Sehe 8„Sozialdemokrat"Mittwoch, 3. Oktober 1934. Nr. 98fPRAGER ZEITCMGZu den Pardnbitzer Rennen wird am 14. Oktober ds. I. ein Sondcrzug für 48 KL inklusive Nacht-maW abgefertigi. Anmeldungen nimmt bei Entrich-mng einer Gebühr von 20 KL das Referat der Aus-flugszüge Prag-Bazar, neben dem Wilsonbahnhof,entgegen.Vergiftet. Die Polizcikorrespondenz teilt mit:Am 19. September wurde die 18jährige FranziskoK re j c a r aus Michle mit Anzeichen einer Quecksilbervergiftung in die Klinik Nonnenbruch eingeliefert. Die Untersuchung ergab, daß das Mädchen miteinem jungen Mann ein Restaurant in der PragerAltstadt besucht hatte, wo sie ein Pulver zu sichnahm, nach dessen Genus; sich bei ihr Vergiftungserscheinungen zeigten. Am 28. September starbFranziska Krejcar. Der Unbekannte, den die Polizeisucht, gab sich als Mediziner aus, war etwa 22 Jahrealt, höherer Gestalt, hatte blonde Haare und auf derlinken Seite des Gehisses einen Goldzahn.Unglück mit einem Dreirad. Montag fuhr der31jährige Josef K o p r i n a aus Michle.mit einemLastdreirad auf dem Quai in Prag II. an der Eisenbahnbrücke vorbei. Auf dem Tandemfitz führte er den22jährigen Frantisek Vaca, gleichfalls aus Michle,mit. Plötzlich geriet das Gefährt, vermutlich durchden Anprall auf eine Kupplungsstange der Straßenbahn, ins Schleudern und überschlug sich, Väcä, derweit aufs Pflaster geschleudert wurde, erlitt überhaupt keine Verletzungen, Kopriva aber, der unterdas Dreirad zu liegen kam, trug schwere Verletzungendavon und starb auf dem Transport ins Krankenhaus.Ans Gewissenhaftigkeit in den Tod. Montagnachmittags erhängte sich in. einem HoleschowitzerHause der 66jährige Hausbesorger T. B. Er hattevon den Mietern den Zins einkassiert und das Geldin der Küche seiner Wohnung auf den Tisch gelegt.Ein unbekannter Mann, vermutlich ein Bettler oderGelegenheitsdieb, stahl in einem unbewachten Augenblick von der einkassierten Summe 1200 Kc. Denalten Hausschließer regte der Verlust furchtbar auf;in seiner Verzweiflung äußerte er seiner Frau gegenüber Selbstmordäbsichten, die er denn auch kurzdarauf verwirklichje.GerichtssaalModernes PiratentumWegen 500 Kc um ein« Wohnungseinrichtung imWerte von 30.000 KL gebracht.Prag. Wir rümpfen die Nase über die längstüberstandene Zeit der Raubritter und Buschklepper.Zuweilen will es aber scheinen, daß diese Gilde bloßihre romantischen Requisiten, Raufdegen und Pistole,vertauscht hat mit zeitgemäßeren Instrumenten,nämlich den heimtückisch gelegten Fallstricken raffinierten Verträge, die dem ahnungslosen Opfer dieKehle abschnüren, ehe es sich besten versieht...—Bor dem Senat H-r u s k a stand heute der Buch-hglter Ulrich Such och leb und der 41 jährige Ingenieur Miloslav C i h a, seines Zeichens Baumeisterund Gatte der Inhaberin der- Firma„S p e d i L n is p o l e c n o st s. r. o."(Speditionsgesellschaft m.b. H.) in Prag-Weinberge, Fochova 40, wegen desgemeinsam begangenen und verabredeten Vergebens desWuchers. Der Sachverhalt ist derfolgende:Ein Privatbeamter I. C. stellte anläßlich einervorübergehenden Uebersiedlung aufs Land,' seineWohnungseinrichtung bei der„Speditionsgesellschaft" ein. Die Einrichtung hatte einen Wert von30,000 Kc und die Speditionsgesellschaft selbst versicherte sie gegen Feuer auf 20.000 Kc. Nach einigerZeit brauchte Herr§. Geld und ersuchte die„Speditionsgesellschaft" um ein Darlehen von 1.800 KL,das er durch Verpfändung der Möbel sicherstellenwollte.. Der Vertreter der Firma, Buchhalter S u ch o-ch le b, wollte aber von einem Darlehen nichts wissen,obwohl Herr E. der dringend Geld brauchte, schließlich auf- 1000 und endlich auf 800 KL herabging.