Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

BRSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH PRUM. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., ROCHOWA 62. TELEFON 53887. ADIGNISTRATION TESSPORT 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14. Jahrgang

Das Befinden

des Präsidenten der Republik

( Prag  .) Wie wir an maßgebender Stelle festgestellt haben, sind die beunruhigenden Nach­richten, die dieser Tage über die Verschlechterung| des Gesundheitszustandes des Präsidenten der Republik berbreitet wunrden, absolut grundlos.

Sonntag, 23. September 1934

Einzelpreis 70 Holler

( einschließlich Setter- Parte

Nr. 223

Ein zweites Ossek Unmögliche Grenzpolitik

Entsetzliche Grubenkatastrophe in England Ueber hundert Bergarbeiter verloren

( London  .) Samstag früh ereignete sich in einer Grube in Gresforth, unweit Wrexham eine furchtbare Explosion. Die Schachtanlagen gerieten in Brand. Kurz vorher waren gerade 400 Bergarbeiter eingefahren. 156 Bergleute befanden sich in dem Teil der Grube, der von der Explosion betroffen wurde.

Ende des großen Streiks Erben Chemikalien und allen anderen erdenklichen Mitteln verfuchte man, der Flammen in Amerika  

Die Rettungsarbeiten wurden durch den Brand stark gehemmt. Unter Anwendung von

Washington  , 22. September.

ter.) Die Föderation der Textilarbeiter erließ die Aufforderung zu Beendigung des Streifes. Die Arbeiter werden aufgefordert, am 24. September die Arbeit wieder aufzunehmen. Streitführer Gorman veröffentlichte mit Genehmigung des Bräsidenten der amerikanischen   Föderation der Arbeit, Green  , sowie der übrigen Führer der ein­zelnen Syndikate ein Kommuniqué, in dem es heißt: Wir haben jetzt alles erreicht, was wir durch diesen Streit erzielen konnten, der gegen die Ungerechtigkeiten der NINA gerichtet war. Wir haben den Arbeiterstand, die Arbeiterklasse von von einer schweren Laft befreit." Die Entschließung, vom Streik abzulaſſen, wurde von allen Mitglie­bern des Exekutivausschuffes der Textilarbeiter Föderation einftimmig gefaßt.

Herr zu werden. Bisher konnten 16 tote Bergleute geborgen werden. Zwei Bergleute wurden mit Berlekungen, fünf unverlekt zu Tage gefördert. Es besteht kaum eine Hoffnung, auf Rettung der mehr als 100 abgesperrten Bergleute.

Alle verfügbaren Polizeibeamten, Aerzte, Krankenschwestern und Apotheker des Bezirkes wurden an Ort und Stelle gesandt. Biele Mitglieder der Rettungsmannschaften brachen troh ihrer Sauerstoffmasten zusammen und mußten aus dem von Schlagwettern erfüllten Bergwerk an die frische Luft gebracht werden. Sie wurden aber in jedem Fall sofort von Freiwilligen erfekt.

Das Bergwerk beschäftigt 1859 Arbeiter untertags und 375 obertags. Es wird behauptet, daß die Leitung des Bergwerkes die Frage prüft, ob es notwendig ist, das Bergwerk zu schließen und abzuriegeln, um das Erlöschen des Feuers zu beschleunigen.

( London  .) Im Laufe des Samstag nach-( Wrexham.)( Reuter.) Bei der Bekämp= Bei der Betämp mittag wurden aus dem brennenden Schacht des fung des Grubenbrandes wurde bereits ein gro­Kohlenbergiverts bei Wrexham neun Tote ge= Ber Fortschritt gemacht. Die Rettungsmannschaf= borgen. Es handelt sich dabei aber um sieben die Hilfsarbeiten beträchtlich erleichtert. Man ten fönnen bereits ohne Gasmasken arbeiten, was Schächter, die in der Nähe der Schachtöffnung tot schäßt die in der Grube noch befindlichen Berg­aufgefunden wurden, und um zwei Angehörige arbeiter auf 100 bis 120 Mann. 15 Leichen, der Rettungsmannschaften, die bei der Hilfe- darunter drei Leichen von Mitgliedern der Ret­leistung ams Leben tamen. Bon den Bergarbeitungsmannschaften, wurden bereits geborgen. Die tern, die im Innern des Bergiverts gearbeitet Intensität des Brandes läßt immer mehr nach hatten, konnte noch kein einziger geborgen werden, und es ist möglich, daß das Feuer im Laufe der hatten, konnte noch kein einziger geborgen werden, der nächsten 12 Stunden vollkommen gelöscht sein da eine undurchdringliche Feuerwand das Ein- wird. Man ist der Ansicht, daß eine gewisse Anzahl dringen der Rettungsmannschaften unmöglich von Bergarbeitern noch lebend wird geborgen

machtc.

