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Freitag, 8. Oktober 1834
Sekte 3
LpSte Erkenntnis Ein Christlichsozialer gegen die Gleichschaltung mit Schuschnigg-Fey-Dtarhemberg. Während die„Deutsche Presse" sich tzanz als das offizielle Organ der österreichischen Kanonenchristen fühlt und jede Schandtat der Schuschnigg , Fey und Starhemberg blindlings und unbesehen verteidigt, scheinen einige andere Christlichsoziale endlich kapiert zu haben, daß bei der wunderbaren Niederringung des österreichischen Marxismus durch Mussolini und seinen Starhemberg, beim Aufbau des Ständestaates durch die Herren Dollfuß . Schuschnigg und Mandel, bei der Austilgung der christlichsozialen B" wegung durch den Putschisten Fey nicht alles so läuft, wie man es erträumt hat. Jrn Jägerndor- fer„B o l k", das noch kürzlich die Heiligsprechung des blutigen Miniaturkanzlers Dollfuß befürwortet hatte, widmet Dr. Felix Luschka der christlichsozialen Partei Oesterreichs und der u e g e r-Tradition" einen bewegten Nachruf, der mit folgenden Worten schließt: Die sudetendeutsche christlichsoziale VollS- vartci ist dnrch die unfreiwillige Selbstkaltstellung der isterret» chischenB ruderpartei nicht im geringsten berührt. Sie übernimmt höchstens dir gesteigerte Pflicht, di« ehrenvolle Traditio« des demokratischen Lueger -Programms, da allein, um so getreuer zu Mahren . Volk und Heimat in unserem Staate werden ihr dafür gewiss wohlverstandene« Dank wisse«. Gegen Anschläge der Gegner aber will st«, durch da« öfterrei» chische Beispiel rechtzeitig gewarnt, auf der Wacht sei«. Will sie es w i r k l i ch? Das ist die Frage Sie müßte dann bald und gründlich von der Verherrlichung des österreichischen Henkerregimes rb- rücken und ebenso von dem albernen AntimarxiS- mus, mit dem Seipel und Dollfuß die Demokratie in Oesterreich und mit ihr die eigene Bewegung erschlagen haben, um den Staat an ein paar Bandenführer und Kapitalisten auszuliefern. Das Schicksal* der Studenten Im Dritten Reich Zu den jüngsten Terrormaßnahmen des deut schen Fascismus gehört auch die Verfolgung der studentischen Organisationen und die rabiate Gleichschaltung des studentischen Nachwuchses. Dieselben Herrchen, die vor anderthalb Jahren die Bücherverbrennungen durchgeführt haben, die vor drei und vier Jahren die erfolgreichsten Schrittmacher Hitlers und die aktivsten Bazillenträger der Seuche des Nationalsozialismus waren, werden jetzt an die Kandare genommen. Besonder« der jüngste Nachwuchs an den Hochschulen wird scharf hergenommen. Ein Jahr ArbeitSdienst- pflicht, Kasernierung in gemeinsamen Häusern, Tragen der vorgeschriebencn Uniform der Arbeitshäftlinge— das ist das Ende der berühmten deutschen Studentenfreiheit, die von der Republik nicht angetastet worden war. Im„Pariser Tageblatt " schreibt Georg Bernhard über die Ursachen des Kampfes gegen die Studenten: „Seit langem schon gärt es. wie man weiß, in der Studentenschaft Deutschlands . Mit dem 30. Juni ist in die Hörsäle der Geist der offenen Rebellion eingezogen. Zwischen den Hochschullehrern und den Schülern besteht ein geistiges Einvernehmen, das stch nicht sichtbar hervortraut, das sich aber an tausend Kleinigkeiten bemerkbar macht. Nach alter deutscher Hoch- schulfitte trampeln oder scharren die Studenten plötzlich bei Worten des Lehrers, die dem Unbefangenen gar keinen Anlaß zu Kundgebungen zu bieten scheinen. Aber man hat sich eben in den Hörsälen auch schon daran» gewöhnt, in einer Zeichensprache zu reden, die nur dem Eingeweihten verständlich ist. An den süddeutschen' Universitäten scheint sich dieser Widerspruchsgeist am stärksten geregt zu haben. So siark, daß Herr Julius Streicher , der Nürnberger Obersadist, vor einigen Wochen bereits sich bemüßigt fühlte, die Aufmerksamkeit der hohen Nazistellen auf die dort bestehenden Zustände besonders hinzulenken. Er hat damit