(Bei einem Sicherstellungswert von 30.000 KLI)Endlich zeigte man sich„großmütig". Man war bereit. 800. KL..herzugeben, aber bloß unter der Bedingung, daß der Kreditbedürftige die Einrichtung. für 500 KL verkaufe, wogegen die Firma dasRückkaufsrecht bis zum 15. September 1933 wahren wolle.Als der Fälligkeitstag herankam, erbah sich Herr&. eine Woche Aufschub. Als er aber nach vorhergehender Entschuldigung, erst am 26. September erschien, um den Rückkauf vorzunehmen, teilte manihm achselzuckend mit, daß er kein Recht auf seineSachen mehr habe und diese schon verkauftfeien.'■ Der schwer Geschädigte erstattete die Strafanzeige.Abonnements- Bestellschein.Abonniere eck>, 1934 dastäglich erscheinende Zentralorgan der deutschensozialdemokratischen Arbeiterpartei„€>osial&emofrat"...- Verwaltung Prag XH., Fochova tr. 62,zum Preise von 16 KL monatlich, und sende diesenBetrag nach Erhält des Erlagscheines ein.Name;-■•■•■.•■ i■>..•Genaue Adresse:Letzte Post:Unterschrift:......,«,.Bei der heutigen Verhandlung kam zutage, daßdie Wohnungseinrichtung überhaupt nicht verkauftworden war. Das Küchengeschirr wurde inder Kanzlei verteilt, die M ö b e l erhielt eine gewisse19jährige Marie S e v L i k„geliehen" und dieKleidungsstücke nahm sich der Herr Jng.§ i h a mitin seine Villa inEernosice. Angeblich zurAufbewahrung.Als sich das Gericht für die Leihgebühr• interessierte, die dieses Fräulein SebLik entrichtet hat,| stellte sich heraus, daß sie überhaupt nichts bezahlt! hat. Sie hat auch keine Arbeiten für die Firma alsGegenleistung vollbracht. Wofür also die Möbelgeliehen wurden^bleibt Vermutungen überlassen.Das Gericht schenkte den Entlastungszeugen derAngeklagten keinen Glauben. Diese Zeugensind Angestellte der Firma und mußten während derEinvernahme öfters ermahnt werden, daß falscheZeugenaussagen verhängnisvolle Folgen nach sichziehen. Da sich zudem in einem früheren Stadiumdes Prozesses ein Zeuge gemeldet hatte, der beieinem Darlehen auf ein Pianino schwer geschädigtworden war, erkannte der Gerichtshof beide Angeklagte für schuldig. Der Buchhalter Suchochlebwurde zu s e ch s W o ch e n, der Jng. E i h a aberzulzwei Monaten strengenArrestesverurteilt. Beide bedingt auf zwei Jahre.Gleichzeitig sprach das Gericht die Ungültigkeit des„Kaufvertrages" aus uyd verpflichtete die Angeklagten zur vollen Gutmachung des Schadens. Fernerhaben sie die Anwaltskosten des Geschädigten im Betrage von 400 KL zu ersetzen.Kunst und WissenWettbewerb um den bestenStaatshymnen-ChorDas Ministerium für Schulwesen und Volkskultur schreibt einen Wettbewerb auf die Transponierung der tschechoslowakischen Staatshymne fürgemischten Chor aus. Diese Transpositionsoll in Üezug auf die harmonische Struktur und'dieFührung der Stimmen so einfach sein, daß sie alsfeste Grundlage zur einheitlichen Lautung für alleweiteren vokalen und instrumentalen Transponierungen dienen könne. Der erste Teil der Hymne„Kdedomov müj" soll in de Tonart F-Dur, der zweiteTeil„Nad Tatrou sa blyskä" in A-moll.gesetzt werden. Durch den Wettbewerb soll dem bisherigenMangel einer einheitlichen Harmonisierung undJnstrumentisierüng unserer Staatshymne abgeholfen werden. Diejenigen, die an dem Wettbewerbteilnehmen