Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XN., FOCHOMA. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TEBEFORT 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14. Jahrgang

Die Karlsbader

Freitag, 21. September 1934

Kundgebungen verboten! Ein Landesleiter der SHF

Henlein hatte zu einem Tag der Volksge­meinschaft" aufgerufen, der am 7. Oktober in Karlsbad   stattfinden sollte. Die deutsche   Sozial­demokratic hat eine Gegenfundgebung angefagt. Nun hat die Karlsbader Polizeidirektion wegen Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung die Beranstaltung beider Kundgebungen un

terfagt.

Keine Gemeindewahl

in Böhmisch- Leipa  !

Die SHF wäscht schmutzige Wäsche Kameradschaft und Treue bel Henlein  

angestrengt werden dürften.

Am 5. September wurde nun, wie uns jetzt berichtet wird, vor dem Bezirks- als Arbeitsge­richt in Mährisch- Schönberg   über eine Klage ver­handelt, die Tropschug gegen Konrad Senlein und Rudolf Sandner   wegen Nichteinhaltung Auszahlung von zwei Monatsgehältern) und der Kündigungsfrist( Tropschug verlangt die Nichtanerkennung der Kündigung angestrengt

klagt Henlein

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( einschließlich 5.Heller Portal

Nr. 221

Katholischer Block?

In die verhältnismäßige Ruhe der inner­Staatlichen Politik hat in letzter Zeit der Verfuch, den Ansatz zur Bildung einestatho. lischen Blocks zu schaffen, einige Bewegung Wir haben fürzlich über eine Klage der An- nannten poltischen Partei, teineswegs aber mit gebracht. Ein politischer Block der katholisch- kleri. rad Henlein   berichtet und ferner festgestellt, daß Dienstvertrag. Die Beklagten sind sonach nicht eines solchen nichts Verblüffendes bedeuten. Alle gestellten der SH.  , Hilde Santu gegen Kon- den Beklagten   enlein und Sandner einen falen Parteien eigentlich) müßte der Bestand eine ganze Reihe von Prozessen vom gewesenen passiv legitimiert. Die Beklagten sind vier bestehenden klerikalen Parteien werden von Landesleiter Tropsch ug gegen Henlein   noch Funktionäre der Partei. Die politische Partei ist Geistlichen geführt und man sollte glauben, daß weder ein Verein noch sonst ein Rechtssubjekt. Mit diesen juristischen Mäßchen versuchen die über alle trennenden nationalen Gegensätze hin­Herren einen Angestellten, dem sie viel zu ver weg das religiöse Zusammengehörigkeitsgefühl danfen haben, um seine Rechte zu bringen. Damit und das was man katholische Sache" nennt, sie nicht genug, lassen sie durch ihren Rechtsfreund längst programmatisch und organisatorisch auf noch erklären, Tropschug habe auch dann keiner einer Linie hätte vereinigen müssen. Allerdings miert wären, weil Tropichug" Untreue im Klerikalismus gelegen wäre, denn sowohl die lei Ansprüche gegen sie, wenn sie passiv legiti- ist fraglich, ob das im politischen Interesse des Dienst" begangen habe und die Mitglieder gegen deutschen Christlichsozialen wie die tschechischen, Stomorovsky in ungünstigem Sinn beeinflußt bezw. falsche Auskünfte gegeben habe. Die Un- die slowakischen und die magyarischen Klerifalen treue soll darin bestehen, daß Tropschug bei An- müßten dann darauf verzichten, den Nationalis­verwendet habe, ferner 36.- an Mitglieds was sie gewiß alle als einen recht fühlbaren schaffung eines Stanzleitisches 50.- für sich mus als Stöder bei ihrer Agitation zu verwenden, beiträgen faffiert und nicht abgeführt habe, wei- Mangel ihrer Werbetraft empfinden würden. ters, daß er seinen Dienst vernalässigt und drin- Es ist heute so, daß die klerikalen Parteien durch). gende Angelegenheiten unerledigt gelassen habe. wegs auf dem extremen Flügel der nationalen Die Entlassung sei sonach aus geivichtigen Grün- Politik stehen. Die deutschen Christlichsozialen den erfolgt und begründe die Nichteinhaltung der betreiben, obwohl sie zur Zeit ihrer Regierungs. Kündigungsfrist. Die Beweise für alle diese Betätigkeit bewiesen haben, daß sie auch anders hauptungen behielt sich der Verteidiger vor.

