gert wird. Damit ist für den tschechoslowaksschen Hopfen in Deutschland auch weiterhin der Zollsatz von 70 Mark pro 100 Kilogramm gesichert. Elf Neger ertrunken. Eine Fährbarke, auf der pch 10 Neger befanden, ist in Texarkana(Arkansas ) gekentert. Elf Personen ertranken. (New Aork.) Die Vernehmungen über die Ursachen der Katastrophe auf derMorro Castle" fördern neue verblüffende Tatsachen anS Licht. Im gestrigen Verhör erregte eS Sensation, daß der SchnelldampferPresident Cleve- l a n d", der zu Hilfe geeilt war, von 6 Uhr 20 bis 7 Uhr 08 in der Nähe der brennendenMorro Castle" liegen konnte, ohne auch nur ein einziges Rettungsboot zu Was­ser zu lassen. So wenigstens berichtete der erste Offizier desPresident Clevcland" Hender­son. Er knüpfte daran schwere Anklagen gegen den Kapitän C a r a y, der sich über die Situation nicht zureichend klar gewesen sei. Besondere Bedeutung kommt der Feststellung des Leiters des Funkbetriebes Rogers zu, daß an Bord des Schiffes vor einiger Zeit ein StreikderFunkerinS Werk gesetzt werden sollte. Ein Telegraphist namens Alagna und ein Kollege hätten den Versuch gemacht, Be« sahungSmitglieder zur Unterzeichnung einer Be« schwerdeschrist über das schlechte Essen zu gewin­nen. Nach Aussage Rogers hat Kapitän Will« mot sich etwa acht Tage vor dem Brande über Alagna geäußert, er sei ein Unruhestifter und Agitator und habe den Gehorsam verweigert. Er werde nach der Ankunft in New Aork versuchen, ihn los zu werden. Alagna wurde gerettet und befindet sich derzeit in Haft. Ueber die Zahl der Toten und Verwundeten sind wieder neue Angaben veröffentlicht worden. Danach sind 136 Personen tot, bzw. vermißt. Bon diesen 136 sind 93 Passagiere und 42 Mitglieder der Besahung. Das Wrack derMorro Castle" war am Mittwoch soweit ausgebrannt und abgektthlt, daß In diesem Jahre feiert das Kloster E i n- fiedeln in der Schweiz sein tausendjähri­ges Bestehen, ein Jubiläum, das von der katho­ lischen Kirche mit großem Pomp begangen wird. Daß daS Kloster obendrein ein interessantes Kapitel Schweizer . Geschichte verkörpert, zeigt der nachstehende Artikel, den wir unserm Schweizer Bruderblatt, dem Züricher Volks­recht" entnehmen. Bor tausend Jahren, als der gewesene Straß- imrger Domprobst Eberhard mit sein« fftipcn Klauöiierge'iuetnde die BenebiktintkregevÄtmahM 1 und die neue Stiftung in der Folge vorr Kaiser Otto bestätigt wurde, war das Verhältnis zwischen Kloster und den Leuten in Schwyz weniger herzlich. ES war die Zest, wo die Kirche den Grundstock legte zu dem ungeheuren Grundbesitz, der sie im Mittelalter zur größten Feudalherrin der damaligen Welt werden ließ. Kaiser und Fürsten verschenkten freigebig große Gebiete an die neugeschaffenen Klöster, verfügten bedenken­los über den Boden der alten Markgenossenschaf­ten, die allerdings in den meisten Gauen sich in voller Zersetzung befanden. Au» den fteien Bauern wurden zinspflichtige Klosterleute, über­all dort, wo die Kirche eS verstand, durch Schen­kungen und Privilegien sich die Schirmherrschaft, das Bogtrecht und den Blutbann änzueignen. Auf ähnliche Art versuchten auch die Aebie des Klosters Einsiedeln ihren Macht­kreis zu erweitern. Es waren meistens hochfah­rende und herrschlustige Herren, denn das Kloster nahm fast ausschließlich Mitglieder des Hochadels auf, stolze Ritter, die mit Verachtung auf die ein-1 mit den Bergungsarbesten und der Suche nach Todesopfern