wollen, werden auf die Abhandlung desProfessors Adolf Cmiral Meber das richtige Singenunserer Staatshymne", das in der Staatsdruckereierschienen ist, aufmerksam gemacht.Di« Mitglieder der Jury werden hervorragendetschechoslowakische Musikkomponistcn und Musiktheoretiker sein.Es werden drei Preise ausgeschrieben,u. zw.: 1. Preis 1000 KL,.2. Preis 700 KL, 3. Preis500 Kc. Die Eingabefrist der Konkurrenz endigt mitdem 31. Oktober 1.934 um 12 Uhr. Der Wettbewerb stt anonym. Es haben somit die Komponistenihre Arbeiten unter einem Schlagwort an das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur, Sektion V,einzusenden.Die nächste ArbeitervorstellungAm Sonntag, den 14. Oktober, nachmittagshalb 3 Uhr geht als Arbeitervorstellung statt ,,Em-sührung aus dem Serail", die zu einem späterenTermin gegeben wird, das außerordentlich erfolgreiche Repertoirstück der Kleinen Bühne„Tensationsprozeß"im Reuen Deutschen Theater in Szene. Karten beiOptiker Deutsch, Graben 2.Spielplan des Neuen Deutschen Theaters.Mittwoch, halb 8 Uhr:.Schloß Wetterfteiu(BI).— Donnerstag, halb 8 Uhr, Erstaufführung:„Die Nacht vor dem Ultimo"(CI).—Freitag. 7 Uhr:.Admiral Bobby"(D2).—Samstag, halb 8 Uhr:„Die Nacht vor demUltimo"(B 2).Spirlplan der Kleinen Bühne. Heute,Mittwoch, 8 Uhr:„Märchen im Grand-Hotel". Donnerstag, 8 Uhr:„Sensation s p r o z e ß".— Freitag, 8 Uhr, Kultnrver-bandssreunde und freier Verkauf:„Hedda Gabler".— Samstag, halb 8 Uhr, Erstaufführung:„Der Nobelpreis".Der FilmAbsender: Dr. GoebbelsDaß sieben Prager Premierenkinos zur Zeit1 ihre Leinwände dem Inhalt jener Pandorabüchsenzur Verfügung stellen,. die von der Filmabteilungdes Berliner Propagändaministeriums zu Verseu-> cyungs- und Gewinnzwecken ins allzu geduldige Ausland gesandt werden, das ist eine Tatsache, die nichtmst den Mitteln der Filmkritik gewertet, sondern nurmit entschiedener Abwehr des Publikums beantwor-j tet werden kann. Mit dem Fernbleiben derer, diesich nicht zum Mord als Politik und zum Mist alsKunst bekennen und die es nicht sür angebracht halten, sich an einer Demonstration für den Ungeist desHakenkreuz-Regimes und an einer öffentlichenSammlung für die Kassen des Dritten Reiches zubeteiligen.Das ist alles, was man zu der Aufführung derhitlerdeutschen Filme.Fräulein Frau" und„DerHerr der Welt" zu bemerken hat. Denn was überden Regisseur Karl Börse, den Macher des erstgenannten„Unterhaltungsfilms" zu sagen ist. ist hierschon oft und nachdrücklich ausgesprochen worden:daß dieser Boeese seit jeher das böse Prinzip, des deutschen Films verkörpert hat,—- die plumpe Routine,den krampfhaften Klamauk, den blödelnden! Singsang, die bluffende Ausmachung und den selbstgefälligen Stumpfsinn. Daß er heute zu den geschätztenMeistern der gleichgeschalteten Filmindustrie gehört,ist ebenso in Ordnung wie die Ernennung desSchundfabrikanten Harry Piel zum„Filmfachschaftsführer" im Dritten Reich. Wenn dieser Mann nichtin dem begründeten Verdacht stände, überhaupt nichtzu denken, dann könnte man aus die Vermutung Ikommen, daß er sich bei der Verfertigung des Films„Der Herr der Welt" Gedanken über die Hitler-Diktatur gemacht hat,— denn da wird die Weltherrschaft mit.Wahnsinn gleichgesctzt. Aber zu gleicher Zeit wird wieder einmal der ideale Erfinder gepriesen, der mit einer Utopie die Arbeiter begeistert— und in plumper Nachahmung der„Tunnel"-und„Gold"-Filme werden phantastische Maschinenin Bewegung gesetzt, die mit ihrem Lärm die Gedankenlosigkeit der Handlung übertönen sollen,> sowie im Dritten Reich die Lauffprecher die Schandeder Mörder-Regierung überbrüllen sollen. iWas den Maschinen und Lautsprechern imDritten Reich nicht gelingt, wird auch der gespieltenAhnungslosiakeit der hiesigen Verbreiter und Emp-fehler von Goebbels-Schund nicht^gelingen. WerSchändliches fördert, bedeckt sich mit Schande,—ob er lärmt oder schweigt.