Die für den 14. Oktober. in Böhmisch- Leipa  Die für den 14. Oktober. in Böhmisch- Leipa  geplant gewefenen Gemeindewahlen finden nicht statt. Die Wahlvorbereitungen der Parteien waren hatte. bereits in vollem Gange und gestern sollten die Tropshug arbeitete ſeit Ende 1933 für die Kandidatenliſten überreicht werden. Offenbar SH   unentgeltlich und schuf eigentlich die orga­hängt die Entscheidung der Landesbehörde mit dem Schlesien  . Ab 1. April erhielt er ein Gehalt. Im nisatorischen Grundlagen in Nordmähren   und Beschluſſe zuſammen, bis zum Herbst 1935 über- Juni erschien dann plöblich Herr Sfo mo= haupt keine Wahlen stattfinden zu lassen. Bekannt- rovsty, gebürtig aus Polen  , und sollte, so hieß lich find die Bezirks- und Landeswahlen auch ver- es wenigstens, mit Tropschug gemeinsam arbei­schoben worden. ten, da dieser allein die Arbeit nicht mehr be­wältigen fönne. Bald aber stellte sich heraus, daß Stomorovsky von der Maffia   in der SHF, dem Kameradschaftsbund, zum Landesleiter und damit zur Verdächtigung Tropschugs bestimmt war. Am 21. Juni erhielt Tropschug die Kündigung und wurde auf der Stelle entlassen. Man bedeutete ihm, daß man gegen ihn mit allen Mitteln vor­gehen werde, wenn er sich zur Wehr setze. Diese Mittel bestanden dann darin, daß man ihn nach metanntem Hitlermuster diffamierte und beschul­schulden fommen lassen. Diese Beschuldigung hin digte, er habe sich geldliche Unkorrektheiten zu derte aber die Ehrenmänner von der SHF nicht, ihm im Kündigungsschreiben bekanntzugeben, einer ehrenamtlichen Tätigkeit stehe weiter nichts im Wege.

Handelsvertragsverhandlungen

mit Frankreich  

( Baris.) Nach zweitägigen Berhandlun­gen in Angelegenheit der franzöfifch- tschechoslo­wakischen Handelsvertragsverhandlungen trat Donnerstag Nachmittag die erste Plenarsihung der beiden Delegationen zusammen.

Der Vertreter Tropicugs bestritt fast alle können, eine bis an Unlauterkeit grenzende und Behauptungen der Beklagten   und gab befannt, auf das Einfangen der ehemaligen Mitglieder daß die Verbreiter der ehrenrührigen Nachrichten der aufgelösten nationalsozialistischen Partei be. bereits gerichtlich belangt worden seien. Man rechnete übernationale Demagogic, von der tsche­kann sich daher auf weitere amüsante Verhand- chischen Partei Šramefs weiß man, daß sie nicht lungen gefaßt machen. Die Verhandlung wurde gerade an nationaler Schwäche leidet, die slowa­zweds Zeugeneinvernahme auf den 25. Septem- tische Partei Hlinkas hat vierzehn Jahre hin­Die Verhandlungen wurden auf Ersuchen ber, 3 1hr nachmittag vertagt. durch von der schärfsten oppositionellen Stellung­Mit Baltenlettern schrieb die Rundschau" nahme gegen die Prager   Zentralregierung und der Prager   Regierung aufgenommen, welche kon­des Herrn Henlein   unter dem zweispaltigen Titel: statierte, daß sich im ersten Trimester des Jahres a mera den wollen wir sein! Kameradschaft Autonomie der Slowakei   gelebt und über die von der radikal erhobenen Forderung nach der 1934 die Ausfuhrbilanz durch die Steigerung der ist Dienst an etwas Höherem, das über uns allen franzöfifchen Einfuhr, namentlich von Wollwaren, steht. Sie ist der Dienst am Nächsten um dieses Saltung der magharischen Christlichsozialen nach der Tschechoslowakei   zu Ungunsten der leh­Bei der oben erivähnten Verhandlung gab Höheren willen; sie ist Verpflichtung und Schuß braucht man schließlich zur Aufklärung der Trieb. teren geändert hat. Die Pariſer zuständigen nun der Rechtsfreund der Henlein und Sandner zugleich. Und ihr erstes Gebot ist Treuel" federn ihrer Politik keine nähere Aufklärung zu Stellen bemerken, daß diese Einfuhrwaren von eine Erklärung ab, die außerordentlich bezeichnend Herr Tropschug fann nun ein Lied davon geben. der tschechoslowakischen Induſtrie verarbeitet und ist für den Geist, der in den Reihen der Eingen, was Kameradschaft in Wahrheit bei der dann ausgeführt werden, so daß fie in der tsche- herricht. Tropschung habe der SF seine Dienste bedeutet, wie der Schutz aussicht, den sie choslowakischen Ausfuhrbilanz in der Rubrik der Ginnahmen stehen, großbem erwarten aber die angeboten und ſei von ihr als Landesstellenleiter gewährt, und wie ihr erſtes Gebot, die Tre u

