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Donnerstag, 20. Septemlier 1034
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Juli stark gesunken sind. Sie kennen die wirklichen AbstimmungSergebyisse vom 19. August in den Wahlbezirken an der Saargrenze, in denen selbst die amtlichen Veröffentlichungen 40 bis 50 Prozent Nein-Stimmen zugeben mußten. Ein Sieg der Statuö-quo-Anhänger oder auch nur die Erringung einer großen Minderheit für den status guo würde die schwer st eaußen- politische Niederlage Hitlers bedeuten und sie würde vor allem in Deutschland selbst dem Glauben an die Unbesiegbarkeit Hitlers einen entscheidenden Stoß versetzen. Es wird ihnen daher in den nächsten Monaten keine Summe zu hoch und kein Mittel zu schlecht sein, um die Entscheidung in ihren, Sinne zu be- einflussen. Auf der anderen Seite befindet sich die Frciheitsfront feit Wochen in der O f f e n s i v e. Sie entfaltet nicht nur eine starke werbende Kraft in den Kreisen der sozialdemokratischen Anhänger. sondern ihre Parole gewinnt auch an Werbe- kraft in der katholischen Bevölkerung des SaargcbietS. Die Katholiken bilden im Saarge- biet mit 72 Prozent der Bevölkerung den ent- scheidenden politischen Faktor, und für sie stand noch lange nach dem 30. Jänner 1933 die Ab- stimmung für Deutschland außer Frage. Jetzt aber, nach den, 30. Juni, nach der Ermordung führender katholischer Persönlichkeiten, nach der Unterdrückung der katholischen Jugendorganisa- tionen und unter dem Eindruck der ständigen Bedrohung der katholischen Glaubens- und Lehrfreiheit wächst die Zahl derer von Tag zu Tag, die vor einem„Ja" für Hitlerdeutschland zu, rückschrecken und die die weitere Entwicklung des Dritten Reiches nach dem 13. Jänner 1935 doch lieber unter dem wirksamen Schutz des Völker- bundes abwarten möchten. Wahrend dieser Stimmungsumschwung in der katholischen Bevölkerung auch bürgerliche Schichten erfaßt, hat die Front der Anhänger des status guo im Lager der Arbeiterschaft eine be- deutsame Verstärkung durch die Herstellung einer Einheitsfront zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten erfahren. Die Kommunisten im Saargebiet haben bei den letzten Wahlen zum Landesrat eine wesentlich höhere Stimmenzahl erzielt als die Sozialdemokraten. Ihre Haltung im Abstimmungskampf ist deshalb von erheb- licher Bedeutung. Bis zum Abschluß des Ein- heitsfrontabkonnncns haben sie die völlig unsinnige Parole eines selbständigen Räte-Saar- st a a t e S vertreten und lehnten die„separa- tistische" Parole der Freiheitsfront schroff ab.' Als jedoch der Abstimmungskampf intensiver wurde und als die Gefahr näher rückte, daß die Aufrechterhaltung einer selbständigen, aber aussichtslosen kommunistischen Parole zu einem siche- ren Sieg der Deutschen Front, zu einer Aus- lieferung des SaargcbietS an die Hitlerdiktatur führen könnte, schloffen sich die Kommunisten dem Standpunkt der Freiheits- f r o n t an und entschieden sich für den statuS guo. Erst nach diesem Kurswechsel, erst nach der Anerkennung deS sozialdemokratischen Standpunktes in der entscheidenden politischen Frage, kam