—eis—Sport• Spiel• KörperpflegeDTZ-Sporttag in VysocanyAuf dem Sportplatz der DTJ Vysocany fandenam Sonntag die leichtathletischen Mannschaftskämpfedes 1. DTJ-Kreises(Prag) statt welche mit großemErfolg beendet wurden. Am Start waren siebenMannschaften erschienen, von welchen überraschenderWeis« jene aus Kolin den Sieg errang. Die besteLeistung erzielte Goth(Vysocany) im Dreisprung mit 13.38 Meter, der damit eine neueDTJ-Bestleistung schuf. Auch der Besuchwar gut: 500 Zuschauer.Die wichtigsten Einzelergebnksse: 100Meter: Sandtner(Kolin) 11.7 Sek.—400 Meter:Cerny(Kolin) 55.9 Sek.— 1500 Meter: Karafiai(Zizkob) 4:34 Min.— 4X100 Meter: Kolin 48.5Sek.— Kugel: Schöps(Vysocany) 11.99 Meter.—Diskus: Zitek(Kolin) 35.06 Meter.— Speer:Schuster(ZiZkov) 44.65 Meter.— Weitsprung:Goth(Vysocany) 6.48 Meter!— Hochsprung:Smrkka(Vysocany) 1.73 Meter:— Dreisprung:Goth 13.38 Meter(neue Bestleistung).In der Gesamtwertung siegte DTJKolin mit 230 Punkten vor Vysocany 220.5, Ziz-kov I 190. Liben 171, Zizkov II 119, Pros«k,77 undPrag VII 45 Punkten.Wolleyball-Turnier der DTJ Podol. Im Turnier der Männer traten sieben Mannschaften an undging als Sieger die erst« Mannschaft von Podol hervor. Bei den Frauen(8 Mannschaften) und'.denZöglingen(4) blieb ebenfalls Podol erfolgreich. DasTurnier war«in schönes Stuck Propaganda und wirsauch guten Besuch auf.HDW-TegnnsIn Aussig hielt der HDW sei«« diesjährigeHauptversammlung ab. Aus den Berichten ist u. a.zu entnehmen, daß dem HDW derzeit 12.500 Mitglieder angehören, die Einnahmen und Ausgaben300.000 KL betragen und eine neue Verbandszeitungherausgeben werden soll. Ferner wurde bekanntgegeben, daß mit dem Deutschen Turpverband einFreundschaftsverhältnis bestehe und die Verhandlungen mit dem tschechischen Skiverband wegen Schaffung eines Staatsverbandes unter Wahrung derSelbständigkeit des HDW auf dem besten Weg« seien.Die Neuwahlen brachten geringe Aendernngen undJulius Streit(Gablonz) wiederum als Obmann.—Unter den Gästen von befreundeten Organisationenbefand sich auch ein Vertreter des Skiverbandes ausdem Dritten Reich.' Die Tyrs-Spiele wurden Sonntag in P r a gausgetragen. Es starteten insgesamt 180 Wettkämpfer(ein Drittel davon stellte der Sokol) und73 Soldaten. Die Veranstaltung bestand u. a. ausLeichtathletik, Schwerathletik, Radfahren, Ballspielen.- Die Ergebnisse in den einzelnen Disziplinenbrachten guten Sport. Bei den Frauen waren dieHochschülerin Koubkovä und Pekarovä(SlaviaPrag) erfolgreich. Erstere stellte über 100 Metermit 12.4 Sek. den Rekord ein und letztere erzielteim Kugelstoßen mit 12.72 Meter einen neuen tsche-chostowakischen Rekord.Wieder Schiedsrichter verprügelt. Im N o r d-g a u wurde beim Spiel Trautenau—Leipa der Gablonzer Schiedsrichter Knapp« so verprügelt, daßerinsKrankenhaus überführt werden mußte— InKaaden(Rordweftgau) wurde der Schiedsrichter Steiner(Komotau) nach Schluß des SpielesSchwalbe Brüx—DFK. von den Zuschauernverprügelt.