Pariser kompetenten Stellen, daß die tschechoslo= wakische Delegation trachten wird, hauptsächlich für tschechoslowakische Tetgilien, Leder Schuhe, Pa= pier, Holz und Stahl Kompensationen zu er­langen.

Kleine Wirtschaftsentente

( Belgrad  .) Donnerstag begannen hier die Vorberatungen der einzelnen Kommissionen der Kleinen Wirtschaftsentente. Um 11 Uhr vormit­tags traten die Delegierten und Experten für die Fragen der Donauschiffahrt und der industriellen Zusammenarbeit, sowie für den Abschluß einer Konvention zur Vermeidung der Doppelbesteu erung zusammen. Nachmittag begann auch die Kommission für die Vereinheitlichung des Post­sparkassenverkehrs ihre Beratungen.

angenommen worden. Er schloß somit mit der ge­

beschaffen ist.

c,

Kleine Entente   gegen Vertragsverletzungentlich zu erkennen gaben, die Bildung eines

Für Verallgemeinerung des Minderheitenschutzes

Das ist freilich kein erhebendes Bild für den gläubigen Katholiken, wenn er ficht, daß die klerikalen Parteien die Wortführer und Preis. fechter eines übersteigerten Nationalismus sind und das mag wohl der Grund gewesen sein, daß; die deutschen Christlichsozialen mehr als einmal katholischen Blocks sei ein Ziel ihrer Sehnsucht. Sie hatten damit wenig Glück, sie fanden da. für nicht einmal bei der tschechischen Volkspar­tei Šramets Bereitwilligkeit. Nun hat kürzlich) Hlinka  , der Führer der slowakischen Klerika. len, einer Einladung folgend, auf dem Leito. mischler tschechischen Katholikentag das Wort er­eine vollständige Abschwörung der bisherigen griffen und in dem was er sagte, glaubte man Biele seiner Partei und damit auch die Herstel. lung der Vorbedingung zur Vereinigung der tschechischen und slowakischen Volkspartei erblicken Gesandter etič erklärte, daß die Kleine zu können. Den Tschechen, gegen die er seit seinem Entente früher schon ihren Standpunkt zum Pro- vor vierzehn Jahren erfolgten Abgang aus der blem der Verallgemeinerung der Minderheiten- Regierungskoalition in der Slowakei   eine, milde schußverpflichtungen dargelegt habe. Die Selcine