einen radikalen Erfolg gehabt.. Denn in den neuen Vorschriften geht man mit den Studenten aufs Ganze." Georg Bernhard hat Recht, wenn er weiter sagt, daß Lehrer und Studenten, das ernten, was sie gefäet haben, daß sie den verdienten Lohn erhalten und daß die Erkenntnis zu spät kommt. Nicht zu spät brauchte die Lehre fürdiehiesigenStudentenzu kom men. Die Nachläufer Henleins und S t t i* b r nys, SanNicoloS und D o m i n S könnten noch Nutzen ziehen aus den Erfahrungen ihrer reichsdeutschen Kommilitonen. Aber die Hoffnung, daß sie es tun, ist gering. Der FasciS- muS ist eine Krankheit, die anscheinend erst der fürchten lernt, der sie durchmacht. Warnung vor Ansteckung hilft da wenig I keine Hltlerfreunde? Die von uns wiederholt zitierte Zeitschrift „DiejungeFront", eines der vom Käme« radschaftsbund beeinflußten, wenn nicht völlig beherrschten Henlein-Organe gibt sich immer schamloser als Organ der Hitlerpropaganda. In einem Artikel über Oesterreich der Nr. S dieser Zeitschrift kann man u. a. lesen: scharfe Abkehr Deutschlands von den Putschisten, die sofortige Absetzung HMchts und
die Vechastung aller au« Oesterreich Geflüchteten zeigt eindeutig ja was denn? Daß man im Dritten Reich nur erfolgreiche Putschisten liebt und besiegte fallen läßt? Daß die Nibelungentreue nur bis zum Tor des Landesgerichts vorhält? Daß Hitler seine Leute geopfert hat, aber ihnen die Treue nicht hielt, als der Anschlag fehlschlug? Nein, in den Augen der Herren vom KB. und der Jungen Front beweisen diese Fakten eindeutig, daß von dieser Seite(Deutschland , Anm. d. Red.) der Putsch nie geplant war, vielmehr von— von wem also? Bon gewissen nationalen Kreisen.,.. Und wie steht es nun? Es ist ein Irrtum zu meinen, Oesterreich sei von der Reigerung bezwungen. Oesterreich ist auch heute noch deutsch (im Original fett ge-
Wir haben unlängst das Rundschreiben wiedergegeben, in dem Henlein gegen die Nörgler und Gerüchtemacher wie der leibhaftige Goebbels loszieht. Die Leute, gegen die sich Henleins Zorn richtet, sind jene von ihm übernommenen Nazis, die— anscheinend durch keinen 30. Juni zu belehren— nicht ohne weiteres ihre sozialistischen Wünsche aufgcben wollen. Sie haben sich in der Zeitschrift„Aufbruch" ein Organ geschaffen, in dem sie gegen den Kameradschaftsbund und die Henleinsche Führerclique mehr minder offen kämpfen. Was diese Konkurrenten des Führers Henlein von dem Kameradschafsbund halten, geht aus einem ironischen Artikel hervor, den- auch die »Deutsche Zeitung" mit dem ausdrücklichen Hinweis, sie widmeihndemKB, nachdruckt. Wir zitieren einige markante.Stellen aus dem Artikel des„Aufbruch"(die Worte sind ironischerweise einem KB-Mann in den Mund gelegt): Ich btt rin geistiger Mensch. Deshalb kehneich allefozialistischen Bestrebungen ab. Sozialismus ist etwas Materielles, daher Ungeistiges. Ich schwöreaufmeiustaatS- theore tische« Lehrbuch. In diesem ist alle« wunderbar einfach gelöst. Daß es sich im praktischen Leben nicht bewährt, kann mich nicht hindern, daran zu glauben. Mich können Tatsachen des praktischen Leben« prinzipiell nicht überzeugen, mich belehre« bloß theoretische Borträgr eines Professors am grünen Tisch.
druckt) vielleicht innerlicher, glühender denn je... Die jüngste Nachricht, v. Papen fühle sich der österreichischen Aufgabe nicht gewachsen Und leg« seine Miffion nieder, scheint mehr von dem heimlichen Wunsch diktiert, diesen fähigen Politiker loszuwerden... Oe st erreich ist deutsch ... und Deutsches kann Deutschem nicht F e i n d s^i n, soll es sich selbst nicht betrügen. Bei dieser Auffasiung von nationaler Pflicht kann natürlich auchHenleindemHitlernicht Feind sein, will er sich selbst nicht betrügen. Er verbirgt es nur, denn er ist augenscheinlich ein ebenso fähiger Politiker wie Papen. Aber innerlich sind sie eben alle drüben,„vielleicht innerlicher, glühender denn je".