begonnen werden konnte. Bon den am Vorabend des Unglückes verstorbenen Kapitän, der in Gala-Uniform auf dem Bett der Kapi- tänskajüte aufgebahrt war, waren nur noch einige verkohlte Knochen und die goldenen Knöpfe der Uniform Übrig. Hatz zum Schiffbau«eh»? Nach New Korker Blättermeldungen hat Präsident Roosevelt den Wunsch ausgesprochen, daß vom Kongreß ein Gesetz geschaffen wird, da» die Verwendung von Holz zum Bau von P ass agierschiffen völ­liguntersagt. Es soll den Reedern auferlegt werden, für einen unverbrennbaren Schiffskörper zu sorgen. Wie die Blätter ferner berichten, wird der Präsident das Justizdeparte- ment beauftragen, zu untersuchen, ob kommu­nistische Kreise in New Aork oder Havanna bei dem Brand derMorro Castle" die Hand im Spiel gehabt haben könnten. Wettere SOS-Rufe (Solina Cruz, Mexiko .) Der amerikanische FrachtdampferHawakian", der mit 42 Mann Besatzung nach Los Angeles unierivegS ist, funkt SOS-Rufe. Das Schiff befindet sich etwa 40 Seemeilen von Salina Cruz cnffernt in sin­kendem Zustande. Die Ursache der Havarie ist noch unbekannt. (LoS Angele-.) Der nach Hongkong fah­rende japanische DampferTansau Maru" hat SOS-Rufe gefunkt. Die Gründe dafür sind noch unbekannt. fachen Bauern herabsahen. Aber der AuSdeh- nungSdrang und Besihwille des Klosters stieß hier in diesen Bergen auf den Lebens« und Ausdeh­nungswillen der bäuerlichen Markge- nofsenschaftvonSchwyz. Diese Bauern erkannten die kaiserlichen und päpstlichen Briefe nicht an, in denen dem Kloster Land geschenkt wurde, das sie als ihr Eigentum betrachteten und urbar gemacht hatten. War eS doch nicht weniger als ein Drittel der Marktgenossenschaft, das vom Mostes älMTigäiikümlbiänsprucht würde"und'nm daseinKampf geführt wurde, der insgesamt etwa 260 Jahre dauerte und durch die bewaffnete Auseinandersetzung schließlich seine Entscheidung zugunsten der Schwyzer fand. Im Verlaufe dieses Kampfes stürmten und brandschatzten die wackeren Schwyzer wiederholt das Kloster, trieben Vieh weg und soffen die Klo­sterweine und wurden für diese Greuel in Reichs­acht und Kirchenbann getan. Aber das kümmerte die freien Bauern, die so gut dreinschlagen konn­ten, herzlich wenig. Ihre Lebensinteressen stan­den ihnen höher als das Herrenkloster und deren adelige Schirmherren, die sie nie fürchteten. Wenn sie sich nach dem siegreichen Abschluß des Kamp­fes, der schließlich zur entscheidendenAuSeinander- sehung mit den mächtigsten Schirmherren von Ein­ siedeln , den H a b s b u r g e r n, geführt hatte, und der die Freiheit der Waldstätte begründet«, wenn sie sich da mit der Kirche versöhnten und in Zukunft ihre treuesten Diener wurden, so nux_des- halb, weil ihre materiellen Interessen dadurch besser gewahrt bleiben. Der AuSgang des MarchenstreiteS zugunsten der Schwyzer schwächte die Machst und Bedeutung des Klosters Einsiedeln erheblich. Wie gesagt, tzn Verlause der Kämpfe wurde es von den kriegeri­schen Hundertschaften der Bauern wiederholt Über­fällen, geplündert, die hohen geistlichen Herren wurden in die Gefangenschaft weggeführt. Im Jahre 1424 wurden dann die Schwyzer selbst Vögte des Gotteshauses. Von jetzt an hatten sie das größte Interesse daran, das Kloster, dessen Expansionswillen sie gebrochen hatten, als fleißige Milchkuh auszunutzen. Die Wallfahrten nach Einsie« d e l n erreichten im 16. Jahrhundert ihren Höhe­punkt und brachten Geld ins Land, das die Schwyzer damals