kin Tatsacken-Xvman Polna— HilSner— um die Jahrhundertwende waren diese Namen jedem europäischen ZcitungSlesec geläufig. Das kleine böhmische Städtchen an der südwestlichen Grenze Mährens war durch einen Mädchenmord, der von dem jüdischen Gelegenheitsarbeiter HilSner verübt worden sein sollte, plötzlich berühmt geworden. Eine böse Berühmtheit! O. die meisten der Polnaer Bürger waren damals fast stolz auf diese Art von Berühmtheit! Nicht ettva, weil sie das Verbrechen mehr liebten als die Menschen anderswo oder weil sie besondere, überdurchschnittliche Freude an gruseligen Geschichten hatten, oder weil eS ihrer Eitelkeit schmeichelte, den Namen des sonst so wenig beachtete» Städtchens plötzlich in allen Zeitungen gedruckt zu sehen. Tag für Tag. Nein, das alles, mochte es mit eine Rolle spielen, war doch nicht entscheidend. Das aber: die Polnaer Bürger waren stolz geworden, weil in ihre Stadt, um das grausige Geschehnis bei ihrer Stadt ein die menschliche Gesellschaft in zwei Lager spaltender Kampf entbrannt war, weil der Name Polna zu einem Symbol geworden war und sie davon überzeugt waren, im richtigen Lager zu stehen, im Lager der Wahrheitverkünder— im Lager der Ritualmordgläubigen I DaS ermordete Mädchen war Christin, der des Mordes Verdächtige— bloß Verdächtige, zunächst nicht einmal ernstlich Verdächtige— war Jude. Was Wunder, daß rasch Ritualmord« gerüchte aufflackerten. Sie wurden künstlich genährt. In Wien von den damals noch sehr mächtigen christlichsozialen Führern Vergant. Ernst Schneider, Bielohlawek , in Prag von tschechischen Chauvinisten. Die Judenhetze führte deutsche und tschechische Nationalisten in eine Front. Deutsche und tschechische antisemitische Zeitungen hetzten unermüdlich gegen die Juden. Die liberalen Blätter waren, was ja seit jeher das besondere Kennzeichen der österreichischen Spielart des Liberalismus war, feige, zu feige jedenfalls, um wirklich entschlossen Front, gegen die Ritualmordhetze zu ' machen. Die k. k. Regierung duldete wohlwollend
eS zu der Vereinbarung zwischen Sozialdemo, kraten und Kommunisten, den Saarkampf in gemeinsamer Front für die sozialdemokratische Parole zu führen. ES handelt sich hier also um eine AktionSgemeinschast, die sich nicht allein stützt auf die Uebereinssimmung der beiden Partner im Negativen, nämlich in der Ablehnung der Hitlerdiktatur, sondern vor allem im Post t i v e n, in der Erhaltung des gegenwärtigen staatsrechtlichen Zustandes. Wenn daher in den Diskussionen über die Saarfrage auch das bedeutungsvolle Ereignis eines Zusammengehen» zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten eine Rolle spielt, so darf nie außer acht gelassen werden» daß im Saarge- biet diese Zusammenarbeit zustandcgekommen ist auf der Grundlage der Anerkennung deS sozialdemokratischen Standpunktes durch die Kommu
nisten. Leider sind die Fälle sehr selten, in denen die Kommunisten dadurch eine ernsthafte Diskussion über ein gemeinsames Zusammengehen der Arbeiterschaft ermöglichen, daß sie sich in den entscheidenden Fragen der praktischen Po- litik der Arbeiterschaft dem Standpunkt der So- zialdemokratie anschließen. Für das Saargebiet bedeutet die Einheits- front zwischen Kommunisten und Sozialdemokra- ten zweifellos eine erhebliche Stärkung der Er- folgsaussichten des Freiheitskampfes. Die Mög- lichkeit ist gegeben, daß das Saargebiet am 13. Jänner der Welt ein Beispiel gibt, daß der Faseisinus, in welcher Färbung er sich auch repräsentiert, geschlagen wird, wenn die Massen der Arbeiterschaft und darüber hinaus alle freiheitliebenden Kräfte sich zusammenfin- den im Kampf für Rechte und Menschenwürde, für Freiheit und Frieden.