— Und zum Schluß— der Wild-Westgau! In Altrohlau gabs das Meisterschaftsspiel DFC. Graslitz—Sportbrüder. Der Holzereivor der Pause folgte, als die Graslitzer 2:0 führten,ein S t e i n w u r f gegen den Schiedsrichter Bert!(Karlsbad). der ihn am H i n t e r k o p f traf undblutigverletzte. Der Mann brach bewußtlos zusammen und— wie das„Montagsblatt"meldet— die Spieler„kämpften" weiter, bis deraus der Ohnmacht erwachte Pfeiftr das„volkstümliche" Spiel abpfiff. Den Steinwerfer konnte mannicht erwischen, dafür hatte der Schiedsrichtereine Konterverse mit dem Gemeindewach m a n n, die nun ein« Klage wegen Amt s-.ehrenbeleidigung zur Folge hat, denn diganze Angelegenheit wurde der Egerer Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht. Für die Leitungdes Westgaues eine unangenehme Sache, da sie' sienun nicht mehr— wie so oft— bagatellisierenkann.VcrclnsnadirlditcnAtus- Turnerinnen! Genoss«Tietze ist bereits zurückgekehrtund leitet wiederum regelmäßigdas Turnen jeden Montag undDonnerstag von 7 Uhr bis9 Uhr abends in der Turnhalle,Prag II., Skcpänskä ul. 20..PRAG Kommt recht zahlreich, denn wirwollen neue Turnübungen einlernen. Frei Heil!SPD-Emigranten! Nächste Versmnmlung Donnerstag. den 4. Oktober, abends 7 Uhr im Gewerk-schaftshaus, Peretyn II. mit Vortrag des GenossenMax Klinger über die Außen- und weltpolitische Lage.Eintritt nur gegen Vorzeigung des neuen rcien Mitgliedsausweises. Wer noch nicht im Besitze eines solchen ist. muß ihn sich sofort versorgen. SPD Prag.LiteraturSer Sofcismus als RaWdmegmgIn der Verlagsanstalt„Graphia" Karlsbadist unter dem Titel„Der Fascismus als Massenbewegung" eine Broschüre erschienen, als derenVerfasser ein„Historicus" zeichnet. Hinter diesem Pseudonym ist ein angesehener sozialistischerHochschullehrer zu suchen. In überaus knapper undeindrucksvoller Art gibt er eine Analyse des Fascismus, die insbesondere mit dem vielfach verbreitetem Vorurteil, als handle es sich bei dem Fascismus um eine selbständige Klaffenbewegung desMittelstandes, aufzuräumen sucht. Historicus zeigt,daß schom in der Vorkriegszeit nationalistische undantiliberale Bewegungen im Massenausmaß vorhanden gewesen'find und sogar schon, wie etwa beiden russischen„Schwarzen Hundert", den typischen„Stoßtruppcharakter" getragen haben. Diesen Stoß-truppcharakter gewinnt die Bewegung überall dort,wo ein Staatswesen bereits zu schwach ist, um vonsich aus Bürgertum und Arbeiterklasse zu binden,wo also schon nicht mehr ein Friedenszustand, abernoch kein offener Bürgerkrieg herrscht. Hier setzenRegierrmg und herrschende Schichten zum Kampfgegen die Opposition nicht die reguläre Staatsgewalt ein, sondern freiwillige Scharen aus denMaffen des Volkes.Diese Scharen kommen zwar, wie das italie-nffche urü» das deutsche Beispiel lehren, vorzugs-weise aus den Mittelschichten. Der Fascismus,dem die sich zuwenden, gewinnt sie aber nicht infolge eines ihnen natürlichen Haffes gegen die Arbeiter, sondern vor allem infolge ihrer Enttäuschung über das Versagen der sozialistischen Parteien. Freilich gewinnt er sie nur, um sie nichtminder zu enttäuschen.Während diese Enttäuschung in Italien nochnicht zu einer wesentlichen Zersetzung des fascisti-jchen Apparates führen konnte, weil der Fascismus dort zugleich die sozialfortschrittliche Aufgabeübernahm, den ökonomisch und gesellschaftlich zurückgebliebenen Süden den Lebensbedingungen desindustriellen Nordens anzupassen, tritt, der Fascismus in idenkschland in