Anbiederung der Nazi an die Österreichische Regierung

werden fönnen.

Von Abg. Wenzel Jaksch  

Wie fragen uns immer wieder: hat die tschechische Deffentlichkeit, haben die maßgeben. den Beamten und Politiker eine Vorstellung von der fürchterlichen Arbeitslosennot in unseren deutschen   Grenzgebieten? Haben sie eine Vor­stellung davon, wie schwer die positive Einstel lung der deutschen   Arbeiterschaft Tag für Tag zu ringen hat gegen nationale Unvernunft, büro­tratische Engherzigkeit, gegen unerbittlich; fort­schreitende Verelendung, die die Menschen zer­mürbt und zur Verzweiflung bringt? Hat das staatsmännische Wort unseres Innenministers Dr. Cerny Geltung, der trotz seiner agra­rischen Parteizugehörigkeit erklärte, daß die Ar. beitslosigkeit ein schwerwiegendes Staats. problem ist?

Die Praris, die in letzter Zeit auf dem Gebiete der Arbeitslosenfürsorge einreißt, läßt uns keine befriedigende Antwort auf diese Fra­gen finden.

Wie ist die Lage in unseren Grenzbezirken? Hier seien die Eindrücke einer Besuchsfahrt durch die Notstandsgemeinden des oberen Böh­merwaldes stizziert.

Die Menschen stehen unter dem höllischen Druck der Hakenkreuzlerischen Agitation. Sun­berte, Tausende find früher nach Bayern   hin­über in Arbeit gegangen. Das ist aus. Bekannte Sozialdemokraten, die sich den Haß der heimi­schen Hakenkreuzler zugezogen haben, dürfen sich nicht mehr über die Grenze wagen, um in den bayrischen Wäldern einige Beeren oder Schwämme zu suchen.

Vonreichsdeutscher Seite wird mit allen Mitteln der Ver. Iodung gearbeitet. Das bayrische Grenz­gebiet ist in die sogenannte Ost hiife" cin­bezogen worden. Mit Reichszuschüssen werden umfangreiche öffentliche Arbeiten ausge­führt, meist sind es Straßenbauten stra. tegischer Natur. Noch klarer liegt der Propagandazwed bei den verschiedenen Hilfs­aktionen zutage. Bei der letzten Winter­hilfsaktion" wurden die Spenden in den inner­bahriſchen Städten gesammelt, mit Lastautos in bayrischen Städten gesammelt, mit Lastautos in die Grenzorte geführt. Dort hat man die Ar­beitslosen nicht nur reichlich beteilt, sondern auch fleine Landwirte beschenkt.