Bürgerliche Einheitsfront in Böhm.*Leipa Henlein an der Spitze be» antimarxistischen Block» In Böhm.-Leipa werden— möglicherweise am 14. Oktober— Gemeindewahlen stattfinden, die deswegen fällig sind, weil der Ortsteil Alt- leipa, der bisher zur politischen Gemeinde Böhm.- Leipa gehört hat, nunmehr selbständige Gemeinde geworden ist. Unter den bürgerlichen Parteien sind nun allerhand Konzentrationsbestrebungen im Gange, um der Sozialdemokratie möglichst einheitlich entgegenzutreten. Zunächst ist— bezeichnenderweise von der Partei des Herrn Spina, der bekanntlich noch immer Minister der Tschechoflo- wakrschen Republik ist— ein Wahlbündnis zwischen dem Bund der Landwirte, der Gewerbepartei und der Heimatfront, also eine Einheitsliste Spina—Stenzl—Henlein vorgeschlagen worden Dagegen gab die Arbeit»« und Wirtschaftsgemeinschaft und gaben auch die Christlichsozialen(dies alle» meldet die„Bohemia") die Anregung, Verhandlungen mit allen deutschen Parteien, auch der deutschen Sozialdemokratie, einzuleiten, um eine gemeinsame deutsche Liste aufzustellen. Nun macht aber die Presiestelle der Sudetendeutschen Heimatfront der„Bohemia" die„erfreuliche" Mitteilung, daß die Heimatfront den Gegenvorschlag einer Einheitsliste aller deutschen nichtmarxistischen Parteien machen tverde. Bezeichnend ist zunächst, daß dieser Vorschlag der Heimatfront von der„Bbhemia" als erfreulich bezeichnet wird. Die Leipaer Deutschdemokraten schlagen eine deutsche Einheitsliste vor, in die auch die Sozialdemokraten einbezogen werden sollen, das Hauptorgan derselben Partei, die„Bohemia", aber findet die einheitliche antimarxistische Liste„erfreulich", woraus hervorgeht, daß das Hauptorgan der demokratischen Partei stolz darauf ist, reaktionärer zu sein al» die Leipaer Demokraten , was diese sicherlich nicht unbeachtet lasten werden. Aber das ist nicht die Hauptsache bei der ganzen Geschichte. Interessanter ist, daß Herr Henlein den gesamten bürgerlichen Heerbann um sich sammeln und als bürgerlich-kapitalistischer St. Georg den Drachen
Proletariat erlegen will. Da gibt sich der Herr Sandner so viel Mühe, auch Arbeiter für die Heimatfront zu gewinnen, aber die Kameradschafts- bündler, die in der Hauptleitung der Heimatfront sitzen und als Akademiker auf den Emporkömmling Sandner geringschätzig herabblicken, sehen ihre Politik der bürgerlichen Sammlung gegen die Sozialdemokratie durch. Die Bekämpfung der Sozialdemokraten ist die erste der ungetarnten Aufgaben des Henlein und seines Klüngels— fc lange er mit den anderen großen Aufgaben der Gleichschaltung des Sudetendeutschtums nicht herausrücken kann. Man kann nur begierig sein, ob der Plan Henlein bei den Wahlen in Leipa die bürgerlichen Parteien unter seiner Führung zu gemeinsamem Vorgehen zu bringen, gelingen wird. Daß die Landbündler und die Demokraten, vielleicht auch die Gewcrbeparteiler mit fliegenden Fahnen zu Henleins Heerbann übergehen werden, ist sehr leicht möglich. Ob aber auch die Christlichsozialen, die in ihrem Hauptorgan der Heimatfront einige Gefechte geliefert haben, mit Henlein gemeinsame Sache machen werden, bleibt abzuwarten. In den Herzen der Christlichsozialen streitet der bürger- lich-antisozialistische Sinn mit dem Parteiinter» esse, da» ihnen gebietet, einen wenn auch vielleicht kleineren Teil der obdachlos gewordenen bisherigen Wähler der deutschnationalen und nationalsozialistischen Partei zu gewinnen. Gehen sie auf Henleins Angebot ein, dann wird für jeden denkenden Mensckicn klar sein, daß die Polemiken der„Dentschen Preste" Scheingefechte waren und daß die christlichsoziale Partei ihren Daseinszweck in der Bekämpfung der Sozialdemokratie sieht. Für die Arbeiterschaft und für jeden wahrhaften Demokraten wäre die bürgerliche Einheitsfront in Leipa, wenn sie zustandekommt, ein außerordentlich werwoller Anschauungsunterricht. Sie würde das Bestehen einer antidemokratischen Koalition im Sudetendeutschtum unter Führung Henleins anzeigen. Jene Demokraten, die heute noch im Lager der bürgerlichen Parteien stehen, wurden dann erkenne», daß es nur eine wahrhaft demokratische Partei im Sudetendeutschtum gibt: die deutsche Sozialdemokratie