Ich glaube, daß ein Mann des praktischen Leims zur Staatsführung unfähig ist, well ihm eine gründliche theoretische Schulung mangelt. Es ist ein unverzeihliches Verbrechen solcher Lmte. die Regierung nicht einem Gelehrtm zu übergeben, der den Staat wahr und groß bereits in seinen Büchern ausgebaut hat. Ich bejahe dir Volksgemeinschaft. Ader kein Meuschkannvonmirverlange«, daß ich mich mit dem ungebildete» Volke aneinenTischsetze; mit diesm Leuten kann man ja nicht diskutieren. Im polftischm Leben trachte ich, möglichst «nsichtbarzubleibe». Dm««en» ich vor aller Oeffmtlichkeit tätig bin, mutz ich doch dir Verantwortung für mein« Taten tragen. Ich bevorzuge da« feine diplomatische Spiel hinter den Kulissen. Meine Gegner behaupten ganz zu Unrecht, daß ich ein hinterlistiger Intrigant bin. Mit meinesgleichen verbindm mich mge Fäden. ES ist natürlich sehr«»angenehm, wenn dieS bekannt wird. ES ist jedoch unwahr, daß ich mit meinm Gesinnungsgenosse« einen Geheim» bnndvon Artdrr Freimaurer bilde. Ein herzlicher Ton tiefen Vertrauens zum Führer beherrscht, wie man sieht, daS Leben und den Kampf der SHF. Zu bestaunen bleiben nur die Merffchen, die so hirnlos sind, den Führerschwindel nicht zu durchschauen und sich bald von diesen bald von jenen Kreaturen Hitlers mißbrauchen zu lasten.
HadsdurserentschSdlsuns im BerhandlungSstadinm Wie«. Aus einem inspirierten Kommentar deS„Weltblattes" geht hervor, daß bereits offizielle Verhandlungen über die Rückgabe des beschlagnahmten HabSburgervermögenS eingeleitet worden sind. Das Blatt erklärt allerdings, daß es sich um eine überaus komplizierte Angelegenheit handle; um eine„gerechte" Auseinandersetzung herbeizuführen, müffe erst die juristische Frage geklärt, die Verantwortlichkeit geprüft und zahlreiche umfangreiche Nachrechnungen borgenommen werden. Das Blatt behauptet zum Schluß, es bestehe nunmehr kein Zweifel, daß es sich bei der Aufhebung der Habsburgergesetze um eine r e i n innere Angelegenheit Oesterreichs handle. Auch Oskar sakrosankt Wie». Das„Neue Wiener Journal" wurde heute wegen seines Leitartikels, in dem der Sohn des verstorbenen Präsidenten Hindenburg angegriffen wurde, konfisziert.
Nach Papen Rust... Budapest . Reichsminister Rust trifft am 7. Oktober zum Besuch des ungarischen Kultus- und Unterrichtsministers Homan in Budapest ein. Reichsminister Rust wird mehrere Tage in Buda pest verbringen, um die kulturellen Einrichtungen Ungarns kennen zu lernen.
Schleppende Gct eideablleferung In SowjetruBland Moskau . Auf Veranlassung der Parteileitung und der Regierung sind am Donnerstag wieder 41 Leiter von Staatsgütern und Bauernkollektiven ihrer Posten enthoben worden, da die Getreideablieferungen mit großen Verzögerungen durchgeführt werden. Nach nunmehr vorliegenden Meldungen haben die Staatsgüter und Bauernkollektiven bisher nur 32 von 100 des gesamten Ge- treideplaneS erfüllt.
Konflikt In Danzig In Warschauer politischen Kreisen herrscht großes Jntereffe für einen Konflikt zwischen dem Vorsitzenden des Danziger Senats, Dr. Rausch- n i n g und dem Leiter der NSDAP in Danzig , Förster, ausgebrochen ist. Beide haben Hitler zur Entscheidung angerufen. Am Sonntag ist Förster nach Berlin gereist, am Dienstag ist Rauschning verreist. Gerüchte besagen, daß Raufchning für ein« Politik der Mäßigung«str- tritt, während Förster radikalere Methoden wünscht.
Schwere Innerpolltische Krise In Griechenland Athen . Die Verhandlungen, die die Regierung zwecks Sicherung der Wiederwahl des Staatspräsidenten Z a i m i s mit der Opposition unter BenizeoleS eingeleitet hatte, sind ergebnislos abgebrochen worden. Das hat zu einer schweren Zuspitzung der innerpolitischen Lage geführt. Am Mittwoch hat die Abgeordnetenkammer angeblich das(von der Regierung gewünschte) Wahlgesetz angenommen, das den Haupt- gegenstand der Differenzen gebildet hatte. Diese Abstimmung ist jedoch nach einer Erklärung, die die Führer der Opposition dem Staatspräsidenten abgaben, als illegal und nichtig anzusehen, während der Ministerpräsident darauf beharrt, daß sie legal erfolgt sei. Bon Regierungsseite wird die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen in Aussicht gestellt, falls der noch in Aussicht genommene letzte Versuch einer Einigung scheitern sollte. Aus der offiziösen Erklärung, daß die Regierung bereits alle Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung getroffen habe,, geht hervor, daß die Regierung Gegeümaßnahmen der Opposition erwartet und auch vor GeyMlt- matznahmen nicht zurückschrecken will, falls die Opposition nicht nachgibt.