cmcrauZgcsprochenen Nkc-dcrgangsperiodc des Kapitalismus ist Erscheinungund ist daher weniger lebenskräftig.Die Märzwahlen des Jahres 1933 haben gezeigt, daß sich zwar die Fabrikarbeiter, die innerhalb der Gesamtzahl von etwa 25 Millionen Arbeitnehmern nur rund elf Millionen ausmachen,fast durchwegs, und zwar sowohl Arbeitende, wieArbeitslose fest zu den sozialistischen Parteien gehalten haben, sie zeigen aber auf der anderen Seite,daß»sicht nur die» besitzenden Kreise geschlossen fürdie von den Nationalsozialisten geführte Rechtestimmten, sondern daß auch das ganz überwiegendeGros der übrigen Arbeitnehmerschaft der sozialenVerführungskunst der Nazi anheimfiel.Gerade' aus diesem zwiespältigen Charakterdes Nationalsozialismus: Partei der Besitzendenund Partei der betrogenen Antikapitalisten zu sein,leitet der Verfasser die Notwendigkeit einer Zersetzung der Nazigefolgschaft ab. Indem er zugleichaufweist, daß die gesamte Regierungspraxis desDritten Reiches gegen die Annahme spricht, derNationalsozialismus sei eine Mittelstandspartei undbeabsichtige irgendwelche Mittelstandsziele zu verfolgen, macht er mit der Legende Schluß, daß dasKleinbürgertum Ursache und politischer Bestimmungsfaktor des Nationalsozialismus sei. Ebensoweist er die Auffaffung, als handle es sich hier umeine politische Aktion der„Jugend", mit gutenGründen zurück. Was also bleibt, ist eine buntschek-kige Massenbewegung, geboren aus dem Versagender sozialiftffchen Parteien in der früheren revolu-tionären Periode nach 1918 und aus der Verzweiflungsstimmung der Krisenjahre. Historicus sieht indem Fascismus keinen Faktor, der prinzipiell? verschieden wäre von den Willenszielen des herrschenden Großbürgertums. Unseres Erachtens läuft erallerdings Gefahr, ähnlich wie die Konnnunisten, zusehr an eine„Agenten"- oder„Marionctten"-Rolle zu glauben. Der Fascismus sucht durchauseine eigene politische und soziale Rolle zu spielen,nur ist er dazu nicht in der Lage, weil er die ineiner formalen Demokratie vorhandenen proletarischen Gegenkräfte ausgeschaltet und die Großmacht des Kapitals, dessen Vertreter in seinen eigenen Reihen sitzen. Ungehindert hat weiterbestehenlassen und so zwangsläufig in seine Hörigkeit verfällt.Indem Historicus die Legende vom FascisiuuSals einer Kleinbürgerbewegung zerstört, zerstört etzugleich auch die Illusionen, die vom Kleinbürgertum als Bundesgenossen oder/ möglicherweise auchgerade umgekehrt von einem ihm politisch entgegen-stehenden Kroßkapital Hilfe im Kampfe gegen denFascismus suchen. Welche Ztmschenstadien auch einkünftiger Befreiungskarnpf gegen Hitler durchlaufenmag, die Befreiung der Arbeiterklasse kann nur dasWerk der Arbeiterklasse selbst sein".Diese Erkenntnis, erneut formuliert haben,ist ein besonderer Vorzug der Schrift. Daß sie imRahmen ber sozialdemokratischen Schriftenreihe erschienen ist, gibt ihr in diesem Zusammenhang einedoppelte Bedeutung. O. F.Bezugsbedingungen: Bei Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch die Post monatlich KL 16.—, vierteljährig KL 48.—, halbjährig KL 96.—, ganzjährig KL 192.—.— Inserate werdenlaut Tarif billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß.— Rückstellung von Manuskripten erfolgt nur bei Einsendung der Rctourmarken.— Die Zeitungsfrankatur wurde von der Post- urrdLelegraphendirektion mit Erlaß Nr. 13.800/VII/1930 bewilligt. Druckerei: ,F)rbis". Druck-, Verlags- ur>d Zeitungs-A.-G., Prag.