das scheußliche Treiben der Antisemiten. Schließlich geriet die Bevölkerung nicht nur Polnas, sondern ganzer Landstriche, in einen hysterischen Taumel. In aflen Ecken flatterten Ritualmordgerüchte auf. Da und dort kam es zu antisemitischen Exzessen. Bor Gericht wagte kaum noch ein Zeuge objektiv zu sein. Die meisten konnten eS gar nicht sein. Hatten doch welche schon den Teufel
Handschrift stand auch diesmal Masaryk fast allein. Studentendemonstrationen gegen ihn an der Universität, vor seiner Wohnung,— in den Zeitungen die Iviistesten Angriffe gegen ihn— aber Masaryk führte unbeirrbar den Kampf fort. DaS ist einer der Masaryk am meisten ehrenden Aussprache aus damaliger Zeit:„Ich kann in dieser Lust nicht leben!" Der WahrheitSsanatiker
au» den Schornsteinen„jüdischer" Häuser reiten gesehen... I HilSner wurde zum Tode verurteilt. — Wenige nur waren e», die nicht vor Freude jauchzten, al» der Jude verurteilt war. Ein paar Männer gab eS, die die Wahrheit suchten. Einer davon war Thomas G. Masaryk , damals Professor in Prag . Masaryk war einer der heftigsten Kämpfer für die Revision deS ProzesteS. Masaryk führte damals einen wahrhaft heldenhaften Kampf, einen Kampf, der seine ganze sittliche Größe zeigte... Go wie im Kampfe gegen die Königinhofer
konnte in dieser Luft der Lüge nicht leben— er mußte, mußte einfach, seinem innersten Gesetze folgend, den Kampf gegen die Lüge führen! Fast war, wie im Dreysus-Prozeh, der Mann, nm desten Kopf eS ging, nebensächlich. DreyfnS war ein keineswegs heroischer Charakter, war nicht mehr als ein uniformierter Kleinbürger. Und doch entbrannte um ihn einer der größten, der heftigsten, der folgenschwersten geistigen Kämpfe der neueren Zeit! HilSner war als Mensch wirklich wenig wert, war ein vagabundierender, bettelnder arbeitsscheuer Bursche, auch
mit der alle» gehen muß, was die Demokratie In diesem Lande erhalten und damit den Deutschen in der Tschechoslowakei einen Einfluß auf die Staatsgeschäfte sichern will.
Gemelndeabgaben und Landesbeltrlge Der Landesausschuß behandelte in der Sitzung am Mittwoch, den 19. September, u. a. die Richtlinien für die Zuteilung der Landesbeiträge an Gemeinden und Bezirke für das Jahr 1984, nach dem Gesetze Nr. 169 vom 7. November 1980. Bekanntlich hat der Landesausschuß am 28. Feber 1984, den Beschluß gefaßt, den Landesbeitrag nur jenen Gemeinden zu gewähren, in welchen alle Abgaben, besonders aber die Miet« zinsabgabe zu den Höchstsätzen eingeführt wurden. Dieser Beschluß, auf desten Realisierung die Bezirksämter drängten, rief in den Gemeinden große Erregung hervor, weil es in den meisten Gemeinden in der Zeit der Wirtschaftskrise unmöglich ist, alle Abgaben und noch dazu zu den Höchstsätzen einzuführen. Dieser Aufruhr in den Gemeinden scheint nun doch dem LandeSauöschuß die Ueberzeugung gebracht zu haben, daß der seinerzeitige Beschluß gemildert werden miiste und führte in der genannten Sitzung dazu, daß nunmehr für die Gewährung der Landesbeiträge an die Gemeinden für das Jahr 1934 wohl nach wie vor die Einführung der Gemeindeabgaben zu den Höchstsätzen Voraussetzung ist, aber nur im Prinzip» denn der Landesausschuß sagt in seinem neuen Beschluß: Die Bewilligung der Lan« deSbciträge nach dem Gesetze Nr. 169/1930 ist von der Einführung der Gcmeindeabgaben zu den Höchstsätzen abhängig, wenn die hiezu sachlichen Bedingungen gegeben sind und es die örtlichen Verhältniste ermöglichen. Diese Aenderung deS Wortlautes in der wichtigsten Bestimmung der Richtlinien für die Gewährung der Landesbeiträge an Gemeinden, gibt einigermaßen Sicherheit für den gesetzlichen Anspruch der notleidenden Gemeinden auf einen Beitrag von Seite des Landes zum Ausgleich des Voranschlages und schafft die Möglichkeit zu sachlicher Arbeit in der Gemeinde.