Der Staatsbeitrag zur Arbeitslos e nunter st ütznng verlängert. Durch Verlautbarung des Ministrriunrs für soziale Fürsorge wurde die Auszahlung des StaatSbeitragrs nach Artikel HI des Gesetzes 74/1930 bis zum 31. Dezember 1934 verlängert. Präsident Masaryk wurde am Donnerstag in Lana von der Fox-Filmgesellschaft für die Wochenschau geftlmt, und zwar bei einer der üblichen Ausfahrten, die Masaryk in Begleitung 'eines Sohnes regelmäßig in die Wälder der Umgebung unternimmt. Es wurden auch Großauf- nahinen deS Präsidenten sowie das Antreten der Wache bei der Rückkehr ins Schloß gedreht. Masa ryk jun. sprach auf Ersuchen des Präsidenten in tschechischer, deutscher, französischer und englischer Sprache in den Tonfilm Worte des Dankes für die vielen Beweise der Liebe und Anhänglichkeit zum Präsidenten, und gab der Hoffnung Ausdruck, daß sein Vater sich in der allernächsten Zeit wieder vollständig von seiner Erkrankung erholt haben werde.
Saarkatholiken für Status quo Offene Erklärung Ihres Führers Paris .(Tsch. P.-B.) Mittwoch abends sand in Pari- eine große Versammlung über die Saarfrage statt, die von der gemeinsamen sozialistischen und kommunistischen Front veranstaltet wurde. Neben französischen Rednern der sozialistische» und der kommunistischen Partei sprach auch der Führer der Saar -Sozialisten, Braun. Große Aufmerksamkeit erregte namentlich die Erklärung deS Führers der deutschen Katholiken im Saarlande, PrinzenHohenlohe- Langenburg, der bekanntgab. daß die deuffchen Katholiken im Saarland « nicht für Hitler-Deutschland, sondern fürdenstatusqno stimmen werden
mit Einschluß der Katholiken
Madrid . Am Donnerstag abends wurde die endgülttge Liste deS neuen Kabinetts Lerroux bekanntgegebe«, die vom Dtaatspräfiden-
Lerroux
ten bereits genehmigt wurde. Lerroux ist bekanntlich der Führer der radikalen Partei, der auch schon in. den oorbergegangenrn Kabinetten der Radikalen dir Politik der jeweiligen Regierung entscheidend beeinflußt hat. Der bisherige Ministerpräsident Samper übernimmt das Außen- Ministerium. Das neue Kabinett hat infolge des Eintrittes der„C e d a", d. h. der katholischen Volksaktion, die bisher in Opposition stand, eine Mehr
heit im Parlament hinter sich. Zweifellos wird der neu« Kurs gegen die sozialistisch-kommunistisch« Linke und gegen den katalanischen Separatismus gerichtet sein. Rach einer offiziösen Auslassung ist die neue Regierung entschlossen,„den Grundsatz der Staatsautorität mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten und dem Zustand der Un, sicherheit und dem revolutionären Zustand in Spanien sowie den Urbrrgriffe« des Separatismus ein Ende zu bereiten". Im Kabinett Lerroux ist im letzten Augenblick noch eine Aenderung gegenüber der vorläufigen Liste vorgenommen worden. Zum Minister für öffentliche Arbeiten wurde ein Agrarier berufen. Die Agrarier haben sowit zwei, die Radikalen neben dem Ministerpräsidenten nur sieben Vertreter in der Regierung. Angst vor Straßendemonstrationen Für Donnerstag hatte die Regierung in Madrid große Vorbereitungen getroffen, um eventuelle Streiks und Demonstrationen der Linksparteien, die sich mit dem beabsichtigten Rechtskurs keinesfalls zufrieden geben dürften, zu verhindern. Bis zum späten Abend sind aber keinerlei Demonstrationen oder Streiks bekannt geworden. In Barcelona wurden zahlreiche Anarchisten in Präventivhaft genommen. voch Generalstreikparole Die Agence Havas meldet bei Blattschlutz aus Madrid , daß gerade in dem Augenblick, als dir amtliche Meldung von der Bildung der neuen Regierung Lerroux verlautbart wurde, der B e- fehl zumGeneralstreik erteilt worden ist.
Per Zwiespalt In der SHF Fronde gegen den Kameradschaftsbund