( Gen f.) Die Frage der Verallgemeinerung des Minderheitenschuhe s bildet heute das Hauptintereffe in Genf   und man erwartet mit Spannung, zu welchen Schlüssen die politische Kommission gelangen wird. Große Aufmerksamkeit erweckt auch die Nachricht, derzufolge die ungarische Delegation einen eigenen Sonderantrag betreffend den Minderheitenschutz in den an Ungarn   grenzen den Staaten zu unterbreiten beabsichtigt. Die VI. politische Stommission der Völker| Fortschritt ist, dann wird man es nicht bloß auf bundversammlung verhandelte heute über den be- einige Staaten beschränken können, was dem fannten Antrag der polnischen Regierung auf Prinzip der Gleichberechtigung aller Staaten Verallgemeinerung des Minderheitenschubes. Der widersprechen würde. ständige Vertreter Polens  , Naczynsti, erklärte: Falls das System des Minderheitenschußes ein

Blutiger Mittwoch in USA

Entente wünscht die Verallgemeinerung des Min- gesagt, höchst unfreundliche Stimmung zu schü derheitenschußes, sie beabsichtigt jedoch, hiebei auch ren bemüht war, hat Hlinka   in Leitomischel in weiterhin die gültigen Verpflichtungen treu zu reicher Fülle Brudergrüße gespendet und er, der respektieren. Demgegenüber behält sie sich das wenig Hehl daraus gemacht hat, daß ihm der un­vor, sich an

13 Todesopier des Strelks/ Eingreifen Roosevelts? eben, bai fie bie Nebergriffe befeiligen, zu fiſche Republik  , Beuteuerte nicht mit ſeine unbe

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( New York  .) Die Unruhen im Zusam­menhang mit dem Textilarbeiterstreik haben am Mittwoch im ganzen Lande 13 Todesopfer ge­fordert.

gert. In Little Folles( New York  ) wurde die Polizei von Streitenden umringt. Die Beamten gingen mit mit Tränengasbomben gegen die Menge vor.

Wie der Führer der streitenden Textil Im Laufe des Mittwoch abends ist es in den arbeiter Gorman mitteilt, find etwa 100.000 verschiedenen Streikgebieten wiederum zu hefti- Arbeiter der der Textilindustrie verwandten In­gen Auseinanderſchungen zwischen den Streiden- duſtrien aufgefordert worden, am Montag in den den und der Polizei gekommen. In Waterville   Streit zu treten. ( Maine  ) wurde ein Polizist bei einem Handge= Wie man zu wiffen glaubt, soll Präsident menge mit Streikenden verletzt. In Philadelphia Roosevelt die Absicht haben, in den Arbeitskampf sing die Polizei mit Knüppeln vor, um An- ſelbſt einzugreifen; allerdings dürfte zunächst das fammlungen der Streifenden zu zerstreuen. Der Arbeitsamt mit der Bereinigung der Angelegen Belagerungszustand in Georgia   wurde verlän- heit beauftragt werden.

denen es bei der Geltendmachung des Minderhei- dingte Loyalität gegenüber der Tschechoslowakei  tenschußsystems kommt. in ihren gegenwärtigen Grenzen, er versicherte Der holländische Delegierte Patijn sprach sich auch), daß seine Partei diese Grenzen mit allen im Prinzip für die Verallgemeinerung aus, fügte Mitteln verteidigen würde. Bei der seinerzeitigen jedoch hinzu, daß er sich dem kürzlichen Protest Feier in Pribina  , die im tschechischen Volke gegen der drei Großmächte, Frankreich  , England und Hlinka   viel Unwillen hervorrief, war sein poli. Stalien, gegen die Absicht der polnischen Regie- tisches Konzept noch ein ganz anderes. Die Leito. rung, die Minderheitenschußverpflichtungen zu mischler Nede war ein Herumwerfen des Nurses verleßen, anschließe. Der schweizerische Haupt- um hundertachtzig Grade. delegierte Motta äußerte die gleiche Meinung.

Nach Kundgebungen der Vertreter Schive­dens und Kanadas  , die beſtimmte Vorbehalte zum polnischen Antrag machten, wurde die weitere Debatte auf morgen vertagt.

Es war dies wenigstens der Eindruck, den Slinkas Liebeserklärungen in der Deffentlichkeit hervorriefen und schon sahen manche darin nicht nur den Beginn einer Versöhnung zwischen Tsche. djen und Slowaken, sondern auch den ersten be­