Der Zusammentritt de» Wirtschaftsrate» der Kleinen Entente in Belgrad wurde für den 24. d. M. festgesetzt. Der„Prager Mittag" antwortet uns mit einer längeren Notiz, die dartun sofl, daß die Art seiner Aufmachung des Burgenlandjubels für die Habsburger kein Hilfsdienst für die Habs burger war.' Wir nehmen die' Erklärung des „Prager Mittag" in der Hoffnung zur Kenntnis, daß er künftighin im Handeln wie im Unterlasten den sonderbaren Eindruck tilgen wird, den seine Haltung zu Oesterreich in den letzten Wochen hervorrief und der auch der Anlaß unserer notwendigen Fragestellung war.
Gamelln bei Samal (Prag .) Der Ghef des Generalstabes der französischen Armee, Armeegeneral Gamelin , besuchte Dienstag um 11 Uhr vormittags den Kanzler des Präsidenten der Republik Dr. Sä« mal. Er schrieb sich in das Audkenzbuch ein und ersuchte den Kanzler, dem Präsidenten der Repu blik seine Verehrung und Grüße zu übermitteln.
etwas beschränkt. Aber auch einen Vagabunden durfte man nicht durch die Lüge, durch eine politischen Zwecken dienende Lüge vernichten lasten! Noch weniger durfte man eine gegen die Gesamtheit der Juden gerichtete tückische Lüge den ganten Gesellschaftskörper durchwuchern und zersetzen lasten! Masaryk kämpfte gegen die Ritualmord« Lüge... Er vermochte sie nicht zu töten. Dreieinhalb Jahrzehnte schlief diese tückischeste, verbrecherischeste aller Lügen. Der Sieg des Nationalsozialismus, der ein Sieg der Lüge war, schuf auch dieser Lüge freie Bahn. Der Gebildete lächelt überlegen:„Das glaubt doch niemand!" Blätter wie der Nürnberger „Stürmer" des Pathologen Streicher, eines Freundes des„Führers", werden viel gelesen und haben große Wirkung, weil sie bewußt an das Niedrige, Bestialische im Menschen sich wenden. Und diese Blätter wiederholen immer wieder das Ritualmordmärchen l Es ist noch gar nicht lange her, daß der„Stürmer" ein Bild brachte, das zwei ein Christenmädchen„schäch- tende" Juden zeigte! DaS Ritualmordmärchen wird geglaubt! WaS vor dreieinhalb Jahrzehnten möglich war, ist auch heute noch möglich! WaS damals geschah, das erzählt Bruno Adler in dem Roman„KampfnmPolna", den wir morgen abzudrucken beginnen.„Kampf um Polna" wird vom verfaffer selber ein„Tat- sachenroman" genannt. Dieser Roman ist nicht Werk dichterischer Phantasie— das Leben selber hat ihn gedichtet. Bruno Adler reihte die Tatsachen als Erzähler aneinander. Dieser Roman der Wirklichkeit, dieser Tatsachenroman wirkt aber wahrlich nicht weniger spannend als ein erfundener— und er ist unheimlich zeitgemäß. Vielleicht ist er es auch in anderem Ginne al» dem, daß wieder der Judenhaß durch die Länder rast,— wie damals. Vielleicht entzündet sich gerade im Kampfe gegen den verbrecherischen FaseiSmuS die Flamme einer edleren Menschlichkeit, so wie damals, als der tapfere Masaryk vortrat und sein Wort erhob, weil er nicht schweigen-konnte— weil er in jener dumpfen Luft der Lüge nicht atmen konnte.