sehr gut gebrauchen konn­ten, wo ihre gesamte Wirtschaft größtenteils noch in der Naturalwirtschaft steckte. Sie waren auch später immer dabei,. wenn es galt, Schätze zu sammeln auf Erden. Die Reformation brachte eine empfindliche Einbutze des florierende» Ge­schäfts. Die Pilgerzügc blieben fort, d'ie Predig« ten Zwinglis, der sich scharf gegen das schwung­haft betriebene Söldner« und Pensionenwesen rich­tete, klangen den Schwyzern über in die Ohren; die Schweizergarde beim Papst war in Gefahr: auch hier Ware» die ökonomischen Interessen ent­scheidend dafür, daß sich die Schwyzer zusammen mit den andern Urkantonen so fanatisch für die Erhaltung des alten katholischen Glaubens ein« setzten. Sie hatten ihre wirtschaftlichen und poli­tischen Differenzen mit den Mächten des Katholi­zismus schon vor der Reformation bereinigt und jeder Acnderung in Glaubensfragen stand daher der konservative und autoritätsglänbige Charak­ter der Beivohner entgegen. Im Kappeler Krieg erschlugen sie dann den Zürcher Leutpriester, der ihnen so Schaden antat. Die Kirche hat eiserne Zähne. Wie ein Kampfumdie Freiheit in neue Knechtschaft umschlagen kann, dafür bietet gerade das Verhältnis von Schwyz zu Einsiedeln ein interessantes Beispiel. Denn die Schwyzer haben nach Erlangung der Herr­schaft die Bewohner des Dorfes und der Um­gebung von Einsiedeln nicht etwa als gleichberech­tigte Bürger in ihren Staatsverband ausgenom­men, sondern sie alsUntertanen" betrachtet und behandelt. Und es sind erst hundert Jahre her, daß in Einsiedeln die erste außer schwyzerische LandSgemcinde zusammentrat, auf der sich die March, Einsiedeln und Pfäffikon von Schwyz , das ihnen das Bürgerrecht ver­weigerte, lostrennten und eine eigene Ver­fassung schufen. Die Antwort war die Grün, düng des SarnerbundeS, der erst nach einer militärischen Intervention der andern Kan­tone aufgelöst wurde. Es sind also erst Hunden Jahre, daß die Bewohner EinsiedelnS sich als gleichberechtigte Bürger von S ch w y.z betrach! en können und sie' haben dies dem Eingreifen der andern Kantone zu verdanken. Bon all diesen und vielen andern Etappe? und Episoden der Geschichte wird man bei den pompösen Feierlichkeiten des Klosters Einsicdeln nichts vernehmen. Die Regierung von Schwyz hat»eben ihren religiösen Bedürfnissen auch sehr konkrete materielle Gründe zu der Wall­fahrt nach Einsiedeln . Nach außen hervortretcn werden allerdings nur die religiösen Gründe; der Katholizismus hat cs noch immer verstanden, die geschäftliche Seite der Dinge mit dem Weihrauch­nebel der Zeremonien zu verhüllen. Dafür iss auch die Jahrtausendfeier in Einsiedeln ein neuer Beweis, die wieder mächtige Pilgerzüge ins Land der altfchwyzerifchen Markgenossenschaften brin­gen, zu Nutz und Frommen der Hotellerie, der Kirchenkramläden und des Klosters selbst, das, wie man sich flüstert, mit seinen Geldanla­gen in Zürich und andern großen Zentren des internationalen Kapitals zu den erstran­gigen Kapitalisten gehören soll. . Streikender aus USA Dar Bild link» zeigt eine« hon National gardi st en bewachten Fabrikeingang in Seneka (Süd-Carolina ), vor dem die Arbeitswilligen auf Waffen untersucht werden. Rechts sicht man eine, St r e i k v e r s a m m l u n g in der Stadt Charlott(Nord-Carolina)i in der ein Agitationsredner der Arbeitermaffen zu Protestkundgebungen anfeuert. Wallfahrt«ad Weltgeschichte Ci« Jahrtausend Kloster Einsiedel «