Minderheitendebatte in Genf  Kleine Ententeminifter gegen Ungarn  ( Genf  .) In der sechsten politischen Kommis fion der Völkerbundsversammlung erwiderten Die Lage in Spanien  heute auf die Angriffe des ungarischen Delegier­ten Edhardt, die sich gegen die Minderheiten­Der Madrider Korrespondent des Daily politit der Staaten der Kleinen Entente   gerichtet( Wien  .) Ingenieur Reinthaler, von dem Gerald" berichtet im Gegensatz zu den Bericht hatten, nicht bloß die Vertreter der Tschechoslo. verlautet, daß er zum neuen Landesleiter der erstattern der bürgerlichen Presseagenturen, daß wafci, Rumäniens   und Jugoslaviens  , sondern Nationalsozialisten in Desterreich bestimmt war, nicht die Sozialisten ein Blutbad unter der Regie­auch die Delegierten Frankreichs   und Italiens  . erklärte einem ausländischen Journalisten, er rung vorbereitet hatten, sondern daß die faszisti­Der rumänische Delegierte Antonia de habe es sich zur Aufgabe gemacht, die National- schen Parteien unter der Leitung von Gil Robles  , erklärte, der ungarische Delegierte habe sich Rechte sozialisten mit der Regierung zu versöhnen. In- die sich im geheimen bewaffnet haben, das Ziel angeeignet, welche gemäß den Minderheitsverträ- genieur Reinthaler stellt sich aus ideellen Grün- verfolgen, die Sozialistische Partei zu vernichten gen nur dem Völkerbundsrate zukommen. Es ist den gegen Habicht und stimmt mit dessen terrori- und durch einen Butſch die Gewalt an sich zu ersichtlich, wie der Minderheitsschuß zu anderen stischen Methoden nicht überein. Ferner fagte reißen. Die sozialistischen   Führer haben darauf Zweden, und zwar zu einer unfruchtbaren Agi- Ing. Reinthaler, daß die Nationalsozialisten be- ebenfalls eine Anzahl junger Leute bewaffnet, um tation, mißbraucht werden kann. reit sind, in eine staatserhaltende Front einzu- den Staatsstreich- Absichten der Klerito- Fascisten treten, die aber nicht Vaterländische Front   ge- entgegentreten zu können. Die Sozialisten trach nannt werden dürfte, da diese peinliche Erinne- ten, solange wie möglich den Frieden zu erhalten, Anders in unserem Grenzgebiet. Die Er. rungen hervorruft. Bei einem Abkommen mit der doch im Hinblick auf die fascistische Agitation ist nährungsaktion wird in manchen Grenzbezirken Regierung dürfte es teine Sieger und Besiegten es die Frage, ob das noch lange der Fall sein kann. in einer Weise durchgeführt, welche die Arbeits. geben. Desterreich soll nach Reinthaler ein freier Nun die Faſciſten ſehen, daß die Sozialisten zur Nach dem rumänischen und dem jugoslavi- und unabhängiger Staat mit dem Bewußtsein Berteidigung bereit sind, verbreiten sie allerhand losen an dem guten Willen unserer Behörden schen Delegierten ergriff Minister Dr. Benes das bleiben, daß es ein deutscher   Staat ist. Der An- unwahre Gerüchte über sozialistische Aufstands- verzweifeln läßt. Hier sei der Bezirk Bischof­Bort. Hinsichtlich der Möglichkeit einer Aufschluß bleibe zivar eine staatliche Ideologie, er pläne. Auch die Berichte von Waffenfunden bei teinit als trauriges Beispiel angeführt. Dort hebung oder Einstellung der Geltung der Minder werde aber im Interesse des Friedens einstweilen Sozialdemokraten werden von den bürgerlichen gibt es keine Industrie mehr. Die Glasbetriebe heitsverpflichtungen betonte Minister Dr. Beneš, hinausgeschoben. Die Großdeutschen hätten Rein- Blättern maßlos übertrieben. Welche stinkende daß er an dem Standpunkte der legalen Prozedur thaler feierlich versprochen, daß sie die National- Berleumdungen berbreitet werden, geht u. a. festhält. Eine andere Frage ist der Vorschlag be- sozialisten in diesen Bestrebungen unterſtüken daraus hervor, daß ein monarchistisches Blatt be­züglich Verallgemeinerung des Minderheiten werden. Die Nationalsozialisten hätten ein orga- richtet, die Sozialisten hätten die Waffen aus schußes. Redner sprach die Anschauung aus, daß nisiertes Neß von Vertrauensleuten, die ein eben- Deutschland   erhalten. diese Frage heute für alle dank der polnischen An- tuelles Abkommen durchführen würden. Reintha­regung und der aus derselben sich ergebenen Aus- ler erklärte, er habe auch mit einigen Mitglie= sprache geklärt ist. Irgendeine Lösung dieses dern der Regierung verhandelt und Berständnis Problems lönne die in einigen Staaten geltenden für seine Aftion gefunden. Nur die Zentrallei­Minderheitsverträge nicht tangieren. Die Tiche- tung der Heimwehren sei gegen jedtvedes Ab­choslowakei verlangt in diesem Falle nichts und kommen.

Der Vertreter Jugoslaviens, Delegierter otič, jagt, es gebe kein direktes Problem zivis schen Ungarn   und den übrigen Staaten, sondern lediglich ein Problem zwischen den Staaten mit

Minderheiten und dem Völferbundsrate.

bringt die Verträge, welche sie unterschrieben hat, Starhemberg bel Gömbös  sorgfältig zur Geltung; sie wird dies auch in der Zukunft tun.

Nach Beneš bedauerte der französische   Ver­treter Massigli, daß die ungarische Delegation diese Aussprache überhaupt ausgelöst habe. Baron Aloist schloß sich für Italien   einigen Ausführun­gen des französischen   Delegierten an.

Dank an Dr. Beneš

( Prag  .) Die Gesellschaft für wirtschaftliche und fulturelle Annäherung mit der SSSR   und das tschechoslowakisch- russische   Handelsinstitut hat an Dr. Beneš eine Depesche gerichtet, in welcher sie dem Minister für die initiative und erfolgreiche Arbeit dankt, die er anläßlich des Eintrittes der Sowjetunion   in den Böllerbund geleistet hat.

Die Opposition

der Deutschen Arbeitsfront  

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in Stantau, Münchsdorf und Karl. bachhütte find seit Jahren stillgelegt, der an sich schwache Spatbergbau in Wetling liegt darnieder. Bischofteinis ist ein ausgesprochener Auswandererbezirk. Bu tausenden sind früher die Bauarbeiter nach West- und Nordböhmen  , nach Bayern   und Sachsen   in Saisonarbeit gezogen. Seit fünf Jahren sind sic fast alle arbeitslos. In diesem Sommer haben ( Berlin  .)( Tsch. P.-B.) Wie das DNB. er feine zwanzig Maurer aus dem Bezirke aus­fährt, ist die Entlassung Dr. Schilds, des Gene- wärts Arbeit gefunden. Dabei handelt es sich ralsekretärs des Deutschen   Handwerks- und Ge­verbetammertages, erfolgt, weil er versucht hatte, im Durchschnitt nicht um ein mehr ländliches die Deutsche Arbeitsfront   gegen das Reichswirt- Halbproletariat. Die Mehrheit der Arbeitslosen schaftsministerium auszuspielen. des Bezirkes wohnt eng zusammengedrängt in Für den Status quo an der Saar   armseligen Walddörfern, wo sie nach der Auf­lassung der 24 Glashütten, die vor Jahrzehnten In einem Manifest an die Saarbevölkerung im Gebiete in Betrieb waren und inzwischen fordern zahlreiche deutsche Gelehrte, Schriftsteller längst stilliegen, ohne ausreichenden Grundbesitz und Künstler, zu einer Abstimmung auf, welche oder völlig besiglos zurückgeblieben sind. Ohne bas Saargebiet bor den Schreden des Dritten Rei- Rücksicht auf diese Tatsachen werden diese Aus­ches bewahren und den jeßigen Stand aufrechter- wanderergebiete einfach mit wohlhabenden halten soll, bis das Selbstbestimmungsrecht des Voltes wiederhergestellt und Deutschland   von its grargegenden auf eine Stufe gestellt und als ( Dublin  .) General D'Duffy ist am Samstag Ter befreit ist. Der Aufruf ist u. a. unterzeichnet landwirtschaftliche Bezirke" behandelt. überraschend von der Leitung der Vereinigten von Heinrich Mann  , Lion Feuchtwanger  , Prof. Irlandpartei und der Blauhemden- Organisation Gumbel, Leinhard Frant, Oskar Maria Graf  , zurückgetreten. Eine Erklärung über die Gründe G. Bernhard, Ernst Toller  , Anna Seghers  , Th. jeines Rüdtrittes hat D'Duffy abgelehnt. livier, Carola Neher   und Dr. Kurt Rosenfeld  .

( Budapest  .) Der österreichische Bizetangler ( Budapest  .) Der österreichische Bizetangler Fürst Starhemberg, der sich seit einigen Tagen zum Besuch seiner Verwandten in Ungarn   auf­hält, hat diese Gelegenheit auch dazu benüßt, um mit dem Ministerpräsidenten Gömbös zusammen= zutreffen. Die beiden Staatsmänner haben einige Tage auf einer Staatsbomäne jenseits der Do­ nau  

verbracht.

Irischer Fascistenführer

demissioniert

"

Im Bezirke Bischofteinitz   ist die Ernäh rungsaktion mit dem Anwachsen der Krisennot fyftematisch abgebaut morden. Der Bezirk er­hielt: 1931: 1,131.000, 1932: 1,415.000